Protokoll der Sitzung vom 18.11.2011

Wir kommen jetzt zur Abstimmung des Antrags wurde von Frau Meißner beantragt -, und zwar die Einzelabstimmung des Punktes 1 des Antrags. Stimmt der Antragsteller dem zu? Ja, danke. Dann kommen wir zur Abstimmung des Punktes 1 des Antrags in der Drucksache 5/3244. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist Zustimmung bei der FDP, der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann ist der Punkt 1 des Antrags angenommen.

Wir kommen zu den restlichen Punkten 2 bis 6. Wer diesen Punkten des Antrags die Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist Zustimmung bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer lehnt diese Punkte ab? Ablehnung bei den Fraktionen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Enthaltung bei den Fraktionen DIE LINKE und FDP. Damit ist der Punkt 1 des Antrags in der Drucksache 5/3244 angenommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28

Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) - Konse

quenzen für Thüringen im Bereich Biomasse Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/3245

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Ja, Herr Dr. Augsten, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Thüringer Landtag hat am 17. Juni dieses Jahres einen Beschluss gefasst, übrigens mit den Stimmen aller Fraktionen. Der Beschluss lautet „Biomasse des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nachhaltig weiterentwickeln“. Vorausgegangen war dem ein Antrag unserer Fraktion, eine Ausschussüberweisung, eine sehr gute Diskussion im Ausschuss. Ich sage das ganz ohne Neid, dort haben alle Fraktionen an der Verbesserung dieses Antrags mitgewirkt, vor allem auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und SPD, so dass wir mit einem doch sehr eindeutigen Votum aus dem Ausschuss herausgegangen sind und wir diesen Beschluss fassen konnten, indem wir die Landesregierung gebeten haben, in zehn ganz konkreten Punkten Einfluss zu nehmen auf Bundesebene, um vor allen Dingen für Thüringer Verhältnisse ein gutes EEG zu bekommen.

Meine Damen und Herren, am 8. Juli hat der Bundesrat ein sehr umfängliches Paket verabschiedet zur Energiewende. Bestandteil dieses Pakets ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2012, es wird also am 01.01.2012 in Kraft treten. Nun könnte man ja fragen, es ist doch alles getan, wozu dieser Antrag? Man könnte ja nun meinen, jetzt wollen die GRÜNEN noch einmal nachlegen, darauf hinweisen, dass es unsere Idee war, aber das ist mitnichten so. Es geht darum - und das ist ja auch Bestandteil dieses Antrags -, einmal die beiden Dinge nebeneinander zu legen, also was ist denn jetzt beschlossen worden im EEG, was war die Forderung, und die Einschätzung der Landesregierung dazu zu hören. Vor allen Dingen aber - und das ist der wesentlich wichtigere Punkt bei diesem Antrag - Konsequenzen daraus zu ziehen, denn dieses EEG hat Konsequenzen für Thüringen. Wir wissen von vielen geplanten Biogasanlagen, dass man da gerade überlegt, ob man die noch bauen kann; Stichwort 60 Prozent Wärmenutzung, die vorgeschrieben ist. Und, das freut mich besonders - ich habe ja in diesem Antrag sehr vage formuliert, ob man denn da noch einmal etwas ändern müsste, wann ist es denn möglich, wir haben ja nun gerade ein neues Gesetz, welches noch nicht einmal in Kraft getreten ist, jetzt kommt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und möchte schon wieder ein Gesetz ändern -, von ganz unverdächtiger und sehr promi

(Ministerin Taubert)

nenter Seite bekommen wir für diesen Antrag Unterstützung. Ich möchte einmal zitieren, Minister Reinholz wird sich erinnern, und zwar lautet da ein Satz: „Die Ministerinnen, Minister, Senatorin und Senatoren der Agrarressorts der Länder bitten den Bund, beginnend mit dem Inkrafttreten des novellierten EEG am 1. Januar 2012, die Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf den ländlichen Raum baldmöglichst zu evaluieren und gegebenenfalls Änderungen des EEG kurzfristig vorzunehmen.“ Das ist das Zitat aus dem Protokoll der Agrarministerkonferenz am 28. Oktober in Suhl, welcher der Minister vorstand.

