Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute ein Thema, was uns nicht das erste Mal beschäftigt. Ich freue mich immer wieder, wenn ich die verschiedenen Redebeiträge höre, die hehren Worte, die in den Raum geworfen werden: Wir müssen es gerecht machen und es muss dem Bürger helfen usw. Das ist alles richtig. Bloß am Ende dürfen wir auch nicht vergessen, Frau Kollegin Mühlbauer und auch in Richtung des Kollegen Bergner, wir vertreten hiermit in erster Linie das Land. Wir haben auch die Finanzen des Landes zusammenzuhalten, damit das Land weiter handlungsfähig ist. Natürlich müssen wir das andere mit beachten, aber wir sollten nicht vergessen, dass wir insbesondere das Land vertreten.
Ich will jetzt gar nicht auf das Thema eingehen. Ich gehöre zu denen, die das „mit verbrochen“ haben seit 1990, dass das Ganze so gelaufen ist. Ich gebe es zu. Andere haben es nicht geschafft, mit hinein
zukommen. Aber vergesst nicht, ihr lieben Freunde der Liberalen, in der 1. Legislatur wart ihr auch dabei und dann war die SPD dabei mit Dewes. Aber das nur am Rande. Ich wünsche dem Innenminister viel Glück bei der Quadratur des Kreises, die hier ansteht, um das Ganze zu lösen. Ich will Sie noch mal an unsere Koalitionsvereinbarung erinnern, denn selbst die GRÜNEN und auch andere kontrollieren mittlerweile unsere Koalitionsvereinbarung. „Beide Seiten stimmen darin überein, dass im Bereich der Straßenausbaubeiträge für die Zukunft eine gesetzliche Regelung gefunden werden muss, die bürgerfreundlich, juristisch einwandfrei und für das Land finanzierbar ist. Gemeinsam sollen die insoweit bestehenden Möglichkeiten bis Ende 2010 ausgelotet werden und in einen konkreten Lösungsvorschlag einmünden. Die Interessenverbände sollen hierzu frühzeitig eingebunden werden.“ Das sagt eigentlich alles aus. Trotzdem bleibe ich dabei, es wird die Quadratur des Kreises. Aber da wir uns auch an das Gutachten von Prof. Brenner, in dem viele Dinge ausgeführt sind, und an die Rechtsprechung zu halten haben, wird es gar nicht so einfach, allen gerecht zu werden. Eines ist von vornherein klar - das haben wir schon mehrfach gesagt -, das Land ist nicht mehr dazu in der Lage, die Finanzen, die notwendig wären, um das Ganze zu übernehmen, bereitzustellen. Wenn das Land das alles übernehmen würde, gäbe es überhaupt keine Probleme, da wären die Kommunen zufrieden, da wären die Bürger zufrieden, da wären alle zufrieden. Das Land hat das Geld nicht, deswegen wird das nicht eintreten. Das muss man von vornherein ehrlich auch in der Öffentlichkeit sagen. Man kann viele Dinge erwägen und deswegen teilen wir ausdrücklich den Weg des Innenministers, dass man jetzt anhand des Gutachtens, anhand des Spruchs nach Möglichkeiten sucht. Ich finde es vollkommen richtig, dass der Innenminister angekündigt hat, dass er entsprechend loslegen wird, dass die Interessenverbände und viele andere einbezogen werden. Herr Innenminister, ich empfehle Ihnen nicht, Herrn „IM Kaiser“ aus der letzten Legislatur und Kuschel mit einzubeziehen. Der könnte schon längst ein Gutachten dazu geschrieben haben, das hat er immer noch nicht gemacht. Er hat einem anderen Innenminister schon einmal angekündigt, dass er gern als Gutachter bereitsteht. Es würde uns nur nicht helfen.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Da muss ich einen Auftrag haben, ohne Auftrag geht das nicht.)
Ja, ja, mal ausprobieren. Er kann eins schreiben, es hindert ihn doch niemand daran, er kann es sogar kostenlos abliefern, die anderen wollen noch
Geld dafür haben. Vielleicht hilft es, es ist doch noch ein bisschen Zeit, das mit in die Vorbereitungen aufzunehmen.
