Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

(Zuruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: An zwei Tagen.)

An zwei Tagen. Damit brauchen wir nur die einfache Mehrheit. Herr Kuschel will begründen. Bitte schön.

Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Antrag, heute die erste und morgen die zweite Lesung zu dem Gesetzentwurf ich verkürze es einmal - zur Hauptamtlichkeit des Bürgermeisters von Oberhof durchzuführen, ergibt sich aus den Zeitabläufen, die sich aus dem Kommunalwahlgesetz ergeben und die sich ergeben aus der Festsetzung des Wahltermins 22. April. Den hat die Landesregierung als Verordnungsgeber festgesetzt. Theoretisch wäre es auch möglich, dass der Verordnungsgeber diesen Termin für Oberhof noch nach hinten schiebt, weil die Wahlperiode des neuen Bürgermeisters erst am 1. Juli beginnt. Da dort aber die Landesregierung Herr des Verfahrens ist und nicht der Landtag, können wir, um die ordnungsgemäße Veröffentlichung des Wahlaufrufs zur Wahl des Oberhofer Bürgermeisters abzusichern, den Gesetzentwurf nur zwingend in erster und zweiter Lesung behandeln. Heute ist

noch eine Entscheidung des Thüringer OVG zu erwarten im Eilverfahren, nicht im Hauptsacheverfahren. Insofern ist es im Eilverfahren nur eine vorläufige Entscheidung und wir wissen nicht, wie im Hauptverfahren entschieden wird. Insofern ist es also am Gesetzgeber, seinen Willen zum Ausdruck zu bringen und möglicherweise dann die Fortführung des Klageverfahrens auch zu erübrigen.

Ich werbe dafür, unserem Antrag zuzustimmen, heute in erster und morgen in zweiter Lesung den Gesetzentwurf zu beraten und zu beschließen, so dass alle Abläufe, die sich aus dem Kommunalwahlgesetz ergeben, ordnungsgemäß stattfinden können. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Möchte jemand dagegen sprechen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir darüber ab, dass heute die erste Beratung und morgen die zweite Beratung zu diesem Gesetz stattfinden wird. Wer ist damit einverstanden? Ich sehe Zustimmung aus allen Fraktionen. Gegenstimmen? Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? Keine Enthaltungen. Dann verfahren wir so.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat beantragt, TOP 23, Nachhaltigkeit, auf alle Fälle morgen zu beraten nach den Gesetzen. Wer ist damit einverstanden? Zustimmung bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? Gegenstimmen bei den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Wer enthält sich? Ich sehe keine Enthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich sehe keine weiteren Vorschläge, so treten wir in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 1 in seinen Teilen

a) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drucksache 5/2407 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/3909

ZWEITE und DRITTE BERATUNG

b) Drittes Gesetz zur Änderung der Thüringer Landeshaushaltsordnung

(Abg. Bärwolff)

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drucksache 5/2408 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/3910

ZWEITE BERATUNG

Folgender Hinweis noch: Der Landtag war bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, das Fünfte Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in der Drucksache 5/2407 heute in zweiter und, sofern keine Ausschussüberweisung beschlossen wurde, in dritter Beratung zu behandeln. Das Wort hat der Abgeordnete Recknagel zur Begründung aus dem Haushalts- und Finanzausschuss.

Sehr geehrte Damen und Herren, die beiden Tagesordnungspunkte - Gesetz zur Änderung der Verfassung und zur Änderung der Landeshaushaltsordnung - wurden nach der ersten Lesung vom 24.03. an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Im Wesentlichen lässt sich sagen, als Argumente wurden seinerzeit vorgetragen von der LINKEN, es sei eine Investitionsbremse, und von der CDU, man renne mit dem Antrag offene Türen ein, es sei schon lange Position der CDU.

In der ersten Ausschussberatung am 07.04.2011 wurde eine schriftliche Anhörung beschlossen. Am 09.06.2011 wurde in einer weiteren Beratung des Haushaltsausschusses vonseiten der SPD-Fraktion die Bitte geäußert, angesichts der vielen umfangreichen Stellungnahmen eine Synopse zu erstellen, um die Ergebnisse übersichtlicher zu gestalten. Zudem wurde die Verwaltung gebeten, einen Vergleich der Rechtslage in den anderen Bundesländern zu erstellen. Im Ergebnis dieser Untersuchungen kann man feststellen, dass die meisten Länder Verschuldungsregelungen oder Einschränkungen der Verschuldung in den Landeshaushaltsordnungen vorgesehen haben. Weitergehende Beschränkungen gibt es in den Verfassungen der Länder Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, RheinlandPfalz, zum damaligen Zeitpunkt geplant in Sachsen und in Schleswig-Holstein. Von den Angehörten haben positive Stellungnahmen abgegeben - ich nenne hier einige exemplarisch -: das Bundesministerium der Finanzen, Prof. Lenk von der Universität Leipzig, die Thüringer Industrie- und Handelskammern, der Bund der Steuerzahler, die Bertelsmann Stiftung, der Verband der Wirtschaft, der Bauernverband, der Verband der Familienunternehmer und last but not least der Thüringer Rechnungshof. Die anderen Angehörten haben sich kritisch geäußert.

