Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörer auf der Tribüne, ich bin der SPD erst mal dankbar, dass sie heute dieses Thema in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit rückt.
Ich freue mich natürlich auch, dass so viele junge Zuhörer heute hier sind, weil das ja die Zielgruppe ist, auf die man gerade aus dieser Richtung der rechten Szene abzielt.
Am 7. Juli plant die rechte Szene in Gera zum nunmehr zehnten Mal die Durchführung der auch als Nazi-Festival bezeichneten Veranstaltung „Rock für Deutschland“, und dies ungeachtet der Vorkommnisse, die wir in den letzten Jahren hier untersuchen in diesem Haus im Untersuchungsausschuss, was das Terrortrio anbelangt, welches ja in der rechten Szene über viele Jahre, ja Jahrzehnte sogar, fest verwurzelt war. Sie haben eine Blutspur durch ganz Deutschland hinterlassen. Das zeigt, wie gefährlich der Rechtsextremismus wirklich ist. Dieser als Konzert getarnten Propagandaveranstaltung der rechten Gesinnung sollte insbesondere mit Blick auf die Vorkommnisse der letzten Jahre mit
allen zur Verfügung stehenden Mitteln unseres Rechtsstaats entgegengetreten werden. Der Blick auf die zur Veranstaltung erwarteten Redner verdeutlicht, dass es sich nicht um ein reines Musikfestival handelt, sondern auch und vor allem um eine Art Werbeveranstaltung der rechtspolitischen Organisation sowie rechtspopulistischen Anhängern, zum Beispiel Karl Richter, stellvertretender NPDParteivorsitzender, oder Dieter Riefling, vorbestraft wegen Volksverhetzung, oder Udo Voigt und Michael Fischer, die bereits im Verfassungsschutzbericht 2011 in Bayern und Niedersachsen genannt wurden. Von welchem gedanklichen Inhalt diese Veranstaltung geprägt ist, zeigt auch ein Blick auf die für dieses Jahr angekündigten Bands, die fast ausnahmslos mit rechtsextremistischen Texten, dem sogenannten Rechts-Rock, oder eindeutigen nationalsozialistischen Erkennungsmerkmalen in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten sind. Diese Musikrichtung und die mit ihr transportierten Texte, insbesondere unter Jugendlichen eine große Fangemeinde, sind oft der erste Kontakt zum rechten Milieu mit allen seinen Folgeerscheinungen. In Zeiten, in denen wir schockiert immer mehr Einzelheiten über das Terrortrio erfahren, darf es ein solches bundesweites Rekrutierungstreffen nicht geben.
Die Zuhörer und Anhänger dieser rechten, menschenverachtenden Musik werden durch dumpfe Parolen und antisemitische Hasstiraden entweder weiter in ihrem verkehrten Weltbild und in ihrer Anschauung gestärkt oder sogar zur Ausübung von Gewalt gegenüber Andersdenkenden und Ausländern angestachelt. So wundert es denn auch nicht, wenn Anhänger dieser Szene zum Beispiel mit TShirts mit folgendem Aufdruck auftreten: „Eines Tages werden Sie sich wünschen, wir würden nur Musik machen.“ Ich denke, deutlicher kann man nicht zum Ausdruck bringen, welche Zielrichtung, welche Stoßrichtung hier verfolgt wird. Es zeigt deutlich, dass man nicht nur Musik machen will, sondern dass das nur der Einstieg ist, um hinterher Gewaltattacken gegen Andersdenkende zu veranstalten.
Mit der Veranstaltung sind zudem latente Gefahren für Bürgerinnen und Bürger von Gera und deren Eigentum verbunden. Überdies wird das Ansehen der Stadt, der Region und damit letztendlich auch des Freistaats Thüringen in Mitleidenschaft gezogen. Es haben sich bereits unzählige Organisationen, Kirchen, Gewerkschaften gegen die Durchführung des Konzerts ausgesprochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, daher sollten wir wie bereits 2009 beim sogenannten Fest der Völker geschehen - mit vereinter Kraft gegen die Veran
staltung „Rock für Deutschland“ und damit zugleich gegen die Naziszene und deren braunes Gedankengut vorgehen.
