Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Die haben zufälligerweise genau dieselben Deckungsquellen generiert. Natürlich kann man bei der Veranschlagung solcher Titel durchaus unterschiedlicher Auffassung sein, das ist doch gar nicht die Frage. Aber wenn man weiß als Haushälter, dass im Vollzug alle vertraglich und gesetzlich vorgegebenen Ausgaben, die nicht ausgegeben werden, also Mittel, die übrig bleiben, automatisch über

den Haushaltsausgleich zur Senkung der Neuverschuldung führen, dann kann man es nicht so machen wie Sie, dann kann man nicht diese Einnahmen und Ausgaben für die Gegenfinanzierung von zusätzlichen Ausgaben verfrühstücken und Ihre zusätzlichen Maßnahmen, die hier aufgelistet sind, die führen am Ende dazu, dass eine höhere Verschuldung für das Jahr übrig bliebe als ohne Ihre Anträge, meine Damen und Herren. So sieht Ihre haushaltspolitische Wahrheit aus.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Blödsinn.)

Ich finde, das ist ein Offenbarungseid an dieser Stelle.

(Beifall CDU, SPD)

Da die Maßnahmen nur auf wirklich äußerst fragwürdigen Deckungsquellen basieren, kann man das nun wirklich als nichts anderes als - in der Vorweihnachtszeit - Budenzauber bezeichnen. Sie haben dann noch mal einen Vorschlag gemacht, auf den will ich etwas näher eingehen, Sie haben vorgeschlagen, die vielfach diskutierte Kita-Finanzierung komplett im Einzelplan 04 - ich gehe mal davon aus, Sie meinen damit komplett über die Pauschalen aus dem Kindertagesstättengesetz - zu veranschlagen. Da sage ich Ihnen zweierlei. Erstens ist das per se verfassungswidrig und zweitens, wenn die Kita-Finanzierung mal wirklich angenommen voll aus den Pauschalen aus dem Kita-Gesetz finanziert werden würde, würde zweierlei passieren: Sie würden nach den Zahlen dieses Haushalts rund 270 Mio. € der Schlüsselmasse im KFA entnehmen und so nebenbei die kommunale Aufgabe Kinderbetreuung zur staatlichen Aufgabe erklären. Das können Sie vielleicht politisch wollen, im Interesse der Kommunen ist das jedenfalls nicht, meine Damen und Herren. Deshalb ist dieser Vorschlag schlichtweg Unsinn.

(Beifall SPD)

Zu den FDP-Anträgen noch ein paar kurze Sätze: Masse statt Klasse, das war auch wieder das Motto der FDP mit ihren Änderungsanträgen.

(Beifall CDU, SPD)

Sie haben die bestehende Globale Minderausgabe und die daraus für die Ministerien erwachsenden Sparanforderungen und Sparanstrengungen, die sie zweifellos zu unternehmen haben - das steht jetzt schon fest, auch in der Höhe -, vollkommen ignoriert. In den meisten Fällen Ihrer Anträge werden bestehende Notwendigkeiten, bestehende Verträge und Vereinbarungen schlichtweg außer Acht gelassen. Man kann es auch anders formulieren: Wenn Ihre Vorschläge Realität werden würden, Herr Barth, dann würde das die Thüringer Landesverwaltung weitgehend lahmlegen. Ob Sie das wollen, das kann ich mir, ehrlich gesagt, auch nicht

vorstellen. Wie gesagt, das Gros Ihrer Sparvorschläge, Ihrer Deckungsvorschläge ist ziemlich identisch jedenfalls von der Masse her mit denen der LINKEN. Auch das sollte Ihnen durchaus zu denken geben.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Oder Ihnen.)

Alles, was nicht der vermeintlichen FDP-Klientel nützt, wird gekürzt. Das ist ziemlich viel, weil Ihre Klientel ziemlich klein ist, Herr Barth, das ist so.

(Beifall SPD)

Sie behaupten, im Bereich der Bildung für eine Aufstockung sorgen zu wollen. Nun ja, in Wahrheit nehmen Sie tatsächlich nur Umschichtungen vor. Die versprochenen Wohltaten für die Hochschulen und die freien Schulen sollen nach Ihrem Willen die anderen Schulen, also das staatliche Schulsystem, tragen. Mehr Geld für die Bildung als die Landesregierung, wie von Ihnen behauptet, das kann man mit Fehlanzeige bezeichnen. Bildungskürzungen finanzieren Bildungsaufstockungen. Das ist Ihr Prinzip und das geht mit Ihnen nach Hause.

