Protokoll der Sitzung vom 17.06.2010

die Einbringungsrede dann auch nach der Diskussion halten zu dürfen.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Das hat Herr Fiedler schon gemacht.)

Herr Hauboldt, große Würfe sollte man nicht anstreben, weil sie immer die Gefahr bergen, dass der Wurf daneben geht. Aus der Retrospektive kann sich herausstellen, ob eine bestimmte Maßnahme ein großer Wurf ist oder nicht, aber der Ehrgeiz, das vollmundig zu verkünden, ist ein Problem. Deswegen sind kleine Schritte, wenn die Richtung stimmt, häufig besser als der Versuch des großen Wurfs.

(Beifall CDU)

Kommunen sind wie der Staat insgesamt auch, wie es ursprünglich im Grundgesetz heißen sollte, um des Menschen willen da und nicht der Mensch um der Kommunen oder des Staates willen.

(Beifall CDU)

Deswegen ist es eine gute Vorkehrung unserer Kommunalordnung, dass sie auf Freiwilligkeit setzt, auf Strukturen, die den Menschen nicht übergestülpt werden, sondern - wie es der Abgeordnete Fiedler und, Herr Bergner, hier bin ich ausnahmsweise mal Ihrer Meinung, auch Sie gesagt haben - auf Strukturen setzt, die von den Menschen getragen und akzeptiert werden.

Vor diesem Hintergrund legt die Landesregierung heute den Entwurf eines Gesetzes zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2010 vor. Damit entspricht sie dem Beschluss und den Anträgen von insgesamt 24 Kommunen, die an den vorgesehenen Strukturänderungen beteiligt sind. Im Gesetzentwurf werden sechs Regelungsfälle vorgeschlagen. Dabei handelt es sich ausschließlich um Neugliederungsmaßnahmen, zu denen sich die betroffenen Gebietskörperschaften freiwillig entschlossen haben. Mit den vorgeschlagenen Regelungen soll eine Verwaltungsgemeinschaft sowie 11 Gemeinden aufgelöst und aus den Gebieten von insgesamt acht aufgelösten Gemeinden zwei Landgemeinden gebildet werden. Eine davon wird künftig für zwei bisherige Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft, die sich nicht an der Bildung der Landgemeinde beteiligen wollen, die Aufgaben der erfüllenden Gemeinde übernehmen. Darüber hinaus sollen mit den Gebieten der drei weiteren aufgelösten Gemeinden zwei eigenständige Städte und eine Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft durch Eingliederung vergrößert werden. Die einzelnen Regelungen haben Sie ja im Gesetzentwurf vorliegen, diese trage ich jetzt nicht vor. Sie wissen, dass die Neugliederungsmaßnahmen mit

mehr als 2,5 Mio. € aus Mitteln des Landeshaushalts nach § 36 Finanzausgleichsgesetz gefördert werden.

Durch die Bildung der neuen Landgemeinden und die Vergrößerung von Gemeinden durch Eingliederung kann eine verbesserte Leistungs- und Verwaltungskraft der betroffenen Gemeinden erreicht werden. Inwieweit die Strukturänderungen auch zu Renditen in finanzieller Hinsicht führen, hängt maßgeblich von den Akteuren vor Ort ab. Den ersten und entscheidenden Schritt haben die betreffenden Städte und Gemeinden mit der Beantragung der Neugliederungsmaßnahme getan. Nun liegt es in den Händen des Hohen Hauses, den verbindlichen Schritt zu setzen und die Kommunen in ihrem Bemühen um zukunftsfähige kommunale Strukturen zu unterstützen. Die Landesregierung wird diesen Prozess begleiten. Herr Adams, ich kann Ihnen versichern, im nächsten Jahr wird es noch mehr freiwillige Gemeindezusammenschlüsse geben. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Innenminister. Jetzt bleibt noch mal die Frage, ob dieses Handaufheben des Abgeordneten Fiedler eine Wortmeldung war.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Was denn sonst?)

Dann hat er das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich hatte versucht, mich noch einmal zu Wort zu melden, um nur noch auf einige Dinge einzugehen. Ich unterstreiche ausdrücklich das, was der Innenminister am Schluss gesagt hat in seiner Rede: Der Staat ist für die Menschen da.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: In seiner Eingangsrede.)

Ich komme, Kollege Hauboldt, auch zu Ihnen - also ganz ruhig! Ich denke mal, es ist wichtig, dass wir erkennen - wir dürfen unsere Geschichte nicht vergessen -; über Jahrzehnte ist über uns bestimmt worden und dann hatten wir Gott sei Dank kommunale Selbstverwaltung.

