Gorleben war immer eine politische Entscheidung und war keine Entscheidung nach der Frage, was ist der beste, was ist der sicherste Standort in Deutschland. Deswegen gibt es - und ich begrüße das sehr - im Deutschen Bundestag einen Untersuchungsausschuss, der sich diese Frage anschauen soll. Ich hoffe sehr, dass dabei Ergebnisse auch herauskommen, die eines klarmachen: Ein Standort, der politisch entschieden worden ist und nicht anhand von Sicherheitskriterien, kann, solange es keinen wirklichen Standortvergleich gegeben hat, in Deutschland und darf in Deutschland nicht genehmigt werden.
Ich will mal die Zahlen sagen, die Zahlen sind vorhin angedeutet worden, damit auch klar ist, worüber wir an der Stelle reden. Die Zahl ist genannt worden, das ist richtig, 450 Tonnen pro Betriebsjahr kämen hinzu. Bei einer Laufzeitverlängerung von zehn Jahren - und diese Bundesregierung diskutiert über 28 - kämen von den bislang 10.800 Tonnen noch mal etwa 4.500 Tonnen hinzu. Das heißt, durch eine Laufzeitverlängerung würde sich die Zahl oder der Umfang des Atommülls in Deutschland um 50 Prozent erhöhen. Das würden wir entscheiden, ohne zu wissen, wo wir ablagern. Ich muss sagen, so kann verantwortliche Politik in Deutschland nicht aussehen. Deswegen muss es aus meiner Sicht auch dabei bleiben, dass wir den Ausstieg machen. Der Ausstieg ist nahe. Er ist deswegen nah - und ich bin gespannt, wie die Bundesregierung das löst -, Biblis hat noch Reststrommengen bis 2010, Neckarwestheim hat noch Reststrommengen bis 2010, Biblis B hat noch Reststrommengen bis 2010, Isar I bis 2011, Unterweser bis 2012, Philippsburg bis 2012 usw. Das heißt, wir können in den nächsten zwei Jahren, wenn wir an dem Ausstieg aus der Atomenergie festhalten, sieben Kernkraftwerke abschalten - es wird Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dass es die Debatte gibt, hat im Übrigen nichts - das will ich noch mal ausdrücklich sagen, weil ich mich mit dem Thema auskenne und deswegen, glaube ich, auch etwas engagierter reden darf -, dieses Thema hat nichts mit der Energiepolitik zu tun, gar nichts, sondern wir können Energiepfade darstellen in überschaubaren Zeiträumen, die bis zum Jahre 2020 die Kernenergie komplett überflüssig machen. Ich gehe sogar weiter, die Legende von der Brückentechnologie ist eben eine Legende, weil die Wahrheit ist, Kernenergie und Erneuerbare passen gar nicht zusammen,
denn die Erneuerbaren brauchen flexible Grundlastkraftwerke. Kernenergie ist kein flexibles Grundlastkraftwerk. Deswegen die Vorstellung, man könne Kernenergie und Erneuerbare zusammenfahren, das ist falsch. Das ist technologisch und energiepolitisch falsch, deswegen sollten wir den Weg auch beenden.
