Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen den Charakter der Mitwirkung der Landesregierung zu einer Bringschuld machen. Es muss hier noch mal deutlich gesagt sein - Herr Kollege Ramelow hat es selbst angedeutet -, der Witz, den wir im Augenblick in Deutschland haben, dass Kontrollgremien der Parlamente bezogen auf den Verfassungsschutz ein Dokument nicht erhalten, das offensichtlich in den Redaktionen von Journalen seit Anfang des Jahres vorliegt, ist einfach ein Witz.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein Witz, und dann gestehe ich dem Innenminister vielleicht zu, dass er fragt und gesagt bekommt, nein, ihr dürft es nicht zeigen. Gut, was sollen Sie da anderes machen. Aber, wenn Sie in der letzten Woche sagen, in der nächsten Woche hat die Parlamentarische Kontrollkommission das und in meinem Postfach hat sich noch kein Brief gefunden, dass neue Unterlagen in der Geschäftsstelle angekommen sind, dann stehen Sie in der Kritik, Herr Geibert, Sie stehen in der Kritik.

(Zwischenruf Geibert, Innenminister: Der Vorsitzende hat das.)

Dann geht die Kritik an den Vorsitzenden, warum er das nicht der PKK zustellt. Bitte diskutieren Sie das einfach mal untereinander.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen die Selbstinformation stärken und wollen, dass die anderen Behörden des Freistaats Thüringen natürlich Rede und Antwort stehen müssen, wenn die PKK fragt. Das ist auch im Bundesrecht mit den CDU-Stimmen ein- und umgesetzt worden. Wir wollen Sondervoten einrichten und natürlich die Möglichkeit schaffen, dass die Parlamentarische Kontrollkommission sagt, dieser Sachverhalt ist von öffentlicher Bedeutung und er ist nicht so, dass damit Leib und Leben oder Ermittlungen oder anderes gefährdet ist. Deshalb wollen wir, dass Teile der Sitzungen der Parlamentarischen Kommission natürlich auch öffentlich geführt werden können. Die Kollegen meiner Fraktion in Berlin, aber auch Ihrer Fraktion können an solchen öffentlichen Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Abgeordnetenhaus natürlich schon teilnehmen und die Bundeshauptstadt Berlin ist daran nicht kaputtgegangen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir kündigen deutlich an: Wir werden bis zur Sommerpause die Frage der Ziele, der Mittel und des Sinnes, den so ein Verfassungsschutz als Behörde haben kann neben einem Parlament, das die Verfassung sehr gut schützt, diskutieren und einen Vorschlag vorlegen. Ich würde mich sehr freuen, wenn es ein gemeinsamer Vorschlag aller Fraktionen oder vieler Fraktionen sein könnte. Halten Sie sich doch einfach zurück mit unbegründeten Schelten derjenigen, die noch einen Augenblick nachdenken wollen. Wir würden gerne über Ihren Antrag heute diskutieren, wenn er da wäre, aber er ist nicht da. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Fiedler zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin schon erstaunt, dass hier verkündet wird, ich hätte die Unterlage - vielleicht liegt sie seit heute im Fach, kann ja sein, und ich habe noch nicht reingeschaut, kann ja durchaus sein -. Wenn wir jetzt anfangen, so miteinander umzugehen, dann, muss ich sagen, werde ich die Gangart auch verändern als Vorsitzender der Parlamentarischen Kontrollkommission.

(Abg. Adams)

(Beifall SPD)

So geht man nicht miteinander um. Ich erinnere mich, wie wir das eingefordert haben, ich erinnere mich an alle Dinge, die dagegen gesprochen haben, und ich erinnere mich daran, wie wir gesagt haben, so kann es nicht gehen. Ich erinnere mich auch daran, dass der Innenminister gesagt hat, er wird sich persönlich dafür einsetzen und dass wir das Ganze bekommen. Aber jetzt sich hierherzustellen und zu rufen „Der Vorsitzende hat das.“, das klingt so, als ob der Vorsitzende hier irgendetwas unterschlägt und der Kommission nicht zuführt. Außerdem ist die nächste Sitzung der Kommission ich hoffe, es fällt nicht unter Geheimnisverrat - am 1. Februar.

(Zwischenruf Dr. Poppenhäger, Justizminis- ter: Geheimnisverrat?)