(Zwischenruf Richwien, Staatssekretär: Stimmt.)

Ja, über so viel Unterstützung kann ich mich nur freuen, damit hatte ich nicht gerechnet, dass das so schnell geht. Sicher hat sich der Minister genauso über unseren Antrag gefreut, denn da spielen wir uns ja gegenseitig in die Hände. Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass der Minister für unseren Antrag stark geworben hat in den Regierungsfraktionen, das wäre jedenfalls die logische Konsequenz. Aber, meine Damen und Herren, es geht natürlich auch darum, dass wir uns hier noch einmal darüber unterhalten, dass es durchaus gute Gründe gibt, dass man hier im Ausschuss zumindest noch einmal darüber spricht. Ich habe eine ganze Reihe von Punkten, die ich da noch einmal mit aufführen werde im zweiten Teil, aber zunächst einmal, ich sage es noch einmal, hier dürfte es eigentlich gar keine andere Meinung geben, es gibt von allen Seiten den wichtigen Hinweis: Es muss an diesem EEG gearbeitet werden möglichst kurzfristig. Ich sage noch einmal: Diese Agrarministerkonferenz setzt sich hauptsächlich aus Ministern und Ministerinnen anderer Parteien zusammen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags. Für die Landesregierung spricht Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung ist gebeten worden, über die Konsequenzen für Thüringen im Bereich Biomasse im Zusammenhang mit dem EEG zu berichten. Dem Wunsch komme ich gern nach.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht alle von uns angestrebten Änderungen am Gesetzentwurf konnten im parlamentarischen Verfahren durchgesetzt werden. Angesichts der sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und Interessen der

Bundesländer war uns jedoch von vornherein bewusst, dass die Gesetzesnovelle einen Kompromiss darstellen wird. Die EEG-Novelle bildet aber die Basis für den weiteren zielorientierten Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und im Besonderen auch in Thüringen. Ausdrücklich hervorzuheben ist dabei die Beibehaltung des Einspeisevorrangs der erneuerbaren Energien. Aussagen zur Wirkung der Maßnahmen des EEG 2012 hinsichtlich der beabsichtigten Reduzierung von Nutzungskonkurrenzen und Fehlanreizen sind jedoch aus meiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht. Die EEG-Novelle entspricht den Vorstellungen der Landesregierung, insbesondere hinsichtlich der Sicherung des Bestandsschutzes für Altanlagen, der gesicherten Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien, der Einführung einer Leistungsklasse bei Biogasanlagen bis 75 kW, der Entkopplung des Gülle- vom NawaRo-Bonus, der Aufhebung des Ausschließlichkeitsprinzips und der Einführung einer sinnvollen Mindestwärmenutzung.

Meine Damen und Herren, im Zuge der Diskussion der EEG-Novelle hatten wir uns unter anderem für eine stärkere Staffelung der Vergütung in Abhängigkeit von der Leistungsklasse der Anlagen eingesetzt. Hier konnten wir uns nicht durchsetzen, leider; auch die Definition des Anlagenbegriffs im EEG ist nach wie vor aus meiner Sicht unbefriedigend. Die Gewährleistung des Bestandsschutzes für Altanlagen war eine unserer zentralen Forderungen im Rahmen der Diskussion zur EEG-Novelle. Der Bestandsschutz für Altanlagen wurde gesichert, das heißt, Biogasanlagenbetreiber, die im Vertrauen auf die Einspeisevergütung des EEG 2009 beispielsweise umfangreiche Investitionen zur Effizienzsteigerung ihrer Anlagen getätigt hatten, werden weiterhin auf der Grundlage des EEG 2009 vergütet. Die den jeweiligen Anlagenkonzepten zugrunde liegenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen behalten damit natürlich ihre Gültigkeit.

