Also was hat uns gefehlt und was fehlt uns immer noch und was spielt in der Diskussion überhaupt keine Rolle? Ein geordnetes Insolvenzverfahren, welches auch bei Banken funktioniert. Darüber redet niemand; es ist viel leichter, auf die bösen Spekulanten zu schimpfen und am Kern des Problems vorbeizudiskutieren.
Das bedeutet im Übrigen dann auch den verbesserten Schutz der Anleger, nämlich der vielen kleinen Sparer, die dort ihr Geld angelegt haben.
Bei der Griechenland-Krise ist es ganz genauso. Wir haben im Namen der Euro-Stabilisierung Milliarden und Abermilliarden rausgehauen. Das wird mal eben so von mittwochs bis freitags durch den Bundestag, Bundesrat mit Unterschrift des Bundespräsidenten durchgeboxt, ohne dass da irgendjemand zuckt. Das kann nicht sein. Auch hier haben wir die Haushalte auf EU-Ebene nicht im Griff, wir haben die Hausaufgaben nicht gemacht und auch darüber wird hier nicht diskutiert. Wenn die Haushalte in Ordnung wären, gäbe es das nicht.
Herr Dr. Pidde, die Aufweichung der Euro-Stabilitätskriterien, da sollten Sie ganz vorsichtig sein. Man sollte auch ein geordnetes „Insolvenzverfahren“ für Länder durchführen. Das muss auf den Weg. Das muss die Konsequenz sein, denn tatsächlich, wenn ganze Länder, wie das Griechenland und andere getan haben, die gesamte EU betrügen und belügen, wenn sie Statistiken fälschen und anschließend sagen, nun haftet einmal alle für unsere Fehler, dann kann das nicht in Ordnung sein und das kann man denen nur austreiben, indem man ihnen die Konsequenzen ihres Handelns auch tatsächlich auferlegt. Allein die Drohung, dass man keine Kredite mehr bekommt im Rahmen eines solchen Insolvenzverfahrens reicht aus, um Betrug und Korruption zu verhindern. Man belohnt damit vorsichtiges Handeln. Auch das wäre heruntergebrochen auf Thüringen durchaus sinnvoll.
der Basel-II-Regelung gesprochen. Auch da erinnere ich mich sehr gut an die Diskussion in Ihrer Partei und durchaus auch in unserer. Da ging eine Welle der Entrüstung durch den gesamten Mittelstand, wir haben die Kreditversorgung gefährdet und was passiert, wenn wir dann auf einmal keine Kredite mehr bekommen oder nur noch zu schlechteren Konditionen. Auch hier wäre es sehr hilfreich, mit einem bisschen Sachverstand an die Sache heranzugehen. Basel II war im Kern eine durchaus gute und nachvollziehbare Regelung. Die hätte nämlich genau das verhindert, was in Amerika diese Subprime-Krise ausgelöst hat, nämlich auf politischen Druck hin Darlehen und Kredite herauszuhauen, egal zu welchen Risiken und anschließend eine Riesenwelle an einer Katastrophe loszutreten.
