Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

(Beifall DIE LINKE)

Vom Bildungsland Nummer 1 sind wir weit entfernt. Ich bin der GEW ausdrücklich dankbar, dass diese Zahlen nachlesbar sind und, Herr Minister, Sie waren bei der GEW-Hopfenberg-Gesprächsrunde genau wie die SPD - ach so, die SPD war dort, die CDU hat gefehlt - nicht da, ich kann es auch gern noch nachreichen und die Mail weiterleiten.

Die zweite unerfreuliche Nachricht: Auch der Haushalt 2012 bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass Thüringen Bildung als Zukunftsthema erster Ordnung behandeln will. Der leichte Aufwuchs von etwa 40 Mio. € muss allein als Folge der erhöhten Bundesmittel für den Hochschul- und Forschungsbereich betrachtet werden und bedeutet noch nicht einmal für den Bereich der Hochschulen eine Entwarnung.

Zu den Schulen: Dass die Landesregierung bei der Verringerung der Zahl der Schulämter das Ziel verfolgt, eine höhere Effizienz zu erreichen, das mag sein. Wenn wir dabei aber 2012 Mehrkosten von 1 Mio. € haben, dann müssen wir Ihnen sagen, so erreichen Sie das Gegenteil und Sie verschenken Ressourcen, die vor Ort besser angelegt worden wären. Kommunalisieren Sie doch die Schulämter, legen Sie diese mit den Schulverwaltungsämtern zusammen und schon haben Sie alle auf Ihrer Seite, selbst den Gemeinde- und Städtebund, den Landkreistag sowieso. Größtes Problem nach wie vor ist, dass Sie nicht wirklich wahrnehmen, was in diesem Lande notwendig wäre.

(Zwischenruf Matschie, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur: Kommunalisierung von Landespersonal.)

Ich habe doch nichts dagegen, wenn Sie die Schulämter kommunalisieren. Da würden Sie endlich dort anfangen, wo wirklich etwas ist, was keiner braucht, und vor Ort hätten wir bildungspolitische Kompetenzen in Schulverwaltungsämtern und alles wäre gut.

(Beifall DIE LINKE)

Wir brauchten keine zusätzlichen Mittel für Miete ausgeben, wir müssten nichts neu bauen, keine Computertechnik zusätzlich für Ämter, die in ein paar Jahren sowieso abgeschafft sind, anschaffen. Das könnten wir dann alles vor Ort machen, dort, wo kurze Wege zu den Ämtern hin auch Vertrauen schaffen und wo man für die Schüler wirklich etwas erreichen kann und wo Schulberatung notwendig ist. Ein Schulamt, das irgendwo in der Fläche ganz weit weg ist, wo eine Referentin nur noch an einem Telefon oder an der Mail schreiben kann und gar nicht mehr die Schulen kennt, damit kann die Fachaufsicht nicht gewährleistet werden, davon bin ich sehr überzeugt.

Größtes Problem jedoch ist der bevorstehende Lehrermangel. Es ist keinerlei Plan erkennbar, Herr Metz, den unmittelbar bevorstehenden Eintritt der ersten starken Lehrerjahrgänge in die Rente durch eine ausreichende Zahl von Neueinstellungen abzufangen. Andere Bundesländer haben hier längst gehandelt, in Thüringen nach wie vor Fehlanzeige. Über 1.000 Menschen aus dem Pädagogikbereich gehen jährlich in Rente. Da wollen Sie sagen, Sie sind stolz darauf, dass die Zahlen noch im Haushalt stehen. Wenn man die jungen Leute nicht einstellt, sondern Leerstellen im Haushalt bleiben, dann erreicht man damit zwar globale Minderausgaben, um den Finanzminister am Jahresende zu erfreuten Jubelschreien kommen zu lassen, aber wirkliche langfristige Personalpolitik im Lehrerbereich erreicht man damit nicht.