Die derzeit etwa 200 Biogasanlagen in Thüringen wurden bisher standortgerecht vor allem in landwirtschaftlichen Unternehmen und hier schwerpunktmäßig in Betrieben mit hohem Wirtschaftsdüngeranfall errichtet. Die durchschnittlich installierte Leistung dieser Anlagen beträgt etwa 500 kWh (elek- trisch). Bisher werden etwa 47 Prozent der anfallenden Rindergülle und ca. 31 Prozent der anfallenden Schweinegülle in Biogasanlagen vergoren. In den landwirtschaftlichen Unternehmen ist demnach noch ein erhebliches Potenzial an Wirtschaftsdünger zur Vergärung in Biogasanlagen vorhanden. Nach Ansicht der Landesregierung gibt es Potenzial beim Zubau von Anlagen bis 75 kW, weil die Bedingungen des EEG 2012 das wirtschaftliche Betreiben einer Biogasanlage in diesem Leistungsbereich ermöglichen können. Landwirtschaftsbetriebe mit größeren Tierbeständen, die sich aber an verschiedenen Standorten befinden und deshalb bis

(Abg. Dr. Augsten)

her vom Bau einer Biogasanlage abgesehen haben, könnten die Investition in eine oder mehrere kleine Anlagen bis 75 kW ebenfalls in Erwägung ziehen.

Eine wichtige Zielstellung des EEG 2012 ist die stärkere Anreizung der Biomethaneinspeisung in das Erdgasnetz. Für ein wirtschaftliches Betreiben von Einspeiseanlagen sind jedoch Anlagenkonfigurationen größer 500 kWh nötig. Nach Ansicht der Landesregierung könnte es deshalb an geeigneten Standorten zu einem moderaten Zubau von Biogasanlagen im Leistungsbereich oberhalb 1 MW kommen, die Biomethan dann in das Erdgasnetz einspeisen. Anlagen, die auf eine hohe Wärmenutzung abzielen, werden wahrscheinlich in ihrer Größe entweder auf die zur Verfügung stehende Wärmesenke ausgerichtet werden oder durch den Rückgriff auf eine ortsungebundene Wärmenutzung gemäß Positivliste des EEG in ihrer Größe an die regional verfügbare Biomasse und die betriebswirtschaftlich optimale Anlagengröße angepasst werden.

Meine Damen und Herren, in dem ersten Gesetzentwurf zum Kreislaufwirtschaftsgesetz war formuliert, dass Wirtschaftsdünger im Sinne des Düngegesetzes zur Verwendung in Biogasanlagen kein Abfall ist. Der Gesetzentwurf vom 30.03.2011 wurde der EU-Kommission durch das BMU zur Notifizierung übermittelt. Die EU-Kommission hat in ihren Bemerkungen zum Entwurf um Streichung dieser Regelung gebeten, da nach ihrer Auffassung bei der Entscheidung, ob es sich bei einem bestimmten Stoff um Abfall handelt, von den zuständigen Behörden von Fall zu Fall in Abhängigkeit von der Sachlage entschieden werden muss. Dem wurde im aktuellen, vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf entsprochen.

Das Bundesratsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz ist, wie Sie wissen, noch nicht abgeschlossen. Die Landesregierung ist wie auch im Übrigen das BMELV der Auffassung, dass Gülle zur Verklärung in Biogasanlagen aus fachlicher Sicht kein Abfall sein kann. Die Verwendung der Gülle in Biogasanlagen stellt letztlich nur einen Zwischenschritt dar, welcher der Verwendung des Gärrestes als Dünger vorgeschaltet wird. Diese Auffassung bestätigt auch der Beschluss der Agrarministerkonferenz - Herr Augsten, Sie sprachen es gerade an vom 28. Oktober sowie die Empfehlung des Ausschusses für Agrarpolitik und Verbraucherschutz vom 7. November für eine Entschließung des Bundesrates, die sich auf den AMK-Beschluss stützt.

