Der Arbeitnehmerschutz, Herr Ramelow wollte mir jetzt schon mal ein bisschen vorgreifen, ist davon natürlich überhaupt nicht auszuschließen. Aber Sie müssen mir schon erklären, warum es beim Einzelhandel andere Einschränkungen geben soll und gelten als in anderen Branchen, die auch sonntags arbeiten müssen.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Den Unterschied kennen Sie nicht? Sonn- und Feiertagsruhe kennen Sie nicht?)
Also ich bin gespannt, warum z.B. die sonntäglichen Öffnungszeiten von Bäckereien, Cafés, Blumen- und Zeitschriftenläden sowie Märkten für selbst erzeugte Waren jetzt plötzlich um eine Stunde nach vorn geschoben wurden auf 7.00 Uhr. Das scheint vielleicht doch etwas mit der Flexibilität zu tun zu haben. Dann könnte man natürlich die Frage stellen, ob die Rechte dieser Familien und der dort arbeitenden Menschen weniger wert sind als die von Einzelhandelskauffrauen und -kaufmännern.
Oder ist der Kauf der Waren, die jetzt sonntäglich schon ab 7.00 Uhr angeboten werden sollen, also sprich die frischen Brötchen, in irgendeiner Weise moralischer und anders zu bewerten als der Einkauf an Adventssonntagen? Ärzte, Krankenschwestern, Gastronomen, Landwirte, Tierwirte - es gibt sehr viele Arbeitsbereiche und Berufsbranchen, in denen sonntags gearbeitet wird und ich möchte nur
noch mal darauf hinweisen, dass der Staat nicht bestimmen darf, was moralisch ist und was unmoralisch ist,
Selbstverständlich ist es notwendig oder denken Sie, dass Krankenhäuser sonntags nicht geführt werden dürfen. Sie führen zu Verwerfungen und Ungleichbehandlungen,
Es ist nicht nur das Krankenhaus, das war ein Beispiel, aber wenn das Beispiel Ihnen nicht reicht, nenne ich alle anderen auch noch.
Über die Art und Weise, wer hier welcher Fetischist ist, können wir später reden. Lassen Sie den Menschen die Wahlfreiheit, zumal bei trivialen Dingen wie Entscheidungen, wann sie einkaufen möchten und wann der Einzelhändler sein Geschäft öffnen möchte. Das ist mit diesem Gesetz zumindest zögerlich angedacht worden und man hat darauf reagiert. Die Arbeitnehmervertreter wollten - und so ist das auch im Gesetzentwurf der LINKEN dargestellt worden - die Öffnungszeiten auf 20.00 Uhr begrenzen. Auch ich habe mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus dem Einzelhandel gesprochen. Wir haben uns darüber unterhalten und es hat sich aber auch gezeigt, dass das regional auch sehr unterschiedlich ist. Die Begrenzung hat sich zum Teil schon dadurch ergeben, dass Kunden frei wählen, wann sie einkaufen gehen möchten und das ist z.B. im ländlichen Raum oder in Gebieten, die nicht so große Einwohnerzahlen aufweisen, geregelt worden durch Angebot und Nachfrage. Wenn die Kunden überhaupt nicht das Interesse haben, nach
Das ist der Punkt. Regionale Besonderheiten müssen beachtet und dürfen nicht einfach weggewischt werden. Man muss den Rahmen haben, aber dem Einzelhändler auch die Möglichkeit geben, sich in diesem Rahmen zu bewegen. Ich sage auch, dass es selbstverständlich eine Belastung ist für die Arbeitnehmer, am äußeren Ende der Öffnungszeiten arbeiten zu müssen oder zu arbeiten. Jeder kluge Unternehmer ist bestrebt, seine Angestellten zu motivieren und ihnen auch in der entsprechenden Art und Weise entgegenzukommen.
Jeder kluge Arbeitgeber wird auch erkennen, dass auch im Einzelhandel das Thema Fachkräftemangel ein Thema sein wird und sicherlich schon ist. Deshalb ist auch hier möglicherweise die Regelung einer Schichtarbeit zu überdenken und zu bedenken.
Auch das habe ich mit den Angehörigen der einzelnen Handelsketten besprochen, mit den Betriebsräten. Wenn das möglicherweise zu Schwierigkeiten im Denken erst einmal führt oder man sagt, das ist möglicherweise nicht denkbar,
dass wir solche Regelungen finden, glaube ich schon, dass auch diese Flexibilisierung im Sinne der Arbeitnehmer sein kann.
Was Sie grundsätzlich als atypische Beschäftigung titulieren, nämlich die Teilzeitarbeit und die 400Euro-Jobs, werte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, muss aber auch akzeptiert werden als ein riesiger Teil von Zuverdienstmöglichkeiten für Studenten.
Es gibt sehr viele Studenten, die in diesem Bereich der 400-Euro-Jobs arbeiten. Das sieht man in den großen Supermärkten etc. Es gibt natürlich auch Leute, die sich für Teilzeitjobs selbst entscheiden. Ich will damit nur sagen, man darf nicht alles dogmatisch nur festlegen wollen.
Die Landesregierung macht mit diesem Gesetzentwurf den richtigen Schritt in eine richtige Richtung, auch wenn es ein kleiner Schritt ist, aber die Dis
kussionen - wir haben das eben schon gehört werden mit Sicherheit sehr spannend. Darauf ist auch meine Fraktion sehr gespannt. Wir freuen uns, an der Diskussion teilzunehmen und dann können wir unsere Unterhaltung fortsetzen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Frau Hitzing, bei Ihrem Beitrag musste ich an den bevorstehenden Besuch des Heiligen Vaters in Thüringen denken.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ein Antrag der FDP, über Werte der Bibel hier zu reden. Am 7. Tage solltest du ruhen.)
Ja, auch das, aber eher unter dem Gesichtspunkt, dass ich dachte, es ist jetzt Zeit für ein Stoßgebet: Gott sei Dank hat die FDP in Thüringen keine Regierungsverantwortung.
Ich will bewusst auch in Bezug auf Frau Hitzing mal einen Kontrapunkt mit einer persönlichen Bemerkung zu Beginn setzen. Wie viele hier im Hause wissen, komme ich ursprünglich nicht aus Thüringen, sondern bin im Westen geboren und groß geworden wie andere auch.
Was hatten wir eigentlich dort für Bedingungen im „goldenen Westen“, wie man früher so schön gesagt hat? Da war die Geschäftsöffnungszeit von 8.00 Uhr bis 18.30 Uhr, am Samstag war um 13.00 Uhr Schluss, am Mittwochnachmittag auch, da war nämlich auch um 13.00 Uhr Schluss. Bestimmte Dienstleistungen wie Friseure oder so konnte man auch unter der Woche beispielsweise an einem Montag überhaupt nicht besuchen, da die Friseure montags geschlossen hatten, weil die samstags geöffnet hatten. Was will ich damit sagen? Ich bin auch groß geworden, bin nicht verhungert und stehe heute hier relativ gut genährt