Was geht Ihnen dabei durch den Kopf? Sie haben vorhin dieses Lehrmaterial aus der DDR gezeigt, das sind dieselben Bilder. Und wenn die damals falsch waren, dann sind sie auch heute falsch.
Darum wollen wir eigentlich streiten, dass wir darüber diskutieren. Natürlich sind dort viele Einzelaspekte zusammengebunden. Wir hatten die Hoffnung, dass wir die in den Einzelbereichen, in der Wirtschaftspolitik, in der Bildungspolitik diskutieren, dort, wo sie hingehören. Das ist jetzt nicht möglich, aber ich glaube, ich kann für meine ganze Fraktion sprechen, das Thema „Friedenspolitik“ ist für uns mit diesem Tag nicht beendet und wir werden weiterhin in Thüringen und vor allem auch außerparlamentarisch dafür kämpfen, dass es ein Umdenken in diesem Bereich gibt.
Danke, Frau Abgeordnete Renner. Ich habe jetzt noch zwei Wortmeldungen. Herr Minister, möchten Sie? Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich hat sich jetzt gemeldet.
Herr Abgeordneter, das habe ich jetzt mal nicht gehört. Frau Kollegin, möchten Sie jetzt sprechen? Bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Fiedler hat es vorhin leider nicht für nötig gehalten zuzuhören, was ich hier zu dem Antrag gesagt habe. Es hätte ihm vielleicht auch nicht schlecht getan.
Ich möchte nur ganz kurz noch drei Sätze zu dem Thema sagen. Frau Renner, Sie haben eben gesagt, niemand darf ihr, der LINKEN, das sehe ich genauso, ihr ernsthaftes politisches Interesse absprechen, über Frieden hier auch im Thüringer Landtag zu reden. Ich sage, das ist richtig, wenn Sie das so sagen, das teile ich. Es darf aber auch niemand, denen - ich habe vorhin ausgeführt, warum unsere Fraktion diesen Antrag ablehnen wird - eine generelle Abneigung attestieren, sich mit Frieden auseinanderzusetzen, wie es passiert ist, das finde ich nicht redlich. Nur, weil wir nicht für diesen Antrag sind, sind wir noch lange nicht gegen den Frieden. Das will ich auch einmal noch so deutlich sagen.
Ich glaube, was für uns alle gilt, ist ein sehr weiser Spruch, den Heinrich Böll einmal geprägt hat: „Nur wer sich ändert, bleibt sich treu.“ Danke schön.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Antrag der Fraktion DIE LINKE hat - wenn ich einmal von den zahlreichen Allgemeinplätzen absehe, auf die Sie, Frau Rothe-Beinlich, schon hingewiesen haben, neben viel Friedenslyrik - eine eindeutige Richtung, das will ich zugestehen. Aber diese Richtung ist völlig unakzeptabel. Denn dieser Antrag zielt auf eine Ausgrenzung unserer Soldatinnen und Soldaten aus der Gesellschaft. Nichts anderes ist doch gemeint, wenn dafür plädiert wird, Informationsveranstaltungen, Berufsberatung für den Dienst in unseren Streitkräften oder feierliche Gelöbnisse aus der Öffentlichkeit zu verbannen.
Meine Damen und Herren, der Antrag „Der Verantwortung für eine friedfertige Welt gerecht werden“ wird so mit dieser Zielsetzung nicht erfüllt und ihm kann wirklich nicht zugestimmt werden.
Die Welt ist doch, meine Damen und Herren, nicht deshalb friedlos, weil wir Militär und weil wir eine Bun
deswehr haben, sondern wir haben unsere Soldatinnen und Soldaten, weil die Welt nicht friedfertig ist.
Also eine Umkehrung der Argumentation, ein Umdenken, das Sie gefordert hatten, aber dann bitte in diese Richtung: Es ist zutreffend, Krieg ist Realität. Die Bundeswehr hat einen reinen Verteidigungsauftrag. Das Leitbild für unsere Soldatinnen und Soldaten ist die Staatsbürgerin, ist der Staatsbürger in Uniform. Ich halte es schon für bedenklich, dass hiervon überhaupt nicht in Ihrem Antrag die Rede ist. Wenn es heißt, Frau Abgeordnete Renner, der Auftrag der Soldaten sei es zu töten, dann ist es schon eine abenteuerliche Verunglimpfung. Der Auftrag unserer Soldaten ist es, zu verteidigen
und zu schützen. Dieser Auftrag, meine Damen und Herren, schließt auch die Präsenz außerhalb unseres Landes und außerhalb Europas ein. Die Konflikte unserer Zeit haben eine globale Dimension. Aus diesem Grund halte ich es für wichtig und für richtig, dass bei Rückkehrerappellen, wenn Soldatinnen und Soldaten hier nach Thüringen in ihre Standorte zurückkehren, die Ministerpräsidentin teilnimmt und den Dank des Freistaats für ihre Friedensmission ausspricht.
Deshalb habe ich keinen Augenblick gezögert, als mir in dieser Woche aus Frankenberg der Wunsch angetragen wurde, dort im August an einem feierlichen Gelöbnis teilzunehmen und für die Landesregierung das Wort zu nehmen. Ich habe sofort zugesagt, weil ich bei dieser Gelegenheit das Bekenntnis unserer Landesregierung zu dem friedenssichernden Auftrag der Bundeswehr zum Ausdruck bringen kann und will.