(Beifall CDU)

Das dürfen wir doch einfach nicht vergessen in dem Hohen Hause. Jetzt schon wieder zu kommen und zu sagen, da sitzen welche in Erfurt, die sitzen

am grünen Tisch, da schieben sie immer mal ein bisschen hin und her und am Ende kommt irgendetwas raus, Herr Kollege Hauboldt, das ist unsere Intention nicht. Wir versuchen es mit Freiwilligkeit, wir versuchen es mit Unterstützung von Geld und es wird auch der Tag X kommen, wenn der Bevölkerungsrückgang so weitergeht, dann müssen wir zu anderen Maßnahmen greifen. Aber ich muss doch nicht gleich zur Keule greifen, wenn ich erst einmal die Möglichkeit habe, dass die kommunale Selbstverwaltung funktioniert.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Wann? Wann ist der Zeitpunkt Ihrer Mei- nung nach?)

Warten Sie doch erst einmal ab. Wir haben jetzt so viele Angebote an die entsprechenden Gebietskörperschaften gemacht. Ich bin fest davon überzeugt, dass das in vielen Fällen wirkt. Jetzt reden wir über 24 Gemeinden, demnächst reden wir noch über viele mehr. Einem will ich ausdrücklich widersprechen: Herr Adams, Sie möchten immer wieder in die Richtung Landkreise. Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass sich die Landkreise bewährt haben. Wir haben viele Beispiele in anderen Ländern, ob es in Bayern und woanders ist, wo sich das auch in ähnlichen Größen wie bei uns über Jahrzehnte bewährt hat. Es muss auch der Nachweis geführt werden. Das wird wie ein Transparent vorangetragen, dass wir in irgendeiner Form damit so viel Geld sparen. Das lese ich in der letzten Zeit in allen Zeitungen. Ich muss immer wieder feststellen, dass erst einmal der Nachweis gebracht werden muss.

Herr Abgeordneter Adams hat den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Fiedler. Nur eine ganz banale Zwischenfrage: Kennen Sie die Anregung der IHK, größere Gebietskörperschaften auf der Ebene der Landkreise zu bilden und wie würdigen Sie das?

(Unruhe CDU)

Ich kenne natürlich die Hinweise der unterschiedlichen IHK´s. Aber für uns als Politiker muss doch die

Meinung von einer Interessengruppe nicht der Stand aller Dinge sein. Wissen Sie, was die IHK´s schon alles gefordert haben?

(Beifall CDU)

Ich könnte genauso umgedreht sagen: Wissen Sie, wie viele Betriebe den IHK´s nicht beitreten möchten, wo sie ihre Beiträge bezahlen müssen und sie müssen sie trotzdem bezahlen? Wir sind Politiker, die frei zu entscheiden haben, natürlich werden die IHK´s das fordern, die anderen fordern das.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Sie selbst schließen sich nicht zusammen.)

Danke, ich war gerade in diese Richtung. Sie sollen bei sich selber anfangen und sich zu größeren Einheiten zusammenschließen, bevor sie das von anderen fordern.

(Beifall CDU, FDP)

Es ist immer gut, über andere zu reden und bei sich selber geht es am Ende auch um Geschäftsführerposten und ähnliches. Sollen sie einmal bei sich anfangen.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Jetzt sind wir beim Punkt.)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben Sie ge- sagt.)

Wir sind doch für alle Hinweise, die von den IHK´s kommen, dankbar. Die werden wir mit einarbeiten. Ich kann Ihnen nur sagen, meine Erfahrung ist, dass sich die Gebietskörperschaften weitestgehend bewährt haben. Ich bleibe dabei, dass das bürgerschaftliche Engagement eine wichtige Rolle spielt. Wir dürfen die Menschen nicht einfach von oben zusammenklopfen. Wir müssen ihnen die Gelegenheit geben, sich selber zu finden. Das hilft uns weiter in dem Land.

(Beifall FDP)

Vergessen Sie nicht, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, uns gibt es gerade wieder zwanzig Jahre. Sind Sie doch froh, dass wir jetzt gestalten können und nicht schon wieder von oben die Keule kommt.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Blockflöten leben länger.)

Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich, es ist immer wieder Ihr selber Spruch. Ich kenne den ja. Wären

Sie doch in der Kirche geblieben, das wäre besser gewesen.

Herr Abgeordneter Fiedler, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Wer möchte denn gerne noch?

Der Abgeordnete Huster.

Dann selbstverständlich, ein netter Kollege.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Fiedler, wenn es nach Ihnen geht, Ihre ganz persönliche Meinung: Endet in dieser Legislatur noch die Phase der Freiwilligkeit, ja oder nein?

Das kann ich noch nicht sagen, weil ich als Einzelperson sicher eine Meinung habe, aber ich bin in eine Fraktion, in eine Koalition gebunden, wo wir gemeinsam entscheiden werden, wie wir das weiter umsetzen.

