Jörg Kellner
Sitzungen
5/5
5/9
5/12
5/18
5/21
5/22
5/30
5/31
5/33
5/36
5/41
5/43
5/49
5/52
5/55
5/56
5/57
5/58
5/59
5/61
5/64
5/65
5/67
5/69
5/70
5/76
5/81
5/84
5/85
5/86
5/87
5/89
5/90
5/91
5/96
5/98
5/99
5/102
5/103
5/110
5/113
5/118
5/121
5/122
5/128
5/131
5/134
5/138
5/140
5/144
5/149
5/157
5/161
Letzte Beiträge
Sehr geehrte Frau Präsidentin, gestatten Sie mir aufgrund der Besonderheit dieser heutigen Plenarsitzung, dass ich von meiner üblichen Reihenfolge der Begrüßung abweiche und mich zunächst an die hier im Landtag anwesenden Hinterbliebenen der Opfer wende. Ihnen möchte ich nicht nur in meinem Namen, sondern auch im Namen der gesamten CDU-Fraktion im Thüringer Landtag mein aufrichtiges Mitgefühl sowie mein tiefes Bedauern über die schrecklichen Taten zum Ausdruck bringen, die hier in Thüringen ihren leidlichen Ursprung genommen haben. Ich denke, wir alle hier im Saal sind uns darüber einig, dass diese abscheulichen Taten weder entschuldbar sind noch jemals in Vergessenheit ge
raten sollten. Zugleich hoffe ich, dass der gestern hier vorgelegte Abschlussbericht des Thüringer Untersuchungsausschusses zumindest einen kleinen Teil zu einer vernünftigen Aufarbeitung des traurigen NSU-Komplexes beitragen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste auf der Tribüne, werte Medienvertreter sowie Zuschauer draußen am Live-Stream, mit der gestrigen Vorstellung des 1.800 Seiten starken Abschlussberichts hat nach über zweieinhalb Jahren Arbeit der Untersuchungsausschuss 5/1 ein Ende genommen. Ungeachtet der Tatsache, dass aus Zeitmangel noch viele Fragen offen und ungeklärt geblieben sind, möchte ich an dieser Stelle ebenfalls zunächst ein paar Worte des Dankes verlieren, die bei aller Tragik der Ereignisse nach meinem Dafürhalten nicht zu kurz kommen dürfen. Mein Dank gilt zunächst den Ausschussmitgliedern aller Fraktionen für die zumeist konstruktive und vor allem zeitintensive Arbeit. Mein Dank gilt weiter den Fraktionsmitarbeitern, ohne deren tatkräftige Unterstützung insbesondere die Aufarbeitung der immensen Aktenberge nicht zu realisieren gewesen wäre.
Danken möchte ich natürlich auch der Landtagspräsidentin Frau Diezel für ihre tatkräftige und unbürokratische Hilfe bei der Unterstützung der Ausschussarbeit, etwa durch die Schaffung neuer Stellen im Referat A 3, um so eine effiziente und vor allem fachkompetente Betreuung des Ausschusses zu gewährleisten. Es versteht sich daher von selbst, dass ich mich auch bei der gesamten Mannschaft der Landtagsverwaltung für dieses große Engagement bedanke.
Danken möchte ich schließlich Herrn Innenminister Geibert sowie den zahllosen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Thüringer Innenministerium und der nachgeordneten Behörden, welche die 67 an das TIM gerichteten Beweisanträge bearbeitet und damit einen wesentlichen Teil zur Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses beigetragen haben.
Nicht verschweigen will ich an dieser Stelle, dass die Bereitschaft zur Vorlage von gewissen Akten am Anfang der Untersuchungsausschussarbeit etwas schleppend verlief. Das bezieht sich aber auch auf alle die, die Akten vorlegen sollten. Es gab eine Anlaufphase, die nicht die einfachste war. Auch damit mussten sich die Ministerien erst auseinandersetzen und finden. Ich will aber auch betonen, dass seitens des Innenministeriums über 4.300 Ordner mit nahezu 1 Million Blatt Papier an den Untersuchungsausschuss übergeben wurden. Ohne diese Unterlagen hätte der Ausschuss die zum Teil schweren Versäumnisse der Polizei, des Verfas
sungsschutzes und der Justiz nicht rekonstruieren, ermitteln und im Abschlussbericht nicht festhalten können.
Sehr geehrte Damen und Herren, wie bereits von der Vorsitzenden vorgetragen, offenbart der Abschlussbericht zahlreiche, zum Teil unerklärliche Versäumnisse der Thüringer Sicherheitsbehörden bei der Fahndung nach den drei aus Jena stammenden Rechtsextremen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Der Ausschuss hat in seinen insgesamt 68 Sitzungen versucht, Licht ins Dunkel der Ungereimtheiten bei der Entstehung der NSU-Terrorzelle, des Untertauchens sowie bei der Fahndung nach dem NSU-Trio zu bringen. Dies ist dem Ausschuss nach meinem Dafürhalten in weiten Teilen gelungen und kann damit zum einen als Erfolg der Arbeit gewertet werden und zum anderen aber auch als eine Art Erfüllung einer Verpflichtung gegenüber den Opfern und Hinterbliebenen.
Welche schweren Verfehlungen aufseiten der Thüringer Sicherheitsbehörden insbesondere im Zusammenhang mit dem Untertauchen des Trios im Jahre 1998 begangen wurden, war bereits gestern ausführlich Gegenstand der Pressekonferenz und findet sich auch heute in vielen Artikeln und Medienberichten wieder. Auch die Medien haben uns die ganzen zweieinhalb Jahre intensiv begleitet und Bericht erstattet, so dass die Öffentlichkeit ständig über unsere Arbeit im Untersuchungsausschuss informiert wurde. Zum Teil haben uns - das muss ich auch sagen - die Medien Anregungen und Hinweise gegeben, die wir dann im Untersuchungsausschuss aufgenommen und versucht haben zu klären bzw. in denen wir neue Anregungen gefunden haben, um weiter zu ermitteln.
Auch wenn die Arbeit des Thüringer Verfassungsschutzes sowie des Thüringer Landeskriminalamtes vor allem im Kontext mit der Fahndung nach dem Trio 1998 aufgrund der heutigen Erkenntnisse an vielen Stellen als undurchsichtig, kontraproduktiv und fehlerhaft bezeichnet werden muss, so ist sich der Ausschuss einig, dass auch vor allem die Justiz eine große Mitschuld an den damaligen Vorkommnissen sowie den verheerenden Folgen trägt. So hätte insbesondere Uwe Böhnhardt - auch das wurde heute mehrfach gesagt - am 26.01.1998 in Jena von der Polizei nicht sehenden Auges gehen bzw. laufen gelassen werden dürfen. Hier hätte die zuständige Staatsanwaltschaft Gera in ihrer Funktion als Herrin des Ermittlungsverfahrens sowie angesichts der Brisanz der damaligen Tatvorwürfe nicht derart leichtfertig handeln oder untätig bleiben dürfen.
Es gab natürlich auch andere, weitere Verfehlungen, die das LKA, den Verfassungsschutz und die Justiz anbelangen. Die Vorsitzende hat in ihrem Bericht ausführlich darüber berichtet, welche Verfehlungen und Ungereimtheiten in diesen drei Be
reichen in den Sicherheitsbehörden stattgefunden haben. Erwähnen möchte ich insbesondere auch, dass in den Zeugenvernehmungen oftmals nicht das Einsehen und auch die kritische Selbstbefragung stattgefunden hat, sondern größtenteils haben Zeugen den Eindruck der Verdrängung vermittelt. Das bezieht sich auf alle Bereiche, ob das die Justiz, den Verfassungsschutz, das LKA oder auch die Politik anbelangt. Wir haben mehrfach festgestellt, dass dort ein mangelndes Einsehen in die Verfehlungen, die stattgefunden haben, erkennbar war.
Tatsache ist, dass eine Fülle von Versäumnissen und Fehleinschätzungen auf unterschiedlichen Ebenen und Zuständigkeitsbereichen dazu geführt hat, dass sich eine rechtsextreme Gruppe formieren konnte, die später mordend und vor allem von Bundes- und Landesbehörden unentdeckt bis zum 4. November 2011 ihr Unwesen trieb. Damit sich so etwas auf keinen Fall noch einmal ereignet, hat der Ausschuss eine Reihe von Empfehlungen in den Abschlussbericht aufgenommen, die wir als CDUFraktion mittragen und grundsätzlich unterstützen auch diese wurden von der Vorsitzenden ausführlich mitgeteilt bzw. verlesen -, auf die sich der Ausschuss verständigt hat. Es sind Empfehlungen und ich hoffe und wünsche, dass von den Empfehlungen viel umgesetzt wird, denn wir können keine Vorschriften erlassen, aber wir können Anregungen geben, und das haben wir versucht, unsere zweieinhalb Jahre der Arbeit hinterher auch dort einfließen zu lassen, damit wir den Behörden entsprechende Hinweise geben können.
