Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

3. Welche Rechtsfolgen im nachgefragten Fall entstehen, wenn sich bestätigen sollte, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister einer kreisangehörigen Gemeinde nicht gleichzeitig ehrenamtlicher Beigeordneter des Landkreises sein darf?

4. Mit welchem Ergebnis hat das Thüringer Landesverwaltungsamt als Rechtsaufsichtsbehörde für den Ilm-Kreis den nachgefragten Fall geprüft?

Es antwortet der Innenminister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nach § 110 Abs. 3 ThürKO werden ehrenamtliche Beigeordnete vom Kreistag aus seiner Mitte für die Dauer der gesetzlichen Amtszeit des

Kreistags gewählt. Wählbar ist jedes Kreistagsmitglied. Die Thüringer Kommunalordnung und das Thüringer Beamtengesetz enthalten keine Wählbarkeitsbeschränkungen oder Amtsantrittshindernisse für die Wahl hauptamtlicher Bürgermeister zum Kreistagsmitglied und zum ehrenamtlichen Beigeordneten des Landeskreises. Zum konkreten Fall teilte das Landesverwaltungsamt mit, dass die Wahl zum ehrenamtlichen Beigeordneten entsprechend den rechtlichen Vorschriften und Vorgaben erfolgt ist.

Zu Frage 2: Die Hauptsatzung des Ilm-Kreises sieht einen hauptamtlichen und einen ehrenamtlichen Beigeordneten vor - wie Sie gesagt haben -, die in dieser Reihenfolge den Landrat bei dessen Verhinderung vertreten. Wären sowohl der Landrat als auch der hauptamtliche Beigeordnete verhindert, obläge dem ehrenamtlichen Beigeordneten als Vertreter des Landrats auch die Leitung des Landratsamtes als untere staatliche Verwaltungsbehörde. Sofern im Vertretungszeitraum eine rechtsaufsichtliche Maßnahme gegenüber der von dem ehrenamtlichen Beigeordneten in seiner Eigenschaft als hauptamtlicher Bürgermeister vertretenen Gemeinde vorzunehmen wäre, wäre er nach § 20 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz von diesem rechtsaufsichtlichen Verfahren ausgeschlossen. In diesem Fall würde der Leiter der Kommunalaufsicht, der Landesbeamter ist, die rechtsaufsichtliche Maßnahme durchführen.

Zu Frage 3: Wie zu Frage 1 ausgeführt, trifft die Prämisse nicht zu.

Zu Frage 4: Die Auffassung des Landesverwaltungsamts habe ich bereits in der Antwort zu Frage 1 dargelegt. Danach begegnet die Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters zum ehrenamtlichen Beigeordneten des Ilm-Kreises keinen rechtlichen Bedenken.

Es gibt eine oder zwei Nachfragen.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, ich versuche es erst einmal mit einer. In Abhängigkeit der Antwort könnte dann noch die mir zustehende zweite Frage folgen. Jetzt habe ich Ihre Antwort zur Kenntnis genommen. Wie erklären Sie dann, dass die Kommunalordnung regelt, dass ein Landrat und ein Beigeordneter nicht Mitglied eines Gemeinderats einer kreisangehörigen Gemeinde sein darf; im jetzt vorliegenden Fall der hauptamtliche Bürgermeister, der sowohl Beigeordneter des Landkreises ist, aber als Bürgermeister auch Mitglied es Gemeinderats

in seiner Gemeinde ist? Wie erklären Sie denn dann diesen Widerspruch, wenn Sie sagen, weil es keine Beschränkungen für Kreistagsmitglieder gibt - der ehrenamtliche Beigeordnete ist Kreistagsmitglied -, wäre das unerheblich. Aber andersherum gibt die Kommunalordnung dort eine sehr hohe Beschränkung hinsichtlich des Landrates und der Beigeordneten, was die Mitgliedschaft in einem Gemeinderat betrifft, vor.