Ich will auch daran erinnern, was Sie selbst im Koalitionsvertrag festgelegt haben. Ich zitiere: Um den Ersatzbedarf im Umfang von 2.500 VBE bis 2015 „zu decken“, heißt es da, „werden die Ausbildungsplatzkapazitäten bedarfsgerecht erhöht und der Einstellungskorridor erweitert.“ Aber dann muss man auch etwas dafür tun, dass die jungen Leute, die hier ausgebildet werden, mit unbefristeten Stellen auch eine Arbeit anfangen können. Dazu gehört eben nicht nur, Lehrer einzustellen, sondern vielleicht auch Schulpsychologen einzustellen und alles, was ringsherum im Kompetenznetzwerk einer Schule notwendig ist. Sie haben eine dicke schwarz-rote Null bei Schulsozialarbeit stehen. Die Haushaltsstelle Schulsozialarbeit haben Sie nach der ersten Regierungserklärung neu erfunden. Der erste Haushalt, der vorgelegt wurde, hatte Schulsozialarbeit drinstehen, ein neuer Titel - da hat noch nie etwas anderes als eine Null dringestanden. Das ist bedauerlich und deswegen, denke ich, kann man auch von den 1.000 Menschen, die jährlich in den Ruhestand gehen, ein paar davon umwidmen und Schulsozialarbeit endlich stattfinden lassen. Das wäre wichtig.

(Beifall DIE LINKE)

Also, Herr Minister Matschie, setzen Sie sich gegen Ihren Finanzminister Dr. Voß durch und bestehen Sie wenigstens im Lehrerbereich mindestens auf eine Eins-zu-eins-Besetzung aller frei werdenden und aller derzeit damit unbesetzten Lehrerstellen ab sofort mit jungen Pädagogen, auch mit Schulsozialpädagogen, denen selbstverständlich - ich sagte es bereits - unbefristete Verträge angeboten werden müssen. Die Zukunft unserer Kinder kann sich nicht nur in Sonntagsreden widerspiegeln. Umso mehr gilt das auch angesichts der Anforderungen, die der angestrebte gemeinsame Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf an den Schulalltag stellt. Ohne die Bereitstellung der notwendigen personellen und sächlichen Ressourcen - diese Lehre sollten Sie aus den letzten beiden Jahren ziehen - wird dieser

positive Ansatz nicht umsetzbar sein und auch nicht breit unterstützt werden. Dazu gehören aber auch die Horterzieherinnen im Landesdienst, die unschätzbare Arbeit leisten, insbesondere wenn sie sich als 80-Prozentige auch vormittags in den Unterricht als Zweitbesetzung mit hineinsetzen können bzw. mitarbeiten können. Sie haben schließlich eine didaktische und methodische Befähigung und wir sollten auch den jetzt nachträglich Ausgebildeten wieder die Chance, so ein Modul zusätzlich zu erreichen, anbieten.

Der Landkreistag, der allein die Betreuung am Nachmittag gut findet, kann qualitativ nicht zielbestimmend für gute Ganztagsbildung sein, wie wir sie verstehen, auch wenn die Ministerpräsidentin nun überraschend die Modelle für ein Jahr verlängern möchte. Entfristen Sie die Modelle und führen Sie dieses wegen mir auf freiwilliger Basis fort, aber statten Sie unbedingt auch die Nichtmodelle endlich wieder gemäß der Richtlinie zur Organisation des Schuljahres mit ausreichend Pädagogen 1:20 aus. Allein im Altenburger Land fehlen dreieinhalb Erzieher und ich kenne dazu weder offene Stellenanzeigen noch eine Ausschreibung, Interessierte dafür kenne ich jedoch bereits.

Nicht hinnehmbar ist es auch, dass bereits das zweite Jahr in Folge bei der Beschaffung von Lernmitteln gespart wird. Die entgeltfreie Ausleihe ist vorgeschrieben und schon daher keine freiwillige Leistung des Landes. Wenn Sie die Situation an den Schulen kennen würden, wüssten Sie, dass gerade bei den mehrjährig ausgeliehenen Lernmitteln ein Ersatzbedarf besteht, der nicht länger aufgeschoben werden kann.

