Protokoll der Sitzung vom 18.07.2014

Zu Ihren 10 Forderungen unter dem letzten Punkt Ihres hoch innovativen Antrags: Das sind ebenfalls Aspekte, die bereits durchgeführt werden und wünschenswert sind.

Zum Schluss möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es eine Tatsache ist, wie in allen neuen Ländern, dass in Thüringen weitgehend Großunternehmen fehlen. Da wir Realisten sind, rechnen wir auch in Zukunft nicht unbedingt mit großen Ansiedlungen. Es wäre natürlich schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, es ist nicht der Dreh- und Angelpunkt der Thüringer Wirtschaftspolitik, den Sie hier unterstellen, dass die Landesregierung primär die Ansiedlung von Großunternehmen forciert. Das ist Unsinn. Die Thüringer Wirtschaftspolitik setzt hinlänglich auf eine mittelstandsorientierte Innovationsund Wachstumspolitik. Das hat auch der Wirtschaftsminister bereits in verschiedenen Beratungen inhaltlich mit Beispielen untersetzt. Gerade die Netzwerk- und Clusterinitiativen, die in den letzten Jahren im Freistaat entstanden sind, sind doch ein entscheidender Beitrag für die Ausrichtung der Thüringer Wirtschaft.

Herr Abgeordneter, wenn Sie bitte zum Ende kommen.

(Abg. Baumann)

Letzter Satz, Sie merken also, worauf ich hinauswill: Wir lehnen den Antrag ab. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Abgeordneter. Als Nächster hat Abgeordneter Kemmerich von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, ich habe jetzt Bock zu reden, vielen Dank dafür, dass ich Gelegenheit bekomme.

(Beifall FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Wucherpfennig ging auf den Mittelstandsbericht 2010 ein. Wie wir in der Präambel dieses Berichts lesen können, reflektierte er über die Mittelstandspolitik, über die Wirtschaftspolitik der Vorgängerregierungen und genau da fängt unsere Kritik an. Was in den Jahren 2009 bis heute passiert ist, auch das steht nach meinen Vorrednern hier ein wenig zur Debatte und zur Bilanz an, und genau das kritisieren wir. Ich höre das sehr wohl, dass hier oft darüber geredet worden ist, aber die Frage ist: Was ist umgesetzt worden? Das ist das, was der Mittelstand einfordert. Insofern wird es uns wenig helfen, auf einen Mittelstandsbericht 2010 zu blicken, der am Anfang der Legislatur stand. Heute stehen wir im Jahr 2014 und betrachten, was passiert ist.

(Beifall FDP)

Da ist uns in den Jahren zu wenig passiert. Hier ein paar Fakten: Gleichwohl Sie permanent wiederholen, dass es nicht so gewesen ist, ist es aber so, dass in fast allen Förderjahren die Hälfte der GRWMittel an wenige Großunternehmen geflossen ist. Ich nenne Zalando mit 22 Mio., ich nenne Kaufland mit 16 Mio., beides Unternehmen, Zalando wird gerade mit seinem Mutterunternehmen Rocket Industries mit einer Milliardenbewertung als Börsenkandidat gehandelt. Wir schenken denen noch 22 Mio. unseres wertvollen Steuergeldes, damit sie sich hier ansiedeln, als ob ein Milliardenbetrieb das nötig hätte. Da muss etwas anderes dahinterstecken. Das ist unsere Forderung: Anstatt 22 Mio. € an einen Betrieb lieber 220-mal 100.000 € an den Thüringer Mittelstand, der unter dem Vorgänger des jetzt hier anwesenden Wirtschaftsministers dadurch gebeutelt war, dass man zugesagte Mittel innerhalb einer Förderperiode hat zurückziehen lassen. Das ist doch das Problem, mit dem der Mittelstand hat kämpfen müssen in den letzten fünf Jahren.

(Beifall FDP)

Insofern können wir nicht müde werden, das zu betonen, denn es geht auch um eine Wahlentscheidung im September dieses Jahres. Der Mittelstand muss wissen, auf wen er sich verlassen kann.

(Zwischenruf Staschewski, Staatsekretär: Deshalb 2 Prozent, Herr Kemmerich. Darum geht es.)

Das ist eben nicht, hier viel darüber reden, sondern umsetzen. Meine Damen und Herren, auf das Umsetzen kommt es an. Reden können viele, aber setzen Sie es um, das braucht der Mittelstand.

(Beifall FDP)

Apropos Rechenkünste, Herr Staschewski, da sind wir ja wieder. Wer hat denn hier zitiert…

(Unruhe FDP)

Entschuldigung. Herr Barth, wenn Sie mit mir reden wollen, melden Sie sich bitte zu Wort. Ich habe sicherlich Verständnis für Sie.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Herr Gentzel, das waren jetzt Zwischenrufe, so viel dazu!)

Herr Staschewski, wenn Sie sich hier von der Regierungsbank lautstark einbringen, was, glaube ich, nicht erforderlich ist oder auch nicht erlaubt ist, kommen wir doch dahin zurück, was Sie gesagt haben: Ausbeutung ist in den Thüringer Unternehmen an der Tagesordnung. Wenn Sie so über Mittelstand und die Thüringer Wirtschaft empfinden und nachdenken, was ist denn das für ein Innovationsklima? Genau das mahnen wir an, dass sich das ändert. Das hat viel mit klimatischen Bedingungen zu tun und eben mit einem Hausherrn, der bis Anfang dieses Jahres, bevor er skandalträchtig das Land verlassen musste, tatsächlich oft in die Klamottenkiste sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik hineingriffen hat.

