Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

strich des Gesetzgebers und Bibliotheken werden zu Makulatur.“ Das gilt auch für Verwaltungsgerichtsentscheidungen, wenn sie auf anderer gesetzlicher Grundlage beruhen. Insofern ist mir nicht bange, die Entscheidungen des OVGs, erst recht des sächsischen OVGs, spielen für die Beurteilung unseres Gesetzes keine Rolle. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Innenminister. Es liegt mir jetzt keine weitere Redemeldung vor. Aber wir haben den Wunsch auf Überweisung an den Innenausschuss. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Die sehe ich nicht. Gibt es Stimmenthaltungen? Dann ist dieser Gesetzentwurf einstimmig an den Innenausschuss überwiesen und ich schließe den Tagesordnungspunkt 14.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist 23.32 Uhr und es gibt einen fraktionsübergreifenden Wunsch auf Aufruf des Tagesordnungspunkts 15.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe im Hause)

Ich möchte die Parlamentarischen Geschäftsführer bitten, das ganz schnell zu klären. Mir ist signalisiert worden, dass es hier einen fraktionsübergreifenden Wunsch gibt.

(Unruhe im Hause)

Noch einmal für das Protokoll, es gibt jetzt einen fraktionsübergreifenden Beschluss, dass wir den Tagesordnungspunkt 15 noch aufrufen, was ich jetzt tue.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 15

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens „Ökologische Altlasten in Thüringen“ Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1754 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Ja, das ist der Fall. Herr Minister Reinholz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, keine Hektik, ich denke, wir bekommen das relativ schnell auch über die Bühne.

Ich ersuche Sie heute um Ihre Zustimmung zu zwei Änderungen des Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens „Ökologische Altlasten in Thüringen“.

Lassen Sie mich, bevor ich zu den Änderungen komme, zunächst einmal für alle verständlich erläutern, was das Sondervermögen wirklich ist. Es ist eingerichtet worden im Jahr 1999, nachdem der Freistaat Thüringen mit dem Bund ein Verwaltungsabkommen abgelöst hat.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: So war das aber nicht.)

In das Sondervermögen sind die Finanzanteile des Bundes geflossen und es fließen jährlich die Anteile des Landes hinzu. Aus dem Sondervermögen werden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr der beiden Großprojekte Rositz und Kali - hier der Teilbereich Werra - und Maßnahmen der sogenannten Normalprojekte aus dem ehemaligen Treuhandbereich finanziert. Beispiele für Normalprojekte sind die Standorte LEG Brühl hier in Erfurt, das ehemalige Leuchtstoffwerk in Bad Liebenstein und Teile des Betriebsgeländes von SCHOTT in Jena.

Die erste Änderung des Gesetzes betrifft alle anderen ökologischen Altlasten im weiteren Sinn. Zukünftig sollen auch diese aus dem Sondervermögen finanziert werden. Das sind die anderen Teile des Großprojekts Kali - nämlich der Bereich im Südharz -, die Verpflichtung des Landes zur Sanierung und Verwahrung des Braunkohlebergbaus aus dem Braunkohleverwaltungsabkommen mit dem Bund, die sogenannten Landesfreistellungen, wie zum Beispiel die ehemalige Farbenfabrik in Eisenach und der ehemalige Gaswerkstandort in Gotha, sowie andere ökologische Altlasten, für die eine Rechtsverpflichtung des Landes besteht. Nicht betroffen hingegen sind militärische Altlasten.

Die Erweiterung des Gesetzes auf die eben genannten anderen ökologischen Altlasten ergibt sich nicht nur aus der Koalitionsvereinbarung, sondern auch daraus, dass es aus haushaltstechnischer Sicht einfach Sinn macht, bei Sanierungen, die in gleicher Art und Weise finanziell gemanagt werden, auch diese zusammenzuführen und zentral dann zu bewirtschaften. Für all diese eben genannten neuen Projekte haben wir bis einschließlich zum Jahr 2012 maximal 15 Mio. € eingeplant.

Bei der zweiten Änderung geht es darum, den Verpflichtungsrahmen des ehemaligen Sondervermögens - also für die alten Projekte - auf 525 Mio. € bis zum Jahr 2012 zu erhöhen. Der Freistaat hatte

(Minister Prof. Dr. Huber)

beim Abschluss des Generalvertrags und bei der Errichtung des Sondervermögens eine bestimmte Vorstellung von den zukünftigen Kosten. Diese Kosten sind heute deutlich höher, als wir damals angenommen hatten. Die Erhöhung ist auf allgemeine Kostensteigerungen, Erhöhung der Sachkosten, insbesondere aber auf Kostensteigerungen in den beiden Großprojekten zurückzuführen.

Bei den sogenannten Normalprojekten haben wir über 1.000 Standorte bearbeitet. Trotz der Vielzahl dieser Fälle bleiben bei diesen Projekten die Kosten im Wesentlichen im Rahmen oder fallen durch Optimierung der Sanierungsverfahren sogar niedriger aus als 1999 geschätzt.