Das ist mir egal. Herr Justizminister, da müssen Sie mich anklagen. Das ist doch Ihr gutes Recht. Ihre Staatsanwaltschaft, die sonst nichts sieht, da müssen Sie mal auf Offizialdelikt machen und müssen dann handeln,

(Heiterkeit und Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

damit habe ich die wenigsten Probleme. Außerdem hat die PKK die Einladung heruntergestuft - das weiß ich ganz genau - im Einvernehmen mit dem Innenministerium. So, jetzt sind wir dahin gekommen, wohin ich eigentlich nicht kommen wollte. Aber jetzt werde ich wirklich langsam sauer; erst einmal, Herr Adams, wie Sie so ganz schön fein hierher gehen. Ich meine, ich habe vorhin einige Dinge ganz klar auf den Tisch gelegt, bei denen ich Änderungswünsche sehe, bei denen ich sehe, das geht nicht, das geht nicht in die richtige Richtung usw. Dann sagen Sie aber auf der anderen Seite, ja, ich könnte mir vielleicht vorstellen, wie es die LINKEN wollen, wissenschaftliche Beobachtungen. Ja, wenn wir wissenschaftliche Beobachtungen machen, da können wir das Ding zumachen, können es einstampfen, da brauchen wir sie nicht mehr.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Rothe-Beinlich, dass sie sich vielleicht freuen und noch drei LINKE, ist mir klar. Aber genau die Gleichen, die jetzt klopfen, sind diejenigen, die zuerst schreien, wenn irgendwelche Aufmärsche von Rechtsextremisten sind und wir keine Vorabinformationen haben.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das sind genau die Gleichen, die dann sagen, die Regierung und die entsprechenden Organe haben nicht gehandelt. Das sind genau die Gleichen. Man kann sich über Trennungsgebot lange unterhalten, das sind Dinge, die kann man in dem ganzen Ding dann machen. Herr Adams, wenn Sie das zurate

ziehen oder das hier öffentlich beklagen, dass hier amtlich geheim gehaltene Dokumente in der Welt herumgeistern, in der Presse - ich bedaure das genauso, ich bedaure das, aber das sind Bundesdokumente. Das ändert nichts an der Tatsache, dass es zum Heulen ist, dass amtlich Geheimgehaltenes von wem auch immer durchstochen wird und in der Presse herumgeistert. Das ist doch das. Warum wird die Exekutive oder andere immer zurückhaltender? Weil sie Angst haben. Jetzt, seitdem das im Parlament, in irgendwelchen Gremien des Bundes, das will ich ausdrücklich sagen, auf einmal sprudelt alles, auf einmal kommt alles an die Öffentlichkeit. Ich bin nicht für Vertuschen, damit das ganz klar ist, ich bin für Aufklärung.

Herr Kollege Gentzel, wie Sie sich heute hergestellt haben, gut gebrüllt, Herr Gentzel. Ich kann das genauso gut. Solche Unterstellungen und solche Dinge, wir haben mehrfach miteinander gesprochen und wir haben gemeinsam diesen Koalitionsvertrag ausgehandelt, in den wir gemeinsam hineingeschrieben haben, wir wollen das ändern. Ich kann nichts dafür, wenn jetzt Landesregierung und meine Fraktion klipp und klar sagen, da wird eine Vorlage der Landesregierung kommen. Bitte schön, da kann man geteilter Meinung sein. Ich habe vorhin auch klar dazu gesagt, der wird kommen und am Ende spricht das Parlament und wir sind das Parlament, wir sind der Gesetzgeber und wir werden das hineinschreiben, wo wir unsere Dinge hier wahrnehmen.

Herr Gentzel, Sie erinnern sich noch daran, dass wir wohl bei den unterschiedlichen Ministern mehrfach ausgezogen sind, weil wir es uns nicht gefallen lassen haben. Wir sind mehrfach an die Präsidentin herangetreten, wir sind mehrfach an die Ministerpräsidentin herangetreten. Aber ich erinnere Sie auch daran, damit Sie es nicht vergessen, wir hatten auch mal einen SPD-Minister. Gerade bei dem SPD-Minister ist der Herr Roewer ein- und ausgegangen, an allen anderen vorbei. Nur die zwei haben sich in die Augen geschaut und alle anderen sind dort ausgeschaltet worden. Auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, wenn man hier so anfängt, die anderen zu diskreditieren. Ich lasse mir das jedenfalls nicht gefallen und meine Fraktion auch nicht.

Herr Abgeordneter Fiedler, einen kleinen Moment mal bitte, Herr Adams möchte Ihnen eine Frage stellen.

Heute nicht mehr. Wir können uns in der Kommission genug unterhalten, in den Ausschüssen, wo das hingehört.

Ich will das ganz deutlich machen, wenn wir jetzt schon anfangen - irgendeiner hat es mit der linken und der rechten Herzkammer gesagt -, uns öffentlich zu zerlegen, ich weiß ja nicht, wo das hinführt. Ich will das nicht. Wir sollten die Dinge klären und es sollte schnell der Gesetzentwurf auf den Tisch. Wir sind der Gesetzgeber, Landesregierung legt vor. Das ist das Entscheidende. Aber sich hier hinzustellen, mit „Kreide gefressen“ und was weiß ich den Populismus, Herr Gentzel, hatte ich von Ihnen schon besser gehört. Das glaube ich einfach mal, das sollten wir auch beibehalten.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Nun komm doch mal wieder auf den Teppich.)