(Beifall FDP)

Ich greife mal eines heraus. Wenn es nach Herrn Machnig gegangen wäre, hätten wir eine Pflicht zum Betriebsrat gehabt. Ausdrücklich, ich schätze das deutsche Tarifsystem. Ich schätze das ausgewogene Miteinander der Tarifpartner, von den Unternehmen auf der einen Seite und den Tarifpartnern, der Gewerkschaft auf der anderen Seite. Das hat in den 60 Jahren zum Erfolg der deutschen Volkswirtschaft und in den letzten 25 Jahren zum Erfolg der Thüringer Wirtschaft beigetragen. Aber eine Pflicht gibt es nicht. Da hilft ein einfacher Blick in die Verfassung, da geht es um Koalitionsfreiheit und die umfasst ausdrücklich auch die negative Koalitionsfreiheit - Sie brauchen auch nicht zuhören, auch das werden Sie nicht lernen -, die eben auch

vorsieht, dass man sich nicht in ein Tarifgefüge hineinzubegeben hat. Wenn das dann durch staatlichen Dirigismus erzwungen wird, dann ist das genau die falsche Wirtschaftspolitik, die wir einführen.

(Beifall FDP)

Zwei Riesenpleiten durch Ihre Förderpolitik haben Sie zu verzeichnen. EUROGATE hat knapp 8 Mio. € Fördermittel bekommen und ist insolvent. Das Geld fehlt dem Mittelstand, fehlt den Innovationen, die wir hier einfordern.

Frau Siegesmund, wenn Sie mir dann sagen, wie Sie technologiefördernd unterwegs sind, dann fällt mir bei der grünen Partei fast nichts mehr dazu ein. Etwas Innovationsunfreundlicheres und -feindlicheres als die grüne Partei mit ihrer ewigen Panikmache ist eigentlich kaum zu verzeichnen. Das sollen die Leute da draußen auch wissen.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ihnen ist noch nie etwas eingefallen.)

(Beifall FDP)

Insofern ist es wichtig, dass wir den Antrag endlich aufrufen durften. Wir haben es viermal versucht und sind dann heute erst dazu gekommen.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das lag aber ausnahms- weise nicht an den Grünen.)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch, immer.)

Die Thüringer Unternehmen leiden unter viel Bürokratismus. Wir haben das oftmals angemerkt in puncto Vergabegesetz, in puncto anderer gesetzmäßigen Keulen, die da geschwungen werden, Berichtswesen, das eingefordert wird und insbesondere eben für kleinere Unternehmen, Existenzgründer im innovativen Bereich, auch für die Start-ups. Da ist das ein großes Problem, denn die haben damit zu tun, ihre Ideen zu entwickeln und nicht Statistiken auszufüllen, die immer wieder einmal kommen. Machen Sie mal eine Existenzgründung als Versuch und warten Sie auf die Formulare, die Sie dann von Handwerkskammern, von Finanzämtern und vielen anderen zugeschickt bekommen, füllen Sie diese erst einmal aus. Viele verlieren auf dem Weg die Lust am Gründen, die Lust am Weitermachen.

„BERUFSSTART plus“ - inzwischen hat sich die Regierung durchgerungen, es zu verlängern, aber das war lange Zeit vakant. Das hilft der frühen Berufsorientierung, das hilft dafür, dass wir ein Klima haben, was innovativ ist und das kann man nicht in die Beliebigkeit dieser Regierung stellen, ob nun unterstützt wird oder nicht. Das muss klar sein, damit es weitergehen kann.

Als Letztes ein Zitat, Frau Lieberknecht, Sie erlauben, Herr Präsident, Sie erlauben, aus dem „Wirtschaftsspiegel Thüringen“ vor der Wahl. Sie sagten noch einmal: Deswegen werden wir unsere Wirtschaftsförderung neu justieren und das Wachstum von Unternehmen im Freistaat stärker unterstützen. Ich wiederhole es: Deshalb braucht es liberale Wirtschaftspolitik. Deshalb braucht es die FDP. Ansonsten waren für den Mittelstand die Jahre 2009 bis 2014 überwiegend verloren. Danke.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Für die Landesregierung hat Herr Wirtschaftsminister Höhn das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich nehme an, wir alle kennen den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, dass Sie das Thema Innovation nun auch für sich als offenkundiges Wahlkampfthema, anders kann ich mir das nicht erklären, entdeckt haben.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Sie ha- ben den Film aber nicht gesehen.)

Ich entnehme Ihrem Antrag, ich habe ihn extra noch einmal mitgenommen, dass der Thüringer Landtag bitte schön feststellen möge, dass die bisherige Ausrichtung der Thüringer Wirtschaftspolitik auf die Ansiedlung von Großunternehmen einen falschen Ansatz darstellt usw. usf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Verlaub, ich weiß nicht, wo Sie in den letzten Wochen und Monaten gelebt haben.

Nein, mein Lieber, jetzt noch nicht.

Wir haben die Hoffnung, dass er am Ende der Rede die Möglichkeit hat?

So können wir das machen, ja.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Manche Prä- sidenten wollen die Frage lieber selber stel- len.)

Ja, und manche Präsidenten eben nicht.

(Abg. Kemmerich)

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Machen Sie weiter, Herr Minister.