Nennen will ich an dieser Stelle exemplarisch die Intensivierung und den Ausbau der Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Landesebene, um gewonnene Erkenntnisse künftig schneller und gemeinsam nutzen zu können. Das war ein Defizit, was wir festgestellt haben, die Kommunikation zwischen Bund und Ländern. Wenn jetzt die Empfehlung gegeben wird, die bislang aus Zeitgründen nicht aufgeklärten Fragen und Komplexe in der kommenden Legislatur erneut auf die Agenda eines geeigneten Gremiums zu setzen, so sind trotz des gigantischen Umfangs des Abschlussberichts, wie bereits erwähnt, noch eine Fülle von Fragen offengeblieben, etwa der Mord an der aus Thüringen stammenden Polizistin Michèle Kiesewetter oder die Aufarbeitung der Ereignisse vom 4. November 2011 in Eisenach. Ob diese offenen Fragen in einer Enquetekommission oder in einem neuen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden sollen oder können, kann heute erst einmal dahingestellt bleiben.
Ein zentraler Aspekt nach der Vorlage des Abschlussberichts ist ohnehin die Frage nach den nunmehr zu ziehenden Konsequenzen und Schlussfolgerungen für die Zukunft. Eine erste richtige Konsequenz war insoweit die bereits im Juli 2012 sowie im Juli 2014 verabschiedete Novelle
des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes. Auch wenn dies natürlich das Leid der Hinterbliebenen keinesfalls lindert, so hat Thüringen nach dem Bekanntwerden der NSU-Taten damit einen wichtigen Beitrag zur Fehlerbeseitigung seitens des Verfassungsschutzes geleistet.
Ich will ein paar Punkte nennen, die uns wichtig waren, die auch in das Gesetz eingeflossen sind: grundlegende Neuausrichtung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz durch Integration in das Thüringer Innenministerium; Ausweitung der Kontrollbefugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission; Stärkung der Kontrolle des Amtes durch ein unabhängiges Controlling; Schaffung von gesetzlichen Regelungen für das Anwerben von VPersonen, insbesondere auch das Verbot der Alimentierung, was auch eine wesentliche Rolle im Fall Tino Brandt gespielt hat; Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen Verfassungsschutz, Polizei sowie den übrigen Sicherheitsbehörden ist aufgenommen worden. Diese Änderungen halten wir bei der Neuausrichtung für die Sicherheitsarchitektur im Freistaat zwar für einen richtigen Schritt, wir wollen es dabei aber nicht belassen. Wichtiger ist auch und vor allem, dass die neu geschaffenen Regelungen und Instrumentarien auf deren Effizienz und Wirksamkeit überprüft werden. Daher ist eine Evaluierung in ca. ein oder zwei Jahren mit eventuell anschließender Anpassung und Veränderung der logische Folgeschritt.
Unterstützen möchten wir die von der SPD vor wenigen Tagen geforderten Veränderungen in der Sicherheitsstruktur, soweit sich diese auf Änderungen auf Länder- und Bundesebene beziehen. Welche weiteren Schritte allerdings im Einzelnen richtig und geboten sind, muss dann in Abstimmung mit den Ländern und dem Bund erfolgen, um zu verhindern, dass genau wie erlebt unkoordinierte Einzelaktionen unterschiedlicher Behörden einer effizienten Ermittlungsarbeit, Strafverfolgung im Weg stehen.
Ein weiterer Aspekt ist die weitere Sensibilisierung der Gesellschaft im Kampf gegen Rechtsextremismus. Zwar können wir in Thüringen im Gegensatz zu anderen Bundesländern mit Stolz sagen, dass die rechtsextremistische NPD noch nie im Thüringer Landtag vertreten war,
das ist aber keine Garantie dafür, dass es auch so bleibt. Deswegen sind alle aufgefordert, genau da entgegenzuwirken. Ich hoffe, das NPD-Verbot hat Erfolg. Ungeachtet dessen, auch wenn man sich dann einen neuen Namen gibt, ist dieses Thema nicht aus der Gesellschaft, ist die Ideologie nicht aus der Gesellschaft. Deswegen sind wir alle aufgefordert, hier wachsam zu sein, dass es auch so bleibt, dass rechtsextreme Parteien in keinster Weise in den Thüringer Landtag einziehen dürfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt noch etwas über unser Sondervotum sagen. Alle Fraktionen haben ein Sondervotum abgegeben. Wir haben auch ein Sondervotum vorbereitet. An der Stelle möchte ich mich bedanken bei Beate Meißner und Frau Walsmann, meinen Kolleginnen im Untersuchungsausschuss, die maßgeblich mitgearbeitet haben. Ich möchte einleitend betonen, dass unser Sondervotum nicht als Kritik an dem Abschlussbericht zu verstehen ist, sondern vielmehr als Empfehlung zu verstehen ist, dass bestimmte Bereiche von uns ergänzt bzw. differenziert betrachtet werden. Insbesondere legt unser Sondervotum einen Schwerpunkt auf die besondere Aufbausituation in Thüringen nach der Wiedervereinigung 1990. Es ist sicherlich auch richtig und wichtig, dass wir als Untersuchungsausschuss 1990 begonnen haben und einen Schwerpunkt bis 1998 betrachtet haben und dann die Folgejahre, aber die 90er-Jahre waren der intensivste Teil. Es gehört auch dazu, dass man auf die politischen Verhältnisse, auf die strukturellen Verhältnisse zumindest hinweist. Wir haben das zu Anfang getan, aber aus unserer Sicht nicht entschieden genug und vielleicht auch nicht, ich sage einmal, differenziert genug die Sache betrachtet, als es dort im Ausschussbericht festgestellt wird. Es ist also nicht so, dass wir den Abschlussbericht ablehnen, sondern wir wollen ihn hier nur ergänzen, dass dieser Aspekt noch einmal gewertet wird. So werden nach unserer Auffassung die Besonderheiten der damaligen historischen Situation des Transformationsprozesses nicht hinreichend reflektiert. Der Ausschuss verfügte über einen weitaus besseren Erkenntnisstand als die damaligen Akteure und wir dürfen nicht vergessen, wir reden von 2014 und nicht von 1990. Diese Fülle an Aktenwissen und Entscheidungsgrundlagen, die wir als Ausschuss zur Verfügung hatten, stand den damaligen Akteuren nicht zur Verfügung. Wir wollen das nicht damit entschuldigen, die Verfehlungen sind entstanden, man hat versagt in vielen Bereichen, aber ich denke, wir sollten das Augenmerk auch darauf legen, welche Bedingungen wir damals vorgefunden haben. Die Polizisten, das haben auch alle in den Zeugenaussagen bestätigt, haben sich redlich bemüht. Sie haben versucht, alles zu erfüllen, was für sie an Aufgaben besteht, waren personell unterbesetzt - auch das waren mehrfach Argumente, die von den Polizisten vorgebracht wurden - und sie waren überfordert. Manche, das muss ich auch sagen, haben vielleicht die Aufgabe auch nicht ganz so ernst genommen und sie hatten andere Probleme in der Zeit nach 1990.
Ich möchte auch noch ein Wort dazu sagen, dass im Abschlussbericht schon der Eindruck erweckt wird, dass es in jedem Fall eine hundertprozentige Aufklärung geben muss. Auch das möchte ich ein
wenig relativieren, ohne die Verfehlungen und ohne die Missstände zu relativieren, aber es gehört auch zu der Tatsache, dass wir in Thüringen mit 60 Prozent Aufklärungsrate die Spitze in Deutschland bilden, was die Polizeiarbeit anbelangt, und wir können nicht von einem hundertprozentigen Erfolg in jedem Fall ausgehen, so bedauerlich das auch ist. Auch darauf wollten wir in unserem Sondervotum noch einmal hinweisen, dass wir letztendlich mit den Realitäten umgehen müssen, die uns tagtäglich hier vor Augen geführt werden.
Ein weiterer Fakt, der im Abschlussbericht zu kurz kommt, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat über 2.500 Mitarbeiter, Thüringen verfügt über weniger als 100 Mitarbeiter. Hier hätten wir mehr Augenmerk darauf lenken müssen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz Thüringen an der Stelle alleingelassen hat. Bis auf technische Hilfeleistungen ist kaum etwas passiert. Das hätte auch noch einmal deutlicher im Abschlussbericht ausgearbeitet werden sollen, dass dieser Fakt, der nun da ist, Ergebnis 1990 bis 1998, noch etwas mehr hätte vertieft werden können.
Zudem sind aus unserer Sicht datenschutzrechtliche Belange im Abschlussbericht nur ungenügend berücksichtigt worden. Dies wurde leider noch dadurch gesteigert, dass der Bericht, bevor er fertig war, mit sämtlichen Klarnamen bereits vor der offiziellen Veröffentlichung am Donnerstag allen Medien vorgelegen hat. Auch dieses Verhalten gegenüber vielen in dem Bericht genannten Personen in keinen direkten oder mittelbaren Verantwortungen, Vorkommnissen braucht Verantwortung.
