Protokoll der Sitzung vom 09.09.2010

(Abg. Döring)

veröffentlichen zu können. Das Prinzip der schon genannten regulierten Selbstregulierung lässt sich nicht einfach auf Internetangebote übertragen. Es birgt die Gefahr einer Einschränkung von Meinungsvielfalt, indem Anbieter sich vorsichtshalber lieber selbst zensieren als einer Rechtsverletzung Vorschub zu leisten. Gerade Betreiber von Blogs und Foren werden dazu animiert, ihre Dienste einzuschränken oder gegebenenfalls sogar abzuschalten.

Auf der anderen Seite haben wir es ohnehin mit einer Insellösung zu tun, die die Frage nach Internetangeboten aus dem Ausland überhaupt nicht klärt, egal, welche Filter wir gegebenenfalls anbieten. Ganz zu schweigen von der sogenannten Sendezeit. Das ist völlig egal. Das Internet ist global, ob wir um 1.00 Uhr nachts oder mittags um 12.00 Uhr in das Internet gehen, und die Angebote weltweit eingestellt werden. Da nützt es dann auch nichts, dass sich die restliche Welt dem deutschen Recht womöglich unterwirft, das ist kaum möglich. Hier bleibt doch nur wieder die Variante einer Sperrung über die Provider und das wäre dann de facto die chinesische Lösung und das ist deutlich Zensur, die wir nicht mittragen.

Meine Damen und Herren, wir können nicht Datenautobahnen, können nicht Informationen jeglicher Art in riesigen Datenmengen fordern und lassen den Nutzer ohne die entsprechenden Kompetenzen. Denn letztlich ist der Nutzer von Medienangeboten jeglicher Art auch und gerade des Internets der - lassen Sie es mich so formulieren - erste Filter bei der Bewertung dieser Angebote. Mit einer noch besseren Medienkompetenz können wir einerseits das individuelle Informationsrecht jedes Einzelnen erfüllen und gleichzeitig andererseits die Kompetenz von Jung und Alt erhöhen. Hier, meine Damen und Herren, liegt die Alternative. Dann ist nicht die gegenüber der umfassenden Kritik vermeintliche Alternative, es beim bisherigen Staatsvertrag zu belassen, so wie es Kollege Döring gegenüber Vorwärts.de geäußert hat, mitnichten, sondern die Stärkung von Medienkompetenz ist auf der Tagesordnung.

Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder auch die Frage gestellt, wie können wir im Internetzeitalter auf die Angebote reagieren, kinder- und medienschutztechnisch realisieren. Früher gab es einen Schlüssel für den Fernsehschrank und mit dem Sandmännchen einen definierten Zeitpunkt zum Ausschalten der Geräte. Diese Zeiten sind vorbei. Und der Versuch …

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Bei Schnitzler war es notwendig, auszuschalten, das stimmt.)

Das war dann die letztendliche Konsequenz. Aber dann hat man ja nicht ausgeschaltet, sondern hat umgeschaltet. Diese Zeiten sind vorbei und der

Versuch, die Regelung der klassischen Medien auf das Internet,

(Unruhe im Haus)

genauer auf die Frage der Dienste im Internet zu übertragen, ist ein Märchen von Hase und Igel. Ich glaube, der Staatsvertrag stellt hier in gewisser Weise, wenn wir bei dem Märchen und dem Bild bleiben, den Hasen dar, der zwar schnell ist, aber der Igel ist schon längst da.

Es stellt sich die Frage, wie effizient werden Eltern Filter auf Computer und Handys ihrer Kinder installieren können, ohne dass diese von den Jugendlichen umgangen werden. Die Antwort lautet leider, wahrscheinlich gar nicht, sondern im Gegenteil. Eher werden die Kinder den Eltern eine Installation bieten und nicht umgekehrt.

Zweitens werden viele Anbieter ihre Seiten pauschal als Erwachsenenseiten deklarieren, so dass ein Kindernet übrig bleibt, das mit wenig Seiten derart eingeschränkt ist, dass selbst Eltern, die in der Lage sind, Filter zu installieren, es nicht mehr für sinnvoll oder für brauchbar halten.