Man muss im Vorhinein klare, deutliche, manchmal auch schmerzhafte Regelungen akzeptieren, dann passiert so etwas nicht. Deshalb sollten wir hier nicht um den heißen Brei herumdiskutieren und uralte Lieblingsthemen wie Tobin tax und solche Dinge immer wieder noch einmal ausgraben, von denen wir alle wissen, wie schädlich sie sind, sondern man sollte zum Kern der Sache kommen. Das mahne ich an. Das ist in Ihrem Antrag nicht enthalten, deshalb ist für mich klar, den muss man ablehnen. Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann leider nicht anders, ich muss auf meinen Vorredner Bezug nehmen. Herr Recknagel, ein außerordentliches historisches Dilemma ist aus meiner Sicht, dass ein Großteil Ihrer Vorschläge, die Sie seit zwei Jahrzehnten in diesem Land gepredigt haben, leider nicht von Ihnen durchgesetzt worden sind, sondern zum einen, was die Deregulierung der Finanzmärkte betrifft, ganz entscheidend von RotGrün in der Bundesregierung seit 1998 und 2002 und was weitere Deregulierungen der Finanzmärkte - Privatisierung der Altersvorsorge, Verschlechterung im Rentensystem - im Wesentlichen von Rot-Grün 2002 und der Großen Koalition 2005 durchgesetzt wurden. Aber die ideologischen und programmatischen Aussagen dazu, privat vor Staat, Deregulierung, freier Kapitalverkehr extensiver Art, Steuersenkung wann immer es geht - das waren Ihre ideologischen Vorschläge. Und dieses System ist gescheitert. Die Systemkrise, die wir heute haben,
ist das Scheitern Ihres Programms. Ihr derzeitiges Umfragetief ist nicht auf Personen, auf einen Vorsitzenden oder wie auch immer zurückzuführen oder sonst was, sondern das ist die Erkenntnis bei vielen Menschen, dass ein Weiterso, also ein Umsetzen Ihrer Vorschläge, die Systemkrise noch verstärken würde. Deshalb hängen Sie in den Seilen. Wie schwierig Sie sich damit tun, ideologischen Ballast über Bord zu werfen und Ihre Programmatik den Realitäten anzupassen, das hat Ihre Rede hier eben gezeigt.
Dass Sie sich dann einer Sprache bedienen, u.a. indem Sie Kommunisten und Nazis gleichsetzen, dass Sie auch in anderen Interviews, wie ich finde, sehr am rechten Rand verbal schiffen,
die Titulierung, dass Sie sich als eine Art FPÖ gerieren, die kommt nicht von mir, sondern die stammt vom SPD-Vorsitzenden Gabriel. Ich habe auch den Begriff „Extremisten der Mitte“ schon wahrgenommen. Alles das stimmt, das will ich zumindest einmal sagen, das trifft aus meiner Sicht auf Sie vollkommen zu, meine Damen und Herren.
Ich will den anderen Rednern insofern Dank sagen, weil ich das Gefühl habe, dass wir auch jenseits tiefer Unterschiede im Detail oder auch im Grundsatz hier durchaus eine intensive Debatte miteinander geführt haben.
Meine Kollegin Frau Keller hat es einleitend gesagt, uns geht es nicht darum, ultima ratio auf den Tisch zu legen, sondern uns geht es darum, hier im Thüringer Landtag, der Thüringer Volksvertretung, Fragen zu diskutieren, die auch längerfristig für dieses Land durchaus Bedeutung haben. Wir wollen zur Debatte einladen, zur Diskussion einladen möglichst über dieses Haus hinaus und nicht in der Annahme, dass das, was heute vorliegt, schon das letzte Wort ist. Dass Bewegung in die Debatte kommt, sehen Sie anhand verschiedener Fakten. Einen Teil davon hat meine Kollegin Keller genannt, ein Bischof mit dem Namen Marx fordert eine Vermögenssteuer in Deutschland, ein Ministerpräsident der CDU, Herr Müller aus dem Saarland, stellt die Senkung des Spitzensteuersatzes infrage und bezeichnet es als
gerecht, dass die, die stärker und leistungsfähiger sind und höhere Einkommen haben, sich an der Finanzierung der Krisenfolgen beteiligen müssen.
Über den deutschen Tellerrand hinausgeschaut: Spanien mit großem Sparprogramm/Konsolidierungsprogramm, dort erklärt der Ministerpräsident Zapatero die Abschaffung der Vermögenssteuer vor einigen Jahren als Fehler, er führt sie neu ein und bezeichnet sie - so wörtlich - als Geste der Solidarität. Die CSU, Frau Lehmann, fordert zum Thema Bankenabgabe nicht, dass man das aufweicht oder relativiert oder noch irgendwas ändert, sondern sie favorisieren gegenüber dem jetzigen Entwurf eine Verdreifachung der Bankenabgabe und sind nur bereit, den Kurs der Koalition in der Bundesregierung unter diesen Bedingungen fortzusetzen.