Eine letzte Bemerkung, worum es eigentlich geht. Es geht nicht um Energiepolitik. Es geht darum, dass abgeschriebene Kernkraftwerke pro Tag einen Profit von 1 Million erwirtschaften. Darum geht es. Ich bitte dann all diejenigen, die das fordern, das auch zu sagen. Es ist keine energiepolitische Frage; es ist eine Frage darum, was man in den nächsten Jahren mit abgeschriebenen Kernkraftwerken verdienen kann. Wenn man sich jetzt noch mal die Zahlen anschaut, die Zahlen sind dankenswerterweise schon angerissen, ich werde sie noch ein bisschen ergänzen: In der Tat haben wir die Kernenergie seit den 50er-Jahren und die Zahlen sind bedrückend, wenn man die Kernenergie und die Endlagerung zusammenzählt, seit 1950 258 Mrd. haben wir dort investiert. Ich will mal ein paar Zahlen sagen: HammUentrop hat 1,7 Mrd. verschlungen, Betriebszeit 423 Tage; 2,2 Mrd. haben wir für die Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe bezahlt, stillgelegt 1991; Kernforschungszentrum Karlsruhe hat 3,7 Mrd. bekommen; das Atomendlager Morsleben 2,2 Mrd.; Gorleben bislang 1,7 Mrd. Das ist nur die Spitze des Eisbergs, weil, wie gesagt, insgesamt etwa 258 Mrd. dort hineingepumpt worden sind. Man stelle sich einmal vor, wir hätten nur einen Bruchteil der Mittel in eine alternative Energieversorgung gesteckt, wir wären heute schon um Jahre weiter, deswegen, glaube ich, macht es wenig Sinn, das Ganze heute weiterzumachen. Ich gehe weiter und das ist die Relevanz für Thüringen. Ich behaupte oder ich behaupte nicht, sondern ich weiß und ich erfahre das Tag für Tag, schon alleine die Debatte um eine Verlängerung der Laufzeiten führt dazu, dass Investition und Beschäftigung rückläufig sind. Das ist die Wahrheit.
Deswegen muss auch die Debatte um die Laufzeitverlängerung beendet werden, weil wir uns eines nicht erlauben können, dass es zu einem Investitions- und zu einem Innovationsattentismus im Bereich der Energiepolitik kommt. Das ist die Konsequenz einer solchen Diskussion. Das wäre die Konsequenz einer Laufzeitverlängerung in den nächsten Jahren. Deswegen müssen wir auf eines setzen: Wir müssen darauf setzen, die Erneuerbaren auszutauschen. Da sage ich einen Satz zu Thüringen: Thüringen bekommt heute 14 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien. Wir haben im Koalitionsvertrag 35 Prozent bis zum Jahre 2020 vereinbart. Das heißt, wir müssen mehr als verdoppeln. Mehr als verdoppeln heißt, wir müssen alle Energieträger im Bereich der Erneuerbaren in den nächsten Jahren mobilisieren, um dieses Ziel zu erreichen, damit wir diesen Anteil von 35 Prozent - und damit 5 Prozent über Bundesdurchschnitt, das ist das Ziel, was wir vereinbart haben - realisieren können.
Ich bin jetzt auf eine Diskussion sehr gespannt, damit will ich enden. Es gibt eine interessante Diskussion, wenn es denn zu einer Änderung des Atomgesetzes kommt auf der Bundesebene: Dürfen die Länder eigentlich mitreden ja oder nein? In der Bundesregierung gibt es zwei Positionen, interessanterweise. Die eine ist aus meinem früheren Haus, Herr Röttgen - und ich lobe ihn dafür sehr - sagt immer, die Bundesländer, der Bundesrat müssen beteiligt werden. Der Bundeswirtschaftsminister sagt, nein, der Bundesrat muss nicht beteiligt werden. Ich sage, bei einer solchen grundlegenden Entscheidung muss der Bundesrat beteiligt werden.
Ich sage dann zweitens: Wenn der Bundesrat beteiligt wird, Thüringen wird einer Verlängerung der Laufzeiten nicht zustimmen, weil das der falsche Weg ist.
Ich hoffe sehr, dass wir im Interesse des Landes für den Ausbau der erneuerbaren Energie, für eine sichere Zukunft der Energieversorgung in Deutschland und in Thüringen die Debatte beenden, dass wir auf den Ausbau der erneuerbaren Energien setzen, das ist ein ganz klares Signal aus dieser Debatte: Kernkraft, nein danke. Herzlichen Dank.
Ich sehe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen. Damit schließe ich diesen Teil der Aktuellen Stunde und damit gleich die gesamte Aktuelle Stunde.
Der Bürgermeister der Gemeinde Ifta (Wartburgkreis) hat sein Stimmrecht in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Trink- und AbwasserVerband Eisenach-Erbstromtal (TAVEE) niedergelegt, weil er zugleich beim Zweckverband angestellt ist. Nunmehr ist zu prüfen, ob die bisher gefassten Beschlüsse des Zweckverbandes möglicherweise rechtswidrig sind, weil der Bürgermeister per Gesetz nicht hätte an den Beschlussfassungen mitwirken dürfen. Davon berührt ist insbesondere der Ankündigungsbeschluss zur drastischen Erhöhung von Wasser- und Abwassergebühren.
