Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Wir wollen, so ist es im Koalitionsvertrag vereinbart, darüber diskutieren und neue Lösungswege suchen. Wir werden vielleicht über eine größere Transparenz diskutieren können. Ich denke, die Ministerin hat da schon sehr viel dazu beigetragen. Ich bin froh, dass die Familienförderung durch die Rechtsform einer Stiftung verstetigt werden konnte und nicht den aktuellen Haushaltszwängen, wo man schnell einmal darüber hinweggehen kann und die eine oder andere Leistung streichen kann, unterliegt. Einer Auflösung, meine Damen und Herren, werden wir nicht zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Gumprecht. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Margit Jung für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Koppe, wir als LINKE begrüßen weiterhin das Anliegen, die Stiftung FamilienSinn aufzulösen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben das immer gesagt und wir werden das auch weiter tun und die Aufgaben wieder in die Landeshoheit zurückholen. Jetzt liegt der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP vor und leider ist es ein schlechter. Er ist schlecht deswegen, weil er überhaupt nicht regelt, wie die Aufgaben dann weitergeführt werden. Ich denke, wir müssen gemeinsam, dann, wenn dieser Gesetzentwurf an einen Ausschuss überwiesen wird, was ich ehrlich gesagt bezweifle, darüber reden, wie wir die Aufgaben fortsetzen.

Meine Damen und Herren, dieses Hohe Haus hat seit 2005 die heftigsten Diskussionen um die Einführung der Familienoffensive und damit auch die Gründung der Stiftung FamilienSinn geführt. Wir als LINKE haben uns bereits 2005 wie folgt positioniert: Für uns, so damals in einer Rede, bleibt die Stiftung FamilienSinn ein Verschiebebahnhof - daran hat sich bis heute nichts geändert -,

(Beifall DIE LINKE)

in dem ohne Beteiligung des Parlaments, ohne Beteiligung der Verbände und der Betroffenen familienpolitische Aufgaben erledigt werden. So garantiert zum Beispiel auch ein Stiftungsbeirat, der nur im Sinne der Regierung besetzt wird, keine Repräsentanz.

(Abg. Gumprecht)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Siegesmund hat es hier schon ausgeführt. Ich will die umstrittene Elternakademie noch erwähnen, bei der wir völlig anderer Auffassung sind, wie die Aufgaben entsprechend gestaltet werden sollen. Wir haben auch ausgeführt, dass der Personal- und Sachaufwand, der in dieser Stiftung verankert wird, sach- und fachgerechter für die zu erledigenden Aufgaben eingesetzt werden kann.

Liebe Birgit Pelke, ich kann es dir leider nicht ersparen, du führtest damals weiter aus, es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass es aus ihrer Sicht in den anderen Bereichen ganz wichtig ist, die personelle Machtpolitik Ihrer Partei, der CDU, ein Stückchen auszubauen. Welchen anderen Sinn hat es denn, eine von Anfang an unter Haushaltsgesichtspunkten defizitäre Stiftung zu gründen mit Kapital, was gar nicht vorhanden ist, Kapital, das Sie sich borgen müssen, meine Damen und Herren, und für das Sie letztendlich mehr Zinsen zahlen, als dann im Ertrag herauskommt. Ich denke, das ist die Argumentation, die heute auch Herr Koppe hier gebracht hat und die auch unsere Argumentation ist. Du führtest weiter aus, dass diese Familienstiftung FamilienSinn eigentlich eher familienpolitischer Unsinn ist, darüber brauchen wir uns, denke ich, nicht zu unterhalten. Aber ich bin schon mal gespannt, welche Personalprobleme Sie aus Ihrer Sicht damit lösen wollen - und ich bin gespannt, wie dann die Elternakademie hauptamtlich besetzt wird. Ich muss dir recht geben, wir waren gespannt und wir haben das Ergebnis zur Kenntnis genommen.

Heute, meine Damen und Herren, sind drei Hauptgründe unserer Ablehnung von damals immer noch aktuell und sie gleichen sich in etwa.

Erstens: Wir lehnen die mangelnde Kontrolle ab. Das Parlament hat weder den direkten Einblick noch die Möglichkeit, die Umsetzung der Maßnahmen zu kontrollieren, also Einfluss zu nehmen, wohin die Gelder gehen und vergeben werden.

Zweitens - die undurchsichtige Personalpolitik: Die Zusammensetzung des Stiftungsrats ist intransparent. Auch die Abordnung von Personal für die Erfüllung der Aufgaben aus dem Ministerium erfolgt am Parlament vorbei. Der Arbeitsvertrag des Kurators, auch das ist heute schon ausgeführt worden, vom ehemaligen Staatssekretär, lässt doch zumindest die Frage aufkommen, wie es möglich ist, dass Verträge geschlossen werden, die zum Nachteil des Landes gereichen.

