mit Tausenden von Menschen, denen dies eine Herzensangelegenheit war und die in der Tat auch wissen, was wir in diesen 20 Jahren zu feiern haben, und dass Sie nicht mehr an der Macht sind.
Ich denke, da war Ihr einführender Beitrag auch ein Zeichen, dass wir uns auch darüber freuen, denn da sind wieder Bilder wachgerufen worden,
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, schon der Titel Ihres Antrags ist zumindest historisch etwas unscharf, in der Gefahr, auch richtig falsch zu sein.
Wir haben vielleicht unsere eigene Planung. Die haben wir in den letzten Tagen gelebt und werden wir auch weiter vollziehen.
Aber wer von „20 Jahre Neubildung des Freistaats Thüringen“ spricht, könnte dabei schon übersehen, dass es gar nicht um Neubildung ging, sondern dass es um Wiedergründung ging,
und zwar durchaus mit den von Ihnen zitierten Landkreisen Altenburg und Artern, ich erwähne aber auch Schmölln; das wäre, wenn man schon die Reihenfolge aufmacht, auch erwähnenswert gewesen. Auch sie sind altes Thüringer Gebiet und sind zum Freistaat Thüringen - damals noch Land Thüringen - 1990 zurückgekommen.
Warum sage ich das und lege einen solchen Wert auf Wiedergründung? Weil wir uns schon in Erinnerung rufen dürfen, dass wir nicht nur diese 20 Jahre Wiedervereinigung und 20 Jahre Freistaat Thüringen, sondern eben Wiedergründung feiern, weil wir auch 90 Jahre Thüringer Verfassung in diesem
Jahr in Weimar bedacht haben. Nur, bedauerlicherweise, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, sind diese 90 Jahre zweimal unterbrochen worden durch zwei Diktaturen des 20. Jahrhunderts, eine war die kommunistische. Das dürfen wir dabei auch nicht übersehen.
Es sei auch daran erinnert, dass es Ihre Vorgängerpartei war, die für die Auflösung des Landes Thüringen im Jahr 1952 verantwortlich war. Ich erinnere an den Satz, der damals fiel als Slogan der Kommunisten - im Übrigen schon im Jahr 1946, wo es hieß: „Einheit bedeutet Aufstieg. Föderalismus bedeutet Niedergang.“ Die Konsequenzen zog die SED dann schließlich daraus im Jahr 1952 mit einem Gesetz, dass den ebenso hölzernen wie verschleiernden Titel trug „Gesetz über die Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR“. Gemeint war nichts anderes als die Auflösung - ich sage Zerschlagung - der Länder in der DDR, des Landes Thüringen damals in die drei bekannten Bezirke Erfurt, Suhl und Gera.
Dennoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben die Thüringer zum Glück nie - und manches währt ja über lange, lange Zeiträume und wenn es Jahrhunderte sind - ihre Identität als Thüringer verloren und haben in der friedlichen Revolution des Herbstes 1989 neben den deutschen Fahnen auch die Landesfahnen damals wieder geschwungen als Ausdruck dafür, dass man die Länder und dass wir Thüringen wiederhaben wollten. Auch das gehört zu den wirklichen Glanzpunkten dieser friedlichen Revolution, dass wir Freiheit, dass wir Demokratie, dass wir Rechtsstaatlichkeit, dass wir Wiedervereinigung wollten, aber eben auch die Identität in einem Land Thüringen, in unserem heutigen Freistaat Thüringen wieder zu leben.
DIE LINKE bzw. damals PDS und ihre Politiker, die ja auch heute noch aktiv sind - ich nenne Gregor Gysi - haben damals noch im Dezember 1989 dagegen gehalten, indem gesagt wurde: „Eine Vereinigung beider deutscher Staaten, das wäre die von keinem Politiker zu verantwortende Entscheidung“ weil Sie sie eben nicht wollten.
Heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach 20 Jahren können wir, was die deutsche Einheit betrifft, mit allen Facetten - ich komme auch noch auf Differenzierung -, aber nach 20 Jahren deutscher Einheit, nach 20 Jahren Freistaat Thüringen in der Tat eine Erfolgsgeschichte verbuchen. Viele, viele Menschen - um nicht zu sagen Tausende - haben uns darin in den vergangenen Tagen recht gegeben.
Sie sind glücklich über das, was uns damals möglich geworden ist. Sie sind glücklich über das, was wir hinter uns lassen konnten und was DIE LINKE leider ausweislich ihrer Programme noch immer nicht begriffen hat.
