Das Sozialministerium kündigte eine Stabsstelle für strategische Sozialplanung an, aber für eine finanzielle Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist nicht gesorgt. Besonders merkwürdig ist, dass die Sozialministerin nicht einmal die Dinge umsetzen kann, selbst wenn sie will, die im Koalitionsvertrag stehen. Ich meine ganz konkret die Vereinbarung auf Seite 33 des Koalitionsvertrags von CDU und SPD vom Oktober 2009, in der festgelegt wurde, dass die Jugendpauschale wieder auf 15 Mio. € erhöht werden soll.
Jetzt spielen wir hier im Landtag verkehrte Welt. DIE LINKE stellt hier als Opposition den Antrag, dass dieser Teil des Koalitionsvertrags umgesetzt wird,
und die Koalition, für die ja der Koalitionsvertrag eigentlich gilt, wird diesen Antrag - ich habe es gerade gehört - ablehnen. Die Wählerinnen und Wähler fragen sich zu Recht, was eine Koalitionsvereinbarung wert ist, die von Thüringer Christdemokraten und Sozialdemokraten unterschrieben wurde.
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Mohring, die Bundesregierung kürzt wiederholt die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik und begründet dies mit der sinkenden Arbeitslosigkeit. Wir wissen, dass gerade die Langzeitarbeitslosigkeit ein Problem ist, und finden ein Kürzen der Mittel gerade hier für grundlegend falsch.
Deshalb unser Änderungsantrag; wir wollen Initiativen der Thüringer Landesregierung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit fordern und fördern.
Ein paar Worte zum Bereich Innenpolitik: Der Haushalt des Innenministeriums ist deutlich von der Polizeistrukturreform gezeichnet. Wie der durch die Landesregierung verfolgte Stellenabbau bei der Thüringer Polizei geeignet sein könnte, das Ziel „mehr Blau auf den Straßen“ zu erreichen, ist dabei völlig unklar.
Nicht allzu sehr mit dem Thema Sicherheit hat das Kapitel 03 10 im Haushalt des Innenministeriums gemein, ganz im Gegenteil. Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz beansprucht nicht nur
über 6 Mio. € für seine nicht kontrollierbare, grundrechtsbeschränkende, politisch irreführende und für die Öffentlichkeit völlig wirkungslose Arbeit.
Dem Verfassungsschutz haben wir Anträge gewidmet, die später noch ausführlich begründet werden. Ebenso liegen Ihnen Anträge für eine humanitäre Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen in Thüringen vor. Im Bereich der Flüchtlingspolitik ist, so muss man es leider sagen, Thüringen im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern rückständig und besonders restriktiv.
Den Damen und Herren der SPD sollte dabei zu denken geben, dass dies zum Teil auch im Vergleich mit Bundesländern gilt, in denen die CDU ohne SPD regiert.
Auch die Frage des Datenschutzes muss im Bereich der Innenpolitik angesprochen werden. Durch die Neugestaltung der Datenschutzkontrolle für den privaten Bereich wurde ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt. Durch die personelle Untersetzung in Form einer noch nicht einmal ganzen Stelle wird die Schaffung einer unabhängigen Datenschutzkontrolle für den privaten Bereich ad absurdum geführt. Meine Damen und Herren, dem Verfassungsschutz stehen 98 Personen zur Verfügung. Dem Datenschutzbeauftragten für die Prüfung der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen im privaten Bereich nur 0,8 Personen. Das ist nur ein Beispiel für die abstruse Schwerpunktsetzung der Landesregierung.
Im Anschluss an dieses spricht sich Folgendes gar nicht so einfach, aber ich möchte etwas zum Bereich Kultur sagen. In ihrem „Leitbild Kulturland Thüringen“ schreibt die Landesregierung: „Es gilt, die Rolle der öffentlichen Haushalte für die Kultur unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zu definieren und die daraus resultierenden Möglichkeiten voll auszuschöpfen.“ Darin liegt schon die Krux des Ganzen. Ich möchte hier jetzt nicht näher darauf eingehen, dass die Landesregierung für die Kommunen das Problem erst geschaffen hat, dass die Kultur als Luxus abgestempelt werden muss, den man sich in der jetzigen Haushaltssituation eigentlich nicht leisten kann. Auch die Verhandlungen zu den Finanzierungsvereinbarungen für die Theater in unserem Freistaat sind mehr schlecht als recht über die sprichwörtliche Bühne gegangen, wenn sie denn überhaupt schon den finalen Akt erlebt haben. Dennoch - und das muss man auch immer wieder in die Öffentlichkeit bringen - wird sei
tens der Kommunen mit enormem Kraftaufwand versucht, die Teilhabe an Kultur und Bildung auch durch den Erhalt von ihren Theatern für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Vielleicht hat die Landesregierung schon vergessen, dass dies eigentlich auch zu ihrem Anspruch gehört. Es genügt nicht, sich in der Öffentlichkeit als Verfechter der reichen Kulturlandschaft Thüringens darzustellen, aber gleichzeitig jeglichen Verbesserungsvorschlägen für eine planungssichere Zukunft für alle Kulturakteure den Weg zu versperren.