Meine Damen und Herren, die im EEG 2012 vorgesehene Vergütungsstruktur für Biomasse zielt neben der Mobilisierung von Wirtschaftsdünger insbesondere auf die Mobilisierung von Reserven bei Abfall und Reststoffen. Zur Verwertung von Abfall und Reststoffen wurde im EEG 2012 für die Bioabfallvergärungsanlagen eine gesonderte Vergütung so

wohl für Neu- als auch für Bestandsanlagen vorgesehen. Landschaftspflegematerial und Landschaftspflegegras, das bei Maßnahmen anfällt, die überwiegend dem Bundesnaturschutzgesetz dienen, wird über die Einsatzstoffvergütungsklasse 2 vergütet. Für die Verwertung von Grünschnitt aus öffentlicher Grün- und Parkpflege in Biogasanlagen gibt es keine einsatzstoffbezogene Zusatzvergütung, ebenso für biogene Abfälle und Reststoffe.

Durch die Aufhebung des Ausschließlichkeitsprinzips bei Substrateinsatz ist es jetzt aber möglich, diese Stoffe beispielsweise in einer landwirtschaftlichen Biogasanlage mit zu vergären. Für den Energieertrag dieser Substrate wird dann die Grundvergütung bezahlt. Die Auswirkungen der Vergütung nach dem EEG 2012 auf die Stoffströme und die Mobilisierung von Reserven sollten nach einem angemessenen Zeitraum nach Inkrafttreten des Gesetzes evaluiert werden. Eine Diskussion der im Gesetz getroffenen grundsätzlichen Regelung hinsichtlich der Vergütung zum jetzigen Zeitpunkt wird von uns als kontraproduktiv eingeschätzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch beim EEG 2012 wird das Monitoring hinsichtlich der Wirkung des EEG fortgesetzt. Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft ist über das Deutsche Biomasseforschungszentrum in das Monitoring „Strom aus Biomasse“ für das Bundesumweltministerium und das Projekt „Nachhaltige Biomasseerzeugung in Deutschland“, Bewertung des EEG eingebunden. Auch zahlreiche weitere Projekte der TLL haben die Untersuchung des Anbaus alternativer Biogaspflanzen, Fruchtfolgegestaltung und Fruchtfolgewirkung oder Biodiversität zum Inhalt. Eine Bewertung der Substratliste wird im Rahmen des EEG-Monitorings und der in diesem Bereich laufenden Projekte der TLL auch erfolgen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Gestatten Sie mir folgenden Hinweis: Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt. Ich frage: Wünscht jemand die Beratung zum Sofortbericht? Ja, die Fraktion DIE LINKE wünscht die Beratung zum Sofortbericht. Ich eröffne die Aussprache zu Punkt I, Sofortbericht, und zu Nummer II des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Als Erster hat sich Abgeordneter Egon Primas von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, wir waren alle

(Minister Reinholz)

überrascht von der Geschwindigkeit, mit der die Novelle als Bestandteil des Energiepakets das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen hat. Dass das so schnell geht, war sicher auch den furchtbaren Ereignissen in Japan geschuldet. Im Zuge der Diskussion wurde uns allen aber sehr schnell klar, dass das novellierte Gesetz einen Kompromiss darstellen wird. Zu unterschiedlich, denke ich, waren die Wünsche und Anforderungen der Bundesländer und der verschiedenen Interessengruppen, zu unterschiedlich die Interpretation der diversen Erfahrungsberichte und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen.