Ich will es nur an einem kleinen Zitat aus Ihrem Grundsatzprogramm, aus Ihren Eckpunkten demonstrieren. Wenn DIE LINKE die Demokratisierung der Verfügungsgewalt über alle Formen von Wirtschaftsmacht beispielsweise benennt,
dann ist das ein Rückfall in die Sozialisierung von Produktionsmitteln, dann ist das ein Weg zurück zu Sozialismus,
zu dem Sie sich auch bekennen, wo wir aber gesehen haben, wo das hingeführt hat in diesen 40 Jahren DDR und nicht zuletzt auch diese Unmenschlichkeit und diese Irrsinnigkeit bei der Enteignung, die die allermeisten von uns auch schon bewusst erlebt haben, 1972 damals die letzte Enteignung in der DDR, mit allem Schaden und mit allem an Produktivitätsrückgang, der auch damit verbunden war. Das war kein Weg in die Zukunft und das wird auch niemals ein Weg in die Zukunft sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Bei dem allseits immer wieder auch zitierten Bild, dass Marx in der Praxis nur Murks wurde, ging es eben nicht nur um menschliches Versagen, sondern es war das System, was dahinterstand. Das System hat den Erfolg nicht zugelassen, weil das System die Kräfte demoralisierend, destabilisierend und letztlich nicht zum Erfolg führen konnte, sondern da ist die Ordnung der Freiheit notwendig. Eine Ordnung der Freiheit, die aber eben beides beinhaltet. Freiheit und Ordnung, was Freiheit und Verantwortung betrifft. Genau das haben wir 1989 erstritten und genau danach haben wir seit 1990 auch hier im Freistaat Politik gestaltet und auch gelebt.
Freude über die deutsche Einheit, über die Wiedergründung des Freistaates Thüringen ist am 3. Oktober, in den Tagen ringsum bis zum heutigen Tag und, ich denke, auch für die kommenden Wochen noch, wenn wir am 25. Oktober dann auch die Wiedergründung des Landes Thüringen mit der Konstituierung dieses Landtags feiern, zu erleben gewesen. Da ist es auch ein doch merkwürdiger Kontrast, auch die Worte jetzt von Ihnen, Frau Kollegin Renner, wo Sie wieder haben anklingen lassen, die
Bösartigkeit aus Ihrer Sicht im Blick auf Kapitalismus, Ihre Horrorszenarien, Ihr „Armenhaus Thüringen“, wie oft haben wir das hier gehört. Wie oft haben wir diese widersinnigen Debatten geführt und „Armenhaus Deutschland“, das sind Szenarien, die Sie an die Wand gemalt haben.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ar- menhaus, Dritte Welt, auf deren Rücken wir leben, hat sie gesagt.)
Ja, wir haben doch die Armutsdebatten von Ihnen initiiert hier auch immer wieder. Umso unangemessener ist es doch, wenn wir die Relation in der Welt sehen. Wir gehören nach wie vor zu den reichsten Ländern mit viel Reichtum
Dass ich mich da nun wirklich auch engagiert habe, nicht nur als Sozialministerin, bis zum heutigen Tag, gehört auch dazu, dieses Fürsorgenetz, was wir hier haben.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, ähnlich ist es auch, weil Sie auch die demokratische Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern angesprochen haben, direkte Demokratie, wie Sie es immer tun, auch das Zitat eines Bundesvorstandsmitgliedes von Ihnen, der sagte: „Strukturen, außerhalb des Parlaments, etwa Arbeiter- und Soldatenräte“. Auch da kann ich nur sagen, Lenin lässt grüßen, nach wie vor nichts gelernt aus der Geschichte. Das war vor 90 Jahren schon so,
wie es heute propagiert wird. Gleiss hat das gesagt. Damit kommen wir in der Geschichte nicht weiter. Zum Glück gab es die Freiheitsbewegung von 1989/1990 mit einem atemberaubenden Tempo, was die Einheit einerseits möglich gemacht hat, wo wir aber auch das zeitlich eng begrenzte Fenster sehen, in dem dies nur ging und wo ich nur sagen kann, es war eine glückliche historische Konstellation von Personen und Ereignissen, die damals zusammentrafen. Es war der Mut der Menschen hier in der DDR, es war die Regierungskunst von Bundeskanzler Kohl, auch von Hans-Dietrich Genscher, um das Vertrauen im Blick auf unsere ganzen Nachbarn, im Blick auf die Amerikaner, im Blick auf Michael Gorbatschow, für uns hier wirklich nutzbar zu machen, zu dieser Einheit zu kommen, und auch die beherzte Leidenschaft, die dazu gehört, weil es eben ein Anliegen von Herzen war, nicht zuletzt seiner Frau Hannelore, die aus Leipzig kam und
diese Biografie auch mitbrachte. Auch dafür dürfen wir in dieser Stunde noch einmal herzlich danken.