Ein paar Worte zum Bereich Hochschulen: Zunächst einmal finden wir es richtig, dass eine neue Rahmenvereinbarung mit den Hochschulen getroffen wurde, aber zum Jubeln bieten die finanziellen Eckzahlen keinen Anlass. Von einer am realen Bedarf orientierten Finanzierung kann keine Rede sein. Bei steigenden Studierendenzahlen bedeuten die Zahlen in der Auswirkung eine Kürzung des Etats. Auf Details wird im Einzelplan noch eingegangen werden, aber ein paar wenige Sätze müssen dennoch hier in der Grundsatzrede angefügt werden. Von einer Prioritätensetzung durch das Land kann keine Rede sein. Wenn nicht in Größenordnungen Bundesmittel aus diversen Programmen zum Einsatz kommen würden und der Hochschulbau nicht durch EU-Mittel bestritten würde, sähe es düster um die Finanzen im Hochschulbereich aus. Die Rahmenvereinbarung mit ihren subtilen Einflussnahmen - ich meine die Mittelbewirtschaftungskriterien der Landesregierung - beinhaltet auch noch Potenziale, die Daumenschrauben weiter anzuziehen. Damit nicht genug, der neue Hochschulpakt gibt ebenso in Bezug auf den Investitionsbedarf keine langfristige Aussage der Landesregierung. Darum haben wir einen diesbezüglichen Entschließungsantrag eingebracht.
Sehr geehrte Damen und Herren, noch ein paar Worte zu den Deckungsvorschlägen für unsere Anträge: Bei der Suche nach Geld im Haushalt, das wir zugunsten unserer Vorschläge umschichten, haben wir erstens die Aussagen der letzten drei Jahre analysiert und dabei viele Haushaltsmittel gefunden, in denen seit Jahren stets mehr Geld eingeplant wird als am Jahresende tatsächlich gebraucht wurde. Wir nennen dies eine Ist-Anpassung. Zweitens haben wir die Titel geprüft, für die die Landesregierung plötzlich mehr Geld ausgeben will. Da, wo es aus unserer Sicht nicht nötig war, den Mittelansatz der letzten Jahre zu erhöhen, haben wir den Aufwuchs gestrichen oder wenigstens begrenzt. Außerdem gibt es auch tatsächliche Kürzungen durch unsere Anträge, zum Beispiel bei den Lottomitteln. Da denken wir, dass die Spendierhosen der Minister und Koalitionsabgeordneten auch einmal nur mit 1 Mio. € auskommen müssen statt bisher mit 3 Mio. €.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung zielt sehr stark darauf ab, dass wir nur über die Kürzung von Ausgaben konsolidieren können. Wir bezweifeln das theoretisch und auch praktisch. Wenn es stimmt, was die Menschen an Unsicherheit empfinden und was Frau Merkel für das nächste Jahrzehnt prophezeit, dann wissen alle hier im Raum, dass eine zur Konsolidierung notwendige Stabilität der Steuereinnahmen in den nächsten Jahren nicht zu erwarten ist. Darum sind wir der Überzeugung, dass die Einnahmeseite viel stärker beachtet werden muss.
Deshalb der Entschließungsantrag für gerechte Steuerpolitik. Kürzlich war in der „Hannoverschen Allgemeinen“ zu lesen, ich zitiere: „Deutschlands Milliardären geht es deutlich besser als noch vor einem Jahr. Trotz überschuldeter Staatshaushalte quer durch Europa und milliardenschweren Bankenrettungsschirmen konnten die 100 reichsten deutschen Einzelpersonen und Familien ihr Vermögen in den vergangenen zwölf Monaten um 6,7 Prozent vermehren.“ Deshalb legen wir Ihnen heute noch einmal einen Entschließungsantrag vor, in dem wir die Landesregierung auffordern, die Einnahmen Thüringens durch eine an Gerechtigkeit und Leistungsfähigkeit orientierte Steuerpolitik zu sichern. Das ist eine politische Alternative unter den gegenwärtigen makropolitischen und auch landespolitischen Gegebenheiten und eben nicht die Einrichtung neuer Konten, auf die jeder Überschüssiges einzahlt. Herr Barth, wissen Sie, wie viel schon eingegangen ist auf dem Konto? Vielleicht kann der Herr Finanzminister dazu einmal eine Aussage treffen.
Zu unserem Entschließungsantrag Konversion, den wir ebenfalls vorgelegt haben. Wir wollen, dass sich die Landesregierung für die vollständige Beendigung der militärischen Nutzung des Truppenübungsplatzes Ohrdruf einsetzt.
Dazu soll die Landesregierung einerseits für ein bundesweites Konversionsprogramm streiten, das die Strukturveränderungen im Rahmen der Standortkonzeption der Bundeswehr im Interesse einer zivilen Nachnutzung begleitet. Aber andererseits soll Thüringen ein eigenes Landeskonversionsprogramm auflegen, um diese zivile Nachnutzung der durch die Bundeswehr aufgegebenen Standorte in Mühlhausen und Ohrdruf gemeinsam mit lokalen Akteuren vorzubereiten und umzusetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf unseren Antrag, den Rechnungshof betreffend, eingehen. Dies ist ein Trauerspiel allerhöchster Güte.