1. Seit wann ist der Bürgermeister der Gemeinde Ifta beim Zweckverband TAVEE beschäftigt und inwieweit hätte der Bürgermeister seitdem nicht mehr an den Beschlussfassungen des Zweckverbandes mitwirken dürfen?
2. Unter welchen Voraussetzungen sind die Beschlüsse des Zweckverbandes, die seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Zweckverband und dem Bürgermeister von Ifta gefasst wurden, möglicherweise rechtswidrig und liegen diese Voraussetzungen insbesondere beim Ankündigungsbeschluss zur Erhöhung der Trinkwasser- und Abwassergebühren für 2010 vor?
3. Inwieweit bestand nach Auffassung der Landesregierung die Obliegenheit Werkleitung des Zweckverbands, darauf hinzuwirken, dass der beim Zweckverband angestellte Bürgermeister von Ifta nicht an den Beschlussfassungen des Zweckverbandes mitwirkt, und unter welchen Voraussetzungen könnten gegebenenfalls aus dieser Pflichtverletzung haftungsrechtliche Ansprüche gegen die Werkleitung geltend gemacht werden und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Nach dem Kenntnisstand der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde ist der Bürgermeister der Gemeinde Ifta seit 2006 in Vollzeit bei dem Verband beschäftigt. Gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 1 des Thüringer Gesetzes über die Kommunale Gemeinschaftsarbeit können Verbandsräte nicht Beamte und hauptberufliche Angestellte des Zweckverbands sein.
Zu Frage 2: Der Verstoß gegen § 27 Abs. 3 Nr. 1 des Thüringer Gesetzes über die Kommunale Gemeinschaftsarbeit führt zur Rechtswidrigkeit, im vorliegenden Fall aber weder zur Nichtigkeit noch zur Unwirksamkeit der durch die Verbandsversammlung gefassten Beschlüsse. Das betrifft auch den durch den Verband gefassten Ankündigungsbeschluss zur Erhöhung seiner Wasser- und Abwassergebühren. Nach der zu vergleichbaren Rechtsfällen ergangenen Rechtsprechung, insbesondere des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, ist dem Kommunalwahlrecht der Gedanke zu entnehmen, dass nicht nur bei einer für ungültig erklärten Wahl, sondern auch bei einer sonstigen fehlerhaften Besetzung der ehrenamtlichen Position in einem kommunalen Organ die vorher gefassten Beschlüsse und vorgenommenen Amtshandlungen aus Gründen der Rechtssicherheit in Kraft bleiben. Dieser Rechtsgedanke kann auf den vorliegenden Fall übertragen werden.
Zu Frage 3: Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung der Werkleitung, die Einhaltung der Bestimmung nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 des Thüringer Gesetzes über die Kommunale Gemeinschaftsarbeit im Zweckverband durchzusetzen.
Es gibt durch die Fragestellerin eine oder zwei Nachfragen und der Abgeordnete Kuschel hat offensichtlich auch eine Frage.
Sie haben ausgeführt, dass die Werkleitung nicht die rechtliche Notwendigkeit hat, darauf hinzuwirken, dass seine Verbandsversammlung dann rechtmäßig
Zunächst einmal haben dies alle Beteiligten selbst, einschließlich des Bürgermeisters und in letzter Instanz natürlich auch die Rechtsaufsichtsbehörde, wenn es ihr bekannt ist.
Die betroffene Person, also der Bürgermeister von Ifta, unterliegt ja dem Beamtenrecht. Ist also nicht eine Wahrnehmung eines Sitzes in der Verbandsversammlung, obwohl er als Beschäftigter im Interessenskonflikt steht, nicht von ihm selbst aus dem Grundsatz des Beamtenrechts heraus zu vermeiden? Liegt denn nicht möglicherweise ein Verstoß gegen das Beamtenrecht vor? Vier Jahre nimmt der eine Funktion wahr, obwohl er wissen müsste, dass er es gar nicht darf. Was ist in dieser Hinsicht kommunalaufsichtlich geschehen, um einen Bürgermeister zum rechtskonformen Handeln zu bewegen?
