Herr Abgeordneter Ramelow, es würde jetzt reizen, auf vieles von dem, was Sie gesagt haben, einzugehen und es konkret darzustellen. Ich möchte das jetzt hier nicht machen,
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das weise ich empört zurück, dass ich etwas nicht korrekt dargestellt hätte.)
weil es das Anliegen, was wir gemeinsam verfolgen, diskreditieren würde. Gerade das Schreiben des Generalbundesanwalts an das Innenministerium von Anfang Januar, in dem dieser eine Informationsweitergabe an die Abgeordneten unter Berufung auf seine Sachleitungsbefugnis im Ermittlungsverfahren untersagte, hat zu der sowohl aus der Sicht des Parlaments als auch aus der Perspektive der Landesregierung unbefriedigenden Situation geführt, dass die auskunftsbereite Landesregierung sich an einer umfassenden Unterrichtung der Ausschüsse gehindert sah. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses lässt erwarten, dass der Generalbundesanwalt den Informationsrechten der Abgeordneten des Thüringer Landtags ein weitaus größeres Gewicht wird geben müssen, als er dies bislang getan hat.
Die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist aus einem zweiten Grund zu begrüßen: Seine Aufklärungsarbeit wird es ermöglichen, diesen überaus komplexen Sachverhalt umfassend und integriert unter den justiziellen, polizeilichen und verfassungsschutzmäßigen Perspektiven aufzuklären. Es ist verständlich, dass von Abgeordneten in den zurückliegenden Wochen immer wieder kritisiert wurde, dass die jeweils beteiligten Parlamentsausschüsse - vornehmlich der Innenund der Justizausschuss - vom jeweiligen Fachressort über die Sachverhalte aus der jeweiligen Perspektive der beteiligten Staatsanwaltschaften und Gerichte bzw. aus dem Blickwinkel der Polizei oder des Verfassungsschutzes informiert wurden. Dies macht die Gewinnung einer Gesamtübersicht über diesen mitunter verwickelten und bereits einige Jahre zurückliegenden Sachverhalt für den einzelnen Abgeordneten nicht immer einfach und führte mitunter zu Irritationen.
Mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wird der Landtag nunmehr selbst aktiv und hat so die Möglichkeit, gewissermaßen als Herr eines eigenen Ermittlungsverfahrens sich ein einheitliches Bild über die Geschehnisse im Rahmen eines justizähnlich ausgestalteten Beweisverfahrens zu verschaffen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, Herr Minister. Sie haben eben gesagt, dass Sie erwarten, wenn ich es ungefähr richtig wiedergebe, dass mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses der Generalbundesanwalt dem Untersuchungsinteresse des Landtags mehr Gewicht geben wird. Könnten Sie mir bitten erklären, weil das einer meiner wesentlichen Punkte ist, worauf Sie diese Erwartung gründen? Gibt es tatsächlich handfeste Unterschiede zwischen Untersuchungsausschuss und dem Justiz- oder dem Innenausschuss?
Es gibt zwei Punkte, Herr Abgeordneter Barth, die hierauf zu erwidern wären. Der eine: Es gibt einen wesentlichen rechtlichen Unterschied. Der Untersuchungsausschuss tritt nach § 474 StPO quasi als ermittelnder Ausschuss neben die Ermittlungsbehörden, anders als die übrigen Parlamentsausschüsse, mit Ausnahme der Parlamentarischen Kontrollkommission. Der Untersuchungsausschuss ist insoweit ein aktenvorlageberechtigter Ausschuss und hat andere Rechte.
Der zweite Punkt, der diese Vermutung bei mir nährt und diese Hoffnung bei mir stützt, ist die Tatsache, dass ich im Moment ein ausgesprochen kompliziertes Verfahren habe den Abgeordneten anbieten müssen, dass alle Fragen gesammelt werden, von uns alle Antworten vorbereitet werden und diese dem Generalbundesanwalt vorgelegt werden, mit der Bitte zu bestätigen, welche Information weitergegeben werden kann. Das Verfahren ist außerordentlich aufwendig und unbefriedigend für die Landesregierung und unbefriedigend für das Parlament. Wenn der Untersuchungsausschuss die entsprechenden Personen selbst lädt, kann unmittelbar in dieser - wenn Sie so wollen - Vernehmungs
situation entschieden werden, welche Frage beantwortet werden kann und welche nicht. Der Informationsfluss ist damit kürzer und viel transparenter. Das ist der Grund, weshalb ich diese Aussage getroffen habe.