Ich will einfach darauf hinweisen, wie der Innenminister das bereits vorgetragen hat, dass jetzt im Frühjahr die Diskussionen losgehen, dass alle Spitzenverbände entsprechend mit einbezogen werden, dass eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung oberster Landesbehörden und von Prof. Brenner konstituiert wird, um im Zeitraum April eine Bewertung der eingegangenen Stellungnahmen vorzunehmen. Ich denke, das ist vollkommen richtig. Dann wird die Diskussion weitergeführt. Ich kündige für meine Fraktion an, dass wir Anfang Juni hier ein Forum dazu durchführen werden, auf dem wir die bisherigen Ergebnisse weiter vertiefen wollen, um hier auch alle mit einzubeziehen, um das Maximale, was rechtlich möglich ist, zu erreichen. Man sollte das wirklich auf den Weg bringen und ich wünsche dazu dem Innenminister und der Landesregierung viel Erfolg, denn am Ende wird es die Landesregierung gemeinsam tragen und die Koalition.
Abschließend möchte ich sagen, ich finde es vollkommen richtig, dass das Moratorium jetzt durch das Kabinett verabschiedet wurde. Wir brauchen dazu kein Gesetz der LINKEN. Ich wünsche dem Innenminister viel Glück.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Fiedler. Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Adams, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir GRÜNE begrüßen die Diskussion über das Straßenausbaurecht. Wir wollen uns hier intensiv einbringen. Gebühren, um nur ganz kurz unsere Position dabei darzustellen, das ist immer für uns auch die Frage, wie viel und wie groß brauchen wir bestimmte Investitionen, die dann über Gebühren wieder abgedeckt werden? Sparsamkeit hätte auch hier an manchem Punkt schon geholfen. Das gilt für den Abwasserbereich genauso wie für den Straßenbereich und für den Abfallbereich ganz genauso.
Zunehmend - und an der Stelle versprechen wir, uns ganz besonders einzubringen - ist es aber auch eine ökologische Frage, wie wir unsere Gebühren
gestalten. Es kann nämlich zur Sparsamkeit anregen oder der Verschwendung freien Lauf lassen. Weiterhin - meine sehr verehrten Damen und Herren und Herr Fiedler, es haben alle schon gesagt - haben wir einen Gordischen Knoten zu lösen. Ich finde, wir müssen uns in dieser Debatte, wenn wir sie offen führen, auch immer wieder der Frage stellen: Wie gelang das denn einigen Kommunen, ohne diese Gebühren auszukommen? Von der reinen Logik her hätten sie sofort in Insolvenz fallen müssen oder, so wie es Frau Mühlbauer prophezeite, bestimmte andere Aufgaben gar nicht mehr wahrnehmen können, also über die freiwilligen hinaus. An der Stelle übrigens, Frau Kollegin Mühlbauer, wollte ich Sie mal darauf hinweisen, dass ich das ganz erstaunlich finde, dass gerade immer die Vertreter der SPD die Schulen in freier Trägerschaft mit ihren ganz unterschiedlichen Ansätzen, die wichtig sind für unsere Bildungslandschaft, immer versuchen so ein bisschen zu diskreditieren als die Privatschulen der Reichen oder der Oberklasse, die ich in Thüringen einfach nicht wahrnehmen kann. Nehmen Sie doch mal zur Kenntnis, dass das eine sehr wichtige Bildungsarbeit ist, die dort geleistet wird. Ihrer Fraktion würde das gut zu Gesicht stehen, mit der Diskreditierung einfach mal aufzuhören.
Vielen Dank. Ich bin wieder sofort beim Tagesordnungspunkt. Ich habe gesagt, wir begrüßen die Diskussion. Wir wollen uns dabei einmischen. Wir müssen aber auch die Frage stellen, wie gelang das einigen Kommunen und wie bewerten wir das Ganze, dass einige Kommunen doch offensichtlich sich auch im Recht gefühlt haben, wenn sie die Ausbaubeiträge - zumindest einige - nicht erhoben haben.