Den Unterschied erkläre ich damit, dass das eine durch das Gesetz ausgeschlossen wird und das andere nicht und dass es dafür einen sachlichen Grund gibt, nämlich dass das von Ihnen dargestellte Risiko eines Interessenkonflikts aus meiner Sicht gegen null geht, während es im umgekehrten Fall an der Tagesordnung wäre.

Es gibt jetzt die zweite Nachfrage.

Die zweite Frage. Sie hatten also formuliert, ich glaube in der Antwort zu Frage 3, dass dann, wenn der Landrat nicht da ist, der 1. Beigeordnete nicht da ist und der 2. Beigeordnete, wenn es dort einen Fall gäbe bei der Rechtsaufsicht, was die Gemeinde Wolfsberg beträfe, dann würde das der Leiter der Rechtsaufsichtsbehörde als Landesbeamter machen. Andererseits ist aber der 2. Beigeordnete, wenn er den Landrat bzw. den 1. Beigeordneten vertritt, natürlich auch in einem Vorgesetzten- oder in einem Dienstverhältnis zum Leiter der Rechtsaufsichtsbehörde, zum Beispiel was Arbeitszeit, Urlaub und dergleichen betrifft - inhaltlich nicht, weil er ja Landesbediensteter ist. Deshalb die Frage: Wie wird denn da ein Interessenkonflikt ausgeschlossen? Oder sind Sie wirklich der Auffassung, dass das alles reibungsvoll ist, also dass das Leben wirklich so stattfindet, wie wir es in die Paragraphen hineingeschrieben haben, oder nicht von Anfang an die Interessenskonfliktlage so groß ist, dass wir als Gesetzgeber dafür Sorge tragen müssen, dass solche Konfliktfälle erst gar nicht entstehen?

Herr Abgeordneter Kuschel, das Leben findet bedauerlicherweise nie immer ganz so statt, wie es in den Paragraphen steht. Das ist das Problem, mit dem wir Juristen täglich zu kämpfen haben. Wir versuchen allerdings die Paragraphen so zu fassen, dass sie die Wirklichkeit hinreichend steuern können. Da das Risiko eines Interessenkonflikts, das Sie schildern, auch was das Weisungsrecht angeht,

durch § 20 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes gelöst wird und der 2. Beigeordnete nicht in der Lage ist, in eigenen Angelegenheiten Weisungen hinsichtlich des Staatsbeamten zu erteilen, weil er sonst befangen wäre, sehe ich unsere Rechtsordnung durchaus in der Lage, diesen Interessenkonflikt zu lösen.

Damit hat sich das Nachfragepotenzial erst einmal erschöpft. Ich rufe die nächste Frage auf, die des Abgeordneten Kummer, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/739. Diese Anfrage wird durch Frau Abgeordnete Wolf vorgetragen.

Laugentransporte der K + S GmbH mittels LKW zur Werra

Seit Juni 2007 muss die K + S GmbH Kassel salzhaltige Kalihaldensickerwässer per LKW, zum Teil auch per Bahn, von Neuhof-Ellers nach Philippsthal transportieren, um sie dort in die Werra zu leiten. K + S selbst spricht von 60 bis 80 LKW-Ladungen täglich. Die Notwendigkeit der Transporte ergab sich aus einer behördlichen Anordnung zur Einstellung der Versenkung der Abwässer im Plattendolomit aufgrund der Erschöpfung von Versenkräumen. Mit dem Erlaubnisbescheid des Regierungspräsidiums Kassel vom 26. November 2003 zur Einleitung von Salzabwasser in die Ulster und Werra wurde eine Genehmigung für die Haldenwassereinleitung bei Entsorgungsengpässen befristet bis 30. November 2012 mit erteilt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Kann nach Auffassung der Landesregierung in Anbetracht des oben dargestellten Zusammenhangs von einem bis heute fortdauernden und von der Genehmigungsbehörde abgedeckten Entsorgungsengpass gesprochen werden und wie begründet sie dies jeweils?