Der breit gefächerte Ermittlungsansatz, wie er in der Formulierung des Untersuchungsauftrages zum Ausdruck kommt, wird es erlauben, den Gesamtkomplex der Geschehnisse umfassend aufzuarbeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vollständige und umfassende Aufklärung des Sachverhalts rund um die Verbrechen der rechtsterroristischen Terrorzelle, die ihren Ausgangspunkt in Thüringen genommen hat und die ihren Endpunkt ebenfalls hier fand, liegt im ureigensten Interesse aller politisch Verantwortlichen im Lande. Dies sind wir nicht zuletzt den Opfern dieser beispiellosen Verbrechensserie und ihren Hinterbliebenen schuldig. Die Landesregierung wird nicht zuletzt aus diesem Grunde das Notwendige dazu beitragen, dass der Untersuchungsausschuss seine Aufgabe wird erfüllen können, sie wird ihn nach Kräften unterstützten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe eine weitere Wortmeldung von Frau Marx aus der SPD-Fraktion. Die SPD-Fraktion hat noch Redezeit. Bitte schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss jetzt einfach noch mal nach vorn gehen. Die Diskussion, die eigentlich so vielversprechend und so qualitativ hochwertig und gut begonnen hat, hat jetzt zum Schluss ein paar nebulöse Züge angenommen,
ich drücke mich hier mal etwas vorsichtig aus, die für mich, die ich diesen Ausschuss leiten möchte, nicht so hingenommen werden können.
Wir haben gehört von den Skeptikern - und jeder darf Skepsis haben, auch die Abgeordnetenkollegen -, eigentlich arbeiten doch so viele und man hat doch auch mit Herrn Schäfer schon sprechen können und da kommt doch was und na ja und vielleicht und wollt ihr denn wirklich? Ich will mal eines sagen: Es geht hier nicht um Wettstreit, wer, wann, weshalb, mit wem das erste Mal etwas Tolles vor der Kamera verkündet an Erkenntnis. Es geht darum, dass wir unsere ureigenen Aufgaben wahrnehmen. Nachdem wir dann gehört haben, dass die Regierung so schön arbeitet, kommt die Regierung selbst und sagt, helft uns doch, das uns selbst auf
erlegte Schweigegelübde zu durchbrechen. Ihr seid doch gut. Wir bekommen jetzt von Ihnen attestiert, Herr Minister, dass das doch nett ist, was wir vorhaben. Also ich muss ehrlich sagen, nehmen Sie mir das nicht übel, ich habe mich gewundert, dass Sie sich überhaupt zu Wort melden,
denn es ist gar nicht Sache der Regierung, dem Parlament zu attestieren oder zu bescheinigen, ob und wie wir unsere Aufgabe jetzt richtig anfangen, zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Form. Da habe ich mich jetzt, ehrlich gesagt, geärgert und deshalb stehe ich nun hier vorn, weil ich eine Vollblutparlamentarierin bin und einen vollblutparlamentarischen Untersuchungsausschuss leiten möchte.
Wir werden alles tun, um Öffentlichkeit und Transparenz herzustellen. Wenn Sie uns sagen - und das ist das Einzige, was ich an Ihren Worten positiv finden konnte -, dass es schön ist, wenn wir Ihnen helfen können, dann tun wir das gern, aber wir tun es in eigener Verantwortung. Das war mir jetzt wichtig, darauf hinzuweisen.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann beende ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse abstimmen über den Antrag aller Fraktionen dieses Hauses in der Drucksache 5/3902, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Zustimmung aus der FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den LINKEN. Wer ist gegen diesen Antrag? Ich sehe keine Gegenstimmen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Enthaltung. Damit ist der gemeinsame Antrag einstimmig beschlossen. Vielen Dank.
Wahl der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses 5/1 und deren Stellvertreterin gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Untersuchungsausschußgesetzes
Wird Aussprache gewünscht? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann kommen wir in die Abstimmung. Gemäß § 46 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung kann bei Wahlen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Mitglied des Landtags widerspricht. Gibt es Widerspruch? Ich sehe Widerspruch. Damit stimmen wir geheim ab. Ich erläutere Ihnen den Wahlzettel und das Verfahren. Die Wahl der Vorsitzenden und der Stellvertreterin wird in einem Wahlgang mit jeweils zwei Stimmzetteln durchgeführt. Jeder Abgeordnete hat also zwei Stimmen, eine für jeden Wahlvorschlag. Die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses wird mit dem weißen, die stellvertretende Vorsitzende wird mit dem blauen Stimmzettel gewählt. Auf jedem Stimmzettel kann Ja oder Nein oder Enthaltung angekreuzt werden. Als Wahlhelfer bitte ich zu fungieren die Frau Abgeordnete Berninger, die Frau Abgeordnete Mühlbauer und den Abgeordneten Dr. Voigt. Ich eröffne die Wahlhandlung und bitte die Schriftführer die Namen zu verlesen.
