Protokoll der Sitzung vom 10.12.2010

und zweitens - ich wollte es mir eigentlich in vorweihnachtlicher Stimmung sparen - geht es mir inzwischen gewaltig auf den Geist, dass Sie uns als Abgeordnete behandeln wie Studierende im 1. Semester, die erst mal auf die Weihen der Bildungslandschaft vorbereitet werden müssen, und mit all

ihren Fragen eigentlich nur ihre außerordentliche Dämlichkeit nachweisen.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Ich habe Ihnen das im Ausschuss schon gesagt und ich hätte Ihnen das gern in der Öffentlichkeit erspart. Aber da Sie es einfach nicht lassen können, übrigens immer bei diesem Thema, mehr oder weniger dazwischenzurufen, was Sie als richtig oder falsch einschätzen: Was wir bewerten können, ist das, was uns in der Sache vorgelegt worden ist, und da haben Sie sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da unterscheiden Sie sich negativ von dem, was unter dem vom Vorgänger geführten Haus passiert ist. Das haben Sie jetzt provoziert, das musste mal gesagt werden.

(Heiterkeit im Hause)

Mein Weihnachtsgeschenk, Uwe Höhn, war, dass ich es nicht öffentlich sage. Aber er hat es provoziert und da musste es mal öffentlich gesagt werden vor großem Publikum. Sie haben ja gemerkt, dass es andere Abgeordnete im Hause gibt, die das ähnlich empfinden.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Sie können ihm das Protokoll dann noch mit Weihnachts- papier zuschicken.)

Das macht dann der Fraktionsvorsitzende der FDP, der versendet dann das Protokoll als Weihnachtsgeschenk.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir dann irgendwann wieder zum Thema kämen, wäre ich auch noch ganz dankbar.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wir sind beim Thema.)

Herr Präsident, danke für den Hinweis darauf, dass wir immer noch beim Thema sind, weil es genau in diesem Zusammenhang um das Protokoll dieser Debatte geht.

Ich möchte nur für meine Fraktion anschließen. Wir haben versucht, den größten Unsinn in der Finanzierung dieses Gesetzes zu heilen, indem wir in die Debatte zur heutigen zweiten Lesung noch einmal Anträge eingebracht haben, und zwar: Die Gleichbehandlung staatlicher und freier Schulen muss geregelt werden, die Finanzierung freier Schulen muss die tatsächlichen Kosten staatlicher Schulen zugrunde legen, dann kann man auch über eine

entsprechende Gleichbehandlung sprechen. Wir beantragen zudem die Übernahme der bisherigen Vomhundertsätze der staatlichen Förderung in das Gesetz.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das sind nämlich genau die Schmerzpunkte, die auch in der Anhörung zum Tragen kamen. Ich denke, diese Vorschläge sind vernünftig und entsprechen dem Anliegen der freien Schulträger in diesem Land, damit sie eben nicht zu den von Herrn Emde zitierten privaten Schulen werden, die nach der sozialen Möglichkeit der Elternhäuser die Zugangschranken errichten müssen. Und wenn man Glück hat, kann vielleicht das eine oder andere Kind alimentiert einen solchen Bildungsgang belegen. Wir haben hier eine andere Tradition, die bezieht sich übrigens auch auf unsere Erfahrung aus den Jahren 1989 und 1990, dass freie Schulen Freiräume eröffnen nicht nur für reformpädagogische Ansätze, sondern auch für Innovation an einem bestimmten Ort, der in das Umfeld hineinwirkt. Da sprechen wir über etwa 10 Prozent von Schulen und Schülern. Ich weiß, dass das nicht ganz die exakte Zahl ist, will aber das jetzt nicht in der Tiefe erläutern. Aber es ist außerordentlich wichtig, dass freie Schulen und staatliche Schulen auch zusammenwirken können, dass sie sich auf Augenhöhe begegnen, dass jedes Kind gleich viel wert ist - und das meine ich nicht nur in Geldfragen - und dass vor diesem Hintergrund Elternwille, Schülerwille entscheidet, welche Schullaufbahn man einschlagen möchte. Das ist der Anspruch, den man im Bildungsland Nummer 1 als einzigen pflegen sollte, wenn man das politisch auch will. Sie haben vor diesem Hintergrund alle Stellungnahmen in den Wind geschlagen, die in diese Richtung gingen, und Sie können wahrlich nicht von uns erwarten, dass wir diesem Gesetzentwurf - wenngleich wir wissen, dass ein Gesetz gemacht werden muss für die Träger der freien Schulen - zustimmen können und uns sehenden Auges in eine Situation bewegen, in der freie Schulen vielleicht nicht schließen müssen, Herr Emde, das kann sein, aber vielleicht ihre Türen, die jetzt offen standen, für diejenigen, die es sozial schwerer haben, zumachen müssen, weil sie selbst nicht ausreichend finanziert sind.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe den Eindruck, dass Sie sich eigentlich ziemlich schlecht fühlen bei der Zustimmung zum Gesetz in dieser Form. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich nicht einen Ruck geben und das noch heilen als Legislative, was am heutigen Tag zu heilen wäre. Dann, um noch einmal Herrn Adams zu zitieren, wäre der 10. Dezember 2010 ein guter Tag für das Schulwesen in Thüringen. Bis jetzt kann man ihn als solchen nicht bezeichnen.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Hitzing von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Klaubert, das war eine Steilvorlage.