Ich kann mich da ganz zurücklehnen und nehme einfach mal die Gnade des spät Gewählten und sage, damit haben wir nun wirklich nichts zu tun gehabt. Die Frage ist aber einfach nur: Bedeutet das nicht auch, dass der Zwang zu den Gebühren nicht wirklich besteht? Er mag rechtlich bestehen und wir haben das auch im Ausschuss ausgewertet und diskutiert. Er mag rechtlich bestanden haben, aber es war unklar. Auch dem müssen wir uns widmen, dass es zumindest für einige lange Zeit unklar war, und es haben einige geschafft, ohne diese Gebühren klarzukommen. Insofern sehen Sie schon, wir wollen uns dieser Diskussion kreativ widmen, wir wollen sie mit dem Blick auf Sparsamkeit führen und wir wollen sie mit dem Blick auf eine große Transparenz für die Bürger führen. Vielleicht gelingt uns dann das hier für unmöglich Gehaltene. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich sehe eine weitere Wortmeldung. Wir haben noch drei Minuten. Herr Abgeordneter Meyer.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die drei Minuten werde ich vielleicht nicht ausschöpfen. Ich wollte auf einen Aspekt hinweisen, der mir gerade bei dem Beitrag von Herrn Kuschel noch mal deutlich geworden ist, dass die Debatte - so emotional, so scharf und so lange und so notwendig sie seit 15 Jahren geführt wird - doch mal ein bisschen Struktur brauchen könnte meiner Ansicht nach. Wir haben drei Ebenen, über die wir uns immer schön unterhalten und immer schön gleichmäßig durcheinander. Auch in der Debatte eben gerade war das der Fall, nämlich das Thema der Behandlung der Altfälle. Wie ist rechtlich zu bewerten, dass Kommunen - muss man sagen - meiner Ansicht nach gegen Recht und Gesetz in der Vergangenheit verstoßen haben, aus welchen Beweggründen heraus auch immer? Das ist ein Aspekt, der geht mich nichts an. Da bin ich mal darauf gespannt, was die Rechtsgelehrten dazu sagen werden.
Die zweite Ebene ist die Frage der sozialen Abfederung des Kommunalabgabengesetzes so, wie es jetzt ist, d.h., wie kann man das Ganze reformieren mit dem Thema Stundung usw.? Ich kann Ihnen dazu auch gern Beispiele aus meiner privaten Lebenserfahrung mitgeben. In Niedersachsen gibt es das durchaus auch, wo bis zu 30 Jahre gestundet wird, aber dann auch gezahlt wird und nicht nur gestundet. Die meinen das dann schon ernst mit dem Thema inklusive Zinsen übrigens nebenbei bemerkt. Ich plädiere dafür, dass wir zunächst bei der Debatte anfangen mit dem Thema, ob es denn eigentlich grundsätzlich Straßenausbaubeiträge braucht.
Herr Kuschel, das ist so einfach nicht, um da gleich zu klatschen, denn es gibt ja meiner Ansicht nach nur zwei Möglichkeiten, wie man, wenn man sie nicht will, dann trotzdem dazu kommt, dass man Geld für Straßen innerorts hat oder auch nicht. Die eine Variante ist die Frage, es gibt trotzdem irgendeine Art von anderen Beiträgen von irgendwelchen betroffenen Bürgern. Da kenne ich aber keine seriöse andere Haltung, was man dort machen kann außer den betroffenen und letztendlich auch begünstigten Anliegern das Thema aufzudrücken. Das andere sind Steuergelder, und Steuergelder sind auch Bürgergeld, genauso - und das hat Frau
Mühlbauer richtigerweise dargelegt - wie auch Beiträge, nur dass in diesem konkreten Fall dann alle zahlen. Dann ist die Frage, wenn man einen Euro nur einmal ausgeben kann, wo gibt man ihn aus, für eine Gemeindestraße oder auch für einen Kindergarten?
Letzte Bemerkung dazu: Wir als GRÜNE haben durchaus das Problem, dass wir eigentlich immer der Meinung sind, mehr Beiträge der Bürger zu brauchen, weil z.B. nach dem jetzigen KAG solche schönen Sachen wie Baumstreifen, Grünstreifen an Straßen, Radwegeanlagen von den Bürgern mit wachsender Begeisterung abgelehnt werden mit dem simplen, wie ich finde, sehr kurzsichtigen Argument, es werden zu viele Straßenausbaubeiträge erhoben. Auch an dem Thema müssen wir arbeiten.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Mühlbauer, Sie haben damit begonnen, Kommunen hätten gegen geltendes Recht verstoßen. Da bitte ich wirklich noch mal den Innenminister darum, sich auch ein bisschen schützend vor die Kommunalpolitiker zu stellen.
Es hat sich erst im Nachhinein herausgestellt, dass einige offenbar das Recht anders interpretiert haben als das OVG. Aber ich muss noch mal sagen, bis zum Jahr 2001 kamen aus dem Innenministerium entsprechende Rundschreiben, die den Gemeinden ein Ermessen zuerkannt haben. Dann im Nachhinein zu sagen, die Kommunen haben rechtswidrig gehandelt und damit vom eigenen Versagen des Landes abzulenken, das halte ich einfach für unanständig. Das bringt uns überhaupt nicht weiter.