Drittens - die Belastung des Haushalts: Die Aufnahme von Krediten für das Grundstockvermögen der Stiftung hat sich als falsch erwiesen. Für diese müssen nun im Landeshaushalt hohe Zinsen gezahlt werden - Herr Koppe hat das ausgeführt -, die die Schuldenlast und damit die Last von Steuerzah

lern belasten. Diese Kritik, und das ist auch schon gesagt worden, wird ebenfalls vom Landesrechnungshof geteilt.

Meine Damen und Herren, wir stehen jetzt vor der politischen Anforderung, wie diese Stiftung wieder aufgelöst werden kann. Wir wissen zwar, dass Sie von der CDU dieses Ziel nicht teilen werden, und seit heute auch, dass DIE GRÜNEN es nicht teilen, weil sie das alles nur verändern wollen. Wir hoffen aber trotzdem darauf, dass die mit der Stiftung getroffenen Fehlentscheidungen aufgehoben werden und dass wir darüber nachdenken, wie diese wichtigen Aufgaben - sie sind alle aufgezählt worden, ich will das jetzt gar nicht tun … Aber Familienzentren, Herr Gumprecht, wie Sie es gesagt haben, können durchaus auch in guter Qualität in Hoheit des Ministeriums ihre Arbeit fortsetzen. Dazu braucht man nicht unbedingt die Stiftung FamilienSinn.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir die Stiftung FamilienSinn auflösen, dann müssen wir aber gemeinsam auch gewährleisten, dass bei der Auflösung der Stiftung keine ihrer originären Aufgaben auf der Strecke bleibt. Dazu müsste es zu dem Gesetzentwurf nachhaltige Beratungen im Ausschuss geben. Ich hoffe und appelliere noch mal an die Fraktionen, diesen Gesetzentwurf zur Diskussion in den Ausschuss zu tragen, ansonsten würden wir uns bei der Abstimmung enthalten, weil der Gesetzentwurf so auch nicht umsetzbar ist.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Jung, dürfte ich noch mal fragen, an welchen Ausschuss Sie das gern überwiesen hätten?

(Zuruf Abg. Jung, DIE LINKE: Sozialaus- schuss.)

An den Sozialausschuss, vielen Dank. Das Wort hat jetzt Ministerin Frau Taubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP nehme ich im Namen der Landesregierung wie folgt Stellung:

Die Stiftung FamilienSinn ist durch Artikel 5 des Thüringer Familienfördergesetzes vom 23. Dezember 2005 mit Wirkung vom 1. Januar 2006 als Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet worden. Mit der Stiftungsgründung sind vor allem zwei Ziele verfolgt worden: Erstens sollte die bisherige Familienförderung der Landesregierung auf eine von den jährlichen Landeshaushalten unabhängige Grundlage gestellt werden. Zum Zweiten sollte die Förde

(Abg. Jung)

rung der Familien in Thüringen durch die Verlagerung auf eine Stiftung eine Verstetigung und Fortentwicklung erfahren. Beide Ziele, meine Damen und Herren, sind erreicht worden.

(Beifall CDU)

Seit gut zwei Jahren ist die Stiftung arbeitsfähig, nachdem die ersten zweieinhalb Jahre nach Stiftungserrichtung dazu genutzt wurden, das Grundstockvermögen und die Stiftungsverwaltung aufzubauen. In den zurückliegenden zwei Jahren hat die Stiftung trotz schwieriger Zeiten infolge der Bankenkrise gut gewirtschaftet.

(Beifall CDU)

So konnte das Grundstockvermögen von Ende 2007 bis Ende 2009 um 400.000 € erhöht werden und gleichzeitig das Niveau der Ausgaben für die Familienförderung im vergangenen Jahr gegenüber 2008 um 4,4 Prozent von 1,45 auf 1,51 Mio. € erhöht werden. Damit konnten im Jahr 2009 u.a. 433 Maßnahmen der Familienbildung von 25 Trägern gefördert und 313 Antragstellern Maßnahmen der Familienerholung bezuschusst werden. Wie richtig das Ziel der Absicherung der Familienförderung durch Gründung einer Stiftung war, erweist sich jetzt angesichts der schwierigen Haushaltslage in diesem und in den kommenden Jahren.

(Beifall CDU)

Die Aufhebung der Stiftung würde dagegen nur einen einmaligen Entlastungseffekt für den Landeshaushalt bedeuten. Statt die jährliche Rendite für die Förderung nutzen zu können, müsste ein entsprechend hoher Betrag jährlich in den Haushalt eingestellt werden. Zudem würde die Möglichkeit entfallen, Zuwendungen und Spenden Dritter einzuwerben, was nur der Stiftung, nicht aber dem Land gestattet ist. Unter Einbindung der Expertise der mit Familienförderung in Thüringen betrauten Institutionen und Verbände wird im kommenden Jahr überlegt, wie die Familienförderung im Land mithilfe der Stiftung noch effektiver, zeitgemäßer und bedarfsgerechter betrieben werden kann. Dazu wird gegebenenfalls das eingangs von mir erwähnte Thüringer Familienfördergesetz Änderungen erfahren. Dies ist nach Auffassung der Landesregierung der geeignetere Weg. Deshalb empfehle ich, den vorliegenden Gesetzentwurf der FDP abzulehnen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, Sie haben mich vorhin zitiert - auch wenn ich nicht hier war, ich habe es ja gehört - aus der Vergangenheit. Ich will noch mal zu Protokoll geben: Das schwierigste damals bei dem Familienfördergesetz war, dass aus dem Budget der Kindertagesstätten zweimal 17 Millionen abgezogen wurden und in den Bereich dieser Stiftung gelangt sind. Das war für mich persönlich auch als Abgeordnete kritikwürdig. Ich muss Ihnen aber heu