Weiterhin möchte ich an der Stelle noch einmal festhalten, dass wir zwar viele Vermutungen über Sabotagen und Vereitelungen und Hilfe von Zeugen gehört haben, aber wir haben keinerlei Beweise dafür gefunden, dass es auch tatsächlich, dass es wirklich eine aktive Mitarbeit der Behörden gegeben hat.
Abschließend möchte ich mich noch einmal an die Hinterbliebenen wenden und ihnen von ganzem Herzen die nötige Kraft für die Zukunft und die Bewältigung ihrer Trauer wünschen. Ich sage dies deshalb, da aufgrund von Tagen wie dem heutigen oder auch dem Prozess in München ihre Erinnerungen an die schrecklichen Vorkommnisse sicherlich immer wieder neu aufgewühlt werden. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal vielen Dank, Frau König. Ich muss sagen, wir sind uns ja selten einig, aber an der Stelle kann ich Ihnen nur recht geben. Das, was sie vorgetragen hat, ist genau das, was ich letztendlich auch empfunden habe, als ich den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gelesen habe. Also herzlichen Dank, das war genau das, was ich letztendlich auch sagen wollte. Dem, was die Überschrift verspricht, wird es bei Weitem nicht gerecht. Hier werden Erwartungshaltungen geweckt, denen man auch mit Ihrem Antrag nicht gerecht werden kann. Der Innenminister ist eingangs darauf eingegangen, zum ersten Punkt, was alles Umfangreiches gemacht wurde, was auf den Weg gebracht wurde, um genau dieses Thema, nämlich die Tathintergründe der ungeklärten Mordfälle, zu eruieren. Das ist auf Bundesebene angesiedelt und, ich denke, da hat man auch ein deutliches Zeichen gesetzt, dass man es mit der Aufklärung an dieser Stelle ernst meint. In Ihrem Antrag, als ich den gelesen habe, kommt nach meiner Ansicht eins zum Ausdruck, dass Sie an der Stelle einen Widerspruch zu anderen Bereichen, zum Polizeiaufgabengesetz zum Beispiel, haben. Da haben Sie nämlich gefordert, mehr Polizei auf die Straße, mehr draußen sein, mehr unterwegs sein, Prävention usw.
Das hatten Sie immer gefordert. Wenn ich jetzt Ihren Antrag hier betrachte, den Sie eingebracht haben, dann muss ich sagen, ist es ein Widerspruch zu dem, was Sie gefordert haben, denn das ist überhaupt nicht leistbar. Um das vielleicht auch mal ein Stück weit zu verdeutlichen, was Sie zum Beispiel in Ihrem Punkt 2 gefordert haben, dem genannten Deliktkatalog, der juristisch nicht hinreichend bestimmt und somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon rein tatsächlich nicht zu realisieren ist, möchte ich Ihnen mal ein paar Größenordnungen nennen - vielleicht haben Sie das auch noch nicht recherchiert -, damit man die Dimensionen erkennt, was Sie letztendlich hinterher von den Behörden fordern. Um sich das noch mal vor Augen zu halten: Allein in der Thüringer Kriminalstatistik im letzten Jahr, im Bericht 2011, wurden insgesamt 136.955 Straftaten erfasst - 136.955, also fast 137.000 Straftaten. Selbst bei wohlwollender Auslegung der im Antrag 2 angeführten Delikte werden allein für das Jahr 2011 noch immer unzählige Straftaten erfasst. 20.167 Delikte aus dem Bereich der sogenannten Hoheitsdelikte und Straftaten gegen persönliche Freiheit, also über 20.000. 13.734 Delikte aus dem Bereich Körperverletzung, davon insgesamt knapp 3.500 Taten aus dem Bereich Mord, Totschlag, Körperverletzung mit Todesfolge,
gefährliche und schwere Körperverletzung, Raub, räuberische Erpressung usw., zudem 100 Taten unter Drohung oder Einsatz von Schusswaffen. Wenn man sich die Zahlen jetzt einmal vor Augen führt, was Sie jetzt - ein Jahr, 2011 wohl gemerkt, Ihre Forderung geht ja zurück bis in das Jahr 1990 -, wenn man sich das einmal vergegenwärtigt, was Sie hier fordern und gleichzeitig die Erwartungshaltung bei den Hinterbliebenen der Opfer damit wecken, auch Klarheit zu erreichen, scheint mir das doch sehr gefährlich. Die Erwartungshaltung kann man schlichtweg aus meiner Sicht jedenfalls nicht erfüllen. Dass die Opfer und auch die Angehörigen ein Recht darauf haben, zu erfahren, wie es dazu gekommen ist, was die Motivation war bei den ungeklärten Fällen, das versteht sich von selbst. Ich denke, das ist auch unsere Pflicht, dann alles dafür zu tun. Der Innenminister hat an der Stelle auch deutlich gemacht, was alles schon auf den Weg gebracht wurde. Das haben Sie aber alles ignoriert oder nicht zur Kenntnis genommen oder nicht verstanden. Ich kann es mir jedenfalls nicht erklären, wieso dann dieser Antrag überhaupt heute hier auf der Tagesordnung steht. Bei entsprechender Recherche hätten Ihnen wahrscheinlich viele, viele Fragen, die Sie hier gestellt haben, schon erklärt
werden können oder die Antworten hätten Ihnen vorgelegen.
Ich denke, dass gerade aufgrund des Untersuchungsausschusses der letzten zweieinhalb Jahre eine erhebliche Sensibilisierung auch bei den Behörden stattgefunden hat und dass man mit Sicherheit bei jedem Mord, jeder gefährlichen Körperverletzung in alle Richtungen ermittelt. Davon bin ich überzeugt. Wir sollten aber auch nicht ausschließlich jetzt auf 1990 zurückschauen, sondern wir sollten auch daraus die Schlüsse ziehen, nach vorn schauen und entsprechende Maßnahmen einleiten. Ich denke, der Minister hat das auch hinreichend schon begründet, was alles gemacht wurde, was alles gemacht ist, und wir haben ja auch in dem Innenausschuss mehrfach schon darüber beraten. Ich denke, an der Stelle sind wir auf einem guten Weg. Wir nehmen die Sache ernst, weil Sie hier auch den Anschein erwecken, als würde hier keiner etwas machen. Das habe ich auch nicht verstanden. Mit Ihrem Antrag tun Sie so, als würde hier nichts passiert sein, als hätte man im Prinzip nichts gearbeitet und man hätte die Sache sehr leicht genommen. Das stimmt einfach nicht. Herr Adams, das stimmt einfach nicht. Mit diesem Antrag haben Sie letztendlich diesen Eindruck erweckt und das ist nicht fair. Das ist auch nicht angemessen.
Deswegen muss ich sagen, können wir hier so Ihren Antrag nicht mittragen. Also ich habe nicht verstanden, warum Sie im Vorfeld nicht einmal besser recherchiert haben, dann hätten wir uns diese Zeit heute wahrscheinlich sparen können. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin mir sicher, dass sich hier im Hohen Hause alle darüber einig sind, dass Korruption in jeder Form bekämpft werden muss. Gleichwohl schießt der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE weit über das Ziel hinaus. Bereits in der ersten Lesung hatte ich darauf hingewiesen, dass in Thüringen bereits umfassende und zudem wirksame Instrumentarien existieren, um Korruption entgegenzuwirken. So ist gemäß Ziffer 4 der Richtlinie „Korruptionsbekämpfung in öffentlichen Verwaltungen des Freistaates Thüringen“ am 20. August 2002 bei allen obersten Landesbehörden Korruptionsbekämpfung ein Antikorruptionsbeauftragter zu bestellen. Bei allen anderen Behörden können je nach deren Zuschnitt und nach Umfang, Aufgabenbereich als dezentrale Kontrollinstanz Antikorruptionsbeauftragte bestellt werden. Soweit das nicht geschieht, sind für die Angelegenheit der Korruptionsbekämpfung und Antikorruptionsbeauftragten die jeweiligen obersten Landesbehörde zuständig. Zudem gilt in Thüringen selbstverständlich auch das Strafgesetzbuch mit seinen Korruptionstatbeständen, hier zum Beispiel § 290 ff. Strafgesetzbuch, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr oder § 131 ff. Vorteilsnahme, Bestechlichkeit. Überdies verfügen alle Ministerien und obersten Landesbehörden über einen Antikorruptionsbeauftragten.
Meine Damen und Herren, auch der Rechnungshof spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle und muss daher erwähnt werden.