Meine Damen und Herren, wenn Bildung in Thüringen wirklich ein Schwerpunkt sein soll, dann müssen Sie auch auf einem anderen Feld handeln, das sagte ich bereits: dem Ausbau der Schulsozialarbeit. Für die Verbesserung der Chancen von benachteiligten Jugendlichen ist ein Landesprogramm für Schulsozialarbeit geradezu unabdingbar.

(Beifall DIE LINKE)

Wir jedenfalls wollen einen Einstieg mit der Finanzierung von zunächst 60 Sozialpädagogen vorrangig an den Thüringer Regel- und Berufsschulen und wir liefern heute abermals einen Deckungsvorschlag.

Zu den Hochschulen: Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir nehmen den Abschluss der neuen Rahmenvereinbarung für die Hochschulen zur Kenntnis, aber wir haben große Zweifel, dass auf dieser Basis die Thüringer Hochschulen tatsächlich erfolgreich arbeiten können. Dies hat mehrere Gründe. So haben Sie durchgehend einen Aufwuchs der Personalkosten von 1,1 Prozent geplant, wir haben aber bereits eine Tariferhöhung im öffentlichen Dienst von 1,9 Prozent umzusetzen ab

dem 1. Januar 2012. Da nützt es gar nichts, wenn die Stellenpläne keine weitere Absenkung der Stellenzahl enthalten. Wie sollen die Hochschulen sie denn finanzieren? Sollen Sie das Toilettenpapier einsparen? Was empfehlen Sie denn? Über das Erfordernis auf die erhöhte Zahl der Studierenden mit zusätzlichen Lehrkräften zu antworten, haben wir überhaupt noch nicht gesprochen.

Der Hochschulbereich ist einer der Bereiche in der Gesellschaft, in dem wir uns längst von der sogenannten sozialen Marktwirtschaft verabschiedet haben. Kluge, hoch qualifizierte Menschen arbeiten hier jenseits einer 40-Stunden-Woche in Verhältnissen, die weder einen ausreichenden Krankheitsschutz noch eine vernünftige Rentenerwartung sichern. So kann das nicht weitergehen. Erlauben Sie mir gerade an dieser Stelle: Von einem sozialdemokratischen Minister muss man hier ein viel deutlicheres Gegensteuern erwarten. Wir kritisieren auch die neuen Steuerungssysteme LUBOM und KLUG, meine Damen und Herren. Sie beheben nicht die grundsätzliche Unterfinanzierung der Hochschulen, sie verstärken die Abhängigkeit von Lehre und Forschung von kapitalkräftigen Drittmittelgebern und bilden deswegen - das muss man klar sagen - ein zunehmendes Risiko für die Freiheit der Wissenschaft.

Wenn wir uns auch über mehr Mittel für den Hochschulbau und an verschiedenen Stellen für die Forschung freuen, erstens liegt der Anteil des Landes daran nahe null, fast alles ist im Bund und in Europa, und zweitens, wenn man etwa den Zustand der Uni-Bibliothek in Ilmenau bedenkt, wird auch diese Summe nach den Streichorgien der letzten Jahre nicht ausreichend sein. Von zunehmender Bedeutung für die Entwicklung Thüringens als Studienstandort sind die Entwicklung der Umweltfaktoren, der Kapazitäten der Baulichkeiten, das Vorhandensein und das Preisniveau von Wohnmöglichkeiten, Essensversorgung und Nahverkehr. Hier steht das Thüringer Studentenwerk längst mit dem Rücken an der Wand. Die Zahl der vom Studentenwerk verwalteten Wohnheimplätze hat sich trotz erheblich gestiegener Studierendenzahlen verringert. Die Wartezeiten für einen Wohnheimplatz je Studienort und Semester liegen zwischen drei und sechs Monaten. Da sich die Koalitionsfraktionen zu einem Änderungsantrag entschlossen haben, dem Studentenwerk doch mehr Geld zu geben, deutet das darauf hin, dass sie diese Schwachstelle im Haushalt erkannt haben. Der Preisauftrieb in den studentischen Unterstützungsangeboten und die angespannte Wohnsituation für Studierende fordern das Handeln des Landes heraus, wenn Sie nicht unsere Chancen als attraktiven Studienstandort verspielen wollen. Haben Sie den Mut und folgen Sie unserem Änderungsantrag, dann kann das Studentenwerk hier wirklich etwas übernehmen, und streichen Sie die Degression.