Meine Damen und Herren, ich möchte auch noch einmal Kollegen Hey mitteilen, Sie haben gesagt, ein kleiner Baustein, ich finde, es ist ein großer, guter Baustein. Viele Bausteine werden ein Gebäude ergeben. Das wird sich jetzt weiter fortsetzen. Wir mussten natürlich auch die Kommunen in die Lage versetzen, viele Dinge für sich mit aufzunehmen. Die merken selbst vor Ort, das können Sie mir wirklich glauben, wenn die Verwaltungskraft nicht mehr ausreichend ist, dass sie sich entsprechend weiter umwandeln. Das ist so. Ich glaube, man muss einfach auch argumentieren, dass man dort auch wirklich vor Ort in die Richtung weist, dass es in einer größeren Einheit viele Dinge für die Bürger noch besser zu regeln gibt. Deswegen wollen wir auch die mindestens 4.000 und die mindestens 5.000. Das ist ein Weg zum Hausbau, dass wir ein Stückchen weiterkommen. Ich glaube auch, Kollege Hey, das Leitbild, was da ist, der eine sieht das so, der andere sieht das so, am Ende entscheidet der Koalitionsvertrag, den haben wir gemeinsam beschlossen und am Ende werden wir gemeinsam was rausbringen. Ich bin klar und sicher, dass da was Gutes rauskommt.

Ich denke, meine Damen und Herren, Kollege Adams, Sie hatten noch mal das mit Sachsen gebracht. Es gab mal Zeiten, auch in meiner Fraktion, da haben wir uns mit Bayern identifiziert. Da haben wir gesagt, wir wollen Bayern nachfolgen. Aber ich muss Ihnen sagen, das Bild hat sich gewandelt. Bayern hat eine ganze Landesbank vergeigt und was da alles noch so drum und dran hängt. Man muss ja nicht dem nachfolgen, wo man merkt, dass das Bild vielleicht nicht das richtige war. Auch wenn es unsere Freunde der CSU sind, aber wenn sie Fehler machen, muss man dem ja nicht nachrennen. Wir wollten mal Bayernpartei werden - wo ist der Generalsekretär, er sitzt hier oben - wir wollen natürlich, dass wir die Menschen mitnehmen, das ist das Entscheidende. Da bin ich mir ganz sicher, dass wir dort in gemeinsamen Dingen nach vorn kommen. In Sachsen, ich kann Ihnen sagen, gehen Sie mal und reden Sie mal mit den Menschen vor Ort, dort werden Sie feststellen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, dass viele sehr, sehr unzufrieden sind mit diesen riesenhaften Einheiten, die dort geschaffen sind. Reden Sie mal mit Altländern, die schon lange solche großen Strukturen haben, auch in Hessen, wenn es auch unsere Nachbarn sind, die sind heute noch unzufrieden mit solchen riesenhaften Kreisen, 300.000, 400.000 Seelen, das ist im Saarland fast das ganze Land, da weiß keiner mehr, was dort los ist. Ich weiß nicht, ich schweife ein bisschen ab, Herr Präsident, aber die anderen haben es heute auch getan. Anhand dieser Beispiele, ich denke, dem muss man nicht folgen. Erinnern Sie sich mal an MecklenburgVorpommern, dort hat das Gericht entschieden, dass diese Kreisgebietsreform nicht rechtens war. Auch das müssen Sie mit bedenken. Denn auch der Gesetzgeber ist nicht ganz frei in seinen Entscheidungen. Er muss auch das Gemeinwohl im Blick haben, er muss Vergleichbarkeit im Blick haben. Ich habe zwei Gebietsreformen schon mitgemacht. Eines kann ich Ihnen sagen, das A und O ist, dass die Menschen mitgenommen werden. Wenn man es denn machen muss - wir mussten es ja damals machen, wir hatten Landkreise von 30.000 Seelen, das hat die meisten doch überzeugt, dass das unter schweren Geburten aber dann zusammengeschlossen wurde -, muss man darauf achten, dass man nicht die Gerichtsbarkeit damit hervorlockt und das Verfassungsgericht oder Oberverwaltungsgericht u.ä. etwas anderes entscheiden. Da sind wir gefordert als Gesetzgeber, dass wir uns da nicht so einfach aus der Hütte locken lassen. Deswegen lege ich auch großen Wert darauf, wir werden sicher morgen versuchen, Kollege Hey, wenn wir unsere Sondersitzung haben, ob wir den Gesetzentwurf der Landesregierung noch drauf bekommen - er ist ja nicht drauf - und wenn die anderen Fraktionen nicht widersprechen, werden wir sicher auch das Anhörungsverfahren in Gang setzen. Wenn dem nicht so ist, werden wir es am 13. August in Bewegung setzen. Denn eines ist wichtig: Wir müssen