Als geradezu vernichtend muss an dieser Stelle das Ergebnis der schriftlichen Anhörung im Innenausschuss bezeichnet werden. Auch hier wurde schon darauf verwiesen. Ich muss auch sagen, wir haben uns schon im Ausschuss intensiv damit beschäftigt. Nicht zuletzt haben wir die schriftliche Anhörung beschlossen, um Klarheit zu bekommen, wie denn die einzelnen Bereiche, Behörden, Verbände über das Gesetz denken. Uns war das schon sehr wichtig, dass wir auch an der Stelle eine große Meinungsvielfalt einholen und wir haben es uns nicht leicht gemacht, wie vielleicht hier der Eindruck erweckt wurde. Von den 15 eingegangenen Stellungnahmen - 15 - lehnten 11 den anzuhörenden Gesetzentwurf entweder ausdrücklich ab oder
äußerten schwerwiegende Bedenken. Abgelehnt wurde der Gesetzentwurf von den Spitzenverbänden, Ingenieurkammer Thüringen, Verband der Wirtschaft, der Handwerkskammer Südthüringen, Landesärztekammer, IHK, Handwerkskammer Erfurt. Wenn auch die Spitzenverbände darauf verwiesen haben, dass die Ressourcen nicht ausreichen würden, das, was im Gesetzentwurf mit einem Antikorruptionsbearbeiten vorgeschlagen wurde, der fest eingestellt werden muss, ist das aber nur die Hälfte, auf was sie hingewiesen haben. Entscheidend war, auch der Verweis von den Spitzenverbänden, gerade vom Landkreistag, dass wir hier Rechnungsprüfungsämter in allen Bereichen haben, gerade in den Landkreisen, die unabhängig arbeiten, die auch an keine Weisung gebunden sind. Ich bin selber im Rechnungsprüfungsausschuss und Vorsitzender in meinem Landkreis; ich weiß, wie intensiv da alle Bereiche betrachtet werden. Auch Baumaßnahmen, Vergabemaßnahmen, Ausschreibemaßnahmen werden über das Rechnungsprüfungsamt, über die Rechnungsprüfungsämter ausgewertet und, wenn es Probleme gibt, kritisch betrachtet. Also hier funktioniert das aus meiner Sicht sehr gut und darauf haben auch die Spitzenverbände hingewiesen. Auch die Gewerkschaft der Polizei lehnt diesen Gesetzentwurf ab und auch die Staatsanwaltschaft lehnt diesen Gesetzentwurf ab.
Also, ich denke, das sind doch deutliche Stimmen, die man einfach hören muss und die man zur Kenntnis nehmen muss, damit man wirklich ein Bild bekommt, was das Gesetz draußen bewirken würde. Aber selbst die vier Stellungnahmen, die dem Gesetzentwurf grundsätzlich aufgeschlossen gegenüberstanden, enthalten eine Vielzahl kritischer Anregungen und Bedenken, so dass der Gesetzentwurf insgesamt als Resultat „unbrauchbar“ und „überflüssig“ verdient. Das war auch das Resultat aus der Auswertung.
Ich möchte noch einmal darauf eingehen, was der Vorredner gerade gesagt hat, was Transparency International anbelangt und auch die Kritik, dass die Bundesrepublik nach wie vor nicht der UN-Charta beigetreten ist und ratifiziert hat, was bereits 130 Staaten gemacht haben. Ich habe in meiner letzten Rede darauf schon verwiesen, wenn wir das als Maß annehmen wollen: Wir stehen, die Bundesrepublik, derzeit im Ranking, in der Rankingliste, auf Platz 12. Wir haben aber noch nichts unterschrieben. Das Gesetz wird aber bzw. die Gesetzesverschärfung ist jetzt eingetreten, gerade was die Kritik war, die Abgeordnetenbestechlichkeit ist am 21.02. dieses Jahres im Bundestag beschlossen worden und damit der Weg zur Ratifizierung frei. Wir haben im Ranking Platz 12. Ich will einmal ein paar europäische Länder nennen, wo die sich befinden, die aber alle schon lange ratifiziert haben und dieser UN-Charta beigetreten sind: Belgien Platz 15, Frankreich Platz 22, Ungarn
Platz 47, Tschechien Platz 57. Ich könnte die Liste fortsetzen, die ist unendlich lang, es sind insgesamt 175, die dort ratifiziert haben, auch Afghanistan hat 2006 ratifiziert und ist auf Platz 175, was die Korruption anbelangt. Ich will nur damit sagen, es hat unmittelbar keine Auswirkungen, wenn ich ratifiziere, dass das hinterher funktioniert. Das sind zweierlei Paar Schuhe, was man hier immer so darstellen will, wir ratifizieren und dann wird alles besser, ganz im Gegenteil. Die Rankingliste zeigt ganz deutlich, dass es damit letztendlich in den anderen weit her ist und unser Antikorruptionsgesetz bzw. die Antikorruptionsbeauftragten, die wir schon haben, sicherlich gute Arbeit leisten, aber es ist natürlich noch zu verbessern, da gibt es gar keine Fragen. Aber ob Ihr Gesetz dafür tauglich ist, das bezweifle ich doch in hohem Maße. Also an dieser Stelle, und das wird Sie jetzt auch nicht überraschen, werden wir als CDU-Fraktion den Gesetzentwurf ablehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste auf der Tribüne! Von der Fraktion DIE LINKE, von Herrn Kalich hätte ich heute nichts anderes erwartet. Es wäre eigentlich egal gewesen, welches Gesetz der Minister heute vorlegt hätte, wenn Verfassungsschutz draufsteht, wäre das für Sie sowieso kein Thema gewesen. Sie hätten es abgelehnt. Sie sind nur die Antworten schuldig geblieben auf die Fragen, die sich ergeben, wenn nämlich der Verfassungsschutz nicht mehr da ist. Da sind Sie eine Antwort schuldig geblieben.
Doch, das ist so. Sie haben jetzt gerade dargestellt, was alles nicht geht und warum es nicht geht, aber Sie haben keine Antwort gegeben, wie es denn gehen kann. Wir sind davon überzeugt, dass es den Verfassungsschutz auch nach wie vor geben muss
und dass er seine Arbeit nach wie vor auch erfolgreich, erfolgreicher gestalten muss. Da sind wir auch einer Meinung, dass er sich verändert, verän
dert werden muss. Der Minister hat heute das Thüringer Gesetz zur Änderung sicherheitsrechtlicher Vorschriften eingebracht. Erst mal herzlichen Dank an den Minister, dass er heute das Gesetz hier vorgelegt hat und auch mit den inhaltlichen Erklärungen hier im Vorfeld des Gesetzes gebracht hat.
Ich komme jetzt kurz auf das Gesetz: Das, was heute vorgelegt wurde, wenn Sie es auch anders sehen, Herr Kalich, ist schon eine grundsätzliche Neuausrichtung des Verfassungsschutzes.
Das ist es schon, Herr Adams. Der Freistaat kommt damit den Beschlüssen und Verpflichtungen mit dem Bekanntwerden der NSU-Taten nach, die Sicherheitsbehörden neu aufzustellen.
Wir haben in den letzten Jahren im Untersuchungsausschuss viele Defizite festgestellt.
Die haben wir festgestellt, jetzt muss man aber auch dazu sagen, das waren die 90er-Jahre, Anfang 2000, wo wir uns jetzt bewegen. Es gab Defizite und die haben wir herausgearbeitet. Der größte Teil ist in dieses Gesetz eingeflossen und berücksichtigt worden. Das muss man akzeptieren. Diese Schwarzmalerei hilft uns an der Stelle nicht. Wir wollen den Verfassungsschutz, Sie wollen ihn auch, die Fraktion DIE LINKE etwas anders.
Entschuldigung, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das ist, weil Sie so dicht zusammen sitzen. Die Fraktion DIE LINKE lehnt es grundsätzlich ab, egal, was wir machen. Aber Sie haben ja auch einen Entwurf eingebracht, darüber werden wir uns dann im Ausschuss unterhalten und vielleicht finden wir Ansätze, die man übernehmen kann. Aber Sie können nicht abstreiten, dass der Gesetzentwurf, der heute vorgelegt wird, weitestgehend auch den Erkenntnissen aus dem Untersuchungsausschuss Rechnung trägt. Das ist so und wer das abstreitet, der war nicht dabei oder weiß nicht, was er sagt.
Frau König, von Ihnen hätte ich nichts anderes erwartet.
Der Verfassungsschutz soll als selbstständige Organisationseinheit und als eigene Abteilung im Innenministerium gestaltet werden. Auch das war ein Thema, was im Vorfeld diskutiert wurde, warum das
so gemacht werden soll. Wir gehen davon aus, dass sich damit die Kontrolle wesentlich verbessert, die Wege sich verkürzen. Das war auch ein wesentlicher Kritikpunkt von den einzelnen Zeugen im Untersuchungsausschuss, die wir gehört haben, oder die Feststellung, dass gerade diese Kontrolle des Verfassungsschutzes Ende der 90er-Jahre, Anfang 2000er-Jahre doch die Defizite aufgezeigt hat. Hier wurde das aufgegriffen, ich will auch an den Schäferbericht erinnern, der daraufhin erstellt wurde und der auch Hinweise gegeben hat, was zukünftig in die Verfassungsschutzorganisation mit einfließen sollte. Auch das ist aus unserer Sicht berücksichtigt worden. Der Minister hat es schon angeführt - stärkere Kontrolle des Amtes durch ein unabhängiges Controlling. Auch das ist meiner Ansicht nach ein wesentlicher Punkt, der neu ist und der uns an der Stelle erhebliche Sicherheiten bringt, dass umfangreich kontrolliert wird, aber auch rechtzeitig eingeschritten wird, wenn sich eventuelle Missstände darstellen.
Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle durch neue Kontrollbefugnisse der PKK: Auch das ist für uns ein wichtiger und wesentlicher Punkt gewesen, der immer eine Rolle gespielt hat, dass die Parlamentarische Kontrollkommission mehr Einfluss und mehr Möglichkeiten hat, sich mit dieser Materie zu beschäftigen. Dem, dass das die Abgeordneten nicht vollumfänglich leisten können, weil sie noch viele andere Aufgaben haben, hat man jetzt auch Rechnung getragen, indem man einen Geschäftsführer hier einsetzen kann, den die Mitglieder der PKK selbst bestimmen. Ich denke, das ist auch ein wesentlicher Gesichtspunkt, die Arbeit effektiver zu gestalten und den Mitgliedern der PKK die Möglichkeit zu geben, konkreter nachzufragen, da der Geschäftsführer mit entsprechenden Ermächtigungen bzw. Möglichkeiten ausgestattet wird, eine Art Sonderermittlung für die PKK zu machen, indem er in die Akten einsteigen und konkret ermitteln kann, um den Mitgliedern der PKK dann entsprechende Informationen zu geben. Ich denke, das ist ein wesentlicher Punkt, der den Verfassungsschutz an der Stelle öffentlicher macht, ohne öffentlich zu sein.
Eine Verbesserung erfährt auch der Informationsaustausch zwischen Polizei und den Sicherheitsbehörden des Landes. Auch das war und ist immer noch Thema im Untersuchungsausschuss, die Zusammenarbeit der einzelnen Dienste, ohne das Trennungsgebot auszuhebeln. Die Zusammenarbeit ist unerlässlich und aus unserer Sicht wichtig, das sollte auf jeden Fall weiter ausgebaut werden. Wir haben gezeigt, dass da die größten Defizite waren, dass Informationsverluste stattgefunden haben, wo sie hätten nicht stattfinden dürfen, und damit natürlich die Ermittlungen für die Polizei nicht unbedingt erleichtert wurden. Auch diesem Gesichtspunkt hat das Gesetz Rechnung getragen.
Des Weiteren soll die Arbeit des Verfassungsschutzes künftig ihren Schwerpunkt in der Beobachtung der gewaltorientierten Bestrebungen haben. Damit wird dem folgenden Beispiel anderer Bundesländer gefolgt, zum Beispiel Nordrhein-Westfalen. Auch hierzu hat der Minister schon Ausführungen gemacht, dass an der Stelle - es wird ein Stück weit anders berichtet - der Verfassungsschutz sehr wohl in allen Bereichen noch weiterermitteln muss und auch ermitteln kann.
Weiterhin sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Kontrolle der V-Leute, der Vertrauenspersonen, erheblich verschärft wird. Auch das war aus dem Untersuchungsausschuss klar herauszuhören, dass es jahrelang keine Kontrolle gegeben hat, was die V-Leute anbelangt, also keine Dienstanweisungen und keine Dienstvorschriften gegeben hat, was die Führung anbelangt. Das wurde in der Zeit - Ende der 90er-Jahre - noch einmal offensichtlich. Auch diesen konkreten Punkt hat man noch einmal aufgegriffen. Der Minister hat Ausführungen gemacht, unter welchen Bedingungen zukünftig V-Leute geführt werden. Das darf natürlich nicht dazu führen, dass V-Leute zum Schluss davon leben können. Das Beispiel Tino Brandt war sicherlich ein Extrembeispiel, aber es hat gezeigt, dass so etwas möglich ist. Auch dem wird Rechnung getragen, dass dies nicht mehr vorkommen kann und vorkommen wird.
Zur Präventionsarbeit: Auch hier hat der Minister ausgeführt, dass das sehr wohl noch im Verfassungsschutz ist. Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist richtig so, dass die Präventionsarbeit auch weiter beim Verfassungsschutz angesiedelt ist, wenn man sich vielleicht reinteilt, ich will das gar nicht sagen, aber weitestgehend trotzdem der Verfassungsschutz noch zuständig bleibt. Das ist auch gut so, weil nämlich der Verfassungsschutz als Erstes die Erkenntnisse hat, wo sich Kräfte bündeln, wo sich Kräfte sammeln, um im Prinzip die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu gefährden. Das sind die Ersten, die es wissen müssen. Dafür sind sie ja auch da. Deswegen ist es nur selbstverständlich, dass die natürlich rechtzeitig in die Prävention gehen und entsprechende Informationen geben, bevor der Schaden eingetreten ist, im Vorfeld. Darunter verstehen wir Prävention. Wenn hinterher der Schaden entstanden ist, dann ist es meistens zu spät. So ist das, wenn es die Kollegen der SPD vielleicht auch anders sehen. Aber wir sehen das so. Deswegen ist es auch gut, dass das im Gesetz festgehalten wurde. Der Minister hat die entsprechende Passage zitiert.
Im Großen und Ganzen bin ich erst einmal froh, dass dieses Gesetz in dieser Form so vorliegt. Wir werden die Möglichkeit haben, im Innenausschuss ausgiebig darüber zu diskutieren. Es gibt da noch den Gesetzentwurf von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der auch den Verfassungsschutz
betrachtet. Ich freue mich auf die spannende Diskussion im Innenausschuss. Wir beantragen für die Fraktion der CDU die Überweisung an den Innenausschuss.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf der Grünen hat sicherlich den Punkt getroffen, der uns im NSU-Untersuchungsausschuss alle bewegt, wo wir doch festgestellt haben, wie viele Defizite es gerade im Bereich Verfassungsschutz in den zurückliegenden Jahrzehnten gegeben hat, vor allem in der Zeit des NSU und dessen Untertauchen. Unser erklärtes Ziel war hier, auch aus dem Untersuchungsausschuss heraus, die Sicherheitsarchitektur in Thüringen zu verändern, zu verbessern. Ich hatte jetzt am Dienstag erst ein Gespräch mit einer Studentengruppe, wo dann zum Schluss gefragt wurde, welche dringendsten Aufgaben wir auch als CDU-Fraktion sehen, die wir bis zum Ende der Legislatur abschließen wollen. Meine Antwort darauf war, das Verfassungsschutzgesetz auf den Weg zu bringen und auch zu verabschieden. Ich weiß, dass der Innenminister an der Stelle auch ein Gesetz in Vorbereitung hat, was sich in der Feinabstimmung befindet, aber nichtsdestotrotz haben wir heute ein Gesetz vorliegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ich sage auch an der Stelle, wir werden uns einer Diskussion nicht verschließen und wir als CDU-Fraktion werden auch die Überweisung an den Innenausschuss mit beantragen. Auch wenn sich aus den Inhalten des Gesetzes, was ich von den Vorrednern gehört habe und Sie alle vernehmen konnten, doch erheblicher Aufklärungsbedarf, Diskussionsbedarf ergibt.
Ich will auch ein paar kleine Anmerkungen machen bzw. einzelne Paragrafen ansprechen, die aus meiner Sicht unbedingt geklärt und diskutiert werden müssen. Im Innenausschuss haben wir auf jeden Fall genügend Zeit, deswegen kann ich mich an der Stelle kurzfassen. Ich möchte aber eines noch vorwegschicken. Es geht jetzt nicht um die Struktur. Es
geht in erster Linie um Menschen, die an der Stelle versagt haben. Das muss man auch deutlich sagen. Wir haben im Untersuchungsausschuss mehrfach festgestellt, dass die Koordinierung nicht funktioniert hat, keine ordentliche Führung der V-Leute erfolgt ist, gerade in der Zeit des NSU bis zum Abtauchen die Dienstaufsicht versagt hatte - also alles Sachen, die eigentlich da waren, aber von Menschen, die die Verantwortung hatten, nicht genutzt wurden oder nicht ausreichend genutzt wurden. Auch das will ich vorwegschicken. Das gehört nämlich dazu, um nicht zu sagen, die Struktur ist schlecht, wir brauchen keinen Verfassungsschutz und dann ist alles gut. Das wird mitnichten so sein. Wichtiger ist, wir müssen den Verfassungsschutz auf den Prüfstand stellen. Es wird auch von der Landesregierung ein Gesetzentwurf vorgelegt werden und dann werden wir sehen, welche inhaltlichen Überschneidungen oder auch Möglichkeiten sich aus den Gesetzentwürfen ergeben. Das sollte unser Ziel sein.