Zum Kulturbereich: Im Bereich der Kulturfinanzierung gibt es aus unserer Sicht schon einiges zunächst positiv anzumerken. So gibt es die Bewegung in der Finanzierung der Theater. Auch die Zusage der Regierung, alle Bereiche der Kulturentwicklung unterstützen und fördern zu wollen, findet natürlich unsere Zustimmung.

(Beifall SPD)

Bei der Umsetzung in Haushaltszahlen wird es allerdings schwierig. Nicht nur, dass die Kommunen bei der Behandlung durch diese Regierung absehbar größte Probleme bei der Kofinanzierung für die Theater- und Orchesterförderung haben werden, große und wichtige Bereiche der Kulturförderung in Thüringen bleiben unterfinanziert. Hier ist unbedingt die Stiftung Schlösser und Gärten zu nennen. Es scheint, als wisse die Landesregierung noch immer nicht, wie Bauwerke mit wichtigem kulturhistorischem Profil in ihrem Konzept bleiben.

(Beifall DIE LINKE)

Ein besonders schwerer Fall ist zweifelsohne das Schloss Wilhelmstal. Es steht nach wie vor vor dem endgültigen Verfall. Die Bundesmittel für Sanierung sind verbraucht,

(Zwischenruf Matschie, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur: Waren Sie einmal da?)

die Landesregierung schiebt die Verantwortung von sich und wo sind denn bei der Übergabe der Liegenschaft an die Stiftung die versprochenen 2 Mio. €? Wenn nicht bald etwas getan wird, dann gibt es dort nichts mehr, was man flicken kann. Unser Änderungsantrag zielt darauf ab, zumindest die gröbsten baulichen Mängel zu flicken. Schließlich lässt sich die Landesregierung sehr viel Zeit und will erst im Frühjahr eine Bestandsaufnahme vornehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Gerade in dieser Zeit, dieser problematischen Gesellschaftsentwicklung, sollten wir auch die Bedeutung der Soziokultur für innergesellschaftliche Vernetzung und Integration nicht unterschätzen. Besonders für die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen stellen diese kulturellen Initiativen unabdingbare Ressourcen her. Hier muss aus unserer Sicht unbedingt nachgebessert werden. Wir plädieren für 500.000 € mehr und haben dafür auch eine Deckung benannt.

Auf ein besonderes Problem, sehr lange schwelend und bisher kaum zur Kenntnis genommen, möchte ich in Bezug auf die bildenden Künstler noch eingehen. Diese sind einzigartige Kunstakteure, die nur vom Verkauf ihrer Werke leben, d.h. wenn sie in fünf Ausstellungen im Jahr, bei denen sie jeweils etwa 400 € für Transport und Versicherung ausgeben, kein einziges verkaufen sollten, dann haben

sie für das Jahr einen Verdienst von minus 2.000 € erwirtschaftet. Wenn sie Glück haben, dann gibt es einen wie auch immer gearteten Fördertopf, aus dem sie zumindest für Ausstellungen in öffentlichen Einrichtungen einen Prozentsatz ihrer Unkosten erstattet bekommen. Die von uns im Änderungsantrag vorgeschlagenen 500.000 € sind ein Anfang. Es muss auch eine Förderrichtlinie - am besten gemeinschaftlich mit dem Verband Bildender Künstler - erarbeitet werden. Aber lassen Sie uns Vorreiter sein, Thüringen, das Land der Dichter und Denker und der reichen Kulturschätze, könnte das erste Bundesland werden, das sich dieser Problematik annimmt.