Und die Stammtischparolen, wer Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen fordert, würde sich gegen Kultur oder sonst was aussprechen, die habe ich satt. Die SPD hat seit 1999 dafür Sorge getragen sowohl in der Bundesregierung als auch über den Bundesrat, dass 44 Mrd. € in den öffentlichen Haushalten fehlen. Das war eine asoziale Politik und das hat dazu geführt, dass letztlich die Kommunen
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Struktur in der Debatte ist wirklich nicht schlecht, die brauchen wir auch. Das Erste, was man feststellen kann, ist, natürlich haben sich die Kommunen rechtswidrig verhalten. Vermutlich hat sich auch das Innenministerium mit seinen Hinweisen rechtswidrig verhalten. Es gehört nun einmal zu den Spielregeln des Rechtsstaats, dass, wenn die Gerichte nach einer gewissen Zeit feststellen, wie die Rechtslage richtig zu beurteilen ist, auch jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr weiß, was rechtmäßig und was rechtswidrig ist. Spätestens seit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts in der Benshausen-Sache wissen wir, wie für Thüringen - das ist nämlich unser oberstes Verwaltungsgericht in Thüringen - die Rechtslage zu beurteilen ist.
Rechtswidrig sich zu verhalten das passiert uns allen und solange wir das nicht unter den Voraussetzungen eines Straftatbestands machen, ist damit auch kein moralischer Vorwurf verbunden. Deswegen brauche ich mich gar nicht vor die Kommunalpolitiker zu stellen, weil niemandem, der möglicherweise eine falsche Rechtsauffassung gehabt hat, dadurch ein strafrechtlicher oder auch nur moralischer Vorwurf gemacht wird. Aber heute wissen wir, und das bestätigt das Gutachten von Herrn Brenner, dass die Praxis in 20 Prozent der Thüringer Kommunen mit dem geltenden Kommunalrecht nicht vereinbar gewesen ist. Nachher ist man klüger. Das ist auch so, wenn das Bundesverfassungsgericht spricht. Auch dann weiß man erst nach dem Urteil, wie die Verfassungslage beurteilt werden muss.
Dieser Ausgangsbefund sagt natürlich nichts über die Zukunft. Er sagt nichts darüber aus, wie wir das Problem lösen wollen. Dazu möchte ich gern noch etwas sagen. Aber es ist überhaupt keine Frage, dass, wenn man erkennt, dass rechtspolitischer Handlungsbedarf besteht und das Gesetz geändert werden muss, das Gesetz am Ende - das hat ja auch der Herr Meyer gesagt - irgendwann einmal
befolgt werden muss. Wenn wir keine Bananenrepublik sein wollen, wenn die Grundlage unseres Zusammenlebens der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat ist, dann müssen die entsprechend den demokratischen Verfahren beschlossenen Gesetze auch beachtet werden. Da ist mir aufgefallen, Herr Kuschel, wenn Sie mir den Seitenhieb erlauben: Als Frau Mühlbauer gesprochen hat, haben Sie erst geklatscht und dann hat sie gesagt: „Gesetze muss man beachten.“ Da haben Sie den Kopf geschüttelt. Das darf natürlich nicht …
Kopfschütteln auf die Aussage hin, Gesetze müssen beachtet werden, ist, glaube ich, keine akzeptable Vorgehensweise.
Gesetze kann man hinterfragen und man kann sie auch ändern. Deswegen überlegen wir uns ja auch, wie wir sie ändern wollen. Aber an dem Ausgangsbefund ändert dies nichts.
Ich auch. Die Landesregierung hat sich dieser Thematik, wie gesagt, angenommen. Herr Fiedler hat darauf hingewiesen. Wir haben dieses Gutachten eingeholt und die Kenntnis der Problematik hat Niederschlag in der Koalitionsvereinbarung gefunden. Im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Straßenausbaubeitragsrechts wurde dieses Gutachten in Auftrag gegeben. Es ist Weihnachten eingegangen und es gehört, das kann ich auch als Gutachter sagen, zu den üblichen Vorgehensweisen, dass, wenn bestimmte Dinge nicht klar sind, nachgefragt wird, dann insofern ein kommunikativer Prozess zwischen Auftraggeber und Gutachtenersteller stattfindet. Dieses Gutachten zeigt eine Reihe von diskussionswürdigen Möglichkeiten zur bürgerfreundlichen Weiterentwicklung des Straßenausbaubeitragsrechts auf. Es ist, Herr Kuschel, auch das haben wir schon im Innenausschuss besprochen, natürlich keine Habilitationsschrift über das Straßenausbaubeitragsrecht gestern, heute und morgen, sondern es hält sich im Rahmen des Auftrags. Dieses Gutachten ist auf der Homepage des Innenministeriums veröffentlicht worden, den kommunalen Spitzenverbänden, den kommunalen Auf