Jetzt komme ich kurz zu dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es wurde hier schon mehrfach angesprochen, § 1: Das Landesamt wird bis zum 31.12.2014 aufgelöst. Aufgelöst! Das ist natürlich ein hehres Ziel. Parallel dazu sollen bis zum 31.12.2014 auch ca. 100 Beschäftigte entlassen werden. Aufgelöst - es muss aber am 01.01.2015 wieder arbeitsfähig sein. Es erschließt sich mir nicht, wie Sie das auf den Weg bringen wollen. Inhalt des § 2 ist, alle Mitarbeiter werden entlassen und dürfen auch im Anschluss weder im Verfassungsschutz noch in der beaufsichtigenden Behörde arbeiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das ist Berufsverbot. Das ist an der Stelle Berufsverbot, Verstoß gegen Artikel 12 Grundgesetz - freie Berufswahl. Ich komme darauf zurück, was Frau Marx gesagt hat. Ich entlasse sie und die dürfen in diesem Bereich nicht mehr arbeiten, von der Putzfrau bis zum Abteilungsleiter dürfen die in keiner Weise mehr in diesem Bereich tätig werden. Das ist klassisch Berufsverbot und das vereinbart sich mit Sicherheit nicht mit dieser demokratischen Gesellschaft, die Sie letztendlich auch immer einfordern. Ich denke, Sie sollten ernsthaft darüber nachdenken, ob das so richtig gedacht und auch wirklich so gemeint ist.
Weiterhin haben Sie auch festgestellt, dass der Verfassungsschutz seine Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen bezieht, ca. 80 Prozent, haben Sie da reingeschrieben. Dann stellt sich natürlich zwangsläufig die Frage: Was ist mit den anderen 20 Prozent? Wo kommen die Erkenntnisse beim Verfassungsschutz her? Wenn ich mal die 80 Prozent ansetzen würde, wo kommen die her? Parallel dazu sagen Sie, wir schaffen alle V-Leute ab, wir wollen keine V-Leute mehr haben. Jetzt ist die Frage: Wo kommen die Informationen her? Sie haben gesagt, wir arbeiten mit verdeckten Ermitt
lern oder Ähnliches. Das ist aber was völlig anderes. Herr Adams, wie Sie wissen, ist ein V-Mann im Verfassungsschutz etwas völlig anderes, der nämlich aus der Szene heraus agiert. Sie wissen auch, dass es gerade in dem Bereich, ob das rechts ist, ob das der Islamismus ist, ob das auch die organisierte Kriminalität ist, die Rocker wurden auch schon genannt, äußerst schwierig ist, wenn nicht unmöglich, von außen jemanden da reinzubekommen. Wir haben auch mehrfach festgestellt, wie wichtig es ist, von innen heraus die Information zu bekommen, und deswegen sind V-Leute aus unserer Sicht nach wie vor wichtig, um auch die entsprechende Information zu bekommen. Und vielleicht, weil immer gesagt wird, da gibt es keine Erfolge: Die Sauerlandgruppe, die die Sprengstoffanschläge vorbereitet hat, ist sicherlich jedem bekannt. Der entscheidende Hinweis wurde von einem V-Mann aus Baden-Württemberg gegeben.
Nein. Nein, Herr Gentzel. Baden-Württemberg, VMann, nachlesen, steht drin. NSA hat den Ansatz gebracht, der V-Mann ist natürlich ein ägyptischer Arzt gewesen, der dort den entscheidenden Hinweis gegeben hat. Da müssen Sie nachlesen, das können Sie ganz genau einsehen. Das kam letztendlich über den Verfassungsschutz. Weil das immer so gesagt wird, es gibt keine Erfolge.
Zum anderen wissen wir auch nicht, welche Information im Vorfeld auch an die Polizei gesendet wird. Dafür ist ja der Verfassungsschutz da, aufzuklären im Vorfeld, Vorfeldaufklärung zu machen, Polizei zu informieren, bei Aufmärschen, bei Demonstrationen usw. Da sollte man natürlich auch mal hinschauen, welche Informationen da gekommen sind. Wenn Sie sagen, wir wollen keine V-Leute mehr haben, dann werden auch diese Informationen der Polizei vorenthalten.
Dann sind Sie die Antwort schuldig geblieben, was mit diesen Informationen ab 2015, 01.01.2015, wird, die jetzt natürlich vorhanden sind, ob das Datensätze sind, aber auch andere Informationen, die aus der Szene vorhanden sind, die bisher beobachtet werden. Was wird mit diesen Informationen? Werden die vernichtet? Wer bekommt die? Wie soll es weitergehen? Das sind viele Fragezeichen, die sich hieraus ergeben. Zum anderen auch diese Stellen mit Fachleuchten neu zu besetzen, 100 Leute wollen Sie entlassen und die wollen Sie hinterher wieder auffüllen mit wirklichen Fachleuten. Wo nehmen Sie die her? Wo kommen die Fachleute her? Die können doch nur aus dem Verfassungsschutz kommen, von anderen Bundesländern - oder wo wollen Sie die hernehmen? Sie können ja schlecht irgendjemanden von der Straße holen und sagen, Sie sind jetzt im Verfassungsschutz
tätig. Auch das muss hinterfragt werden und Sie sollten vielleicht auch noch einmal überlegen, wie das gemeint ist. Vielleicht habe ich das auch alles falsch verstanden.
Dann haben Sie noch vorgeschlagen, dass nach zwei Jahren eine Evaluation erfolgen soll, wenn die ohne V-Leute - ich weiß nicht, wie das funktionieren soll, ohne V-Leute, wo Sie da ansetzen wollen, welche Informationen, die es nicht mehr gibt, wollen Sie dann aber evaluieren, ob Sie die trotzdem haben ohne V-Leute? Aber Sie wissen ja gar nicht, was die V-Leute gebracht hätten. Auch das halte ich für äußerst schwierig, da eine Überprüfung vorzunehmen. Also das erschließt sich mir in keiner Weise. Es ist wichtiger aus meiner Sicht, ein Verfassungsschutzgesetz auf den Weg zu bringen, wo auf jeden Fall die PKK gestärkt wird, wo die PKK auch entsprechend Einfluss nehmen kann und das Parlament darüber, über die PKK, natürlich entscheidend mitbestimmen kann.
Zu Ihrem Vorschlag in § 26, die PKK öffentlich tagen zu lassen: Mir erschließt sich überhaupt nicht, wie das funktionieren soll. Einen Verfassungsschutz, den es zwar gibt, der im Verborgenen arbeiten muss - Sie sagen, wir wollen keine V-Leute, aber trotzdem im Verborgenen arbeiten muss -, soll hinterher öffentlich mitteilen, was man herausbekommen hat, wo die nächsten Ansätze sind und was man als Nächstes auf der Agenda hat. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erschließt sich mir im Moment nicht.
Ich denke, das sollte für den Anfang reichen. Es gibt noch viele Fragezeichen, aber ich denke, dafür ist der Innenausschuss da, die vielleicht doch abschließend zu klären. Deswegen unser Antrag zur Überweisung an den Innenausschuss, um die Fragezeichen aufzulösen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema Untersuchungsausschuss und das Thema insbesondere heute der Aktuellen Stunde, Suspendierung des LKA-Präsidenten Herrn Jakstat, wurde schon in der Presseerklärung der drei Fraktionen vorweggegriffen. Schade, Frau Pelke geht gerade, vielleicht hätte sie sich mal anhören können, was unsere Sicht der Dinge ist, weil ich nämlich auch auf ihre Ausführungen zu sprechen komme.
Wir sollten an der Stelle vor allem eines tun, wir sollten nicht unbedingt nur die Gefühle walten lassen, wir sollten Fakten analysieren.
Ich höre hier immer, ich habe das Gefühl gehabt und die Gefühle haben mir bestätigt, dass der Zeuge die Wahrheit sagt.
Das wurde jetzt mehrfach gesagt. Noch mal: Wir sollten im Untersuchungsausschuss Fakten werten und Gefühle ein Stück weit hinten anstellen
bei allen wichtigen Themen, die es da zu beraten gibt. Heute haben wir die Aktuelle Stunde zum LKA-Präsidenten, der suspendiert werden soll. Dem hat die Pressemitteilung schon vorweggegriffen. Ich muss an der Stelle sagen, wenn wir über eine Suspendierung sprechen, bedeutet das, bei uns jedenfalls hier im Rechtsstaat, dass es eine Voruntersuchung geben muss, dass man genau wissen muss, was denn eigentlich passiert ist, dass es juristische und dienstrechtliche Vorschriften gibt, die letztendlich erst angewandt werden müssen, bevor man zur Suspendierung kommt. Sie greifen ja der Sache vor. Das haben Sie in der Pressemitteilung gemacht, das haben Sie auch heute wieder gemacht.
Jetzt wurde die ganze Zeit dargestellt, dass der Zeuge, der Herr Grosa, aus Ihrer Sicht glaubwürdig ist und die Wahrheit gesagt hat und deswegen
auch heute die Aktuelle Stunde ist. Ich habe von Ihnen nicht gehört - von keinem Vorredner bisher -, wie man die Aussagen der sechs Zeugen, der anderen Kriminalpolizisten, wertet,
nämlich im Umkehrschluss, wenn ich sage, der eine hat recht, sage ich nichts anderes als, die anderen sechs lügen oder sagen nichts.
Halt, halt, Herr Adams, ganz ruhig. Nur weil sie sich nicht erinnern können, sagen Sie, der eine kann sich erinnern auf einmal,
dann erinnere ich jetzt an der Stelle auch an die dienstrechtliche Erklärung, die schriftlich vorlag, wo Herr Grosa gesagt hat, er kann sich nicht erinnern, schriftlich.
