Und dass der Abgeordnete Kuschel im Parlament sitzt, war nicht der Bürgerwille, den Abgeordneten Kuschel zu wählen, sondern die Liste der LINKEN anzukreuzen.
Ein Blick auf die Kommunalwahlergebnisse vom Mai und April dieses Jahres zeigt, dass, wenn der Abgeordnete Kuschel persönlich antritt und sich um ein Amt bewirbt, wie um das Amt des Bürgermeisters in Arnstadt, dann sagen nicht mal mehr als 10 Prozent der Bürger, wir wollen diesen Mann wählen.
Darüber nachzudenken macht auch Sinn, wenn man das einschätzt und wenn man versucht zu relativieren. Ich finde, es mag so sein - manchmal hadern wir mit der Demokratie. An diesem Tag heute, nach dem Bericht der Landtagspräsidentin, tun wir das ausdrücklich nicht.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier heute entsprechend des Thüringer Gesetzes zur Abgeordnetenüberprüfung einen Bericht unserer Präsidentin gehört, der betroffen gemacht hat. Wir haben hier heute eine Erklärung des Abgeordneten Kuschel gehört. Trotz seiner respektablen Entschuldigung, die er hier vorgetragen hat, hat auch diese Stellungnahme betroffen gemacht.
Ich sage aber ganz deutlich an dieser Stelle, meine Damen und Herren, Frau Rothe-Beinlich, Ihre Wortmeldung hat mich noch betroffener gemacht.
Ich will das gern begründen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe bei Ihrer Rede hier vorn, haben Sie nicht zuletzt auch damit ein Stück fundamentale Kritik am Verfahren, was uns durch dieses Gesetz vorgegeben wird, vorgenommen. Das kann man tun, das ist legitim, das gehört zu den demokrati
Das ist mein, unser gutes Recht. Vielleicht ist es ganz hilfreich, wenn man einen Blick zurück in die Genesis dieses Gesetzes wirft. Ich weiß nicht, ob Sie das getan haben, ich gehe mal davon aus, Sie haben es getan. Dann müssten Sie wissen, dass dieses Gesetz in der zweiten Legislaturperiode geschaffen worden ist mit einer ganz klaren Sanktion im Gesetz formuliert,
dass bei festgestellter wissentlicher Zusammenarbeit mit Staatssicherheit und allen dazugehörigen Diensten damit ein Mandatsverlust verbunden war.
§ 8. Es gab einen Fall in der zweiten Legislatur, wo dieses Gesetz, genau dieser § 8 mit seiner Sanktion zur Anwendung gekommen ist und am Ende zum Mandatsverlust einer Abgeordneten der damaligen PDS-Fraktion geführt hat. Das ist auch bekannt, das kann man nachlesen. Es ist auch bekannt, dass diese Abgeordnete, man muss dann sagen diese ehemalige Abgeordnete, vor das Verfassungsgericht in Thüringen gezogen ist und das Verfassungsgericht aus den Gründen, die eben der Kollege Mohring hier vorgetragen hat, den Mandatsverlust trotz festgestellter Zusammenarbeit als verfassungswidrig eingestuft hat. Dem haben wir uns unterworfen als Landtag und haben in der 3. Legislatur das Gesetz so geändert, wie es heute vorliegt. Die einzige Sanktion, die uns als Parlament zur Verfügung steht, ist die Frage, darf jemand - und ich formuliere das jetzt mit meinen Worten um, Frau Kollegin -, der in einem früheren Staat, in der früheren DDR Menschen nachweislich Schaden zugefügt hat - er hat es ja heute auch hier erklärt - heute als Gesetzgeber unseren Bürgerinnen und Bürgern erklären oder sagen, was sie tun oder was sie lassen dürfen. Das ist die Frage, die ich mir stelle. Diese Verantwortung als Parlamentarier und als Parlament haben wir alle gemeinsam, zu sagen, darf jemand oder soll jemand, der damals diese Verantwortung wahrgenommen hat, heute in einem demokratischen Rechtsstaat den Bürgerinnen und Bürgern wiederum erklären, was sie dürfen und was sie nicht dürfen. Ich beantworte diese Frage ganz klar mit Nein.