2. Liegt nach Erkenntnis der Landesregierung unter der Prämisse, dass die Einleiterlaubnis bis 30. November 2012 befristet ist, ein alternatives Entsorgungskonzept bzw. ein entsprechender Antrag von Kali + Salz bei der Genehmigungsbehörde vor, aus dem die Überwindung von Entsorgungsengpässen hervorgeht und wenn ja, welches alternative Entsorgungskonzept bzw. welcher wann eingereichte Antrag?

3. Ist der Landesregierung bekannt, ob die LKWTransporte zusätzlich einer raumordnerischen und Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden

sind, wenn ja, mit welchem Ergebnis, und wenn nein, warum nicht?

4. Wie viele LKW-Ladungen sind nach Kenntnis der Landesregierung mit welchen Laugenmengen gegenwärtig täglich tatsächlich unterwegs?

Diese Anfrage beantwortet Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Kummer, vorgetragen durch Frau Abgeordnete Wolf, nehme ich für die Landesregierung wie folgt Stellung:

Es ist natürlich bedauerlich, dass Herr Kummer gerade nicht im Raum ist, aber er wird es ja nachlesen können.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das war nicht die Frage.)

Herr Kummer hat nämlich die vorliegende Anfrage gestellt, obwohl ihm eigentlich bekannt ist, dass mit der Anfrage ausschließlich hessische Zuständigkeiten berührt sind.

Die Landesregierung hat in den zurückliegenden Jahren zu diesem Thema immer auf diesen Sachverhalt hingewiesen, aber offensichtlich ohne substanziellen Erfolg bei den LINKEN. Sowohl der Standort Neuhof als auch der Standort Hattorf liegen in Hessen, die Transportstrecke dazwischen ebenfalls. Als Genehmigungsbehörde ist das Regierungspräsidium Kassel damit zuständig. Diese hat den Transport der Haldensickerwässer - und nur um die handelt es sich - von Neuhof nach Hattorf, teilweise über die Straße und teils über die Schiene, zu verantworten und dort läuft auch das Antragsverfahren für die Pipeline, die in Zukunft Neuhof mit Hattorf verbinden soll. Auch die Genehmigung zur Einleitung der jährlich nach unserer Erkenntnis anfallenden ca. 700.000 Kubikmeter Haldensickerwässer in die Werra im Rahmen der dort vorgegebenen Salzsteuerung liegt nun mal nicht in Thüringer Zuständigkeit. Anträge der K + S für eine Neugestaltung der Einleiterlaubnis ab Dezember 2012 liegen noch nicht vor. Sie können auch nur in Hessen gestellt werden, da Thüringen davon ausgeht, dass der Standort Unterbreizbach ab diesem Zeitpunkt keine Salzwässer in die Werra abgibt und demzufolge abstoßfrei wäre.

Ich sehe eine Nachfrage. Herr Abgeordneter Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, Sie haben auf die Zuständigkeit von Hessen hingewiesen. Aber gab es im Rahmen des Genehmigungs- oder Erlaubnisverfahrens durch hessische Behörden für diese Transporte eine Rückkoppelung mit Thüringer Behörden beispielsweise, weil ein Teil der Transporte auch über Thüringer Gebiet erfolgt, z.B. über die Trasse Unterbreizbach, dann nach Philippsthal werden also, wenn auch wenige, aber immerhin einige Straßenkilometer auf thüringischem Territorium tangiert -, gab es diese Rückkoppelung und wenn ja, welche mit welchen Ergebnissen?

Herr Kuschel, dann haben Sie eben bei der gestellten Frage nicht zugehört. Es ging nicht um Unterbreizbach nach Philippsthal, sondern es ging zwischen Hattorf und Neuhof und dafür braucht es keine Zuständigkeit des Thüringer Freistaats.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die Straße Sünna, Philippsthal.)