Der erste Gesetzentwurf war aus der Sicht von Betreibern von landwirtschaftlichen Biogasanlagen, kann man schon sagen, eine Katastrophe. Ich denke hier an die geplante Halbierung des Güllebonus für Bestandsanlagen. Auch für potenzielle Interessenten für den Bau und den Betrieb von Biomasseanlagen waren die Konditionen des ersten Gesetzentwurfs wenig attraktiv. Wir haben im Agrarausschuss, Herr Augsten hat das vorhin dargestellt, vehement Verbesserungen eingefordert und haben in der Sitzung des Landtags am 17. Juni den Beschluss gefasst, die Landesregierung zu bitten, im Gesetzgebungsverfahren auf die Beschlussvorlage einzuwirken und unsere geforderten Punkte möglichst durchzusetzen. Wurden unsere Erwartungen erfüllt? Sicher nicht alle, sicher nicht. Das andere wissen wir. Beispielsweise hätten wir uns für kleinere Biogasanlagen bis 500 kW sowohl eine höhere Grundvergütung als auch eine höhere Einsatzstoffgruppenvergütung und eine stärkere Degression dieser Einsatzstoffgruppenvergütung für größere Anlagen gewünscht. Auch der Maisdeckel wurde von uns nicht gewollt. Diese Dinge waren im Gesetzgebungsverfahren aber nicht durchsetzbar. Alles in allem ist das EEG 2012 aus Sicht der aktiven und potenziellen Betreiber von Biomasseanlagen ein Kompromiss, mit dem man leben kann und aus dem man etwas machen kann. Die Modellrechnung bezüglich Wirtschaftlichkeit kommt durchaus zu dem Schluss, dass sich auch für Thüringer Betriebe in Zukunft der Bau einer Biogasanlage rechnen kann. Neben den EEG-Einspeisevergütungen spielen für Investitionsentscheidungen aber noch eine ganze Reihe anderer Faktoren eine Rolle. Wie sich die neuen Konditionen des EEG, aber auch die Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Anlagen- oder Kapitalkosten oder die zur Verfügung stehende Biomasse, letztendlich auf den Zubau von Biogasanlagen und Biomasseheizwerken auswirken werden, kann heute wirklich noch keiner mit Sicherheit voraussagen. Die Forderung einer Änderung des Gesetzes, bevor es überhaupt in Kraft getreten ist und zu dessen Auswirkung noch keine belegbaren Daten vorliegen, meine Damen und Herren, geht, glaube ich, an der Realität vorbei. Für in Bioabfallanlagen vergorene Bioabfälle, Reststoffe usw. gibt es sicherlich noch eine ganze Menge zu

machen, aber es muss bewertet werden. Der Minister hat auch ausgeführt, wir sind dabei im Monitoring, ob das die TLL ist oder, oder. Aber es müssen erst einmal belastbare Zahlen kommen, wie es sich nun tatsächlich auswirkt. Für mich stellt sich schon die Frage, wenn die Agrarminister beschließen, wir wollen daran arbeiten und die Verbesserungen machen, wozu braucht es, Dr. Augsten, noch einmal einen Beschluss hier im Landtag? Man arbeitet an dem Thema und ist hart daran, die Verbesserungen hinzubekommen. Da muss man auch erst einmal ein Stückchen zufrieden sein, dass das so funktioniert, meine Damen und Herren.

Die Agrarminister haben in ihrer Konferenz am 28.10. auch klargestellt, dass Gülle Dünger ist und kein Abfall. Aber das ist der Beschluss der Agrarministerkonferenz. Ist das dann rechtlich jetzt wirksam oder was ist denn nun wirklich Fakt? Das stellt sich derzeit sehr fraglich dar. Wenn das als Abfall, Dr. Augsten, durchläuft, hat das fatale Konsequenzen. Dann fangen wir an, alle Anlagen nach BImSch genehmigen zu lassen. Was das bedeutet, das ist eine absolute Katastrophe, das muss man deutlich so sagen. Das ist für mich das Allerwichtigste, das steht natürlich nicht im Antrag, aber da können wir diese Woche noch einmal darüber reden. Das ist für mich das allerwichtigste Problem, was derzeit steht. Alles andere ist aus meiner Sicht, da muss man sehen, wie die Zahlen sich entwickeln, was dabei herauskommt, um Änderungen zu rechtfertigen oder zu fordern, das halte ich nicht für zu problematisch. Das ist die entscheidende Frage. Ohne die Nutzung der Gülle kann es nicht funktionieren. Das ist so ein richtiges Totschlagargument für Biogasanlagen, wenn das so durchgezogen wird. Damit habe ich ein riesengroßes Problem.