Ich habe leider nicht mehr so viel Zeit, auf sämtliche Änderungsanträge einzugehen. Bei der Erwachsenenbildung haben wir festgestellt, dass die Landesregierung eine Sinuskurve festlegt. Nachdem wir im Jahr 2010 erfreulicherweise mit einer Aufstockung überrascht wurden, die frühere Kürzungen beinahe ausglich, kam dann 2011 die kalte Dusche. Streichungen führten wieder auf ein deutlich geringeres Niveau zurück und deswegen legen wir auch einen Änderungsantrag dafür vor und die Regierungsfraktionen haben es offensichtlich auch erkannt. Das ist gut so. Allerdings sagen wir, das reicht nicht aus. Wenn man möchte, dass ein Bildungsfreistellungsgesetz hier vorgelegt wird - und wir haben jetzt schon eines im Ausschuss liegen -, dann gehört es sich, dass man natürlich auch eine Finanzierung dafür vorsieht, es sei denn, man will diese erst kurz vor den Wahlen als Wahlgeschenk unterbreiten. Insgesamt, sagen wir zumindest, sind wir von der Vision, Bildungsland Nummer 1 zu sein, weit entfernt. Das wird auch am Ende dieser Legislatur so sein, aber Sie haben noch die Chance, unseren Änderungsanträgen zuzustimmen. Da können wir wenigstens einen Schritt in die richtige Richtung gehen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, meine vier Vorrednerinnen und Vorredner haben es schon ausgeführt, es ist in der Tat positiv zu bewerten, dass die Gesamtausgaben für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Haushaltsjahr 2012, obgleich wir eine sehr schwierige Haushaltssituation haben, etwa auf einem gleichbleibenden Niveau gehalten werden können. Aber - und das muss ich an dieser Stelle natürlich auch sa

(Abg. Sojka)

gen - es sind insgesamt immer noch zu wenig Bildungsausgaben. Auch ein stabiles Niveau ist und bleibt in der Tat zu wenig. Wir geben, und zwar bundesweit, zu wenig für Bildung und Forschung in Deutschland aus, 4,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, so ähnlich ist es auch in Thüringen, da sind es gerade einmal 4,6 Prozent - und wir liegen damit bei den Ausgaben für die Bildungseinrichtungen deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 5,9 Prozent. Ich meine, das liegt auch daran, dass wir, anstatt eine solidarische Bildungsrepublik so, wie wir sie uns vorstellen würden, zu bauen, uns immer noch streiten, um es einmal so zu sagen. Es haben zwar Bildungsgipfel stattgefunden, aber der Streit, der stattfindet, dreht sich fast nur um die Architektur. Vor drei Jahren wurde sich verständigt, 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung bereitzustellen. Dass wir davon weit entfernt sind und es seitdem viel mehr „Zoff“, wenn ich es einmal so sagen darf, um die Berechnung und wechselseitige Schuldzuweisungen gibt, das erleben wir alltäglich, das ist bedenklich. Wir meinen, wenn der Bund bei der Bildungsfinanzierung weiter Zaungast bleibt, dann wird die massive Unterfinanzierung unseres Bildungssystems zum größten Risiko für Teilhabechancen insgesamt, und das bundesweit.

Ich möchte an dieser Stelle einmal ganz kurz auf die Debatte verweisen, die wir hier schon häufiger geführt haben, nämlich um das sogenannte Kooperationsverbot in der Bildung. Wir meinen, es braucht einen gesamtstaatlichen Kraftakt für bessere Bildungsfinanzierung, und zwar insgesamt. Dieser könnte auch von Thüringen ausgehen. Da warten wir immer noch auf die Vorschläge der Koalition, die uns damals versprochen wurden, als wir unseren Antrag behandelt haben, der sich genau darum rankte, das Kooperationsverbot endlich aufzuheben. Der deutsche Bildungsföderalismus braucht eine solidarische Modernisierung und auch eine neue Kooperationskultur, um dem großen Investitionsbedarf in die Bildung gerecht zu werden. Deswegen brauchen wir eine Verfassungsreform, die eine kooperative Bildungsfinanzierung von Bund, Ländern und Kommunen ermöglicht. Gleichzeitig wollen wir auch eine andere Steuerpolitik im Bund, um höhere Bildungsinvestitionen zu erreichen. Der Bildungssoli ist Ihnen sicherlich allen ein Begriff als Nachfolger des Solibeitrags, wie wir ihn vorgeschlagen haben und für den wir auch hier weiter streiten wollen.