Auch das sind wir den Opfern der rechten Gewalt schuldig. Ich hoffe, dass auch am kommenden Samstag viele Demokraten auf die Straße gehen und friedlich für ein tolerantes Thüringen eintreten und gegen den Naziterror demonstrieren. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, am 7. Juli findet zum zehnten Mal das sogenannte Rock für Deutschland in Gera statt. Anmelder ist die NPD. In den Anfangsjahren wurden die Bürgerinnen und Bürger noch aufgefordert, an diesem Tag die Fenster zu schließen oder in den Garten zu gehen, mit anderen Worten, sie sollten nichts tun. Angesichts der vom Kollegen Lemb erwähnten 4.000 Teilnehmer im Jahr 2009 war klar, dass Nichtstun und Aussitzen keine Optionen für die Zukunft sind.
Meine Damen und Herren, seitdem hat sich in Gera viel verändert. Es gibt ein aktives Bündnis gegen Rechtsextremismus und einen runden Tisch für Toleranz und Menschlichkeit. Es gibt seit Jahren vielfältige Aktionen über das Jahr verteilt, die die Verharmlosung des Rechtsextremismus verhindern und die Bürger aufklären wollen. Es gibt jährlich Erklärungen des Stadtrates in Gera, jeweils mit großer Mehrheit und parteiübergreifend, mit dem Willen, nicht tatenlos diesem NPD-Treiben zuzusehen. Es wurden darüber hinaus alle Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, sich aktiv an den Protesten gegen das Hassfestival zu beteiligen.
Im Vorfeld des diesjährigen Konzerts fand durch die Landeszentrale für politische Bildung die Vorführung des Films „Blut muss fließen“ statt. Die Beteiligung der Geraer hierbei war sehr gut. Die vier Veranstaltungen waren ausgebucht, Schulklassen und Multiplikatoren nahmen daran teil und es wird Folgeveranstaltungen geben.
Man sieht, es wird in Gera und Umgebung bereits viel getan, aber das allein reicht nicht. Erst letzte Woche gab es zum wiederholten Mal im Vorfeld des Hasskonzerts einen Anschlag auf Abgeordnetenbüros, dieses Mal offenbar mit Sprengmitteln.
Die Sprecher des landesweiten Bündnisses gegen „Rock für Deutschland“ haben sich in einem offenen Brief nun an die Ministerpräsidentin sowie die Vorsitzenden der Parteien und Fraktionen gewandt. Darin wird unter anderem gebeten, ähnlich konzertiert wie 2009 in Pößneck, die Gemeinsamkeit der demokratischen Parteien öffentlich zu dokumentieren und Gesicht zu zeigen.
Es wird darum gebeten, am 7. Juli gemeinsam in Gera gegen die Antidemokraten zu demonstrieren. Es wird um Hilfe und Unterstützung durch die Landespolitik ersucht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als Fraktion DIE LINKE unterstützen diese Initiative ausdrücklich. Ebenso unterstützen wir die vielen anderen Initiativen gegen das Nazikonzert und bitten die Bürger darum, sich am 7. Juli an den Protesten zu beteiligen. Gera darf nicht alleingelassen werden; Gera darf ebenso wenig alleingelassen werden wie andere Städte in Thüringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben den Hoffnungen auf zivilgesellschaftliches Engagement brauchen wir aber auch durch die öffentlich Verantwortlichen aktives Handeln. Diese weit kommerzielle Veranstaltung der NPD am 7. Juli in Gera wird als politische Veranstaltung angemeldet und fällt daher unter das Versammlungsrecht. Tatsächlich treten aber dort Bands auf, deren Texte wegen ihres gewaltverherrlichenden und rassistischen Inhalts verboten sind. Es ist daher angezeigt, dass auch von den öffentlich Zuständigen in Gera und Thüringen alles Mögliche getan wird, dass diese Veranstaltung der NPD künftig nicht mehr stattfinden kann. Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, geehrte Damen und Herren, „Zehn Jahre ‚Rock für Deutschland’ sind genug“ lautet das Thema der aktuellen Debatte. Für mich und meine Fraktion sind „Zehn Jahre ‚Rock für Deutschland’“ eigentlich zehn Jahre „Rock für Deutschland“ zu viel.