Adams, Dirk; Augsten, Dr. Frank; Bärwolff, Matthias; Barth, Uwe; Baumann, Rolf; Bergemann, Gustav; Bergner, Dirk; Berninger, Sabine; Blechschmidt, André; Carius, Christian; Diezel, Birgit; Döring, Hans-Jürgen; Doht, Sabine; Eckardt, DavidChristian; Emde, Volker; Enders, Petra; Fiedler, Wolfgang; Gentzel, Heiko; Grob, Manfred; Günther, Gerhard; Gumprecht, Christian; Hartung, Dr. Thomas; Hauboldt, Ralf; Hausold, Dieter; Hellmann, Manfred; Hennig, Susanne; Hey, Matthias; Heym, Michael; Hitzing, Franka; Höhn, Uwe; Holbe, Gudrun; Holzapfel, Elke; Huster, Mike; Jung, Margit; Kanis, Regine; Kaschuba, Dr. Karin; Keller, Birgit; Kellner, Jörg; Kemmerich, Thomas L.; Klaubert, Dr. Birgit; König, Katharina; Koppe, Marian; Korschewsky, Knut; Kowalleck, Maik;
Kubitzki, Jörg; Künast, Dagmar; Kummer, Tilo; Kuschel, Frank; Lehmann, Annette; Lemb, Wolfgang; Leukefeld, Ina; Lieberknecht, Christine; Lukin, Dr. Gudrun; Marx, Dorothea; Matschie, Christoph; Meißner, Beate; Metz, Peter; Meyer, Carsten; Mohring, Mike; Mühlbauer, Eleonore; Pelke, Birgit; Pidde, Dr. Werner; Primas, Egon; Ramelow, Bodo; Recknagel, Lutz; Reinholz, Jürgen; Renner, Martina; Rothe-Beinlich, Astrid; Scherer, Manfred; Schröter, Fritz; Schubert, Jennifer; Sedlacik, Heidrun; Siegesmund, Anja; Sojka, Michaele; Stange, Karola; Tasch, Christina; Taubert, Heike; Untermann, Heinz; Voigt, Dr. Mario; Walsmann, Marion;
Konnten alle Abgeordneten ihre Stimme abgeben? Ich sehe keinen Widerspruch. Dann schließe ich die Wahlhandlung und bitte um Auszählung der Stimmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stelle folgendes Wahlergebnis fest für die Wahl der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses 5/1 gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Untersuchungsausschußgesetzes: abgegebene Stimmen 82, ungültige Stimmen 1, gültige Stimmzettel 81. Für den Wahlvorschlag der Fraktion der SPD, Frau Abgeordnete Dorothea Marx, stimmten 60 Abgeordnete, mit Nein stimmten 16 Abgeordnete, 5 Abgeordnete enthielten sich. Damit ist die erforderliche Mehrheit erreicht und ich frage Frau Abgeordnete Marx: Nehmen Sie die Wahl an?
Ich danke Ihnen und gratuliere Ihnen zum Ausschussvorsitz, wünsche Ihnen viel Kraft und ein gutes Händchen.
Ich gebe das Wahlergebnis bekannt für die Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses 5/1 gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Untersuchungsausschußgesetzes: Abgegebene Stimmen 82, ungültige Stimmen 2, gültige Stimmzettel 80. Für den Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE, Frau Abgeordnete Martina Renner, 47 Jastimmen, 24 Neinstimmen, 9 Enthaltungen. Damit ist die erforderliche Mehrheit erreicht.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch folgenden Hinweis: Gemäß dem gefassten Beschluss besteht der Untersuchungsausschuss aus neun Mitgliedern; drei Mitglieder der Fraktion der CDU, jeweils zwei Mitglieder der Fraktionen DIE LINKE und SPD und jeweils ein Mitglied der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Demnach kann die Fraktion der CDU noch drei Mitglieder und alle anderen Fraktionen jeweils noch ein Mitglied benennen. Darüber hinaus kann jede Fraktion bis zu zwei ständige Ersatzmitglieder benen