Die Zuschriften aus dieser vierten Anhörungsrunde zu den Änderungsanträgen der Fraktionen CDU und SPD liegen Ihnen nunmehr mit den Nummern 5/922 - Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebundes - und 5/923 - Stellungnahme des Thüringischen Landkreistags - vor. Insgesamt lagen dem Haushalts- und Finanzausschuss am vergangenen Donnerstag ca. 970 Änderungsanträge aller Fraktionen vor. Dabei ging es - außer geplanten Umschichtungen - vor allem um die Frage der Verwendung der in der November-Steuerschätzung prognostizierten Steuermehreinnahmen. Die Fraktion DIE LINKE beabsichtigte, 15 Mio. € dieser Mittel zur Schuldentilgung zu verwenden. 20 Mio. € sollten in die Bereiche Soziales, Bildung und Kultur sowie Arbeit und Wirtschaft fließen. Im Übrigen setzte DIE LINKE mit ihren Änderungsanträgen schwerpunktmäßig Akzente auf die aus ihrer Sicht notwendige umfassende Verwaltungsmodernisierung. Vor allem zielten die Änderungsanträge der Fraktion
Die Finanzierung der Kindertagesstätten sollte aus dem Finanzausgleich in den Bildungsetat wechseln. Einsparungen waren im Gegenzug vorgesehen im Wirtschaftsetat, etwa bei der Imagekampagne des Landes oder bei der Erschließung neuer Gewerbegebiete, beim Innenministerium und beim E-Government. Die Fraktion der FDP wollte mit ihren Änderungsanträgen schwerpunktmäßig zu einer um 156,8 Mio. € höheren Schuldentilgung beitragen. Des Weiteren sollten 20 Mio. € in den Bildungssektor investiert werden und weitere 20 Mio. € zusätzlich in die Straßensanierung fließen. Eine Gegenfinanzierung dieser Mehrausgaben beabsichtigte die Fraktion der FDP sowohl durch die prognostizierten höheren Steuereinnahmen als auch durch Einsparungen in Höhe von insgesamt 135,8 Mio. € etwa bei den Etatposten für Dienstreisen, Gutachten, Personalvertretungen und Aushilfen und bei der Landesförderung der GreenTech-Agentur.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legte einen Schwerpunkt auf ihren Antrag zur ausreichenden und verlässlichen Finanzierung der Tätigkeit der Mobilen Beratung in Thüringen für Demokratie - gegen Rechtsextremismus (MOBIT). Des Weiteren stellte sie mehrere Änderungsanträge, die die Einleitung der Energiewende auch im öffentlichen Bereich befördern sollten. Weiterhin beabsichtigte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Thüringer Erziehungsgeld in seiner bisherigen Form abzuschaffen, die Stiftung FamilienSinn gänzlich aufzulösen und deren Aufgaben künftig im zuständigen Ministerium anzusiedeln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die im Ergebnis beschlossenen Änderungen des ursprünglichen Haushaltsentwurfs beruhen auf den angenommenen Änderungsanträgen, ganz überwiegend den Änderungsanträgen der Fraktionen der CDU und SPD, aber auch der FDP, meist im Hinblick auf die Regelung gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung über die Abstimmungsreihenfolge. Diese Änderungsanträge führen zu einem Gesamthaushaltsvolumen von nunmehr 9,048 Mrd. € ohne Neuverschuldung. Aufgrund der angenommenen Änderungsanträge der Regierungsfraktionen kommen die zusätzlich prognostizierten Steuereinnahmen den Kommunen zugute, und zwar als Schlüsselzuweisungen in Höhe von 35 Mio. € für die Städte und Gemeinden und in Höhe von 15 Mio. € für die Landkreise. Weitere 10 Mio. € fließen über den Einzelplan 17 in den Straßenbau, vor allem für Ortsdurchfahrten. Der Landessportbund erhält 1,4 Mio. € zusätzlich, 700.000 € werden aufgrund eines angenommenen Änderungsantrags der FDP zusätzlich für das Thüringer Handwerk eingestellt, vor allem für Maßnah