Vor allem will ich den jungen Frauen und den jungen Männern danken und ihnen die Sorge nehmen, die man nach einigen Diskussionsbeiträgen haben könnte, dass sie sich ausgegrenzt aus der Gesellschaft wiederfinden.
Ich möchte auch noch auf Folgendes hinweisen: Über den Verteidigungsauftrag hinaus leistet doch die Bundeswehr noch sehr viel mehr für unsere Gesellschaft. Das zeigt, wie sehr sie in unseren Staat, in unsere Gesellschaft integriert ist. Unsere Bundeswehr ist zur Stelle, wenn es Katastrophen gibt, ob es Schneekatastrophen sind oder wie vor gar nicht langer Zeit das Oderhochwasser, das weit über Mitteldeutsch
land hinaus eine große Beachtung gefunden hat. Das Bild der jungen Menschen - Sie werden sich daran erinnern - in ihren Arbeitsanzügen auf den Deichen, das hat doch auch bei unseren polnischen Nachbarn einen bleibenden Eindruck hinterlassen und die enge Verbundenheit, die uns sowieso im Weimarer Dreieck verbindet, weiter gefestigt - nicht durch Reden, auch nicht durch europäische Sonntagsreden, sondern durch die Solidarität der Tat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es also in dem Antrag der Fraktion der LINKEN heißt, dass dauerhaft militärische Zeremonien und Rituale untersagt werden sollen, dann frage ich mich wirklich: Was für ein Verständnis hat man von der Aufgabe, von der Rolle und dem Platz der Bundeswehr in unserer Gesellschaft?
Ich möchte im Anschluss an die Worte von Klaus Zeh auch noch auf Folgendes hinweisen: Es gibt in den neuen Bundesländern eindrucksvolle Beispiele und Vorbilder - das sage ich ganz ausdrücklich -, wie man auf breiter gesellschaftlicher Grundlage seine Verantwortung für den Frieden wahrnehmen kann. Ich betone ausdrücklich für Frieden und Freiheit, denn beides sind ja die Seiten ein und derselben Medaille. Ich finde es schon bemerkenswert, dass das Wort Freiheit in dem Antrag der LINKEN - soweit ich es übersehe - vollständig fehlt. Es ging - und das ist deutlich geworden in dem Beitrag von Klaus Zeh - doch zuallererst um die Freiheit, als die Menschen vor 20 Jahren hier in Erfurt, in Berlin, in Leipzig auf die Straße gegangen sind. Klaus Zeh und sein Demokratischer Aufbruch, das Neue Forum, Demokratie Jetzt, Frauen für Veränderung und andere Bürgerbewegungen haben doch mit ihrem Mut, mit ihrem persönlichen Eintreten mehr für den Frieden getan, als es viele solcher Anträge dieser Art, über die wir heute sprechen, je erreichen werden.
Meine Damen und Herren, es wurde demonstriert nicht nur für die Freiheit, sondern mit großem persönlichem Mut auch gegen ein waffenstarrendes System, das alles andere als friedfertig war - nach außen wie nach innen. Ich habe oft an der innerdeutschen Grenze gestanden, ich habe lange Zeit in einem Grenzkreis in Schleswig-Holstein gelebt, an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern. Ich habe die Realität dort doch gesehen. Ich habe auch in meiner europäischen Arbeit keine Gelegenheit ausgelassen, ausländische Besucherinnen und Besucher an diese Grenze zu führen, damit sie einmal sahen, was
Sie sahen zum ersten Mal in ihrem Leben die Realität des Todesstreifens, sie sahen die Hundelaufdrähte und die Selbstschussanlagen mit eigenen Augen. Meine Damen und Herren, die sind mit einem anderen Bild von den zwei Staaten in Deutschland in ihre Heimat zurückgekehrt, als sie hergekommen sind.
Nun ist es ja richtig, wie es in dem Antrag der Fraktion der LINKEN heißt, dass jeder in seinem Verantwortungsbereich einen Beitrag für eine aktive Friedenspolitik leisten kann und leisten soll. Das sehe ich ganz genauso, dem stimme ich ausdrücklich zu. Als überzeugter Anhänger des Subsidiaritätsgedankens sage ich, dafür brauchen wir gar nicht erst auf New York zu verweisen, nicht erst auf die UN-Resolutionen, so wichtig sie sind, sondern hier mag doch ein jeder vor der eigenen Haustür beginnen.
Meine Damen und Herren, wer seiner Verantwortung für eine friedfertige Welt gerecht werden will, dem empfehle ich vor allem, sich in der Praxis durch die Solidarität der Tat im Geiste Robert Schumans für Europa zu engagieren. Das ist die größte Friedensbewegung, meine Damen und Herren, die wir in den letzten 60 Jahren in Europa erlebt haben. Fangen wir hier gern - wie es in der Begründung heißt - mit kleinen Schritten an. Wer heute als Politiker in der Europawoche auf die Straße geht, wer als Abgeordneter seine multiplikatorischen Möglichkeiten nutzt, wer wie Sie, Frau Finanzministerin, im Hirschgarten das Gespräch am Europatag mit den Bürgerinnen und Bürgern sucht, wer sich also selbst einbringt, der leistet mehr für eine friedfertige Welt und für die Zurückdrängung von Krieg und für den Frieden als alle Verlautbarungen zusammen, auf die hier in diesem Antrag Bezug genommen wird.