Sie sehen, meine Damen und Herren, Herr Meyer, völlig zu Recht, vor zwei Jahren haben wir hier ähnliche Forderungen gestellt, die wollte niemand hören. Wir hatten hier einen Minister, der die Finanzkrise als konjunkturelle Delle bezeichnet hat. Ich stelle fest für unsere Fraktion: Wir sind froh, dass offenbar Bewegung auch in diesem Thüringer Landtag in die Debatte kommt, dass man sich endlich mit mehr vernünftigen Vorschlägen auseinandersetzen kann.
Meine Damen und Herren, ich will von der Regulierung der Finanzmärkte jetzt mal abstrahieren und die tiefer liegenden ökonomischen Fragen ansprechen. Die Debatte haben wir schon mal vor einem halben bzw. Dreivierteljahr gehabt, die Frage, für all diejenigen, die glauben, diese Krise sei irgendwann überwunden. Frau Lehmann nennt die Zahlen, den Unternehmen geht es vergleichsweise besser usw. und so fort. Können Sie mir sagen oder können Sie mir einen Grund nennen, warum wir davon ausgehen sollten, dass ein möglichst neuer Konjunkturzyklus mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze verbunden sein soll? Oder glauben Sie nicht eher auch, dass, wenn die Stellschrauben nicht verändert werden, die unternehmerische Ratio weiterbesteht oder sich sogar noch verschärft, nämlich hin zu Konzentration, zu Unternehmensfusionen und zum Arbeitsplatzabbau durch Rationalisierung - Stichwort technischer Fortschritt. Wenn wir uns einig sind, dass wir diese Fragen heute nicht positiv beantworten können, sondern wir befürchten müssen, dass die Wettbewerbssituation eher dazu führt, dass weitere Arbeitsplätze weltweit wegfallen werden infolge von Rationalisierung, dann, glaube ich, müssen im wirtschaftlichen Bereich ganz andere Fragen auf die Agenda. Ich bin davon überzeugt, wir kommen beispielsweise um das Thema Arbeitszeitverkürzung nicht herum, wir werden im Finanzbereich nicht um das Thema herumkommen, Großbanken zu zerschlagen, und zwar so,
dass sie eine Größe haben, dass die Volkswirtschaften, aus denen sie stammen, in etwa noch das Risiko tragen können. Jetzt haben wir eine Situation, die die Staaten de facto gegenüber den Banken handlungsunfähig macht und viele andere Fragen gehören da hinzu. Wir brauchen im Prinzip diesen Zukunftsdialog, wie wir eine vernünftige Wirtschaft miteinander aufbauen können.
Und, meine Damen und Herren, dazu gehört natürlich auch die Frage von Rüstungsexporten und die Frage von Konversion sowohl mit Blick auf den Bundeshaushalt im Bundestag und natürlich auch mit Blick auf das Land Thüringen. Wer bisher nicht sicher war, ob es da Zusammenhänge gibt zwischen Krisenerscheinungen, Rüstungsexporten, Haushaltsdefizit in Griechenland, die kaufen deutsche U-Boote und müssen sie kaufen trotz Haushaltskrise. Würden sie die Rüstungsgüter nicht kaufen, wäre ihr Haushaltsdefizit gleich um 1,5 Prozent kleiner. Letztlich geht es um die Frage Krieg und Frieden. Ich glaube, deshalb gehört auch die Frage der Konversion und des Verbots von Rüstungsexporten genau in diesen Antrag, genau in die Debatte: Wie bauen wir eine vernünftige Wirtschaft auf, auch im Sinne eines ökologischen, eines sozialökologischen nachhaltigen Umbaus der Wirtschaft? Welche Kräfte da in anderer Richtung am Werk sind, zeigt der heutige Tag. Ich darf Ihnen das mal vortragen, Herr Präsident. Der Bundespräsident Herr Köhler - auf das Grundgesetz vereidigt - erklärt heute Folgendes zur Rolle des Militärs, ich darf zitieren: „Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Weg sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auf unsere Chancen zurückschlagen, negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.“
Meine Damen und Herren, das ist in der Tat unglaublich. Es bedeutet nichts anderes, als dass ökonomische Probleme einer Exportwirtschaft zunehmend aggressiv interpretiert werden und letztlich militärisch abgesichert werden sollen, dass hier eine starke Exportnation ihre Interessen zu sichern gedenkt.