Die stumpfsinnigen Texte der dort auftretenden Bands, das wurde eben schon erwähnt, möchte ich hier nicht adeln in diesem Hohen Haus und deshalb auch nicht zitieren. Ich denke, wir sind uns einig, dass dieses Festival nur als Ausdruck einer menschenverachtenden Gesinnung zu verstehen ist und nichts anderes.
Die Veranstaltung wurde als politische Demonstration angemeldet und war deshalb zumindest bisher vom hohen Gut der Versammlungsfreiheit gedeckt. Welchen Wert die NPD als Veranstalter auf den Kundgebungscharakter legt, das kann man schon daran erkennen, dass sie nicht mal in der Lage sind, den Namen des ehemaligen Bundesvorsitzenden richtig zu schreiben in der Ankündigung.
Wir setzen dennoch weiterhin unser Vertrauen natürlich auf ein rechtsstaatliches Genehmigungsverfahren seitens der Behörden, auch wenn absehbar ist, dass uns manches Mal Entscheidungen nicht gefallen werden und viele diese Entscheidungen auch wütend machen werden. Nicht alles, was man verbieten möchte, kann man verbieten. Eine Veranstaltung wie „Rock in Deutschland“ mag man theoretisch verbieten können, leider kann man nicht rechtsextreme Gesinnungen verbieten. Uns als Parlamentariern bleibt in solchen Fällen häufig immer nur das Mittel der Debatte und deshalb dürfen uns als Parlamentarier solche Umtriebe überhaupt nicht allgemeingültig sein und wir dürfen dazu niemals schweigen.
Wenn es uns damit gelingt, mehr Bürger deutlich für das Thema zu sensibilisieren, als rechtsradikale Besucher zu dieser Veranstaltung gehen - und davon bin ich überzeugt, dass uns das gelingen wird -, dann haben wir als Demokraten einen kleinen Sieg errungen.
Denn gerade das bürgerschaftliche Engagement aus der Mitte der Gesellschaft gegen Rechtsextremismus ist wichtig und dieses Engagement macht klar, dass die, die da behaupten, sie würden für die Masse der Deutschen sprechen, eigentlich nur recht wenige sind und dass Deutschland diese Art von Rock nicht will.
Ich habe auch Verständnis für Bürger, die sagen, ich gehe nicht zu einer Gegendemonstration, weil sie Angst haben. Gleichzeitig beglückwünsche ich all die Bürger, die den Mut aufbringen, sich trotzdem friedlichen Protesten anzuschließen, sich an diesen zu beteiligen und sich in ihren Familien, im Freundeskreis, in der Schule, bei den Kollegen mit diesen Themen auseinandersetzen und sich gegen menschenverachtenden Extremismus aussprechen.
Mein ganz besonderer Dank und der meiner Fraktion geht auch an unsere Polizei, die die schwierige und nicht selten undankbare Aufgabe hat, Veranstaltungen zu schützen und gleichzeitig auch Gegendemonstrationen abzusichern. Wir verurteilen auf das Schärfste die Anschläge, die auf Büros von Abgeordneten aus mutmaßlich diesen Personenkreisen getätigt werden, denn solche Anschläge verbreiten Unsicherheit innerhalb der Bevölkerung und sie verbreiten Angst. In einem Klima der Angst soll schließlich der demokratische Diskurs erstickt werden. Das dürfen wir in einer friedlichen Gesellschaft nicht zulassen und wir werden es auch nicht zulassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne bürgerliches Engagement stehen wir freilich als Parlamentarier und auch als Behörden letztendlich sehr alleine da. Mit bürgerlichem Engagement können wir „Rock für Deutschland“ vielleicht nicht verhindern, aber ganz sicher können wir verhindern, dass die politischen Vorstellungen der Rechtsextremisten Wirklichkeit werden, und dafür stehen wir hier alle. Danke schön.