Die Kompetenz im Umgang mit den sogenannten neuen Medien ist zu schulen. Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern und Pädagogen benötigen weitere Bildungsangebote. Nur so kann Kinder- und Jugendmedienschutz effektiv werden. Deshalb haben wir auch den Entschließungsantrag formuliert bzw. - der Formulierung kann ich mich anschließen -, abgeschrieben und weiterentwickelt. Wir nehmen durchaus zur Kenntnis,

(Beifall DIE LINKE)

dass wir genügend Angebote, reichliche Angebote auch hier in Thüringen haben.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Wenn das Weiterentwicklung ist …)

Aber wenn wir Kindermedienland weiter beschreiben und auch dies in der Bundesrepublik deutlich darstellen wollen, dann heißt es auch, an dieser Stelle weiterarbeiten. Unter diesen Angeboten will ich ausdrücklich natürlich auch als Mitglied der TLM die TLM benennen. Deshalb bitte ich Sie, gegebenenfalls auch eine Qualifizierung des Antrags im Ausschuss vorzunehmen, denn nur eine Ablehnung aufgrund scheinbar schon vorhandener Aktivitäten wäre nicht zeitgemäß und wäre auch nicht angebracht.

Einen letzten Gedanken, meine Damen und Herren: Die Thüringer Landesregierung sollte sich der Protokollerklärung der Länder bzw. der Stadtstaaten Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Hessen, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein anschließen, in der festgehalten wird, dass „die technische Umsetzung von Jugendschutzmaßnahmen nicht dazu führen darf, dass anderweitige

Schutzvorkehrungen verpflichtend vorgeschrieben werden.“ Bedenken, dass mit diesem veränderten Staatsvertrag Blogs und Microblogging-Dienste, die beispielsweise Twitter-zensiert werden könnten, müssen in aller Deutlichkeit ausgeräumt werden. Dazu sollte das Land Thüringen sich bekennen und deutlich auch eine Aussage treffen. Thüringen kann und sollte dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag ggf. eine eigene Protokollerklärung hinzufügen und bei den anderen Ländern um Unterstützung werben, dass der eigentliche Jugendmedienschutz weniger an technischen Details als an einer Stärkung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen festgemacht werden sollte. Das wäre dann auch sinnhaft aus unserer Sicht.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, dieser Staatsvertrag ich wiederhole mich - hinkt der Zeit gewaltig hinterher und ist wenig geeignet, die Fragen des Jugendmedienschutzes zu bewältigen, daher stimmen wir ihm nicht zu. Aber wir als Gesetzgeber sind nicht handlungsunfähig, sondern können mit der Stärkung der Medienkompetenz im Allgemeinen und im Konkreten wesentlich mehr bewerkstelligen. Deshalb, ich wiederhole meine Einladung, bitte ich Sie um Unterstützung und Zustimmung unseres Entschließungsantrags. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Blechschmidt. Darf ich noch mal nachfragen, weil Sie auch von Ausschussüberweisung gesprochen haben, möchten Sie den Entschließungsantrag an einen Ausschuss überwiesen haben?

(Zuruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Nein.)

Nein, gut. Wir fahren fort in der Rednerliste. Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, die Debatte spannt sehr schön auf auf das Thema. Sie ist wirklich getragen davon, dass wir alle miteinander mit diesem Gesetzentwurf nicht wirklich glücklich sind und wahrscheinlich auch nie sein können; das liegt am Thema. Das Aufspannen dieses Themas läuft ja zwischen den beiden Begrifflichkeiten Jugendschutz und Zensur. Ich will in meinem Beitrag einige Bemerkungen dazu machen, welche Ansichten wir als Fraktion und übrigens auch wir als Bündnisgrüne im Bundesgebiet - danke für Zitate aus unserer Fachkompetenz heraus - zu dem Thema haben.

Sendezeiten im Netz als Stichwort, die dafür sorgen sollen, dass Jugendschutz möglich ist. Sendezeiten im Internet haben tatsächlich nur sehr begrenzte Möglichkeiten, aber ihnen vollständig die Möglichkeiten für Jugendschutz abzusprechen, würde ich auch infrage stellen, und zwar deshalb, weil man natürlich die Nutzungsgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen adaptieren muss und die sind regelmäßig nachts um 12.00 Uhr nicht mehr im Netz, jedenfalls in bestimmten Altersklassen nicht. Genau da wird das Problem wieder deutlich, und - übrigens auch ein zweites Thema -, im Netz sind regelmäßig auch Angebote, die auf Deutsch angeboten werden, zu bestimmten Zeiten nicht mehr sinnvollerweise im Netz, bestimmte Bloggergeschichten zum Beispiel.