Die seit Langem ausstehende Hebung der Direktorenstellen des Rechnungshofs von B 4 auf B 5 sollte im von der Landesregierung vorgelegten Haushaltsplan 2012 vollzogen werden. Selbst der Finanzminister, sonst nicht unbedingt für übermäßige Verschwendung bekannt, ist dafür. Dass nun die regierungstragenden Fraktionen der Meinung sind, dem Willen der Landesregierung in diesem Punkt nicht zu folgen, ist zumindest merkwürdig. Im Raum oder besser in der Presse steht die Vermutung, dass dies eine Strafaktion gewesen sei,
weil sich der Rechnungshofpräsident in einer nicht näher genannten Anzahl von Fällen dem Votum des Vorsitzenden einer großen Fraktion nicht angeschlossen habe. Ob das wirklich stimmt oder nicht, kann uns in Bezug auf den Änderungsantrag egal sein. Die beim Rechnungshof von der Landesregierung vorgeschlagene Stellenhebung ist sachgerecht, sie ist plausibel, sie ist vernünftig und sie ist angemessen. Die Beschlussempfehlung ist daher in jedem Fall zu korrigieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, nachdem die Koalitionsfraktionen im Haushalts- und Finanzausschuss alle unsere Anträge ablehnten, besteht für Sie nun die Chance, mit uns noch Korrekturen am Etat 2012 vorzunehmen. Konsolidierung und politische Gestaltung sind kein Widerspruch. Politik ist auch mehr als Haushaltssanierung durch Ausgabenkürzung. Konsolidierung bedingt eine gute Mischung aus der Überprüfung bisheriger Standards auf der Ausgabe- und auf der Einnahmeseite. Mit Blick auf die Chancen und Notwendigkeiten konnten Sie, sehr verehrte Koalitionäre, beiden Ansprüchen nicht genügen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen und Gäste, heute wollen wir pünktlich vor Jahresende den Haushalt 2012 mit dem Haushaltsbegleitgesetz und dem Finanzausgleichsgesetz beschließen. Änderungsanträge zum Haushaltsbegleitgesetz und auch zwei Entschließungsanträge, die auf das Handeln kommender Jahre ausgerichtet sind, liegen Ihnen aus unserer Koalition ebenfalls zur Beschlussfassung vor. Wir haben in den letzten Monaten intensiv zum Haushaltsent
wurf der Landesregierung beraten, Anhörungen durchgeführt, diese Anhörungen ausgewertet und auch sonst sehr viel Post dazu bekommen. „Allen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann“, lautet ein bekanntes Sprichwort, das sicherlich auch dieses Mal wieder zutrifft; je nachdem, wie man die Dinge bewertet.
Wir haben die Anregungen, die uns erreicht haben, und auch unsere politischen Ziele zu einzelnen Haushaltspositionen intensiv beraten und nach der jeweils bestmöglichen Lösung gesucht und - wie wir meinen - auch gefunden. Letztlich liegen Ihnen unsere Änderungen dazu vor bzw. haben wir unsere Änderungsanträge im Haushalts- und Finanzausschuss eingebracht. Ich möchte auch ausdrücklich auf unsere zukunftsweisenden Entschließungsanträge zu ganz wichtigen Themen, auf die ich gleich noch eingehen werde, verweisen. Ich werbe bereits jetzt bei Ihnen allen um Zustimmung für unsere Anträge.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Haushaltsentwurf 2012 kommt ohne Schulden aus und das bleibt nach unserem Willen auch so.
Das ist ein entschlossener und wichtiger Schritt zu einem finanziell stabilen Thüringen 2020. Wir hatten bereits drei Jahre mit Haushalten ohne neue Schulden in Thüringen, das war in den Jahren 2007 bis 2009 so,
und wir sind wieder auf dem richtigen Weg angekommen, einen Haushalt im Jahr 2012 ohne Neuverschuldung, und unser diesbezüglicher Entschließungsantrag weist auch im ersten Punkt diesen Weg für die kommenden Jahren und in die Zukunft weiter. Auch sollen möglichst Altschulden abgebaut werden. Dies ist für den Entwurf 2012 mit 1,5 Mio. € so vorgesehen und ich denke, wir alle müssen unsere Kraft zukünftig darauf verwenden, dass diese Tilgungen in kommenden Jahren in höherem Maße ausfallen werden.
Auf die vorgreifende Wirkung der Schuldenbremse des Grundgesetzes hat Minister Dr. Voß bereits in der Einbringungsrede des Haushalts hingewiesen. Wir wollen, dass auch unsere Nachfolger und unsere Kinder und Enkel noch Handlungsspielräume hier in einem stabilen und selbstständigen Bundesland Thüringen haben.