Protokoll der Sitzung vom 03.05.2012

Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass bei der Überprüfung des noch geltenden Gesetzes die Erfahrungen im Bundestag und anderer Landesparlamente, aber auch die Hinweise von Organisationen und Bürgern ebenso eine Rolle spielten wie der technische Fortschritt. In unserem gemeinsamen Gesetzentwurf liegt der Schwerpunkt im Bereich öffentlicher Petitionen, aber auch eine noch stärkere Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen, die gesetzliche Verankerung einer Frist für die Abgabe von Stellungnahmen. Und hier, muss ich sagen, haben wir uns nicht davon leiten lassen, dass wir der Regierung mehr Zeit geben, sondern wir haben uns an der Frist, die in der Geschäftsordnung der Landesregierung schon drinsteht, orientiert. Aber auch die Einbeziehung der Fachausschüsse bei einer öffentlichen Anhörung zu Petitionen wurde von uns in diesem Gesetzentwurf mit eingearbeitet.

Bei den neu einzuführenden öffentlichen Petitionen handelt es sich um Bitten und Beschwerden von Bürgern, deren Anliegen von allgemeinem Interesse ist. Stellt der Petent den Antrag auf eine Veröf

fentlichung - und das betone ich ausdrücklich: stellt der Petent einen Antrag - und es liegen keine Ausschlussgründe vor, wird diese Petition auf der Internetseite des Landtags veröffentlicht und weitere Petitionsberechtigte erhalten die Möglichkeit der Unterstützung dieser Petition durch eine Mitzeichnung. Dies ist mit einer Frist von sechs Wochen möglich. Danach erfolgt eine Behandlung im Ausschuss entsprechend der Verfahrensgrundsätze und die Öffentlichkeit wird dann über das Ergebnis im Internet informiert.

Sie haben es schon gehört, eine Besonderheit stellt dabei die Mitzeichnung von mehr als 1.500 Bürgern dar, die zur Folge hat, dass eine öffentliche Anhörung unter Hinzuziehung der zuständigen Fachausschüsse, der Vertrauensperson stattfindet, es sei denn, der Ausschuss lehnt dies mehrheitlich ab. Wieso 1.500 Bürger? Wenn man nachrechnet, an welchem Quorum sich der Bundestag orientiert, wird man dazu kommen, dass wir nichts anderes hier hineingeschrieben haben.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da kommt man auf 1.200.)

1.380, würde ich jetzt mal so sagen, wir haben es aufgerundet, um es praktikabel zu machen. Aber ich denke, auch das ist letzten Endes nicht unbedingt des Pudels Kern. Sicher, jetzt werden einige Abgeordnete erwarten, wir haben es ja schon gehört, dass nicht nur die Mitzeichnung, sondern auch ein öffentliches Diskussionsforum, in dem die Bürger ihre Meinung zu den Petitionen zum Ausdruck bringen können, ermöglicht werden soll. Dies sieht unser Gesetzentwurf nicht vor, da diese zusätzliche Erweiterung der Angebote einen sehr hohen finanziellen, aber vor allem personellen Aufwand erfordert. Auch heute schon erreichen uns als Mitglieder des Petitionsausschusses viele Briefe und Anrufe, in denen uns Bürger ihre Wünsche, Vorstellungen und ihre Meinungen kundtun. Eine ungefilterte Möglichkeit der Veröffentlichung im öffentlichen Netz auf den Internetseiten des Landtags bedarf einer ständigen Betreuung. Nur so können Missbrauch und unangemessene bis hin zu unrechtmäßige und verletzende Äußerungen vermieden werden.

