Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

(Beifall FDP)

Es gab da mal einen Spruch von der Notwendigkeit des Sparens. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, das hat meine Großmutter mir immer gesagt und jetzt haben wir die Zeit. Selten sind die Steuereinnahmen so gesprudelt wie derzeit. Allein im nächsten Jahr wird Thüringen voraussichtlich 55 Mio. € mehr einnehmen als gedacht. Man kann dieses Sprichwort, was ich eben erwähnt habe, durchaus auch als die Mutter der Idee des antizyklischen Verhaltens verstehen und genau dafür hat sich unter anderem auch Herr Machnig stark gemacht in der Vergangenheit, jedenfalls als es darum ging, in der Krise mehr Geld auszugeben. Aber das war so schön antizyklisch und hat so viel Spaß gemacht, dass er sich jetzt von dieser Idee des Geldausgebens gar nicht mehr lösen will und mit ihm gleich der ganze Rest des Kabinetts sagt, wir lassen das mal lieber wie immer, wir geben einfach Geld aus.

(Beifall FDP)

Eine Haushaltspolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen, die wirklich einer neuen Kultur der Sparsamkeit folgen würde, die sollte doch eigentlich diese Zeit nutzen und Schulden tilgen. Keine neuen Schulden machen ist nämlich ausdrücklich richtig. Alles andere wäre angesichts der Einnahmerekorde überhaupt nicht verständlich, aber jeder, der zu Hause einen Kredit laufen hat, der weiß, egal, ob der Kredit fürs Auto, fürs Haus oder auch nur für den Kühlschrank ist, die Bank will Zinsen und Til

gung und das Ganze möglichst komplett in 5, 10 oder vielleicht in 20 Jahren, je nachdem wie groß die Summe ist. Sie tilgen im nächsten Jahr nach Ihren Vorhaben 1,5 Mio. € Schulden bei einem Gesamtschuldenstand von 16 Mrd. €. Wenn Sie in dem Tempo weitermachen, sind Sie in rund 10.000 Jahren dann auch schon fertig, bis die Kredite abbezahlt sind. Wahnsinn, das ist das Einzige, was mir angesichts dieses Verhältnisses einfällt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Sie müssten in der Tat wirklich sparen, um die Schuldentilgung einigermaßen angemessen auf die Reihe zu bekommen, aber genau das tun Sie eben nicht und das ist auch mein zentraler Vorwurf. Sie können nicht sparen und Sie wollen es auch gar nicht. Stattdessen verfallen Sie in alte Verhaltensmuster und laufen mit dem Geschenksack durch das Land, an Jahreszeiten angepasst, mit lauter Päckchen, die aber unterschiedlich groß sind. Die glücklichen Gewinner des Verteilens dieser 50 Mio. € Steuermehreinnahmen heißen nämlich Bausewein, Schröter, Vornehm, Kreuch, Doht und Wolf. Das sind die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte in Thüringen und die bekommen fast die Hälfte. Die bekommen über 20 Mio. € von den 50 Mio. € ab. In den Städten wohnt aber nur ein Viertel der Einwohner des Landes. Wenn man dann weiterrechnet und sieht, dass ungefähr 15 Mio. € in die Landkreise gehen sollen, dann bleiben für die restlichen etwas mehr als 900 Gemeinden etwa 16 Mio. € übrig, das heißt etwa 16.500 € im Schnitt pro Gemeinde.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ein Trop- fen auf den heißen Stein.)

Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist aber vor allem eine gigantische Wahlkampfhilfe für sozialdemokratische Oberbürgermeister. Damit kann die SPD bestimmt gut leben.

(Beifall FDP)

Wie die CDU damit leben kann, das ist im Zweifelsfall auch ihr Problem, aber die vielen anderen Bürgermeister, die über 900 Bürgermeister der anderen Gemeinden, die, meine Damen und Herren, können damit sicherlich nicht so ganz einheitlich gut leben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ein Milch- mädchen könnte das besser rechnen.)

Wenn Sie, lieber Herr Kollege Höhn, das nicht von einem Milchmädchen, sondern einer leibhaftigen Bürgermeisterin vorgerechnet haben wollen, dann gehen Sie mal zur Kollegin Hitzing. Die wird Ihnen das mal vorrechnen, wie das in ihrer Heimatgemeinde aussieht. 250 Einwohner haben nach ihrem ursprünglichen KFA knapp 25.000 € weniger im Haushalt als im laufenden Jahr. Wenn ich das jetzt

auf die Einwohner umrechne - noch nicht einmal die 16.000 würden das kompensieren -, kommen 3.000 € in Friedrichsthal an und die wollen Sie als Kompensation für 25.000 € Senkung des KFA verstanden wissen.