Das heißt, wir haben uns lang und breit über das Thema ausgetauscht sowohl in den Fachausschüssen hier im Haus als auch auf diversen Podien, in denen ich gewesen bin. Man kann hoffen - mehr kann man dazu aber auch nicht sagen, es gibt viel Konjunktive bei diesem Thema -, dass die Nutzungsgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen - abwärts gesprochen, was das Alter angeht - dort eine gewisse Lenkungsfunktion haben können, dass bestimmte klassifizierte Inhalte, die zu bestimmten Sendezeiten nicht gesendet werden dürfen, auch tatsächlich dann nicht konsumiert werden. Um es mal sehr plastisch auszudrücken, gewaltverherrlichende Inhalte oder auch nur pornografisch lappende Inhalte, die für Erwachsene zugänglich sind ab 18 und dann beispielsweise nur noch ab 22.00 Uhr gezeigt werden dürfen, sind für Kinder - sagen wir mal mit acht oder zehn Jahren dann wahrscheinlich im Großteil auch nicht zugänglich. Im Großteil, da wird es auch wieder Ausnahmen geben. Denn wenn ein Kind mit acht oder zehn Jahren um 22.00, 23.00, 24.00 Uhr Fernsehen schauen darf oder auch in das Netz darf, dann ist es natürlich trotzdem zugänglich. Wir müssen leider konstatieren, das ist in Deutschland der Fall, dass es solche Situationen gibt.

Andererseits finde ich es auch ein bisschen ulkig, wenn dann Argumente kommen, die heißen: Ich fühle mich aber dann zensiert, wenn ich nicht mehr in der Lage bin, morgens zum Frühstücksfernsehen den Tatort sehen zu können, wenn ich in Japan bin. Der ist dann nämlich in dem Moment nicht mehr zugänglich, weil der Tatort nicht gezeigt werden darf vor, ich glaube, 18.00 Uhr oder 20.00 Uhr, keine Ahnung, im Netz. Es gibt Menschen, die sehen sich gern den deutschen Tatort an morgens in Japan. Das habe ich mir sagen lassen. Es war ein Argument gegen diese Zeitbeschränkung. Das sehe ich nicht so. Es war ein Grundsatzthema. Es ging um die Frage der grundsätzlichen Zensur im Netz, warum erwachsene Menschen, die gar nicht betroffen sein sollen - es ist völlig richtig, ob es einer ist oder 5 Mrd., spielt keine Rolle - in diesem Fall dar

(Abg. Blechschmidt)

an gehindert werden sollen, den Tatort in Japan morgens um 8.00 Uhr sehen zu können.

Auch das Thema der Sprachbarriere im Netz spielt eine gewisse Rolle, und zwar nicht nur in der Frage der Adaption von fremdsprachigen Inhalten. Da muss man leider sagen, viele Inhalte, die konsumiert werden, haben mit Sprache nur sehr wenig zu tun. Ich meine in diesem Fall Videos oder Musik und darunter auch sehr eklige Sachen. Deshalb kann man aber auch feststellen, dass die Nutzung wiederum absteigend mit dem Alter, was fremdsprachige Programme angeht - nach wie vor noch sich deutlich auf deutschsprachige Angebote beschränkt. So lange man im Englischen nicht gut kommunizieren kann, schafft man es eben auch nicht, bei Youtube alle englischsprachigen Videos zu sehen. Dementsprechend wirkt auch diese Barriere möglicherweise in gewisser Art und Weise. Sie merken, ich bin beim Konjunktiv.

Was die Filterregeln angeht, völlig richtige Bemerkung, auch die sind umgehbar. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das, was wir heute hier beraten und wahrscheinlich auch beschließen werden, in irgendeiner Art und Weise jemand, der 14 Jahre alt ist, davon abhalten kann, irgendeinen x-beliebigen Inhalt im Netz zu finden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich habe vielleicht mit 14 schon zu hoch gegriffen, vielleicht bin ich schon zu alt dafür und müsste schon 13 sagen, kann auch sein. Aber bei Zehnjährigen würde ich mal annehmen, dass solche Filterregeln im größeren Teil noch Möglichkeiten eröffnen können. Auch dort bleibe ich bewusst im Konjunktiv.