Sorgen bereiten uns die beiden Großprojekte Kali und Rositz. Das Großprojekt Rositz weist einen Mehrbedarf von 44 Mio. € auf. Im Großprojekt Kali liegt die derzeitige Kostenprognose in Höhe von ca. 135 Mio. € über dem seinerzeit geplanten Budgetansatz.

Warum ist das so? War die Prognose von 1999 schlecht oder hat das Sondervermögen etwa schlecht gewirtschaftet? Nein, meine Damen und Herren, das ist nicht zutreffend. Anders als bei den Normalprojekten führen - ich will es mal so sehen unterirdische Tatsachen zu diesen Kostenerhöhungen. Im Großprojekt Rositz ist man zwischenzeitlich zu der Erkenntnis gekommen, dass die Teerseemenge wesentlich höher war als ursprünglich eingeschätzt. Kampfmittel, einstürzende Böschungen und Wasserzutritte haben immer wieder die Sanierung aufgehalten und die Kosten damit natürlich auch steigen lassen.

Im Großprojekt Kali haben wir zwei große Probleme. Zum einen müssen wir zusätzliche Untersuchungen vornehmen, ob weiterer Versatz erforderlich ist, um Schäden an der Tagesoberfläche zu verhindern. Hier besteht noch Untersuchungsbedarf für eine Fläche von 15 km² im ehemaligen Abbaufeld von Merkers und für 7 km² im Bereich des ehemaligen Bergwerks Springe. Zum anderen sind die untertägigen Laugenzuflüsse nach wie vor problematisch. Wir haben drei signifikante Zuflüsse, die weiterhin unter Tage in einer Tiefe von ca. 400 m austreten und dort vorhandene Salzgesteine damit natürlich auch auslösen. Dies gefährdet letztendlich die Stabilität der Hohlräume zusätzlich. Die bisher praktizierten Verfahren zur Abdichtung der Zuflüsse waren leider nicht erfolgreich. Das Fachgutachten, das wir am 22. Oktober dieses Jahres erhalten haben, führt hierzu Folgendes aus, ich zitiere das mal: „Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass derzeit keine anwendungsreifen technischen Lösungen existieren, die eine abschließende, trockene oder nasse Verwahrung des Grubenfeldes Springe ermöglichen. Somit verbleiben zurzeit nur die Offenhaltung des Grubengebäudes und die Beherrschung der Salzlösungszuflüsse durch Laugener

haltungsmaßnahmen.“ Dieses Ergebnis ist fachlich richtig, aber natürlich für alle Beteiligten unbefriedigend. Sowohl beim Großprojekt Rositz als auch beim Großprojekt Kali liegen seit Anbeginn der 90er-Jahre zahlreiche Gutachten und Sanierungskonzepte vor. Trotz all dieser Unterlagen ist es bisher nicht gelungen, ein umfassendes Bild des Sanierungsumfangs zu skizzieren.

Es gilt, nicht nur in den Großprojekten, sondern in allen Projekten technische Lösungen zu finden und eine aktuelle Kostenschätzung vorzunehmen. Ich möchte zukünftig gern sagen können, welche Projekte in welcher Zeit und vor allem mit welchen Kosten abgeschlossen werden können. Wir wollen auch sagen können, welche Kosten davon das jeweilige Unternehmen, das Land und/oder der Bund tragen. Dazu brauchen wir jedoch Zeit. Wir haben hierfür einen Zeitraum bis Ende des Jahres 2012 veranschlagt. Wir können aber nicht von jetzt auf gleich alle Sanierungsmaßnahmen stoppen. Dies müssten wir eigentlich veranlassen, da der Verfügungsrahmen des Sondervermögens Anfang 2011 erschöpft sein wird. Um also die Handlungsfähigkeit des Sondervermögens zu erhalten, ist der Verfügungsrahmen zu erhöhen, damit weitere Maßnahmen, die letztendlich der Gefahrenabwehr dienen, auch durchgeführt werden können. Wir müssen in allen Projekten den Sanierungserfolg sichern, den Status quo erhalten und Verschlechterungen vor allen Dingen abwenden.

Die Zeit, die wir für die weiteren Fach- und Rechtsgutachten sowie die wichtigen Verhandlungen mit dem Bund benötigen, haben insbesondere die Menschen in unserer ehemaligen Bergbauregion natürlich nicht. Wir müssen handeln. Die bergbaubedingten Schäden dürfen die Menschen in der Region nicht bedrohen. Es ist deshalb unsere Aufgabe, im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtung die Folgen des kalibedingten Bergbaus zusammen mit dem Bergbauunternehmen und dem Bund auch dauerhaft zu beseitigen. Gewähren Sie uns also bitte die Zeit, die Dinge zu klären, und gleichzeitig die Möglichkeit, die Maßnahmen, die jetzt erforderlich sind, zu finanzieren. Herzlichen Dank.