(Beifall FDP)

So dumm ist kein Bürgermeister in Thüringen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Darauf, das glaube ich fest, können Sie nicht bauen.

In dem ganzen Haushalt ist trotzdem eine Menge Luft drin. Die haben wir auch aufgezeigt mit über 600 einzelnen Anträgen. In diesen 600 Anträgen machen wir Folgendes: Wir lösen erstens Sparbüchsen aus. Wir senken allein die Ansätze um 37 Mio. €, die nur die ganzen verwaltungsinternen Ausgaben beinhalten, auf das Niveau von 2010 ab. Es kann mir kein Mensch erzählen, dass die Verwaltung im Jahr 2010 am Hungertuch genagt hätte. Daran kann ich mich nicht erinnern, das entspricht nicht der Realität.

Wir kürzen zweitens auch beim Personal in der Landesverwaltung. Wir schlagen vor, künftig nur noch jede vierte anstatt jede zweite Stelle zu besetzen. Selbst der Finanzminister gibt an, dass der Abbauplan der Landesregierung trotzdem dazu führen wird, dass mittelfristig die Personalausgaben steigen. So werden Sie zitiert, das ist auch richtig.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Voll- kommen richtig.)

Das ist der Befund, aber deshalb heißt es, ihr eingeschlagener Pfad reicht nicht aus. Wenn wir uns dann hinstellen und vergleichen, was die Kommunen geleistet haben in den letzten Jahren und was das Land geleistet hat, dann stellen wir fest, dass die Gemeinden seit 1995 ihr Personal um mehr als die Hälfte abgebaut haben, während das Land bei etwa einem Viertel Personalabbau angekommen ist.

(Beifall FDP)

Was dem einen als Recht zugemutet wird, meine Damen und Herren, das muss dem anderen billig sein. Drittens kürzen wir zum Beispiel auch 3,4 Mio. € bei Vertretungs- und Aushilfskräften. Angesichts der Personalausstattung in Thüringen, angesichts der Tatsache, dass Thüringen das meiste Personal in der Landesverwaltung von allen Bundesländern hat, halten wir es durchaus für zumutbar, dass Vertretung und Aushilfe intern in der Regierung, in der Verwaltung geregelt wird.

(Beifall FDP)

Interessant ist übrigens, dass einer der größten Beiträge zu diesem Posten mit über 900.000 € das Wirtschaftsministerium bei sich verbucht hat. Vielleicht sucht der Minister eine Vertretung für seine

vielen Auslandsreisen. Ich weiß es nicht, auf jeden Fall ist auch das bemerkenswert.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, wir müssen richtig sparen und das geht nicht, ohne sich auch diese ganzen kleinen Positionen anzuschauen. Allein die Titel im Haushaltsentwurf, die kleiner sind als 9 Mio. €, und das ist 1 Promille, ein Tausendstel des Landeshaushalts, allein diese Kosten summieren sich auf über 1,5 Mrd. €. Kleinvieh macht auch Mist.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: 1 Prozent.)

Nein, Frau Ministerpräsidentin, 90 Mio. € sind 1 Prozent von 9 Mrd. €, 9 Mio. € sind 1 Promille. 1,5 Mrd. € sind diese zusammen. Kleinvieh macht auch Mist. Das ist genau das Bild, was mir an der Stelle eingefallen ist, und bei diesem Kleinvieh liegt auch Sparpotenzial, man muss nur hingehen und ausmisten. Das muss man machen wollen. Der Arbeit muss man sich auch stellen. Die FDP-Fraktion hat das gemacht und es ist uns gelungen, 37 Mio. € insgesamt allein dadurch zu sparen und dort Gestaltungsspielraum zu schaffen.

Aber neben diesen kleinen sind es natürlich auch die großen Posten, die etwas bringen und die mit politischen Entscheidungen verbunden sind. Einfach mit dem Rasenmäher durch die Verwaltung ist Arbeit, obwohl da kein Rasenmäher dabei ist, weil das in den 600 Anträgen sehr differenziert gemacht ist, aber es sind natürlich auch politische Entscheidungen und politische Anträge. Das Landeserziehungsgeld mit 20 Mio. €, nicht der komplette Ansatz, um auch denen, die Zusagen haben, Rechtssicherheit zu bieten, ganz klar. Aber es gehört im Grundsatz genauso abgeschafft wie das unnötige und überflüssige Landesarbeitsmarktprogramm. Die Fehlanreize und die Doppelförderung des 1.000-Dächer-Programms sind genauso überflüssige Geldverschwendung wie die GreenTech Agentur und der Zuschuss für die Stiftung FamilienSinn.