Herr Abgeordneter Kuschel, Sie haben noch eine Fragemöglichkeit.

Eigentlich will ich noch mal die Frage wiederholen, weil es auch an mir gelegen haben kann, dass ich sie nicht genau formuliert habe. Die Transporte von Fulda nach Philippsthal werden auch über Unterbreizbach, diese Straße dort führt damit - Sünna und Philippstahl ist ein Teil auf Thüringer Territorium, deshalb also noch mal die Frage: Welche Thüringer Behörden waren im Genehmigungsverfahren von hessischen Behörden beteiligt? Da können Sie ja sagen, gar keine, das ist auch eine Antwort. Und wenn ja, wenn sie beteiligt waren, mit welchen Ergebnissen und in welcher Art und Weise erfolgte die Beteiligung?

Ich denke, Herr Kuschel, wir haben da ein gewisses Missverständnis. So, wie wir das aufgefasst haben, ging es um die Strecke Neuhof-Hattorf und nicht Fulda-Philippsthal-Unterbreizbach, und die Frage, die

gestellt worden ist, habe ich beantwortet.

Frau Abgeordnete Wolf für den Fragesteller.

Es ist überhaupt nicht schlimm, dass nicht jeder jede Straße in Thüringen kennt, das ist um Gottes willen kein Vorwurf. Die kürzeste Strecke von Fulda und dem Standort Neuhof nach Philippsthal, wo die Einleitstelle ist, ist sozusagen hintenrum durch die Rhön von Hünfeld und dann geht der Schlenker von Sünna nach Philippsthal. Von daher wird natürlich Thüringer Territorium insoweit betroffen.

Sofern das so beantragt worden ist.

An der Stelle ist natürlich ganz klar, dass eine ganze Reihe von LKWs diese Abkürzung, diese kürzeste Strecke nutzen, weil nicht alle die empfohlene Strecke über die Autobahn fahren, wo im Übrigen dann auch noch Thüringer Gebiet betroffen ist. Heißt aber Ihre Antwort damit, dass Thüringer Behörden überhaupt nicht einbezogen wurden?

Frau Wolf, ich will das gern noch mal prüfen, aber wenn ich einen Antrag auf eine Transportstrecke stelle, egal ob ich Kalilauge transportiere oder eine Schwerlast transportiere, dann habe ich mich an die beantragte Strecke zu halten. Nur das kann letztendlich auch im Genehmigungsverfahren bewertet werden. Ich will aber gern noch einmal bei unseren Behörden nachfragen, ob Alternativstrecken beantragt worden sind.

Ich rufe jetzt die Anfrage des Abgeordneten Hellmann, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 5/751 auf.

Eigene Stromversorgung von Kommunen

In der Antwort auf meine Kleine Anfrage „Solarnutzung in kommunaler Trägerschaft“ (Drucksache 5/705) heißt es unter Frage 2: „Im Rahmen der Nutzung eigenen Vermögens und zur Deckung des eigenen Strombedarfs ist es der Kommune grund

sätzlich nicht verwehrt, eine Photovoltaikanlage zu errichten und zu betreiben.“ Der Solarpark Viernau hätte aber der Gemeinde ohne Einbeziehung eigenen Vermögens bei Tilgung des notwendigen Kredits in Höhe von 7 Mio. € zusätzliche Einnahmen von jährlich 100.000 € erbracht. Ein entsprechendes Gutachten der Mittelrheinischen Treuhand liegt vor.

Deshalb stelle ich folgende Nachfragen an die Landesregierung:

1. Muss eine Kommune bei der Finanzierung eines solchen Projekts unbedingt eigenes Vermögen nutzen oder ist eine Kreditaufnahme unter sicheren Tilgungsbedingungen auf der Grundlage der Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz möglich? Die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune muss selbstverständlich gegeben sein.