Zur Frage der Zweidrittelmehrheit für Abweichungen von den vorgesehenen Regelungen - diese Zweidrittelmehrheit befürworteten ebenfalls etliche, insbesondere die oben genannten Angehörten. Manche hielten die Regelung aber auch für zu streng und zu unflexibel.

Es wurde gleichwohl von den Angehörten trotz der rigiden Festlegung die Möglichkeit der Umgehung auch dieser strengen Regelung gesehen. Einige forderten sogar weitergehende Regelungen, unter anderem zur Sicherung der Gemeindefinanzierung. Es wurde im Anhörungsverfahren durchaus die Gefahr gesehen, dass das Land keine hinreichende Freiheit bei der Erhöhung oder bei der Einführung neuer Steuern habe und dadurch der finanzielle Spielraum verengt würde oder verloren ginge. Andererseits wurde darauf verwiesen, dass die Einsparungsmöglichkeiten im Landeshaushalt bei Weitem noch nicht ausgeschöpft seien. Dies war unter anderem die Position der Thüringer Industrie- und Handelskammer.

Am 06.10.2011, in einer weiteren Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses, wurde von der CDU-Fraktion um die Einbeziehung einer Schrift des Instituts der Deutschen Wirtschaft gebeten, die unter dem Titel „Konsolidierungs-Check: Schuldenbremse in den Bundesländern“ veröffentlicht worden war. Schließlich wurden in der Sitzung vom 19.01.2012 nochmals Argumente ausgetauscht. Im Kern seien hier zwei Positionen der Regierungsfraktionen genannt. Die SPD verwies darauf, dass die Bestimmungen des Grundgesetzes im Wesentlichen ausreichten. Aufseiten der CDU wurde gemeint, man sei dafür, ein Neuverschuldungsverbot in der Verfassung zu verankern. Dieser vorliegende Vorschlag sei aber zu starr und aus Gründen der Koalitionstreue käme selbst eine Enthaltung in der Sache nicht infrage. Im Ergebnis gab es dann eine Abstimmung, die mit den Stimmen der Koalition, der LINKEN und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der FDP die Empfehlung aussprach, die Anträge abzulehnen.

Danke schön. Wir beginnen jetzt mit der zweiten Beratung des Fünften Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in der Drucksache 5/2407. Ich eröffne die Aussprache und als Erste zu Wort gemeldet hat sich die Abgeordnete Annette Lehmann von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, in zweiter Lesung behandeln wir heute die Gesetzentwürfe der FDP zum Thema „Schuldenbremse in die Thüringer Verfassung“ und der Verschärfung der bereits vorhandenen Regelungen der Thüringer Haushaltsordnung.

(Präsidentin Diezel)

Seit der ersten Lesung hier im Landtag haben wir uns sowohl in unserer Fraktion im Haushalts- und Finanzarbeitskreis, wie natürlich auch - wie vom Kollegen Recknagel als Berichterstatter eben dargelegt - im Haushalts- und Finanzausschuss intensiv mit der Thematik beschäftigt, zwei Anhörungen durchgeführt und auch Ländervergleiche herangezogen.

Wie Herr Kollege Recknagel bereits ausführte, gab es sowohl positive als auch kritische Anmerkungen im Rahmen der Anhörungen und auch Hinweise für uns als Gesetzgeber hier in Thüringen von den Anzuhörenden. Auch die Medien haben in dieser Zeit immer wieder dieses wichtige und auch die Bürger sehr bewegende Thema aufgegriffen und darüber berichtet. Angesichts der Schuldenkrise in Europa hat in den letzten Jahren ein Umdenken der Menschen in Bezug auf das Thema Staatsverschuldung stattgefunden. Auch bei uns

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Leider reicht das nicht bis in dieses Plenum.)

- darauf komme ich noch zu sprechen, Herr Kollege Barth - hier in Thüringen sagt die Mehrzahl der Menschen, dass der Staat, also wir hier auch im Landtag als Gesetzgeber, keine neuen Schulden mehr machen soll und die Ausgaben den Einnahmen angepasst werden müssen. Zu Recht wird das so gesagt, wie auch meine Fraktion meint. So ist das auch bei der hier schon oft von uns vorgetragenen Zielsetzung für die CDU-Fraktion geblieben. Wir, als CDU-Fraktion, wollen auch in Zukunft Haushalte ohne neue Schulden verabschieden und wir wollen natürlich auch nach wie vor eine Schuldenbremse in der Landesverfassung verankert haben. Dafür werben wir um entsprechende Mehrheiten.

Da bin ich bei dem springenden Punkt, werte Kollegen der FDP und Herr Kollege Barth, diese Mehrheit hier im Landtag für Ihre beiden Gesetzentwürfe ist derzeit nicht gegeben. Das hat sich auch bei der Abstimmung im Haushalts- und Finanzausschuss gezeigt. Weil diese Mehrheit nicht nur deshalb nicht gegeben ist, weil wir und unser Koalitionspartner nicht zustimmen, sondern auch andere Fraktionen in diesem Landtag zumindest im Ausschuss nicht zugestimmt haben und Probleme mit Ihren Anträgen hatten, wird es also heute nicht zu einer positiven Abstimmung Ihrer Anträge kommen.