Insgesamt lassen sich aus diesen politischen Posten 70 Mio. € herausholen. Wir hätten den politischen Willen dazu. Sie haben ihn nicht und das ist der entscheidende Unterschied zwischen uns, aber eben kein entscheidender Unterschied mit Blick auf das Zitat vom Anfang zu den Haushalten der vergangenen Jahre.

(Beifall FDP)

Nicht dass es Ihnen generell an Entschlossenheit fehlen würde, das kann man nicht sagen, es muss nur um das richtige Thema gehen. Wir hatten da die Debatte um die Neufassung des Ministergesetzes im Oktober hier im Plenum, meine Damen und Herren, die Regelungen des Gesetzes kritisiere ich gar nicht, dahinter stehe ich durchaus, weil sie

nämlich dazu führen, mittelfristig Geld zu sparen. Ich kritisiere aber erneut, dass gerade diejenigen, die nach außen hin immer für Gerechtigkeit und angemessene Löhne auftreten, die Frage der Angemessenheit der Löhne und der Pensionen vor allem, wenn es um sie selbst geht, ganz interessant neu definieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Gerade die SPD, die selbst ernannten Gerechtigkeitsapostel, hat hier ein Beispiel von Selbstbedienungsmentalität vorgelebt, wie wir es noch nicht erlebt haben,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Du hast doch ein Rad ab, Junge.)

nach dem Motto, wir stimmen dem Gesetz nur zu, wenn für unsere Minister auf jeden Fall noch die alte Regelung gilt, die sie besserstellt als die Minister, die nach uns kommen.

(Beifall FDP)

Für die eigenen Minister werden die freundlichen und komfortablen Bedingungen gesichert. Sie predigen öffentlich Wasser und trinken aber ebenso öffentlich Wein.

(Beifall FDP)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht nur peinlich, sondern das ist auch arrogant.

Meine Damen und Herren, wenn es um das Sparen geht, fällt gelegentlich der Begriff vom strukturellen Sparen. Wer strukturell sparen will, muss Strukturen sparen. Dieser Zusammenhang scheint mir so simpel, dass selbst die Koalition und die Regierung ihn begreifen müssten. Mehr Strukturen kosten mehr Geld. Viel einfacher geht es doch eigentlich gar nicht. Was machen Sie? Sie schaffen neue Strukturen. Der Umweltminister, dem ich heute ausdrücklich herzlich zu seinem Geburtstag gratuliere,

(Beifall CDU, FDP)

ist vor einem reichlichen Monat zitiert worden. Er hat gesagt: Wir haben die Akademie Ländlicher Raum und die Klimaagentur gegründet und beide müssen jetzt mit Aufgaben ausgestattet werden, damit das dem Land auch zugutekommt. Also, wir schaffen erst einmal Strukturen und stellen Personal ein und dann überlegen wir uns, was die eigentlich machen sollen. Das ist eine Art und Weise des strukturellen Sparens, die sich mir nicht erschließt,

(Beifall FDP)

ganz einfach deshalb, weil sie mit strukturellem Sparen nichts zu tun hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, und auch hier nichts Neues. Es gab einmal eine Haushaltsstrukturkommission oder gibt es die noch? Wer weiß darüber eigentlich etwas Genaues? Da gab es einen Entschließungsan

trag der Koalitionsfraktionen, in dem festgeschrieben war, man solle schon in den Haushalt 2011 die ersten Ergebnisse einfließen lassen. Ich habe lange nichts von dieser Kommission gehört und ich sage es ehrlich, an Zufall kann und will ich in diesem Zusammenhang mit dem kryptischen Schweigen um diese Kommission ehrlicherweise nicht glauben.

(Beifall FDP)

Eines, liebe Kollegen von der SPD und insbesondere von der CDU, kann ich Ihnen nicht ersparen: Statt zu entlasten, belasten Sie auch die Bürger in unserem Land. Sie haben in diesem Jahr in einer einzigartigen konzertierten Aktion gemeinsam mit den LINKEN und den GRÜNEN die Grunderwerbsteuer erhöht, 24 Mio. € Einnahmen erhoffen Sie sich daraus, 24 Mio. €, die von den Bürgern und Unternehmern in unserem Land gezahlt werden, die eine neue Fabrikhalle oder ein neues Haus bauen wollen oder sich eine Wohnung kaufen wollen, die dafür Grundstücke erwerben wollen. Wenn der Kollege Bärwolff, wenn ich an die Debatte von damals erinnern darf, der in seinem Leben schon viel und lange gearbeitet hat, sich dann hinstellt und sagt, die zahlen einmalig 2.000 oder 3.000 €, das ist doch ganz egal, darauf kommt es doch gar nicht so an, dann mag das sein Bild von der Gesellschaft sein.

Ich habe das gesehen - am Ende, ich habe das gelernt mit der Redezeit, Herr Kuschel, wir machen das am Ende.