men zur Absatzförderung. Damit entfällt die im Entwurf vorgesehene Kürzung in diesem Bereich. Außerdem wurden weitere Mittel für Maßnahmen des Studentenwerks als Fraktionszuschüsse für Tarifund Sachkostensteigerungen sowie für die Erwachsenenbildung beschlossen. Gestrichen wurde die im Haushaltsentwurf ursprünglich eingestellte Anhebung der Besoldung der Direktoren des Thüringer Rechnungshofs. Ein wesentlicher Teil der Änderungen bezog sich auf die Eingliederung des Nationalparks Hainich in den Haushalt bzw. auf die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. Beide Änderungen waren durch zwischenzeitliche Gesetzesbeschlüsse des Thüringer Landtags notwendig geworden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt dem Landtag mehrheitlich, den Entwurf des Thüringer Gesetzes über die Feststellung des Landeshaushalts für das Haushaltsjahr 2012 mit den in der Beschlussempfehlung in Drucksache 5/3657 vorgesehenen Änderungen anzunehmen. Dabei wurde von der erteilten Redaktionsvollmacht insbesondere insofern Gebrauch gemacht, als die auf Antrag der Koalitionsfraktionen erfolgte Ausbringung einer Verpflichtungsermächtigung über das Jahr 2012 hinaus um insgesamt 3,6 Mio. € in Kapitel 10 02, den Titel 682 01 betreffend, die Internationale Bauausstellung, auf den gleichen Titel in Kapitel 10 04 - das sind Zuschüsse für laufende Zwecke an öffentliche Unternehmen - berichtigt ist. Ich weise auf diesen Umstand auch in der Hoffnung hin, dass das Verfahren in den parlamentarischen Beratungen künftig nicht derart unter Zeitdruck gerät. Vor diesem Hintergrund ist es aber besonders erfreulich, dass die Änderungs- und Entschließungsanträge in Vorbereitung der heutigen Plenarsitzung rechtzeitig mit ausreichender Beratungsmöglichkeit gestellt wurden.
Der Haushalts- und Finanzausschuss schlägt weiter vor, dem Finanzminister und der Präsidentin des Landtags die im Einzelnen in der Beschlussempfehlung enthaltenen redaktionellen Ermächtigungen zu erteilen und dem Haushalts- und Finanzausschuss die Entscheidungen über die Aufhebung von Sperrvermerken im Landeshaushaltsplan 2012 zu übertragen, soweit sie der Einwilligung des Landtags bedürfen.
Weiter empfiehlt der Haushalts- und Finanzausschuss mehrheitlich, den Entwurf des Thüringer Haushaltsbegleitgesetzes 2012 anzunehmen, vergleiche die Beschlussempfehlung in Drucksache 5/3680.
Die Annahme des Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes wird dem Landtag mit den sich aus der Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/3681 ergebenden Änderungen empfohlen. Sodann empfiehlt der Ausschuss dem
Landtag einvernehmlich, sowohl den Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes als auch den Mittelfristigen Finanzplan für die Jahre 2011 bis 2015 zur Kenntnis zu nehmen, dazu die Beschlussempfehlungen in der Drucksache 5/3682 bzw. der Drucksache 5/3683. Schließlich wird dem Landtag empfohlen, dem Entwurf der Rahmenvereinbarung III zwischen der Thüringer Landesregierung, vertreten durch die Ministerpräsidentin, den Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie den Finanzminister und den Hochschulen des Landes, zur Sicherung der Leistungskraft und der Zukunftsfähigkeit der Thüringer Hochschulen in der Laufzeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 antragsgemäß zuzustimmen in der Drucksache 5/3684.
Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich meinen Dank, um am Verfahrensbeginn anzufangen, zunächst dem Finanzminister dafür aussprechen, dass er in diesem Jahr die Gesetzentwürfe zum Haushaltsbegleitgesetz, Haushaltsgesetz und zum Finanzausgleichsgesetz zusammen und frühzeitig eingebracht hat. Bei den Kollegen des Haushalts- und Finanzausschusses, ganz besonders bei den haushaltspolitischen Sprechern, den Abgeordneten Annette Lehmann, Birgit Keller, Dr. Werner Pidde, Uwe Barth als Vertreter für den erkrankten Lutz Recknagel, dem wir an dieser Stelle baldige Gesundheit wünschen,
und Carsten Meyer, möchte ich mich für die sachliche Zusammenarbeit bedanken. Auch den kommunalen Spitzenverbänden danke ich für die große Kooperationsbereitschaft, insbesondere hinsichtlich der Bemessung der Anhörungsfristen. Dem Präsidenten des Thüringer Rechnungshofs, Herrn Dr. Sebastian Dette, danke ich ebenso wie seinen Kollegen und Mitarbeitern für die kritische Begleitung des gesamten Verfahrens mit seiner Beteiligung an allen Beratungen, nicht zuletzt auch für die vom Ausschuss erbetene Stellungnahme zu den Entwürfen des Haushalts- und Haushaltsbegleitgesetzes. Mein Dank gilt darüber hinaus auch der Landtagsverwaltung, insbesondere dem Geschäftsführer des Haushaltsund Finanzausschusses, Herrn Dr. Thomas Poschmann und seiner Stellvertreterin, Frau Christiane Ruffert, sowie Herrn Michael Apel für die fachliche und rechtliche Begleitung. Für die intensive organisatorische Vorbereitung insbesondere auch der großen Mündlichen Anhörung am 10. November, für die kurzfristig Kapazitäten für eine größtmögliche Anzahl an Zuhörern geschaffen wurden, gebührt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Parlamentssekretariats, des Inneren Dienstes, des Besucherdienstes, des EDV-Referats und dem Sachgebiet Protokollierung ein großer Dank des Ausschusses.
Aber auch allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung sei für ihren Beitrag zu einem reibungslosen Beratungsverlauf gedankt, angefangen von der Poststelle über die Protokollierung der langen Ausschuss-Sitzungen bis hin zur Druckerei. Mein Dank gilt ebenso allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien. Schließlich möchte ich auch unseren Fraktionsmitarbeitern für ihren Verdienst um alle Beratungen und insbesondere auch dem Erstellen der Änderungsanträge zum Haushaltsplanentwurf danken, also Frau Antje Niebur sowie den Herren Andreas Pfeßdorf, Stefan Schambach, Andreas Schuster und Justus Lenz, herzlichen Dank.
Danke schön für die Berichterstattung. Bevor wir in die Aussprache eintreten, gestatten Sie mir folgende Hinweise zum Ablauf: Für die drei Gesetzentwürfe wird jeweils eine lange Redezeit gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung berücksichtigt, für die drei weiteren Beratungsgegenstände eine normale Redezeit gemäß § 29 Abs. 1 der Geschäftsordnung. Danach ergibt sich eine grundsätzliche Gesamtredezeit der Fraktionen insgesamt in Höhe von 11 Stunden und 54 Minuten. Sofern die Landesregierung die für die einzelnen Komplexe vorgesehene Redezeit überschreitet, erhöhen sich die Redezeiten der Fraktionen entsprechend.
Der Ältestenrat hat sich in seiner letzten Sitzung darauf verständigt, folgende Komplexe und Redezeiten festzulegen: für die Generalaussprache zum Haushalt 2 Stunden 39 Minuten, für die Aussprache zu den Einzelplänen mit weiteren zugeordneten Bereichen 8 Stunden 24 Minuten und die Schlussrunde nochmals 60 Minuten.
Wie festgelegt kommen wir als Erstes zur Generalaussprache zum Haushalt insgesamt. Die vereinbarten Redezeiten für die Fraktionen betragen für die CDU 40 Minuten, DIE LINKE 37 Minuten und 20 Sekunden, die SPD 32 Minuten und 40 Sekunden, die FDP 24 Minuten und 40 Sekunden und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24 Minuten. Gemäß § 29 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlängert sich die Redezeit jeder Fraktion entsprechend, wenn die Landesregierung insgesamt länger als 40 Minuten redet.
Ich eröffne die Aussprache und als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Birgit Keller von der Fraktion DIE LINKE.
und am Internet, tatsächlich ist Finanzminister Dr. Voß hier in Thüringen angetreten mit dem Auftrag, den Landeshaushalt zu konsolidieren, um Thüringen für die Zukunft finanzpolitisch auf tragfähige Säulen zu stellen. So stand der Finanzminister für 2012 vor der Aufgabe, 500 Mio. € einzusparen. Da diese Regierung aus CDU und SPD gerade bei dem wichtigen Politikfeld „Verwaltungsreformen“ nicht konsensfähig war und ist, langte Dr. Voß dann bei den Kommunen mit rund 200 Mio. € kräftig zu. Dies ist und bleibt sowohl vom Verfahren als auch im Inhalt für unsere Fraktion kritikwürdig.