Sehr wichtig war uns aber die Aufnahme von Erleichterungen. Wir haben bereits davon gesprochen. Es ist jetzt möglich, die Petition schriftlich auch in Brailleschrift sowie mündlich auch durch den Einsatz von Gebärdensprachen oder lautsprachlichen Gebärden einzureichen. Die Präzisierung der Frist für die Abgabe der Stellungnahme habe ich bereits erläutert. Damit legen wir jetzt insgesamt einen Gesetzentwurf vor, der veränderte Bedingungen berücksichtigt, aber die neu entstehenden Kosten einen verträglichen Rahmen enthalten. Unser Gesetzentwurf ist zudem von Pragmatismus und dem Ziel einer praxistauglichen Reform

des Thüringer Petitionsrechts gekennzeichnet. Damit unterscheidet er sich grundlegend von einem hier bereits behandelten Vorhaben der LINKEN, dass eher auf Populismus und Agitation setzt.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist anmaßend.)

Der Gesetzentwurf der Opposition liegt bereits im Petitionsausschuss, wohin wir auch den Koalitionsentwurf überweisen wollen. Dann kann man beide Vorschläge nebeneinanderlegen und man wird sehen, welcher Ansatz der vernünftigere und praktikablere ist. Für eine detaillierte Auseinandersetzung beantrage ich die Überweisung an den Justiz- und Petitionsausschuss, wobei die Federführung im Petitionsausschuss liegen sollte.

Frau Schubert, noch ein kleines Wort zu Ihnen:

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, gern.)

Sie nehmen sich heraus, von hier vorn ganz viele kleine Nettigkeiten zu verteilen, aber sobald man selbst mal direkt wird, fühlen Sie sich doch schon getroffen, und man sagt ja bekanntlich, getroffene Hunde bellen, aber ich finde diesen Umgang nicht so ganz korrekt.

(Beifall SPD)

Vielen herzlichen Dank, Frau Kanis. Es liegt eine weitere Wortmeldung aus der Fraktion DIE LINKE vor. Das Wort hat die Abgeordnete Sabine Berninger.

(Unruhe DIE LINKE)

Austeilen ist immer einfacher als einstecken, aber man muss dann auch mit dem Echo rechnen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin. Herr Schröter hat in seiner Rede gesagt, die Koalition hat eine zeitgemäße Ergänzung vor, indem sie die öffentlichen Petitionen einführt. Mein lieber Herr Schröter, das hätten Sie auch mit dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE haben können, der am kommenden Sonntag einjährigen Geburtstag „feiert“.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie haben gesagt, mit Ihrem Gesetzentwurf wollen Sie Menschen, die Barrierefreiheit brauchen, den Zugang ermöglichen. Das, mein lieber Herr Schröter, hätten Sie auch mit dem im November 2011 von der Fraktion DIE LINKE im Petitionsausschuss vorgelegten Änderungsantrag haben können, in dem wir Brailleschrift drin haben, einfache Sprache und Gebärdensprache.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Vorlagennummer ist die 5/1942, falls Sie es noch einmal nachlesen möchten, Herr Schröter.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Nicht so genau, nicht so genau.)

Sie haben, sehr geehrte Damen und Herren der Koalition, eine für mich ganz unverständliche Regelung in Ihrem Paragraphen zu öffentlichen Petitionen, dass nämlich die Petenten beantragen müssten, dass ihre Petition veröffentlicht wird. Welchen Sinn macht das denn, wenn ein Petent oder eine Petentin eine Petition einreicht und die ganzen Kriterien erfüllen muss, damit es eine öffentliche Petition werden kann. Das macht man ja bewusst, dann möchte man doch eine öffentliche Petition, die auch von anderen gesehen werden kann. In unserem Gesetzentwurf steht, „im Einvernehmen mit dem Petenten“, also wenn ein Petent nicht ausdrücklich widerspricht. Aber extra dazu noch einen Antrag zu stellen, damit setzen Sie die Hürden ganz schön hoch, meines Erachtens. Aber, meine Damen und Herren, wir sehen, Sie kommen um die öffentlichen Petitionen nicht herum. Anders als Frau Kanis das eben hier dargestellt hat, setzen Sie aber das Quorum noch höher als die 50.000 im Deutschen Bundestag. Das muss ganz eindeutig eine Initiative der SPD in Ihrer Koalition gewesen sein, denn noch in den Ausschussberatungen hat ein Vertreter der CDU die 1.000-Personengrenze, die 1.000-Mitzeichnerinnengrenze benannt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das möchte mir die SPD doch bitte einmal erklären, warum Sie jetzt noch so hochgehen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das ist doch jetzt wieder Agitation und Pro- paganda, was Du machst.)