Diese Filterregeln schränken die Freiheit im Netz ein, auch für andere Nutzer als die gewollten. Da sind wir genau bei dem Thema, soll das Netz vollständig frei sein? Kann man das weiter möglich halten? Ist diese Fiktion des völlig freien Netzes eigentlich heutzutage auch noch da oder nicht? Nebenbei bemerkt, die völlig freie Zugänglichkeit zum Netz hat auch etwas mit Geld zu tun. Es gibt genügend Menschen auf dieser Welt, die den Netzzugang überhaupt nicht haben, weil sie zu arm sind. Da hilft dann auch, finde ich, im Netz eine große Debatte dazu, dass alle Menschen gleich sind, weil sie im Netz kommunizieren können, wenig weiter. Es ist auch da ungerecht. Auch wenn man im Netz kommuniziert, muss man auch dort immer noch konstatieren, dass man Geld braucht, um Flatrates erwerben zu können (ich will gar nicht über das Thema des Netzzuganges im ländlichen Raum dis- kutieren).

Also lange Rede, kurzer Sinn: Die Freiheit im Netz ist sowieso schon nicht mehr so frei, wie wir das gern hätten, die Freiheit im Netz überhaupt sein zu

können, aber sie wird durch dieses Gesetz tatsächlich auch eingeschränkt für Menschen, die nicht gemeint sind, also für Menschen über 18 Jahre.

Ein Hauptgrund, warum ich aber trotzdem hier vorn stehe und der Meinung bin und dann auch empfehlen werde, diesem Gesetz zuzustimmen, ist, dass das Hase-und-Igel-Thema schön passt, aber in eine andere Richtung, Herr Blechschmidt, wie ich es sehe, und zwar das Thema „Gated communities“ durch Private. Wenn der Staat jetzt nicht wenigstens versucht, so etwas wie Netze zu schaffen, in denen sozusagen in einem virtuellen Raum eine gewisse Sicherheit vor bestimmten Inhalten für Jugendliche und heranwachsende Kinder da ist, dann werden wir schon in wenigen Monaten wahrscheinlich die Situation haben, dass große Firmen, für die ich jetzt keine Schleichwerbung machen werde, genau das anbieten werden so nach dem Motto: Geh über mich in das Netz und ich biete dir klassifiziert an, dass deine Kinder dann dort 20-, 30-, 50-, 100.000 deutschsprachige Seiten aufrufen können, die alle sicher sind. Dafür zahlst du mir 3 € oder 5 € oder lässt Werbung zu, wie auch immer. Genau diese Sachen sind gerade dabei, entwickelt zu werden. Wenn wir als Staat da nicht eingreifen und Alternativen dafür geben, dann bekommen wir das Zensurthema durch die Hintertür im Sinne von positiver Zensur. Wer da nicht drin ist, hat dann eben das Pech, dass er sich draußen in der Wildnis herumtreibt, virtuell gesprochen.

Das sorgt dann auch dafür, dass genau die kleinen Anbieter, die Blogger und die, die wir immer schützen wollen, die berühmte Community, die sich aus freiwilligen Sachen entwickelt hat - ich habe von amerikanischen Großkonzernen geredet, weil mir jetzt gerade die Frage im Satz kam -, diese Kleinen sind dann in einem zweitklassigen Netz unterwegs, das eben nicht sicher ist, weil die sich das nie leisten können. Möglicherweise müssen wir genau für diese das staatliche Angebot schaffen. Der Vergleich hinkt ziemlich, aber ich mache ihn trotzdem: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist mittlerweile auch ein in diese Richtung zu sehender Reflex darauf, dass wir nicht nur Privatrundfunk und -fernsehen haben.

Ich finde es bemerkenswert - und darauf hat Herr Blechschmidt völlig zu Recht hingewiesen -, dass sich die Länder veranlasst gesehen haben, mehrere Protokollnotizen an das Gesetz anzuhängen und dass es daraus nun gewährt ist zu zitieren, was den Konjunktiv in diesem Bereich angeht. Beispielsweise haben alle Länder zu Protokoll gegeben, dass sie in 2013 eine Evaluierung dieses Gesetzes wollen - in drei Jahren. Das dürfte schon um mindestens ein bis zwei Jahre zu spät sein, und zwar nicht, weil das Gesetz dann nicht wirkt, sondern weil die Entwicklung im Netz viel zu stark voranschreitet. Wir müssen wahrscheinlich darauf dringen - das kann ich nur in die Landesregierung hin

eingeben -, jetzt schon dafür zu sorgen, dass diese Evaluation begleitend zu diesem Gesetz bereits in 2011 gemacht wird und spätestens 2012 eine Meinung dazu entwickelt wird, ob nicht mit ganz anderen Methoden herangegangen werden muss. Wir müssen dafür sorgen, dass im Netz eine gewisse Sicherheit vor gewaltverherrlichenden oder nationalsozialistischen oder pornografischen Inhalten für Kinder und Jugendliche da ist.