Wie unser Fraktionsvorsitzender Herr Mohring bereits in der letzten Tagesordnungsdebatte hier im Plenum - an Sie, die Kollegen der FDP, gerichtet sagte, macht es keinen Sinn, noch dazu bei einem wirklich so wichtigen Thema einfach mal zwei Entwürfe hier im Landtag vorzulegen, wohl wissend, dass man sie nicht durchbekommt, da es an der Zweidrittelmehrheit fehlt.

(Beifall CDU)

Wir meinen, dafür ist das Thema einfach zu bedeutend, als hier dieses Thema den politischen Debatten ohne Aussicht auf ein positives Ergebnis auszusetzen, wenn ich das mal so umschreiben darf.

Meine Damen und Herren, es hat sich beim Haushalt 2012 gezeigt, dass es gut war, dass wir bereits vor Jahren die Schuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung verankert haben

(Beifall CDU)

und wir, die CDU-Fraktion, damals richtig und vorausschauend gehandelt haben.

(Unruhe im Hause)

Nein, ich freue mich über diese weitsichtige Entscheidung, die wir damals getroffen haben, damals konnten wir sie noch allein treffen.

(Unruhe im Hause)

Das muss auch hin und wieder mal erwähnt werden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Waren das Zeiten!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts von mehr als 16 Mrd. € Schulden des Freistaats und weiterer Einnahmeverluste, wie wir alle wissen, von EU- und Bundesmitteln, aus den Solidarpaktmitteln und aufgrund der demographischen Entwicklung, die uns ja auch weniger Geld in der Kasse beschert, müssen wir künftig mit dem auskommen, was wir auch einnehmen. Das haben wir an dieser Stelle oft diskutiert, aber es sei zum Thema Schuldenbremse sachgerecht auch noch mal erwähnt. Wir sind jetzt auf einem guten Weg ohne neue Schulden und so soll es auch bleiben. Um das zu erhärten und deutlicher zu dokumentieren, werden wir natürlich weiterhin für die Schuldenbremse in unserer Verfassung auch bei unserem Koalitionspartner werben. In anderen Bundesländern hat die SPD eine solche Regelung mit auf den Weg gebracht, mit beschlossen. Warum soll das nicht auch hier in Thüringen noch gelingen? Die Legislatur, meine Damen und Herren, dauert ja noch eine Weile, so dass wir weiterhin natürlich darüber im Gespräch sein werden und wollen. Das bedeutet für uns aber heute, dass wir die Anträge der FDP zum einen aus der benannten Koalitionstreue ablehnen werden. Aber auch inhaltlich gibt es noch einiges zu diskutieren bzw. möchte ich einiges anmerken.

Die Vorschläge der FDP zur Verfassung sind zu starr und weitgehender als die Regelungen des Bundes im Grundgesetz. Die Aufnahme von Krediten in Notsituationen ist nach unserer Auffassung viel zu eng gefasst. Eine notwendige Zweidrittelmehrheit in Notfällen zu erreichen, dürfte sich angesichts eines schnellen Handelns in solchen Fällen als unpraktikabel erweisen. Ebenso muss die

Handlungsfähigkeit des Landes auch bei drastischen Einnahmeausfällen, wie zum Beispiel in der Wirtschaftskrise, gegeben sein. Deshalb ist die jetzt gültige Regelung der Landeshaushaltsordnung besser geeignet, auf Krisensituationen adäquat zu reagieren. Sicherlich hätte man auch einen Änderungsantrag zu Ihren Gesetzentwürfen machen können, aber ich habe es bereits begründet, warum auch das derzeit nicht möglich ist. Ich denke, zu gegebener Zeit werden wir mit eigenen Vorschlägen aufwarten. Wir halten die Anträge der FDP oder die Gesetzentwürfe für nicht praxistauglich, das ist der zweite Teil der Begründung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Für die Fraktion DIE LINKE hat sich zu Wort gemeldet Frau Birgit Keller.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, es wurde bereits erwähnt, wir haben den Antrag der FDP sehr ausgiebig diskutiert,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Bitte was?)

ja, im Ausschuss - da waren Sie sogar dabei, Herr Barth, in Vertretung - und wir sind im Ausschuss auch zu einem Anhörungsverfahren gekommen, das eine breite Möglichkeit zuließ, unterschiedliche Auffassungen aufzunehmen. Der Wunsch nach öffentlichen Haushalten ohne neue Kredite ist weit verbreitet, das zeigen auch die Ergebnisse der Anhörung. Auch DIE LINKE möchte gern Haushalte ohne neue Schulden aufstellen. So weit wären wir uns hier sicher alle einig. Wir sind uns dagegen nicht einig, was den Weg zu schuldenfreien öffentlichen Kassen betrifft.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Deswegen wundere ich mich.)

Ich bleibe dabei, eine gerechte Besteuerung hoher und höchster Einkommen und Vermögen würde Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich überflüssig machen.

(Beifall DIE LINKE)