Aus meiner Sicht ist diese Position auch nicht durch das Grundgesetz gedeckt. Ich sage Ihnen, jeder, der
das kennt, der weiß, dass Deutschland an Platz 3 der rüstungsexportierenden Länder in der Welt liegt, der kann sich auch leicht erklären, dass diese Debatte hier in diesem Zusammenhang geführt werden muss und dass sie natürlich auch in Thüringen geführt werden muss, weil hier auch Forschung und Entwicklung im militärischen Bereich mit gefördert wird. Eine entsprechende Anfrage hat die Landesregierung beantwortet. Hier wären Produktionsstandorte gefördert, die im Bereich der Rüstung tätig sind, und nicht zuletzt sind hier militärische Standorte. Das muss natürlich dann umfassend diskutiert werden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zu einzelnen Punkten des Antrags kommen, in der Hoffnung, um mit Ihnen zumindest kurz das eine oder andere Argument aus der Debatte dann noch verhandeln zu können.
Zum einen, Frau Lehmann, Sie und Herr Dr. Pidde haben dargestellt, dass viele Maßnahmen im Bereich der Regulierung der Finanzmärkte jetzt auf dem Weg sind. Sie meinen zum einen, wenn ich sie richtig verstanden habe, dass es Sofortmaßnahmen der Bundesregierung gibt, die sich auf den nationalen Raum beschränken, und dass es zum anderen Initiativen gibt bis hin zum nächsten G-20-Gipfel, also Partner zu überzeugen, in bestimmte Richtungen tätig zu werden. Insofern ist der Antrag genau auch an dieser Schwelle zwischen: Es gibt Aktivitäten und es gibt Versuche weitergehender Regulierung. Wir haben deshalb aber versucht in diesem Antrag, genau diesem Spannungsfeld Rechnung zu tragen, indem wir gesagt haben: Liebe Leute, macht in allererster Linie eine nationale Regulierung und bemüht euch, auf internationaler Ebene ähnliche vernünftigere Lösungen zu finden. Wir wissen natürlich auch, dass vieles international zu regeln besser wäre, aber die Rationalität der letzten Wochen war eine andere, auch in der Bundesregierung. Die hieß nämlich: Wir wollen ja, aber wenn andere nicht bereit sind, dann können wir das in Deutschland auch nicht machen. Um diese Position geht es auch in unserem Antrag. Wir glauben, wenn die anderen nicht wollen, dann müssen wir in Deutschland vorangehen und dazu kann eine Landesregierung natürlich im Bundesrat auch aktiv werden und wir fordern dazu auf, genau in diesem Spannungsfeld tätig zu werden.
Die Finanztransaktionssteuer, Frau Lehmann, die Sie erwähnt haben, die auch mit Blick auf den G-20-Gipfel eine Rolle spielen soll - das haben Sie richtig erwähnt -, aber Sie haben natürlich den Konflikt, den es dazu in der Bundesregierung gibt, nicht erwähnt. Die FDP und das Modell einer sogenannten Finanzaktivitätssteuer will genau was anderes. Die will nämlich nicht die einzelnen Transaktionen besteuern,
sondern die Aktivitätssteuer will letztlich bei den Gewinnen ansetzen. Das hieße, ein Großteil der spekulativen Instrumente überhaupt oder der spekulativen Transaktion käme da völlig ungeschoren weg und die Zielstellung, die Ratio im Finanzmarkt zu verändern und mehr Geld wieder in reale Wirtschaftskreisläufe zu bringen, könnte zumindest mit dem Vorschlag der FDP auf keinen Fall erreicht werden.