Aber das lösen wir nicht jetzt hier. Wir werden einen Beschluss im Ausschuss fassen, das EEG sofort wieder zu ändern, bevor es in Kraft getreten ist. Deshalb sage ich, das sollten wir nicht machen und lehnen das deshalb auch ab. Aber es ist ein riesiges Problem, darüber sollten wir uns im Ausschuss unterhalten, wie wir hier Unterstützung geben können, was die Güllegeschichte anbelangt. Das ist viel wichtiger als alles andere. Sonst wird da kein Schuh draus, sonst haben wir richtig Probleme, meine Damen und Herren. Schönen Dank, dass Sie mir zugehört haben. Wir bitten Sie, den Antrag abzulehnen,

(Beifall Abg. Kummer, DIE LINKE)

weil das alles läuft und wir schon abwarten müssen, welche Zahlen wir kriegen. Da sind die Minister dran, in der Ministerkonferenz ist schon alles gesagt worden. Ich denke, da kommen wir auch weiter. Schönen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank. Hatte ich das richtig gesehen, die Fraktion der CDU hatte noch beantragt, die Beratung und auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - nur für das Protokoll.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Ja, ja.)

Ja, gut. Dann setzen wir die Aussprache fort. Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Hellmann von der Fraktion DIE LINKE. Herr Kummer? Gut, Herr Kummer, bitte schön.

Herr Hellmann hätte das sicherlich auch gut gemacht, aber wir hatten uns anders vorbereitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur ein paar kurze Bemerkungen zum vorliegenden Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Primas hat es ja eben noch einmal deutlich angesprochen. Wir haben uns im Ausschuss sehr intensiv mit der Problematik beschäftigt. Ich war dem Landtag sehr dankbar, dass wir ohne Aussprache hier sehr, sehr schnell die Ausschussempfehlung in einen Landtagsbeschluss umgesetzt hatten, um dann hier der Landesregierung bundesweit mit unseren Forderungen den Rücken zu stärken. Wir haben ja damit auch einiges erreicht. Von der Warte her, denke ich, sind wir hier gut am Thema dran.

Ich möchte zum Antrag der GRÜNEN auch noch einmal sagen, einige Probleme, die sich auf Bundesebene im Bereich der Biogaserzeugung darstellen, haben wir in Thüringen Gott sei Dank nicht. Das gerade, weil unsere Betriebe hauptsächlich Gülle nutzen bei der Biogaserzeugung, von vornherein ihre Konzepte so ausgerichtet haben, dass die Reststoffe der Betriebe die Hauptrolle spielen in den Anlagen und dass wir es dadurch auch nicht damit zu tun haben, dass große Teile Thüringens inzwischen durch Maisanbau gekennzeichnet sind. Im Gegenteil, in Thüringen könnte durchaus noch etwas mehr Mais angebaut werden, um eine bessere Fruchtfolge zu gewährleisten. Dafür gibt es noch Spielräume.

Der Antrag der GRÜNEN hat einige andere Substrate für die Biogasanlagen mit angesprochen. Das ist richtig, das hilft auch, um weitere Fruchtfolgen zu schaffen. Ich habe ein bisschen vermisst die durchwachsene Silphie hier mit aufzulisten, weil sie aus meiner Sicht gerade mit den Forschungen, die wir hier in Thüringen an dieser Pflanze betreiben, eine wichtige Rolle spielen kann - noch dazu, weil diese Pflanze mehr als zehn Jahre genutzt werden kann, und deshalb natürlich auch die Intensität landwirtschaftlicher Bodenbearbeitung mit allen negativen Auswirkungen hier eine deutlich niedrigere ist. Ich denke, diese Pflanze wäre sogar geeignet, eventuell im Rahmen des Biotopverbundes gewisse