Wir waren bis jetzt nicht auf dem Teppich. Ach ich? Aha, da hast du wohl vorhin das von deinem Kollegen nicht gehört? Das hast du einfach ignoriert und hast es durchsausen lassen. Aber wenn ich dann antworte und dagegenhalte, da bin ich der böse Bube - aha! So ist das halt.

Herr Abgeordneter Fiedler, jetzt hat der Abgeordnete Hauboldt das Bedürfnis, Ihnen eine Frage zu stellen.

Nein, meine Damen und Herren. Ich will ausdrücklich sagen, so geht man nicht miteinander um.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Doch!)

Ich glaube, dass dieses Parlament stark genug ist und die Koalition, schnell eine Vorlage auf den Tisch zu bringen. Ich habe das vorhin klipp und klar eingefordert, schnell eine Vorlage auf den Tisch bringen, damit wir darüber beraten können und damit wir entsprechend die Dinge, die durchsetzbar sind, die möglich sind, dass wir die auch hineinschreiben. Ich bin sehr dafür - ich kenne den Arbeitsaufwand in der PKK, der ist nicht unerheblich -, dass wir dort Erleichterung schaffen. Aber da sollten wir uns nicht gegenseitig beschimpfen. Dass DIE LINKE, Frau Renner, im Thüringer Landtag schon so lange, seitdem sie hier drinsitzt, die Abschaffung des Verfassungsschutzes fordert, das haben wir doch nun schon zwanzigmal zur Kenntnis genommen. Dann tun Sie doch nicht so, als ob Sie uns hier irgendetwas erzählen wollen. Wir wissen es und wir werden dem nicht folgen. Da bin ich mir sicher, dass die Koalition steht und dass auch andere dazu stehen werden. Denn wir brauchen dieses Gremium.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Wir wollten ihn schon abschaffen, da war Herr Roewer noch da.)

Auch darüber kann man reden, inwieweit ein Herr Roewer damals handeln konnte, wie er gehandelt

hat. Es ist schlimm genug. Eines kann ich nur versichern, auch die PKK hat damals heftig dazu beigetragen, dass der Herr entlassen wurde.

Meine Damen und Herren, überweisen wir das, wie vorhin gesagt wurde, und dann gehen wir an die Arbeit und bringen das ganz schnell raus, was uns die Arbeit erleichtert.

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Renner das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte ganz kurz ein paar Vorwürfe, die vorhin insbesondere von Herrn Adams erhoben wurden, zurückweisen und ein paar Klarstellungen vornehmen. Herr Adams hat ausgeführt, wir würden den Leuten vormachen, dass wir den Verfassungsschutz abschaffen wollen. Ich glaube, Herr Fiedler hat jetzt schon alles gesagt, wie oft wir hier schon gestanden haben,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und diese Forderungen in den verschiedenen Legislaturen erhoben haben. Ich möchte aber auch auf das gerade eben beschlossene Parteiprogramm in Erfurt verweisen, in dem eindeutig die Forderung Auflösung aller Geheimdienste formuliert ist und die Schaffung von Informations- und Dokumentationsstellen in Bund und Land unsere Forderung ist.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist daher in keiner Weise so, dass wir den Leuten etwas vormachen, sondern eine Forderung in den Raum stellen, die wir seit vielen Jahren inhaltlich und politisch dezidiert begründet vorgetragen haben. Wir werden unseren Gesetzentwurf zur Schaffung dieser Informations- und Dokumentationsstelle spätestens im März 2012 ins Parlament einbringen. Wir werden dabei alle bundesgesetzlichen Regelungen und Vorgaben beachten und wir werden dann sicherlich, bevor auch die Landesregierung ihre Änderungen zum VS-Gesetz abschließend beraten wird, im Ausschuss eine gemeinsame Diskussion aller hier vorgelegten Vorschläge durchführen.

Ich möchte auch zurückweisen, dass das Zitat aus Ihrer, Herr Adams, Pressemitteilung vom 09.12.2011 in irgendeiner Form von mir gewählt wurde, um verletzend wirken zu wollen. Um das klarzustellen, will ich das noch einmal vorlesen. Es ging darum, ich hätte Ihnen Vertrauen zum Geheimdienst unterstellt. Das Zitat lautet, Pressemitteilung vom 09.12.2011: „Der Verfassungsschutz ist eine Behörde mit tiefgreifenden Rechten. Da reicht

(Abg. Fiedler)

Vertrauen nicht aus - es braucht eine effektive Kontrolle.“ Ich habe nur gesagt, dieses Vertrauen haben wir nicht und das haben auch die meisten Bürgerinnen und Bürger nicht mehr. Ich glaube, Herr Gentzel hat Recht.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das hat schon Lenin gesagt.)

Lenin hat das aber nicht auf den Geheimdienst bezogen. Ich glaube auch nicht, dass das Zitat in diesem Zusammenhang geeignet ist, Herr Adams. Ich glaube, aus Ihrer Geschichte heraus ist es ganz und gar nicht geeignet.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)