Er hat im Ausschuss mitgeteilt, dass er, während er die dienstrechtliche Erklärung geschrieben hat, schon von diesem Telefongespräch gewusst hat, aber er hat das nicht in die dienstrechtliche Erklärung hineingeschrieben. Später hat er noch mal überlegt, uns das im Ausschuss mitzuteilen. Auch das gehört zur ganzen Wahrheit.
Weiterhin hat Herr Grosa gesagt, dass er mit keinem Kollegen im Vorfeld gesprochen hat, nach der Ausstrahlung von „Report“ keinen Kollegen angerufen hat. Hinterher hat sich aber herausgestellt, dass ein Zeuge gesagt hat, er hat mich sehr wohl drei Tage vorher angerufen und mich gefragt, ob ich mich auch daran erinnern kann. Auch das hat Herr Grosa gesagt. Vorher hat er gesagt: Ich habe mit niemandem gesprochen. Anschließend hat er gesagt: Ich habe dann einen angerufen - als wir ihn das zweite Mal in die Runde geholt haben, aber nur, weil Herr Dressler das bestätigt hat.
Ich denke, wenn wir über diesen Fall reden, so wichtig, wie er ist, er hat uns viel Kraft gekostet, auch an diesem Tag; so wichtig, wie dieser Fall ist, muss man aber beide Seiten betrachten. Es ist keine Einbahnstraße. Der sagt die Wahrheit und der andere lügt, er kann sich nicht erinnern. Jetzt komme ich zu Frau Pelke, die mittlerweile aus dem Protokoll zitiert hat was Herr Jakstat gesagt hat, dass er sich nicht erinnern kann. Das hören wir mittlerweile tausendfach, das ist nichts Neues. Aber was sie nicht dazu gesagt hat, und das ist das Entscheidende, er schließt aus, dass er jemals eine Anordnung gegeben hat, die Ermittlungen nicht durchzuführen. Das hat er zweimal gesagt, das schließt er
aus. Auch das gehört dazu. Wenn man schon was zitiert, dann muss man den ganzen Satz zitieren, ansonsten bleibt hier nur die Hälfte stehen, und das ist meiner Ansicht nach nicht redlich.
Aus diesem Grund, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich der Auffassung, man sollte in aller Ruhe und gewissenhaft in beide Richtungen ermitteln, wo letztendlich die wirklichen Tatsachen sind, in beide Richtungen. Es hilft nicht, einem zu sagen, er sagt die Wahrheit, und dem anderen, weil er sich nicht daran erinnern kann, dem glaube ich nicht und selbst wenn er anschließend sagt, das schließe ich aus für mich, das habe ich nie gesagt, kann man das nicht so im Raum stehen lassen. Also ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Untersuchungsausschuss verlangt viel von uns. Er verlangt von uns aber auch Augenmaß. Wir sollten uns davor hüten, jedes Mal Personalien zu fordern,
bis hin zum Innenminister mittlerweile.
Ich denke, das ist auch nicht unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist, zu klären, woran es gelegen hat und wenn das ein Fall ist,
dann werden wir in beide Richtungen ermitteln, und das sollte man dann auch tun. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Gesetzentwurf zur Gebührenfreiheit der Freien Sammlung bei Bürgerbegehren nach § 17 a und § 96 a Thüringer Kommunalordnung hatten wir schon im letzten Plenum ausreichend diskutiert. Ich habe gerade von Herrn Bergner gehört und auch von Herrn Kuschel, dass man es doch zu gern im Ausschuss gehabt hätte, um das noch einmal ausführlich zu besprechen und zu diskutieren, um Lösungen zu finden für ein Problem, was es, glaube ich, gar nicht so richtig gibt. Jedenfalls habe ich keines gehört. Ich habe im letzten Plenum gefragt, konkrete Beispiele, wo Bürgerbegehren, Bürgerentscheide nicht durchgeführt wurden, weil Gebühren auf den Antragstellern so gelastet haben, dass Sie das nicht machen konnten.
Ich habe das nicht gehört. Das Thema war mir so nicht bekannt und ist es bis heute noch nicht. Spätestens nach der ersten Beratung im Plenum hätte es entsprechende Reaktionen geben müssen - aus meiner Sicht -, wenn es ein Problem gegeben hätte. Deswegen bin ich schon der Meinung, wir sollten gut überlegen, was wir an den Ausschuss schicken und was wir nicht unbedingt im Ausschuss diskutieren müssen. Wir überfrachten die Ausschuss-Sitzungen teilweise mit Themen, die sicherlich alle wert sind, einmal besprochen und beraten zu werden, aber vielleicht sollte man sich auch auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist, wo wir wirklich Lösungsansätze oder Lösungen bringen müssen und durchführen müssen, als dass wir uns mit einem Thema beschäftigen, was mir bisher jedenfalls so nicht bekannt war. Ich habe das auch hier heute in der Runde nicht gehört, dass es soundso viele Antragsteller gibt, die ihre Unterschriftensammlungen wegen Gebührenlasten nicht durchführen konnten.
Bei dem Antrag, dem Gesetzentwurf, der vorgelegt wird, freie Sammlung bei Bürgerbegehren nach § 17 a und § 96 a ThürKO, übersieht meiner Ansicht nach der Antragsteller zwei wesentliche Punkte. Für das Aufstellen von Informationsständen auf Straßen, Plätzen durch Parteien, Bürgerinitiativen oder Einzelpersonen, je nachdem, wer letztendlich den Wunsch hat, Unterschriften zu sammeln, erheben die Kommunen die Gebühren, wenn es erforderlich ist oder wenn die Kommunen der Auffassung sind, sie müssen das machen. Es ist zulässig. Aber es ist eine Kannbestimmung. Auch das haben hier die Vorredner bzw. hat mein Vorredner, der Kollege Hey, schon angesprochen. Es ist eine Kannbestimmung und ich habe auch beim letzten Mal hier im Plenum gesagt, mir ist nicht bekannt, dass Kommunen auf Teufel komm raus Gebühren erheben, wenn ein Antragsteller kommt, ein Bürgerbegehren durchführen möchte, Sammlung durchführen möchte. An der Stelle hatte ich auch damals den Herrn Kuschel gebeten, er soll doch ganz konkrete Beispiele bringen, wo die Probleme wirklich entstanden sind. Das ist bisher nicht der Fall und das hat mich in meiner Meinung, aber auch meine Fraktion in ihrer Meinung bestärkt, dass wir dieses Thema nicht in den Ausschüssen diskutieren wollen und auch nicht müssen.
Zum anderen gibt es die Möglichkeit, neben der freien Sammlung auch die sogenannte Amtsstubensammlung durchzuführen. Das hat ein Stück weit Vorteile für den Antragsteller. Zum einen sind die Gebühren außen vor, zum anderen ist zum Beispiel bei über 100.000 Einwohnern, bei Städten, wenn die Gebühren durchführen, die Grenze nicht 7 Prozent, sondern 6 Prozent, wenn man Amtstubensammlung durchführt, also auch eine Erleichterung, weil ich ca. 500, 600 Stimmen weniger brauche, als wenn ich eine freie Sammlung durchführe. Das hat natürlich auch den Vorteil, die Leute wissen ganz genau, wo das Rathaus ist und in der Regel ist es im Rathaus, wo man sich hinwenden kann. Der Zugang ist in der Zeit gegeben und jeder weiß, wo er seine Stimme abgeben kann. Auch das spricht dafür. Also es gibt hier viele Möglichkeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Bürger sich mit ihren Begehren, mit ihrer Stimme melden können. Und die Gebührenfreiheit - da kann ich mich nur wiederholen - hat bisher noch kein - jedenfalls mir ist es nicht bekannt - Bürgerbegehren verhindert. An dieser Stelle muss ich das nicht weiter ausführen, das haben zum Teil auch schon Vorredner gemacht. Ich kann nur sagen, wir werden als Fraktion diesen Gesetzentwurf ablehnen und ihn natürlich auch nicht an den Ausschuss verweisen. Danke.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich könnte mich weitestgehend Herrn Hey oder seinen Ausführungen anschließen. Er hat eine ganze Menge dazu gesagt, was ich auch unterschreiben kann.
Ich will gleich auf Herrn Adams einmal kurz eingehen, der hier schreibt oder gesagt hat, die Vielfalt würden wir damit einschränken und dass man das Bürgerbegehren dadurch erschwert.
Das haben Sie so gesagt. Ich kenne kein Bürgerbegehren, das nicht stattgefunden hat, weil man kostenpflichtig geworden wäre. Mir ist jedenfalls kein Bürgerbegehren bekannt, das daran gescheitert ist. Wir machen das zum Schluss, ja?
Genau. Frau Präsidentin, vielen Dank. Mir ist jedenfalls keins bekannt. Und ich muss sagen, dass das Thema heute hier aufgerufen wird, ist ein Stück weit Populismus, denn ich habe bisher noch nichts gehört von den Spitzenverbänden, dass das ernsthaft ein Thema gewesen wäre, dass Anträge an die Kommunen gerichtet worden wären auf Freistellung von Gebühren bei Sammlungen. Ich habe das nicht gehört. Vielleicht kann mir das der Herr Kuschel nachher in einzelnen Beispielen vortragen, wo wirklich hier das Sammeln durch die Gebühren erschwert wurde. Das würde mich einmal interessieren.