Selbstklassifizierungen der Anbieter, darauf ist zu Recht hingewiesen worden, schließt kleine Anbieter aus, die die Macht, das machen zu können, nicht haben, die Zeit dafür nicht haben oder das Knowhow. Die Hoffnung der Länder, dass Selbstklassifizierungen zu einer Lösung führen werden, teile ich nicht. Eine Positivliste von unbedenklichen Angeboten ist meiner Ansicht nach nur für kleinere Kinder überhaupt noch eine sinnvollere Alternative. Natürlich kann man sagen, Kikanichen - das kann ich ruhig mal als Werbung machen, schließlich gehört uns dieser Sender - ist toll. Gehen sie zu Kikanichen.de ins Netz, da sind Ihre Kinder sicher beim Surfen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Richtig. Aber das machen Kinder bis zu welchem Alter? Ja, Sie, Herr Kollege? Schön.

Das Wort erteile ich.

Er hat doch gar nichts gesagt. Jedenfalls gehe ich davon aus, wenn die Zahl der Geburtstage zweistellig ist, ist das Thema wahrscheinlich erledigt, dass man Kinder auf eine Webseite bringen kann; einzelne Ausnahmen im Parlament natürlich ausgeschlossen.

Ich bin der Meinung von Herrn Blechschmidt, dass die Erklärung von Baden-Württemberg und anderen Ländern durchaus eine Erklärung ist, der auch Thüringen beitreten könnte. Ich habe mir dort als Begriff aber als wesentlichen Punkt aufgeschrieben, dass klargestellt wird, „dass es keine zusätzlichen Kontrollpflichten von Anbietern für fremde Inhalte durch diesen Staatsvertrag gibt, auch nicht im Rahmen von Foren und Blogs“. Ein ganz heißes Eisen, wo es wirklich um das Thema Zensur geht, wo man hingehen und sagen muss, dann werden alle privaten Blogs eigentlich unmöglich gemacht, wenn dieser Staatsvertrag darauf hinzielt, dass auch die fremden Anbieter daraufhin kontrollieren müssen, ob sie etwas für über 6-, über 12-, über 16- oder über 18-Jährige anbieten oder nicht. Diese Klarstellung ist eminent wichtig. Ich kann nur dafür werben,

dass die Staatsregierung sagt, okay wir sind bereit, diesen Protokollnotizen beizutreten.

Im Ergebnis zeigt das Gesetz die Hilflosigkeit des staatlichen Rechtssystems mit der neuen virtuellen Umwelt. Ich habe bewusst „des staatlichen Rechtssystems“ gesagt und nicht des Rechtssystems insgesamt. Ich kann mir sehr wohl sinnvolle Reaktionen vorstellen, die sind aber überstaatlich. Wir brauchen offensichtlich für einen überstaatlichen Raum auch überstaatliches Recht. Mir ist nur ein einziges Beispiel eingefallen, was ähnlich gelagert ist, nämlich das Recht der Meere. Auch die kann man unmöglich mit staatlichen Gesetzen klären, das ist auch bekannt. Es braucht ein gemeinsames internationales Seerecht, nur damit schafft man auf den Meeren Ordnung. Die Meere sind übrigens, wie das Internet auch, um mit einem neuen Wort zu sprechen, Commons, also Gemeingüter, und die brauchen den besonderen Schutz des Staates, aber in diesem Fall brauchen sie den besonderen Schutz der Staatengemeinschaft. Wir sollten dringend dafür sorgen, dass die Europäische Union mindestens in ihrem Rechtsraum dafür eintritt, dass Kindermedienschutz dort eine allgemeine Fassung bekommt. Aber dieses vorliegende Gesetz ist möglicherweise notwendig für den Erkenntnisgewinn, dass es eben gerade nicht reicht. Fortschritt ist in diesem Bereich wahrscheinlich eine Schnecke.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Dann nennen wir es doch so.)