Die vielen Diskussionen der letzten Monate, gegenseitige Vorwürfe innerhalb der Landesregierung, öffentliches Austragen von Koalitionsstreitigkeiten, Demonstrationen und, und, und sprechen ihre eigene Sprache zum Zustand der Landesregierung und der sie tragenden Parteien.
Meine Damen und Herren, wir bleiben dabei, eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltung ist eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen als eine der tragenden Säulen des Landes Thüringen.
Dabei, so betonen wir, müssen auch angemessene Finanzmittel für sogenannte freiwillige Aufgaben sowie für die Unterhaltung und den Erhalt der kommunalen sozialen Infrastruktur bereitstehen. Kommunen müssen in der Lage sein, Investitionen zur Behebung noch vorhandener Infrastrukturlücken zu tätigen, und die Finanzausstattung muss sich am kommunalen Aufgabenkatalog der Kommunen bemessen.
All das sehen wir mit diesem Haushalt für die Thüringer Gemeinden und Landkreise gefährdet. Dabei wissen wir uns mit den kommunalen Spitzenverbänden in Übereinstimmung. Die Resolutionen und die öffentlichen Proteste der letzten Wochen haben das für jeden sichtbar veranschaulicht. Nur das Aufbegehren der Kommunen hat wohl jetzt dazu geführt, dass Sie als regierungstragende Koalition von vorher gestrichenen 200 Mio. € 60 Mio. € wieder zurückgeben. Das lange Warten von SPD und CDU auf die November-Steuerschätzung hat also zu wenig gebracht und darüber hinaus einen im Verfahren unredlichen Umgang mit dem Landtag und den anzuhörenden Spitzenverbänden.
Herausforderung zur Suche nach Alternativen angenommen. Dabei sind wir von zwei Prämissen ausgegangen:
Zweitens: Wir halten uns an die von der Regierung vorgelegte Steuerschätzung vom November. Mit anderen Worten, zur Deckung unserer Anträge gehen wir nicht über die Annahmen der Landesregierung hinaus. Wir wissen um die wirtschaftlichen Risiken in Europa.
Erstens: Die Finanzausstattung der Thüringer Kommunen muss weiter verbessert werden. Die von der Koalition im Haushaltsund Finanzausschuss durchgesetzten 60 Mio. € mehr für die Kommunen betrachten wir als zu gering.
Deshalb legen wir Ihnen heute einen Änderungsantrag unserer Fraktion vor, den Kommunen weitere 40 Mio. € zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Damit wäre nach unserem Konzept die kommunale Finanzausstattung um 100 Mio. € verbessert. In diese Betrachtung gehört ein weiterer Antrag hinein, mit dem wir das Thema Transparenz bei der Kita-Finanzierung berühren. Wir wollen die Herausnahme der Mittel aus dem KFA in den Einzelplan 04.
Zweitens: 20 Mio. € zusätzlich wollen wir in den Bereichen Soziales, Bildung, Kultur, Arbeit und Wirtschaft investieren und erreichen dies durch Umschichtungen im Etatentwurf.
Für die Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss hatten wir dies alles über 120 Anträge zum Haushaltsbegleitgesetz und FAG eingebracht. Nach der HuFA-Beratung liegen Ihnen nunmehr 20 Änderungsanträge und sieben Entschließungsanträge meiner Fraktion vor. Dabei stehen die genannten Änderungsvorschläge stellvertretend für Potenziale und Defizite gleichermaßen. Lassen Sie mich dies an einigen ausgewählten Beispielen erläutern.
Im Bereich Soziales fehlen aus unserer Sicht im Sozialetat gesetzliche Grundlagen für die Seniorenmitwirkung und für das Bildungs- und Teilhabepaket. Die Stiftung FamilienSinn ist immer noch nicht aufgelöst. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist nicht umgesetzt und beim Kampf gegen Kinderar
Das Sozialministerium kündigte eine Stabsstelle für strategische Sozialplanung an, aber für eine finanzielle Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist nicht gesorgt. Besonders merkwürdig ist, dass die Sozialministerin nicht einmal die Dinge umsetzen kann, selbst wenn sie will, die im Koalitionsvertrag stehen. Ich meine ganz konkret die Vereinbarung auf Seite 33 des Koalitionsvertrags von CDU und SPD vom Oktober 2009, in der festgelegt wurde, dass die Jugendpauschale wieder auf 15 Mio. € erhöht werden soll.