Meine Damen und Herren, zur Umverteilung hat Herr Meyer das Wesentliche gesagt. Nur ergänzend, Frau Lehmann: Im Jahr 1995 - Ihre Zahl 4,6 Mrd. Einnahmen aus der Vermögenssteuer. Danach war die Steuergesetzgebung der Koalition Rot-Grün, die Steuerreform unter Hans Eichel, die eine weitere Beförderung von hohen Einkommen ermöglicht hat, eine weitere Konzentration. Wer glaubt, diese Finanzkrise sei ohne die Konzentration von Einkommen und Vermögen nur denkbar, der irrt sich ganz gewaltig. Deshalb müssen wir über die Rolle von Vermögen und Einkommen natürlich reden, deshalb gehört sie in den Antrag. Und ich will insbesondere die Kollegen der CDU-Fraktion daran erinnern, wie ihre Position hier im Landtag in den letzten zehn Jahren zu dieser Frage war.
Meine Damen und Herren, wir haben das Thema Steuervollzug angesprochen, wohl wissend dass wir in der Haushaltsdebatte einen entsprechenden Antrag hatten, Stichwort Einnahmen aus der Steuer-CD, auch da kann man streiten. Aber wichtig ist - und das sehen wir jetzt in der Frage der Vermögenssteuer, wie das debattiert wird im europäischen Kontext -, wenn es einen vernünftigen Steuervollzug gibt, dann fällt es tendenziell Vermögensstärkeren viel schwerer, ihr Geld über die Grenzen zu schaffen. Dann lohnt sich auch eine wirkungsvolle Besteuerung. Wir halten an unserem Vorschlag dazu fest.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas zum außenwirtschaftlichen Gleichgewicht sagen, also zu Punkt 6 in unserem Antrag „Europäische Wirtschaftsregierung“ und so weiter und so fort. Wenn man es idealtypisch nimmt, gibt es in der europäischen oder in der deutschen Diskussion über das 750-Mrd.-Paket zwei Hauptstränge.
Der eine Strang, den nenne ich mal den euroskeptischen Strang, der hat versucht, einerseits gegen die Hilfe anderer Staaten zu wettern bis hin zu der Frage, sollen Länder, die in Schwierigkeiten kommen, nicht aus dem Euro austreten. Ich glaube, jetzt wird das Thema zum Teil abgewickelt über die Frage, können Staaten geordnet in Insolvenz gehen oder nicht, das ist ein Strang der Diskussion.
Der zweite Strang sieht das eher deutsch-kritisch, und zwar aus folgendem Grund: Er sagt, die EuroEinführung hat im Wesentlichen den deutschen Un
Da die Deutschen immer darauf geachtet haben zum einen, dass a) die Europäische Zentralbank keine aktive Rolle einnimmt und b), dass es keine abgestimmte europäische Wirtschaftspolitik gab, war die Tarifpolitik beispielsweise, die Lohnpolitik, die Sozialpolitik den europäischen Nationalstaaten überlassen. Während man hier in Deutschland in den letzten Jahren - und Herr Meyer hat das gesagt - eine restriktive Lohnpolitik und eine große Steuerreform gemacht hat, die die Unternehmen weiter entlastet hatten, haben die anderen Länder im Wesentlichen mit Lohnsteigerung zu tun gehabt, so dass sich der Wettbewerbsvorteil dieser Exportwirtschaft hierzulande drastisch erhöht hat. Das, was wir heute als Haushaltskrise in Griechenland wahrnehmen, was wir in Spanien wahrnehmen, was wir in Italien und anderen südeuropäischen Ländern wahrnehmen, ist nicht eine Folge der Spekulation - insofern ist das richtig -, sondern vor allen Dingen eine Folge dieses Außenhandelsungleichgewichtes. Dieses Außenhandelsungleichgewicht hat seine Basis in der deutschen Politik und in der Art und Weise, wie der Euro gestrickt ist, wie die Maastricht-Verträge gestrickt sind und letztlich auch wie - in zugespitzter Form - der Lissabon-Vertrag gestrickt ist.