(Beifall SPD, FDP)

Ich gebe mir Mühe, a) beim Thema zu bleiben und b) das zu ergänzen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Ich schicke dann mein Protokoll.)

Okay - und ich meins.

Die Bildung der nachwachsenden Generation ist ein hohes Gut, sehr verehrte Damen und Herren, und wer in sie investiert, investiert in den Erhalt und die Förderung des intellektuellen Niveaus und sorgt für den gesellschaftlichen Wohlstand. Das ist unwidersprochen. Dies zu tun, hat sich das Bildungsland Thüringen auf seine Fahnen geschrieben. Nach Ansicht unserer Fraktion ist es hierfür gerade im Hinblick auf die optimale Freisetzung der Potenziale des einzelnen Individuums erstens unabdingbar, Eltern und Schülern grundsätzlich Wahlfreiheit in Bildungsfragen einzuräumen.

(Beifall FDP)

Zweitens bedeutet das auch, dass die Betreffenden selbst entscheiden können, ob sie eine staatliche oder eine freie Schule wählen. Drittens sind die freien Schulen ein Teil des öffentlichen Schulsystems und hier darf man keinen Keil zwischen staatliche und freie Schulen treiben, wie Sie das jetzt gerade mit Ihrer Finanzpolitik, denn Bildungspolitik möchte ich das, was momentan hier läuft, nicht nennen,

(Beifall FDP)

zwischen die Träger treiben. Das wollen wir aufhalten und weiterhin dafür sorgen, dass die Wahlfreiheit für alle Bürger im Lande besteht, ohne auf den Geldbeutel sehen zu müssen. Diese Wahlfreiheit aber ist durch die geplante Gesetzesänderung sehr in Gefahr und damit auch eine gerechte Zukunft in der Bildungsfreiheit unseres Landes. Die Kürzung von Fördermitteln würde freie Schulen dazu zwingen, das Schulgeld zu erhöhen und wir fordern Sie deshalb auf, eine finanzielle Gleichbehandlung der staatlichen Schulen und denen in freier Trägerschaft zu ermöglichen. Dabei haben wir im Übrigen sehr prominente Mitstreiter, sehr verehrte Damen und Herren, und zwar aus den Reihen der SPDFraktion. Der Kollege Döring sagte am 24. Oktober

2007 - mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich -: „Die Landeszuschüsse an die freien Träger haben sich an den Personal- und Sachaufwendungen im staatlichen Bereich zu orientieren.