Möglichkeiten zu schaffen und hier Strukturierungen in die Agrarlandschaft zu bringen. Von der Warte her könnte man das sicherlich ergänzen. Aber ansonsten, der Minister hat es gesagt, haben wir noch große Kapazitätsmöglichkeiten im Bereich der Güllenutzung und das sollte auch vorangetrieben werden, um diese Lücken zu schließen. Aus meiner Sicht, aus Sicht auch der Agrarpolitiker der LINKEN insgesamt sollte Gülle fast flächendeckend in Biogasanlagen verwendet werden. Es hat den großen Vorteil, dass die vorhandenen Nährstoffe besser aufgeschlossen werden, dass sie dann leichter pflanzenverfügbar sind und dass auch die Geruchsbelästigung für die Bevölkerung deutlich vermieden wird, wenn wir denn ein Substrat aus einer Biogasanlage ausbringen. Die aktuellen Diskussionen, die es hier in der Politik gibt, dass die Gülle aus Biogasanlagen eventuell unter den Abfallbegriff fallen soll, die sind eine ganz, ganz große Katastrophe, denn das würde bedeuten, dass ein ganz wichtiger Dünger in der Landwirtschaft nicht mehr eingesetzt werden kann und hätte damit eine verheerende Wirkung. Aus meiner Sicht steht hinter solchen Überlegungen nur das Interesse von Konzernen der entsprechenden Düngemittelindustrie.

Noch ein Satz zu der Frage Wärmenutzung, weil Herr Dr. Augsten das vorhin so kritisch angesprochen hat, 60 Prozent Wärmenutzung als Vorgabe. Ich finde es gut, dass gefordert wird, dass eine Biogasanlage auch unter Berücksichtigung der Wärmenutzung errichtet wird. Allerdings ist die Frage: Was ist denn eine entsprechende Wärmenutzung? Dabei ist ja zu verzeichnen, dass der landwirtschaftliche Berufsstand aufgrund dieser Vorgaben oft krampfhaft sucht, irgendwelche künstliche Wärmenutzungen herbeizuführen. Da sage ich aus meinen Erfahrungen heraus, eine Zucht von afrikanischen Welsen an einer landwirtschaftlichen Biogasanlage muss man auch beherrschen und wenn man sich auf solche riskanten Dinge einlässt, muss auch im Vorfeld klar sein, wohin ich denn neue Produkte verkaufen will. Es sind viele Betriebe daran gescheitert und deshalb sollte man sich das sehr, sehr gründlich ansehen. Sicherlich, Gewächshausanlagen und ähnliches könnten dort noch mit einbezogen werden, aber aus meiner Sicht ist die wichtigste Wärmenutzung einer Biogasanlage das Heizen des Fermenters und dann sollte die Überlegung im Raum stehen, ob man denn das Gas von da an nicht anders nutzen kann. Da muss es nicht nur die klassische Einleitung in Gasnetze von Großanlagen sein, man kann das Gas vielleicht auch abpressen, also in Druckbehältern transportieren, man kann das Gas auch nutzen, um es in den entsprechenden Dörfern zu verwenden. Eine Gasleitung ist weniger aufwendig als eine Fernwärmetrasse und sie hat auch weniger Verluste auf der Strecke. Es gibt ja auch ein entsprechendes Förderinstrumentarium des Freistaats, um solche Dinge mit zu nutzen, wo wir in der Zukunft noch ver

stärkt sehen müssen, wie wir das voranbringen, und da sehe ich auch noch Möglichkeiten in der Regelung hier bei der entsprechenden Einspeisevergütung, weil ja dort in dem Moment kein Strom erzeugt wird und deshalb die klassische Einspeisevergütung eben nicht gilt. Also da muss man noch einmal schauen, wie man hier die Anreize vielleicht noch verbessern kann; das wäre, glaube ich, sinnvoller als vieles andere.

Meine Damen und Herren, einer Ausschussüberweisung würden wir gern zustimmen. Ansonsten sehe ich keine Möglichkeit in der nächsten Zeit, wirklich diese Regelung herbeizuführen, weil gerade erst eine Regelung getroffen wurde. Das ist ein bisschen das Problem, deshalb schlage ich vor, dass wir uns da enthalten.