Die Entscheidung aus letzter Woche, dass die EZB eine aktive Rolle beispielsweise beim Aufkauf von Staatsanleihen einnimmt, ist schon der erste Bruch. Das ist in gewisser Weise ein aus deutscher Sicht zur Not gezwungener Paradigmenwechsel. Aber die Befürchtung, die wir haben, ist, dass nicht daraus folgt, ein Prä und ein Vorangehen bei der Frage, wir brauchen eine europäische Wirtschaftspolitik, weil sicherlich dann die Befürchtung stünde, dass Deutschland insbesondere wegen seiner schwächelnden Binnennachfrage kritisiert wird, und dass Länder, die hohe Haushaltsdefizite haben wie Griechenland, natürlich dann in allererster Linie beispielsweise auf den Import von Rüstungsgütern verzichten müssten, um ihre Haushalte zu konsolidieren. Aber das wäre Aufgabe einer europäischen Wirtschaftsregierung, die sagt: Neben einer Währung gibt es aber auch bei uns Grundsätze in der wirtschaftlichen Entwicklung. Es gibt bei uns Grundsätze von Beschäftigungs- und Lohnpolitik, von Sozialpolitik und letztlich auch von Investitionspolitik.
All diese Fragen, finde ich, die müssen - davon bin ich wirklich überzeugt - auch in den regionalen Parlamenten und auch im Thüringer Landtag diskutiert werden. Ich glaube auch, dass die Bundesebene dieses Feedback in einem föderalen Bundesstaat in jedem Fall auch von den unteren staatlichen Ebenen bekommen muss, wohin die Debatte geht. In diesem Sinne ist unser Punkt 6 zu verstehen. Wir wol
len uns an dieser Debatte im Sinne einer Aufhebung des europäischen Gedankens beteiligen auch mit der Erkenntnis, dass das 750-Milliarden-Paket im Moment zwar Zeit gewinnt, aber dieses grundlegende ökonomische Strukturproblem in Europa noch nicht verändert.
Ich will Ihnen, ohne Ihre Geduld zu lange zu strapazieren, eine aktuelle Entwicklung nennen: Die deutsche Bundesregierung hat mit Unterstützung der Tarifpartner beschlossen, die Kurzarbeiterregelung bis ins Jahr 2012 auszuweiten. Das war aus Sicht der Sicherung von Beschäftigung notwendig. Das schafft aber wiederum im europäischen Binnenmarkt unter der Annahme, dass andere europäische Länder nicht über diese Möglichkeiten aus ihren Staatshaushalten verfügen, für unsere exportierenden Unternehmen unmittelbare Konkurrenzvorteile - und das über Jahre - in der Krisensituation und einer Situation, wo die Staaten in den Ländern, die keine Möglichkeit mehr haben, so viel Geld in die Waagschale zu werfen, noch Sozialabbau bis zu 30 Prozent machen müssen. Das hat zur Folge, dass deren Binnenkonjunktur per se nach ganz unten geht. Allein die Frage, wie wir die Krise gestalten können, ohne dass am Ende die anderen europäischen Staaten völlig platt am Boden liegen und über allen die deutsche Exportwirtschaft strahlt - dann noch mit der Interpretation von Herrn Bundespräsidenten, da würde mir angst und bange - müssen wir anders miteinander diskutieren.