Das Stichwort Agitation und Propaganda. Frau Kanis, ich finde das wirklich sehr, sehr dreist,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

dass Sie uns mit unserem Gesetzentwurf Agitation und Propaganda vorwerfen. Beantworten Sie mir bitte die Frage, weshalb dann ganze Paragraphen wörtlich abgeschrieben worden sind aus unserem Gesetzentwurf, wenn der nur Agitation und Propaganda ist.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ab- schreiben!)

Sie merken, ich bin nicht ganz so nett und auch nicht so gleichmütig wie Frau Sedlacik und ihr Umgang mit der Tatsache, dass jetzt nach einem Jahr ein Gesetzentwurf vorliegt. Frau Sedlacik hat recht, abschreiben ist erlaubt und Links wirkt, aber meine

(Abg. Kanis)

Damen und Herren der Regierungskoalition, nicht erlaubt sind Verzögern und Taktieren und das ist das, was Sie hier gemacht haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Bis heute ist im Petitionsausschuss die Anhörung, die am 18. August 2011 stattgefunden hat, nicht richtig ausgewertet.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Pfui!)

Bis heute waren Sie im Petitionsausschuss nicht in der Lage, sich eine Meinung zu bilden zu der Anhörung, die stattgefunden hat zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. Ein Jahr lang haben Sie das nicht geschafft. Sie haben nicht einmal im Ausschuss angekündigt, dass Sie an einem eigenen Gesetzentwurf arbeiten. Ich nenne das Arroganz der Macht auch auf die Gefahr hin, einen Ordnungsruf zu bekommen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich muss noch mal ganz direkt auf Frau Kanis eingehen. Sie hat in der vorigen Woche eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie schreibt, die Initiative zur Einführung der öffentlichen Petition wäre von der SPD ausgegangen.

(Unruhe DIE LINKE)

Da fehlen mir tatsächlich die Worte. Die Initiative in Thüringen zur Einführung der öffentlichen Petition ging bereits in der 4. Legislaturperiode von der Fraktion DIE LINKE aus und in dieser wieder.

(Beifall DIE LINKE)

Sie haben dann tatsächlich auch letzte Woche noch versucht, Ihren Gesetzentwurf, der heute hier eingebracht wird, in den Jahresbericht des Petitionsausschusses für 2011 einzufügen. Das war dann, vielen Dank an Herrn Wetzel und Herrn Schröter, selbst der CDU zu peinlich.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe FDP)

Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Berninger. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor.

Es wurde aber Ausschussüberweisung beantragt, zum einen an den Petitionsausschuss. Wer dieser Ausschussüberweisung folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Dann ist diese Ausschussüberweisung so beschlossen.

Außerdem wurde beantragt, das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das Petitionswesen an den Justiz- und Verfassungsausschuss zu überweisen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind ebenfalls die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? Es gibt 1 Enthaltung in der CDU-Fraktion. Damit ist die Ausschussüberweisung beschlossen.

Die Federführung soll beim Petitionsausschuss liegen. Auch darüber müssen wir jetzt abstimmen. Wer dem so zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist die Federführung einstimmig beschlossen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Der Tagesordnungspunkt 7 wurde soeben geschlossen. Der Tagesordnungspunkt 8 a und b wurde abgesetzt, weil die Ausschussbeschlussfassung noch nicht vorliegt. Ich rufe deshalb auf den neuen Tagesordnungspunkt 8 in den Teilen