Die Landesregierung hat sich mit dem Haushaltsjahr auf ein neues Stellenabbaukonzept verständigt. Ab 2012 sollen - so auch die Vorstellungen von Minister Matschie - im Bereich des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur insgesamt 4.053 Stellen und Planstellen bis 2020 abgebaut werden. Das ist fast ein Fünftel - um das einmal plastisch zu machen - der derzeit im Einzel

plan beschriebenen Stellen. Ob dieser Stellenabbau im Bildungsbereich tatsächlich mit den Herausforderungen einhergehen kann, die wir zu bewältigen haben, ich nenne nur mal den Bereich der frühkindlichen Bildung, die Inklusion, die individuelle Förderung, den Fachkräftemangel, die Anzahl von Schulabbrecherinnen und -abbrechern etc, wo es überall Mehrbedarfe gibt. Das, meine ich, muss uns nachdenken lassen.

Ich möchte nun ein paar Sätze zur Ausfinanzierung des Kita-Gesetzes sagen, welches uns umfänglich immer wieder beschäftigt hat. Es hieß bei seiner Verabschiedung, dieses sei ausfinanziert. Wir wissen allerdings auch, dass ein Teil der Summe über die Schlüsselmasse ausgereicht wird. Davon bekommen die Landkreise 25 Prozent, die aber bekanntlich kaum Aufgaben in diesem Bereich haben. Von der Schlüsselmasse bekommen zudem auch diejenigen etwas, die keine Kitas unterhalten. Das ist ein Problem, da der Maßstab für die Verteilung der Steuerkraft so ist, wie er ist, und nicht die KitaPlätze zur Grundlage nimmt. Man kann die Kita-Finanzierung - das haben wir hier in der Diskussion auch immer wieder festgestellt - nicht vollständig auf zweckgebundene Zuweisungen umstellen, weil es dann kaum noch frei verfügbare Mittel für die Kommunen gäbe und man sich zwischen Gängelung und kommunaler Selbstverantwortung entscheiden muss. Das ist in der Tat schwierig. Was die Spitzabrechnung anbelangt, müssen wir konstatieren, die Gemeinden hatten immer wieder ausgeführt, es würden nach § 23 a ca. 38 Mio. € fehlen. Das hat sich nicht ganz bewahrheitet, das gilt es anzuerkennen. Es sind allerdings etwa 20 bis 25 Mio. €, die den Kommunen fehlen. Genau für diese haben wir auch einen Antrag gestellt, dahin gehend die Schlüsselzuweisungen um diesen Betrag zu erhöhen, um tatsächlich die Qualität in den Kitas entsprechend zu gewährleisten.

Ein weiteres Thema, das uns beschäftigt und nachher wahrscheinlich auch gemeinsam beschäftigen wird, ist einmal mehr die Problematik der Hortkommunalisierung. 15.30 Uhr sollen uns ja 200 wunderbare Bilder überreicht werden, sozusagen umrahmt von 20.000 Unterschriften von besorgten Menschen, weil sie in der Tat nicht wissen, wie es weitergeht mit den Horten in unserem Land. Von den insgesamt 4.053 Stellen, die derzeit zum Abbau vorgesehen sind, ist nämlich außerdem die Verlagerung von 1.333 Horterzieherinnenstellen im Landesdienst hin zu den kommunalen Schulträgern enthalten. Wir meinen, dass die von Ihnen, Herr Minister Matschie, geplante Hortkommunalisierung, über die Sie sich, glaube ich, gerade selber nicht mehr sicher sind, auf keinen Fall gegen den Willen der Beteiligten durchgesetzt werden kann. Auch wenn sich Land, Landkreise und Kommunen über die Finanzierungsmodalitäten irgendwann einigen sollten, kommt es darauf an, dass wir eine breitest

mögliche Akzeptanz von Schülerinnen, Lehrerinnen, Eltern und Erzieherinnen und Erziehern haben und diese Akzeptanz ist für uns bisher nicht zu erkennen.