Danke, Herr Minister. Das Wort hat die Abgeordnete Hitzing von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, der Generalvertrag, der zwischen Thüringen und der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben über die Regelung und Finanzierung der Altlastenbeseitigung geschlossen wurde, hat 1999 seinen Ursprung. Die Regelung war so, dass die Kosten für alle Altlasten übernommen werden, egal ob bekannt oder nicht bekannt, zu einem Pro

(Minister Reinholz)

zentsatz 60 : 40, das heißt, 60 Prozent der Bund, 40 Prozent übernimmt das Land, abgesehen von einigen Ausnahmen. Die Gesamthöhe, der Herr Minister hat das gesagt, betrug 457 Mio. € und das Land hat diese 13,3 Mio. € in das Sondervermögen eingezahlt und es war geplant, dass dieses Vermögen bis zum Jahr 2016 reicht. Nun ist das also nicht eingetreten und man muss sich kritisch die Frage stellen: War es im Jahr 1999 nicht schon absehbar, dass dieses gesamte Finanzvolumen eventuell nicht ausreichen könnte? Ist dort mit der gebotenen Sorgfalt so verhandelt worden, dass auch der schlimmste Fall in Betracht gezogen worden ist? Demzufolge ja nicht, sonst wären wir heute nicht an dieser Stelle.

Nun sagt der Minister, es ist wichtig, dass wir hier nachverhandeln und genügend Zeit haben, um richtig zu verhandeln an der jetzigen Stelle. Ja, das muss dann wohl so sein, aber man muss konstatieren, dass es vor 11 Jahren demzufolge nicht so gelaufen ist.

Wir haben also jetzt Zahlen, 525 Mio. €, von denen wir jetzt sprechen, und 15 Mio. € für die zusätzlich gebündelten Zuständigkeiten im Gesetz. Das macht eine Gesamtsumme von 540 Mio. € und die müssen natürlich finanziert werden. Die gemeinsame Bewirtschaftung der ökologischen Altlasten ist jetzt gewollt und angedacht. Auch hier muss man sich die Frage stellen, ob man das nicht auch schon vor 11 Jahren hätte andenken können.

(Beifall FDP)

Welche Mehrkosten können als gesichert angesehen werden zum heutigen Zeitpunkt und können oder müssen weitere Mehrkosten vermutet werden? Welche weitere Kreditbelastung kann dabei auf das Land zukommen? Was ist mit den Krediten jetzt und nach 2016? Wie wahrscheinlich ist es, dass sich der Bund, mit dem ja ein Generalvertrag geschlossen wurde, eventuell doch dazu entscheidet, noch einmal Kosten zu übernehmen? Das sind alles ganz wichtige Fragen, die wir in den entsprechenden Ausschüssen klären müssen.

Ich möchte für meine Fraktion beantragen, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, den Haushalts- und Finanzausschuss und auch den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen, wobei der Haushaltsausschuss die Federführung haben sollte. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Frau Abgeordnete. Als Nächster hat Abgeordneter Primas von der CDU-Fraktion um das Wort gebeten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben darum gebeten, diesen Punkt noch aufzurufen, weil wir gern morgen früh eine Ausschuss-Sitzung durchführen und gegebenenfalls eine Anhörung beschließen wollen.

(Beifall CDU)

Das heißt, ich möchte mich relativ kurz halten. Ich möchte nur einfach in Richtung FDP sagen, wir sind immer schlauer hinterher.

(Beifall CDU)

Wir wissen es immer hinterher. Ich trage das auch nicht wie eine Monstranz vor mir her, dass wir in der ersten Legislaturperiode einen Umweltminister hatten, der eine umwelttechnische Zielplanung für Abwasser gemacht hat, bei der wir in den anschließenden Legislaturperioden jedes Jahr 50 Mio. € drauflegen mussten. Der vorliegende Punkt resultiert aus dieser Geschichte. Ich will das nur sagen, wir sollten aufhören, immer darüber zu reden und besser zu wissen, was man vor 10 oder 15 Jahren hätte wissen können.

Wir müssen heute mit den Entscheidungen leben, die wir haben. Es ist so, wie der Minister gesagt hat, wir wollen die Altlastenbeseitigung hinbekommen und wenn wir das in einer Hand hinbekommen, ist es doch besser, als wenn es so läuft wie bisher.

Dass wir den Rahmen erhöhen, ist nur folgerichtig, damit wir den Haushalt nicht belasten. Am Ende wird es natürlich so sein, dass wir die Zinsen zahlen müssen, aber es ist eine vernünftige Regelung, so wie sie ist.

Von der Sache her, Herr Kummer, die Kommunen sind eigentlich überhaupt nicht betroffen, aber wir hören sie uns halt gern an aufgrund des Oppositionsrechts. Wenn Sie eine Anhörung wollen, dann machen wir es halt, das ist überhaupt nicht das Problem.

Ich bitte Sie herzlich um Überweisung an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz und begleitend an den Haushalts- und Finanzausschuss. Ich denke, das reicht. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Primas. Habe ich das richtig verstanden, dass der Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz der federführende Ausschuss sein soll? Danke.