Ich glaube, auch da im Namen meiner Fraktion sprechen zu dürfen. Deshalb haben wir eine Verantwortung hier in diesem Parlament, uns diesem
unangenehmen Procedere zu stellen. Ja, ich weiß das, ich war Mitglied dieses Gremiums in der letzten Legislatur. Ich weiß, wovon Sie sprechen. Ich kann das zum Teil beklemmende Gefühl, dass einem als Abgeordnetenkollege bei dem Studium der Akten - und ich sage an der Stelle ohne gegen Geheimhaltungspflichten zu verstoßen - schon der eine oder andere Schauer über den Rücken läuft beim Aktenstudium, dass man dann diese Erkenntnisse gewinnen muss und dass man sich dieser Verantwortung stellen muss. Die habe ich mir auch gestellt, steht es uns zu als Abgeordnetenkollegen? Ich habe gezweifelt, ich sage das ganz offen, aber am Ende steht die Verantwortung als Demokrat, die Verantwortung als Parlamentarier und deshalb haben wir uns dieser Verantwortung zu stellen und deshalb geht Ihre Kritik hier am eigentlichen Sachverhalt vorbei. Ich muss sagen, ich habe auch Zweifel an Ihrem eigenen Selbstverständnis. Mit den Worten, wie Sie hier heute aufgetreten sind, muss ich sagen, als selbsternannter Vertreter der Bürgerbewegung aus den 80er- und 90er-Jahren, ich fand das an dieser Stelle auch unwürdig. Das will ich an dieser Stelle deutlich sagen. Vielen Dank.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich kann hier nur sprechen, weil es die DDR nicht mehr gibt, sonst könnte ich hier gar nicht sprechen.
Ich bin überzeugt, wenn ich in der DDR gelebt hätte, hätte ich mir die quälende Frage, die Frau Kollegin Rothe-Beinlich eben aufgeworfen hat, stellen müssen. Ich weiß nicht, ob in der Art, wie ich eben nicht ganz handzahm bin, ich in der Partei, für die ich heute tätig bin, wenn ich für die Vorgängerpartei tätig gewesen wäre, wie schnell ich mit dem Dienst zu tun gehabt hätte, über den hier gerade geredet wird. Davon bin ich tief überzeugt. Deswegen sage ich, es ist gut und richtig, über die zum Glück untergegangene DDR mit ihrem Staatssicherheitssystem immer wieder zu reden und es nicht - Herr Kollege Kuschel hat es ausdrücklich gesagt - mit einem Schlussstrich zu beenden, weil - und da bin ich beim Kollegen Mohring - das MfS nicht Ausdruck einer Rechtsstaatlichkeit war, sondern ganz im Gegenteil. Es war eine Institution und eine institutio
nelle Macht, die als Machtapparat Menschen zerstört hat, nicht mehr und nicht weniger. Das kann man auch nicht schönreden und nicht verharmlosen.
Ja, Entschuldigung, dass ich die Freunde von der Blockpartei daran erinnern darf, dass Ihr auch dabei wart.
Ach, Kollege Barth, Ihre Anpassungsfähigkeit habe ich seit Jahren genießen dürfen und die Form, heute sich hier hinzustellen und Frau Rothe-Beinlich anzugreifen, das ist nur peinlich. Das ist nur unangenehm.
Ja, ich bin peinlich. Ja. Weil Sie das Instrument benutzen instrumentell. Wenn ich irgendein Argument noch hätte finden müssen, dass diese Art der Feststellung der Parlamentsunwürdigkeit eigentlich ein Instrument ist, um gegen eine politische Partei vorzugehen, dann haben Sie heute hier Ihren Beitrag dazu geleistet.