(Beifall SPD)

Last, but not least, zu den GRÜNEN: Frau Siegesmund hat hier sehr ambitioniert ihre Vorschläge präsentiert, die aber einer ernsthaften Prüfung nun wahrlich nicht standhalten. Sie hatten mal angekündigt, einen Alternativhaushalt vorzulegen. Das ist wirklich sehr ambitioniert, davon ist nicht viel übrig geblieben. Bei der Haushaltseinbringung - wir haben da noch einmal nachgeschaut im Protokoll haben Sie angekündigt, mindestens 200 Mio. € einzusparen. Ihren Anträgen kann man das jedenfalls nicht entnehmen, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Zumindest war aber erkennbar in den Anträgen, dass Sie wirklich nach Einsparmöglichkeiten auch auf seriösem Wege suchen. Das will ich sehr wohl anerkennen. Aber auch hier haben Sie so ein paar Grundaufgaben und so ein paar Grunderkenntnisse aus der Haushaltspolitik, nämlich Wirkungen von Globalen Minderausgaben etc., schlichtweg außer Acht gelassen. Aber die Glaubwürdigkeit - und das ist eigentlich der entscheidende Punkt, den ich Ihnen sagen wollte - Ihrer Anträge wird schlichtweg verspielt. Sie stellen sich hierher und versuchen, den Leuten sich so als oberste Sparkommissarin darzubieten, aber wenn es um die ersten Kürzungen geht, die notwendig sind im Haushalt, dann sind Sie die Ersten, die auf der Straße sind, die die Leute mobilisieren. Sie sind die Ersten, die sich aufregen, wenn an irgendeiner Stelle notwendigerweise gekürzt werden soll. Da wird mehr Geld für die Blinden gefordert, die Kürzungen bei den freien Schulen und sogar Kürzungen bei der Aids-Hilfe werden kritisiert, die es am Ende gar nicht gegeben hat. Aber man kann dann wirklich sagen, wenn es ernst wird, dann kneifen

Sie an dieser Stelle. Besonders glaubwürdig ist ein solches Verfahren nun wirklich nicht.

(Beifall CDU, SPD)

An dieser Stelle will ich es dann bei meiner Kritik belassen.

Meine Damen und Herren, wir kennen die Not unserer finanziellen Ressourcen und wir wissen, dass wir zumindest kurzfristig daran wenig ändern können. Mit den zurückgehenden Bundes- und EU-Zuweisungen - das haben einige Vorredner richtigerweise schon dargelegt - wird sich die finanzielle Situation des Landes bis zum Jahr 2020 weiter verschlechtern; ich drücke das ganz bewusst so aus und nicht in scheinpositiver Form. Nach allen bisherigen Prognosen ist es eher unwahrscheinlich, dass dieser Rückgang durch wachstumsbedingte oder gesetzesbedingte Steuermehreinnahmen aufgefangen werden kann. Jedenfalls lässt die derzeitige Politik auf diesem Gebiet im Bund, Frau Ministerpräsidentin, für die Länder nichts Gutes erwarten. Aber dieser Rückgang bei den Finanzen kann eben auch nicht mehr, wie in der Vergangenheit, durch hohe Kreditaufnahmen aufgefangen werden.

Die im Grundgesetz der Bundesrepublik verankerte Schuldenbremse tut ihr Übriges. Ob es nun die LINKE wahrhaben will oder nicht, Herr Korschewsky, auch Haushaltskonsolidierung sichert die Zukunft des Landes. Sie haben uns hier nur erzählt, wo Sie mehr Geld ausgeben wollen.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das stimmt überhaupt nicht. Zuhören sollten Sie.)

Sie haben Scheineinnahmen hier dargelegt, von denen Sie wissen, dass die niemals kommen würden. Die Börsenumsatzsteuer ist ein hehres Ziel, das weiß ich auch als Sozialdemokrat, aber da brauchen Sie wahrscheinlich erst die Weltregierung, bevor die wirksam wird, und wie sinnvoll das ist, das wissen Sie wahrscheinlich auch selbst.

Meine Damen und Herren, ich habe es heute mit den chinesischen Philosophen, ich habe noch einen auf Lager. Natürlich darf in dieser Aufzählung Konfuzius nicht fehlen. Konfuzius, der im Übrigen weitgehend …

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Entschuldi- ge, ich habe nur den Krach da draußen mo- niert, weil man das nicht mehr aushält hier.)

Ach, mich stört das nicht, da rede ich ein bisschen lauter. Damit muss man umgehen, Wolfgang.

(Beifall CDU, SPD)

Das Demonstrieren ist ihr gutes Recht und wenn es halt ein bisschen lauter zugeht, muss man entsprechend reagieren. Also, mit Verlaub, wir sollten da etwas mehr Souveränität an den Tag legen.