te sagen, heute bin ich Sozialministerin und ich muss schauen, dass ich auch für Familien weiterhin diese Gelder zur Verfügung habe. Deswegen sehe ich das sehr pragmatisch. Wir haben im Ausschuss auch Herrn Dette als Präsidenten des Landesrechnungshofs bei uns gehabt und haben darüber diskutiert - ich denke, es war eine ganz gute Diskussion -, wo wir die beiden Standpunkte gegenüber hatten, eben die Frage, löst man diese Stiftung auf und wenn man die Stiftung auflöst, bedeutet das, man hat nicht gleich morgen und nicht im nächsten Jahr das Geld zur Verfügung. Das heißt, es würde über mehrere Jahre immer noch dauern, bis man das auch mittel- und langfristig angelegte Geld zur Verfügung hat. Es ist nicht für diese Haushaltsdiskussion geeignet, die Stiftung aufzulösen und das Geld zur Verfügung zu haben.

Ich muss sagen, ich habe versucht, im Sozialausschuss Ihnen auch alles offen mitzuteilen, was die Stiftung tut. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Ihnen das noch nicht reicht. Wir werden schauen, in welcher Art und Weise wir Ihnen auch die Möglichkeit verschaffen über den Sozialausschuss, eine vollkommene Einsicht zu finden, damit Sie wissen, welche Projekte dort stattfinden. Das ist keine Geheimsache, auch der Stiftungsrat ist keine Geheimsache, der ist gewählt worden, der ist benannt worden, insofern ist es nichts Geheimes. Wir werden dabei weiterhin Offenheit haben. Wie gesagt, ich sehe es sehr pragmatisch, Frau Jung, und ich schließe mich da Ihren Worten an. Wenn man sie auflöst, muss man das Geld anderweitig zur Verfügung stellen, und dann kann es nicht sein, dass das als freiwillige Leistung dann Kürzungen unterliegt. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen herzlichen Dank, Frau Ministerin. Bei uns liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Fraktion der FDP hat aber signalisiert, dass sie die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und an den Haushaltsund Finanzausschuss beantragt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Ausschussüberweisungen, und zwar zunächst der Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer der Überweisung zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Die Gegenstimmen bitte. Das sind die Fraktionen der SPD und CDU. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen jetzt zum Antrag auf Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS

(Ministerin Taubert)

90/DIE GRÜNEN und die FDP. Die Gegenstimmen bitte. Das sind die Fraktionen der CDU und SPD. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 12

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1751 ERSTE BERATUNG

Ich frage: Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Herr Innenminister Prof. Dr. Huber, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung hat am 2. November 2010 den Entwurf des „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes“ beschlossen und es am gleichen Tag dem Landtag zugeleitet.

Erste parlamentarische Erörterungen über den Kommunalen Finanzausgleich des kommenden Jahres haben im Haushalts- und Finanzausschuss am 2. November bereits stattgefunden. Angesichts der Bedeutung und des Umfangs des Kommunalen Finanzausgleichs möchte ich die Gelegenheit aber nutzen, den Gesetzentwurf im Einzelnen darzustellen.

Mit dem vorliegenden Entwurf werden die erforderlichen Änderungen für das Jahr 2011 vorgenommen. Dies betrifft sowohl die Regelungen über die Höhe der Finanzausgleichsmasse als auch die Höhe der Schlüsselmasse. Für das Ausgleichsjahr 2011 bedarf es hierfür zwingend entsprechender Folgeregelungen: Nach Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen ist das Land verpflichtet, den Kommunen eine insgesamt angemessene Finanzausstattung zu gewährleisten. Entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben und den konkreten Anforderungen, die der Thüringer Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 21. Juni 2005 an die Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs gestellt hat, orientiert sich die Bemessung der vom Land an die Kommunen auszureichenden Ausgleichsleistungen im Wesentlichen am kommunalen Finanzbedarf. Allerdings sind - anders als in den Vorjahren - deutlich strengere Maßstäbe, insbesondere an die Ausnutzung der Einnahmemöglichkeiten der Kommunen, gestellt worden. Darüber haben wir gestern schon ansatzweise diskutiert. Soweit Leistungen betroffen sind, die über die finanzielle Mindestausstattung