(Beifall FDP)

Deshalb muss mit der Schlechterstellung der freien Schulen endlich Schluss sein.“

(Unruhe DIE LINKE)

(Beifall FDP)

Die Schulen in freier Trägerschaft stehen jedem Schüler, jeder Schülerin offen. Das soll auch morgen noch so gewährleistet sein. Deshalb wird sich die FDP-Fraktion vehement dagegen wehren, dass künftig allein der Geldbeutel der Eltern entscheidet, welche Schule Kinder besuchen können oder nicht.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man als Regierung schon sagt, die freien Träger dürfen nicht sondern, denn das wäre ja gesetzeswidrig, dann muss man ihnen auch die möglichen Mittel in die Hand geben, dass man genau das auch garantieren kann.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Zudem befürchten wir, dass die generelle Festschreibung einer dreijährigen Wartefrist - Herr Emde ging aber schon darauf ein, dass es an manchen Stellen ja Veränderungen geben wird - für bewährte Träger ein Hindernis wäre. Deshalb sehen wir hier gerade an dieser Stelle eine Evaluierung als besonders notwendig. Das wäre natürlich so, wenn ein bewährter freier Träger bei jeder Veränderung eines Bildungsgangs warten muss, wieder drei Jahre Wartefrist einhalten muss, dann könnte das natürlich auch den Effekt haben, dass überhaupt keine neuen Schulen in dieser Richtung mehr gegründet werden. Damit sind wir so nicht einverstanden.

(Beifall FDP)

Die Schulen in freier Trägerschaft sind in den vergangenen 20 Jahren zu einem sehr wichtigen, notwendigen Bestandteil der Thüringer Bildungslandschaft geworden. Einem Bestandteil der Bildungslandschaft und nicht einem zusätzlichen Angebot, darauf möchte ich noch einmal ausdrücklich hinweisen, denn es gibt einen Zeitungsartikel vom 10. Dezember - und das ist ja heute, wie wir schon mehrfach gehört haben -, da wird der Minister zitiert, dass die freien Träger ein zusätzliches Angebot sind. Aber es ist ein Bestandteil der Bildungslandschaft. In Thüringen sind insgesamt 23.000 Schüler - also fast 10 Prozent aller Thüringer Schüler - in Schulen in freier Trägerschaft. Diese freien Schulen sind innovativ und sie arbeiten mit neuen Ideen, im Übrigen auch wie die staatlichen Schulen arbeiten. Gemeinsam - staatliche Schulen und freie Träger, beide - arbeiten sie ständig an Veränderung von

(Abg. Dr. Klaubert)

Unterrichtsgestaltung und bringen neue Ideen in den pädagogischen Alltag mit ein. Das muss den freien Schulen auch nach wie vor so möglich sein. Deshalb wäre es unseres Erachtens verantwortungslos, diesen innovativen Schwung ideologisch motiviert abzuwürgen.

(Beifall FDP)

Herr Eberl von der Evangelischen Schulstiftung Mitteldeutschland sagte: Ein freies Land braucht freie Schulen und freie Schulen sind ein Zeichen für den aktiven Gebrauch von Bürgerrechten.

Sehr verehrte Damen und Herren, seitdem der Gesetzentwurf der Landesregierung vorliegt, versuchen wir die Landesregierung und allen voran Sie, Herr Minister Matschie, mit Sachargumenten, mit deutlicher Kritik dazu zu bewegen, die Schulen in freier Trägerschaft nicht nur verbal als wichtigen Teil der Bildungslandschaft anzuerkennen, sondern sie auch dementsprechend zu finanzieren

(Beifall FDP)

und Ihnen damit die Möglichkeit zu geben, das, was Sie vor 20 Jahren begonnen haben, nämlich eine hervorragende Bildungslandschaft mit zu prägen und hervorragende Leistungen in der Bildung zu zeigen, auch weiterhin zu tun. Ich möchte hier und heute ganz besonders allen Lehrern, Eltern, Trägern und auch den Schülern danken, dass sie sich so vehement für den Erhalt ihrer Schulen einsetzen.