Eine versteckte Sparmaßnahme mit dem Namen Kommunalisierung wird von den Beteiligten klar abgelehnt und wird von uns auch nicht mitgetragen werden. Wir haben immer gesagt, für uns ist der Inhalt entscheidend, dass Schule und Hort tatsächlich auch als Einheit gedacht sind und praktiziert werden und ich hoffe in der Tat, dass wir uns auf diesen Weg begeben und nichts versuchen durchzusetzen, was mitnichten in der Realität umsetzbar ist. Über die freien Schulen ist auch schon, zumindest von Frau Hitzing, an dieser Stelle gesprochen worden. Ich gebe der FDP selten recht, an dieser Stelle ist es allerdings in der Tat so, dass es ein Ungleichgewicht und eine Ungleichbehandlung gibt, die so nicht hinnehmbar ist. Uns hat gewundert, dass Sie, die Kollegin und Kollegen von der FDP, bei all Ihrer erstaunlichen Rhetorik hier in dieser Frage trotzdem nicht bereit waren, eine entsprechende Klage gegen das von der Mehrheit verabschiedete Gesetz mitzutragen. Wir werden diese Klage auch alleine durchziehen und haben natürlich im Haushalt die Mittel wieder eingestellt, die es braucht, damit alle Schülerinnen und Schüler, egal welche Schule sie besuchen, gleich viel wert sind im wahrsten Sinne des Wortes.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Umbau der Staatlichen Schulämter hat meine Kollegin Frau Sojka bereits einiges gesagt. Die Reduzierung von elf auf fünf Schulämter ist bekanntlich nicht wirklich eine Glanzleistung, zumal sie im ersten Jahr auch noch mehr kostet und aus unserer Sicht das Konzept dahinter fehlt. Es muss um Qualität an den Schulen gehen und da müssen wir uns in der Tat fragen, ob die Koordination, Aufsicht und Beratung nicht vor Ort sehr viel besser geleistet werden könnte, am besten direkt in den Schulen, mit den Schulen. Auch da hoffe ich auf eine inhaltliche Debatte - und nicht nur auf eine erhoffte Kosteneinsparung -, wie man damit umgeht, dass man jetzt fünf Regionen benennt, in denen noch niemand so richtig weiß, wie die sich dann tatsächlich auch in den Schulen vor Ort wiederfinden.

Lassen Sie mich jetzt noch einige Punkte zum Stellenabbau im Hochschulbereich sagen, denn das Stellenabbaukonzept der Landesregierung impliziert auch den Abbau von 238 Stellen im Hochschulbereich, und das, obgleich wir stark steigende Studierendenzahlen haben, was uns alle erfreuen sollte und tut. Die Thüringer Hochschulen erhalten das haben wir den Eckdaten der Rahmenvereinbarung, die leider weder hier im Landtag noch im Ausschuss wirklich diskutiert wurde, entnommen 1,56 Mrd. €. Das sind 121 Mio. € mehr und das ist auf den ersten Blick - die Debatte hatten wir auch

schon - durchaus positiv zu bewerten, insbesondere wenn man bedenkt, dass im letzten Jahr massiv gekürzt wurde in diesem Bereich.

Allerdings muss man sehr genau hinschauen, denn auch die Kostenseite steigt und wenn selbst der Vorsitzende der Thüringer Rektorenkonferenz Prof. Dicke darauf hinweist, dass auch die Hochschulen sparen müssen, dann muss man sich fragen, wie das einhergeht mit dem Anspruch, tatsächlich Bildungsland Nummer 1 zu sein. Dass es keine Hochschulentwicklungsplanung gibt, jedenfalls erleben wir das so, haben wir immer wieder bemängelt, werden wir auch hier natürlich noch einmal erwähnen. Dass wir Stellenstreichungen im Hochschulbereich in der Tat für den völlig falschen Weg halten, das haben wir schon mehrfach umfänglich ausgeführt, das möchte ich hier nur anreißen.