Ich wollte Konfuzius zitieren, meine Damen und Herren, bevor Herr Fiedler mir sozusagen über den Weg gelaufen ist hier am Rednerpult. Er hat gesagt: „Wenn der Mensch nicht über das nachdenkt, was in ferner Zukunft liegt, wird er das schon in naher Zukunft bereuen.“ Wie wahr, wie wahr, meine Damen und Herren. Der Gedanke an die ferne Zukunft zwingt uns heute, auch Dinge zu tun, die wir lieber möglicherweise nicht tun würden. Was sind denn die Dinge, die wir für Thüringen tun müssen in Verantwortung für unsere Bürgerinnen und Bürger, die leider immer weniger werden, in unserem doch so schönen Bundesland? In welchem Land wollen wir in 10, in 20, in 30 Jahren leben, meine Damen und Herren? Welche Ressourcen stehen uns - ich meine damit natürlich zunächst einmal die finanziellen Ressourcen - zur Verfügung? Welche Aufgaben sollen der Staat und seine Kommunen erfüllen? Welche können sie erfüllen? Welche Strukturen brauchen wir dafür in Zukunft? Wie viel Personal wird dafür benötigt?

All die Fragen, meine Damen und Herren, das muss ich leider konstatieren, sind noch unzureichend erörtert und schon gar nicht geklärt. Ich stelle mir vor, ein modernes Bundesland mit einer schlanken, möglichst zweistufigen Verwaltung, mit gut ausgebildetem Personal mit einer gesunden Altersstruktur,

(Beifall SPD)

in dem für künftige Generationen die bestmöglichsten Bedingungen für Bildung existieren, meine Damen und Herren. Wir dürfen dafür unser weniger werdendes Geld nicht für überkommene Strukturen auf Landes-, aber vor allem auf kommunaler Ebene verpulvern - um es einmal ganz deutlich auszudrücken -,

(Beifall SPD)

jetzt nicht und schon gar nicht in zehn und überhaupt nicht in 20 Jahren. Damit werden wir nicht Bildungsland Nummer 1.

(Beifall SPD)

Das werden wir nur erreichen, wenn wir Mittel frei machen weg von der Administration hin in die Bildungslandschaft.

(Beifall SPD)

Das muss unser Weg sein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen aber auch in vielen anderen Bereichen ohne Vorbehalte - und schon gar keine ideologischen - unsere Ausgaben einer ernsthaften Prüfung mit dem Ziel der Reduzierung unterziehen. Neuverschuldung muss in Zukunft tabu sein.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Aber wann?)

Die SPD wird sich diesem Anspruch stellen; die Frage ist nur wann und wie. Ja, lachen Sie nur, Herr Barth, lachen Sie nur. Man kann es so machen, wie es die jetzt ab 2011 geltende Landeshaushaltsordnung vorgibt. Ich weiß ja nicht, ob Sie wissen, wie die entstanden ist. Die hat ja sozusagen die im Niedergang befindliche Althausregierung im Jahr 2009 schon im Vorgriff ihrer Wahlniederlage offensichtlich als vorgezogene Rache an den Nachfolgern ins Leben gerufen.

(Beifall SPD)

Diesen Konsolidierungspfad, der ab 2012 schon ohne Schulden auskommen will, brächte nach den vorliegenden Steuerschätzungen eine derart abrupte Bruchkante in den Ausgaben mit sich, dass eine ernste Gefährdung des inneren, vor allem des sozialen Friedens gar nicht so abwegig erscheint, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Die Proteste bei den diesjährigen Kürzungen lassen diese Vermutung realistisch erscheinen.

Herr Abgeordneter, würden Sie bitte Ihren Gedanken zu Ende führen, denn die Redezeit ist um.

Richtig, danke. Wir wollen aber als SPD, einen kleinen Dispens, Frau Präsidentin, weil das doch...

Ja, das machen wir ja schon. Ich habe Ihnen ja schon eine Minute zusätzlich gegeben.

Wir wollen aber als SPD genauso die Ziele der Schuldenbremse im Grundgesetz 2019 erreichen wie alle anderen. Wie die das machen, können wir uns anschauen in unseren Nachbarländern. Die identifizieren ihren Konsolidierungsbedarf und bauen linear ab. Diesen Weg wird die SPD ausdrücklich mitgehen, meine Damen und Herren. Ich sage das ganz klar und unmissverständlich, auch Personalabbau ist dafür kein Tabu, über die Zahlen muss man sich verständigen. Wir brauchen dafür Voraussetzungen in aller Kürze, diese Landeshaushaltsordnung muss den Gegebenheiten angepasst werden

(Beifall SPD)