Man muss die Rechtsverhältnisse des Beamtenrechts, die zwischen der Gemeinde und dem Bürgermeister bestehen, unterscheiden von dem Rechtsverhältnis, das zwischen dem Verband und dem Verbandsrat besteht. Auf den ersten Blick, würde ich sagen, folgt aus einem möglicherweise fehlerhaften Anzeigeverhalten in seiner Rolle als Verbandsrat nicht, dass er beamtenrechtliche Dienstpflichten verletzt haben könnte. Das folgt einfach aus der unterschiedlichen Zuordnung. Aber ohne Kenntnis natürlich der Akten im Detail kann ich das nicht im Einzelnen verifizieren.
Was die Frage der Rechtsaufsicht angeht, wissen Sie ja, dass das zunächst voraussetzt, dass der Rechtsaufsichtsbehörde der Sachverhalt bekannt ist und im Übrigen die Ermessensausübung der Rechtsaufsichtsbehörde ergibt, dass sie einschreiten muss und dass keine Gründe dagegen sprechen, da die Ausübung der Rechtsaufsicht keine gebundene Entscheidung ist. Welche konkreten Erwägungen das im Einzelfall gewesen sind, kann ich Ihnen nicht sagen.
Herr Minister, nach dem, was Sie jetzt sagen, ist niemandem ein Verschulden vorzuwerfen, aber es ist die Situation eingetreten, dass eine rechtliche Situation über vier Jahre entstand, die so eigentlich nicht hinnehmbar ist. Wer trägt denn jetzt für mich als Normalbürger die Hauptverantwortung und impliziert das nicht damit automatisch die Gefahr, dass das an anderen Stellen genauso und häufig vorkommt, wenn nicht wirklich die Verantwortung an der Stelle geklärt ist?
Ich habe nicht gesagt, dass niemandem ein Verschulden vorzuwerfen ist. Wir müssen zunächst einmal unterscheiden zwischen rechtswidrigem Handeln und schuldhaftem Handeln. Einen Verschuldensvorwurf wird man, glaube ich, erst nach Kenntnis der Aktenlage im Einzelnen erheben können. Natürlich ist es Aufgabe aller Behörden, die Gesetze korrekt anzuwenden. Das ist in dem Fall nicht geschehen, weil gegen diese Ausschlussklausel des § 27 Abs. 3 verstoßen worden ist. Dieser Verstoß ist auf jeden Fall durch den Bürgermeister begangen worden, ohne dass ich sage, dass damit bestimmte Konsequenzen verbunden wären. Ob durch den Verband und den Vorsitzenden ein Verstoß begangen worden ist, hängt von deren Kenntnis ab. Ob durch die Rechtsaufsichtsbehörde ein Verstoß begangen worden ist, hängt auch von ihrer Kenntnis und der Ermessensausübung ab. Das lässt sich ohne Kenntnis der Akten, da kann ich mich nur wiederholen, hier nicht im Einzelnen beantworten.
Ich rufe jetzt die Anfrage des Abgeordneten Meyer der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/678 auf.
Auswirkung von direkten Abhängigkeitsverhältnissen auf im beschließenden Gremium des TAVEE gefasste Beschlüsse
Am 13. März 2010 fragte die Thüringische Landeszeitung (TLZ) Eisenach, ob die Beschlüsse des Trink- und AbwasserVerbandes Eisenach-Erbstromtal (TAVEE) möglicherweise ungültig seien, weil
beim Verband abhängig Beschäftigte gleichzeitig an Entscheidungen in dem Gremium des Verbands mitgewirkt hätten.
Beim TAVEE hat ein Verbandsausschussmitglied für die Gemeinde Ifta mitgewirkt - obgleich es ein festes Anstellungsverhältnis beim TAVEE hatte. Des Weiteren steht ein Verbandsratsmitglied der Stadt Eisenach in einem relevanten Vertragsverhältnis mit dem TAVEE.