Aber ich möchte einmal ganz kurz zurückkommen. Die Fraktion der Linken beabsichtigt mit ihrem Gesetzentwurf, dass das freie Sammeln und Bürgerbegehren, § 17 a und § 96 ThürKO, Thüringer Kommunalordnung, künftig frei von Gebühren und Auslagen erfolgen soll. Die Linken übersehen mit ihrem Gesetzentwurf wesentliche Fakten. Herr Hey hat mehrere schon angesprochen. Ich möchte die auch noch einmal aus unserer Sicht unterstreichen. Das Aufstellen von Informationsständen auf Straßen und Plätzen durch Parteien, Bürgerinitiativen oder Einzelpersonen stellt zwar vom Grundsatz her eine sogenannte Sondernutzung dar und berechtigt die Kommunen auch grundsätzlich zur Erhebung von Gebühren, allerdings handelt es sich insoweit um eine Kannbestimmung. Auch da hat Herr Hey schon Ausführungen gemacht. Natürlich, die Kommunen haben ihr Ermessen und das können sie auch ausüben und ich bin mir auch ganz sicher, dass die Kommunen das auch sehr sorgfältig machen und dementsprechend auch entscheiden. Das sollten wir auch dabei belassen, weil das vor Ort am besten entschieden werden kann. Ich bin da auch ganz der Meinung, da ist weniger mehr, was Regulierung anbelangt, und würde die Sammler oder die Antragsteller in ihren Zielen auch nicht beeinträchtigen. Jedenfalls, wie gesagt, ist mir keiner bekannt, wo ein Bürgerbegehren deswegen nicht stattfinden konnte. Also das Ermessen liegt bei den Kommunen, die die Gebühren festsetzen bei den Antragstellern, und das Ermessen wird pflichtgemäß ausgeübt, das habe ich schon gesagt. Ich bin
der festen Überzeugung, dass des Bürgers Wille meistens auch im Interesse der Kommunen ist, dieses auch unterstützt wird. So habe ich das bisher jedenfalls erfahren. Zu beachten ist insoweit auch, dass der Antragsteller einer freien Sammlung selbst entscheidet, wo bzw. in welcher konkreten Art er seine Unterstützungsunterschriften sammeln will. Ihm steht also frei, ob er den Ort der Sammlung so wählt, dass zum Beispiel gar keine Sondernutzungsgebühren anfallen. Zum Beispiel, man kann es auf Privatgrundstücken machen, man kann es auch auf öffentlichen Plätzen machen, wo die Sondernutzung im Sinne des Straßengesetzes ausscheidet. Also hier gibt es die Möglichkeiten und die Spielräume sehr wohl und dadurch wird natürlich auch die Vielfalt nicht eingeschränkt, wie der Herr Adams das vorhin ausgeführt hat.
Ich möchte noch einen zweiten Punkt ansetzen oder anmerken, viel entscheidender ist aber, dass die Thüringer Kommunalordnung für den Initiator eines Bürgerbegehrens in § 17 b auch die Möglichkeit der Sammlung von Unterschriften durch Auslegen von Unterschriftenlisten bereitstellt. Das war diese Stubensammlung. Auch die hat Herr Hey angesprochen, die ohne Weiteres möglich ist, um eine Vielzahl zu erreichen. Auch davon kann Gebrauch gemacht werden und wird auch Gebrauch gemacht. Auch an der Stelle fallen keine Gebühren an. Also Sie sehen, es ist jetzt schon eine ganze Menge möglich, diese Bürgerbegehren-Unterschriftensammlungen durchzuführen, ohne dass eine finanzielle Belastung auftreten muss, und ansonsten sind die Kommunen dafür zuständig und ich denke, da ist es auch gut angesiedelt. An dieser Stelle gebe ich auch gleich die Information weiter. Es wird wahrscheinlich die Fraktion DIE LINKE nicht überraschen: Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen, die Begründungen habe ich gerade geliefert. Ich danke Ihnen.
Entschuldigung, Frau Präsidentin. Herr Adams.
Herr Adams, ich habe Sie jetzt nicht so verstanden, dass wir letztendlich auch noch die Kosten für Kopieren übernehmen müssen, das habe ich nicht so verstanden. Sie reden jetzt von Gebühren und ich kann Ihnen sagen, 15 Jahre war ich VG-Vorsitzender und habe auch mit solchen Sammlungen zu tun gehabt und wir haben das immer im Einvernehmen geregelt. Ich denke, da spielt eine große Rolle, wie man miteinander umgeht, wie man auf die Kommunen zugeht
und
welches Ziel man verfolgt, dass man hinterher auch zum Erfolg kommt.
Also, Herr Adams!
Ja, natürlich.
Also, Herr Kollege Blechschmidt, es wird nicht eingeschränkt, ich sage es noch mal: Der, der diese Sammlung organisiert, weiß genau, an welcher Stelle er was zu leisten oder nicht zu leisten hat. Das muss man ihm freistellen. Und das ist eigentlich das, was mein Vorredner oder der Vorvorredner, Herr Hey, schon gesagt hat und dem schließe ich mich auch an. Wir haben alle Möglichkeiten
und der Initiator entscheidet, was er will, und nicht wir. Das muss ich ganz klar sagen.
Herr Kuschel, ich hatte das ja vorhin schon mal angesprochen. Vielleicht können Sie uns erklären, wie viele Initiatoren aufgrund dieser Gebühren ihre Initiative nicht durchgeführt haben, keine Sammlung durchgeführt haben. Wie viele Fälle sind Ihnen da bekannt, die aufgrund dieser Gebühren, die sie ja bezahlen müssen, ihre Sammlung nicht durchgeführt haben?
Ich wollte es von Ihnen hören, weil Sie das Problem sehen.
Ich habe noch eine Nachfrage. Herr Kuschel, würden Sie meine Auffassung teilen, auch nach Ihrer Aussage, dass das nicht das große Problem darstellt, dass wir hier gerade eine Phantomdiskussion geführt haben?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich dem nur anschließen, was Herr Gentzel gesagt hat, Korruption ist sicherlich eine Straftat, die nicht toleriert werden darf und auch nicht soll, weil sie nicht nur materiellen Schaden, sondern auch Imageschaden für jedes Land verursacht. Dem kann ich mich anschließen und kann das auch nur unterstreichen. Dennoch muss ich sagen, als ich den Gesetzentwurf der Linken auf den Tisch bekommen und mir den durchgelesen habe, habe ich schon das Gefühl gehabt, dass hier in diesem Land eine Hochburg der Korruption sein könnte, dass eine Welle der Korruption durch dieses Land geht, und ich habe mich natürlich gefragt, welche Fälle fallen mir denn so ein in den letzten Monaten oder Jahren, wo es richtig um handfeste Korruption ging. Ich muss sagen, mir ist da nichts groß eingefallen, wo man so richtig über Korruption spricht, nicht über Wirtschaftskriminalität, Subventionsbetrug und Ähnliches, sondern Korruption. Aber darauf komme ich nachher noch, wenn es um Ihre Begründung zum Gesetz geht.
Wie gesagt, mit diesem Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, vor allem in § 1 Abs. 2, da kommt man schon zu der Erkenntnis, dass man hier einen Generalverdacht ausspricht gegenüber allen aufgelisteten Behörden und Institutionen, die Sie in den Bereich der Korruptionsanfälligkeit rücken wollen. Dieser Generalverdacht erschließt sich meiner Ansicht nach nicht. Die Anfälligkeit gibt es auch in vielen anderen Bereichen, aber hier geht es um den öffentlichen Bereich und da muss ich sagen, habe ich dieses so nicht feststellen können. Auch wenn dies sicher nicht die Intention des Gesetzentwurfs sein soll, so wird doch gleichwohl unverkennbar, dass hier Regelungen geschaffen werden sollen, welche weit über die geltenden Vorschriften hinausgehen und damit unweigerlich zu einem bedenklichen Blick auf Thüringen und seine Behörden führen.
Nach unserer Auffassung bedarf es der hier vorgelegten Vorschriften in diesem Ausmaß und Umfang nicht, da wir bereits über einen umfassenden und wirksamen Regelungskatalog zur Prävention und Korruption verfügen. So ist gemäß Ziffer 4 der Richtlinie „Korruptionsbekämpfung in der öffentli
chen Verwaltung des Freistaats Thüringen“ vom 20. August 2002 bei allen obersten Landesbehörden zur Korruptionsbekämpfung ein Antikorruptionsbeauftragter zu bestellen. Bei allen anderen Behörden kann nach deren Zuschnitt und nach Umfang und Aufgabenbereich als dezentrale Kontrollinstanz ein Antikorruptionsbeauftragter bestellt bzw. eine Innenrevision zur Korruptionsbekämpfung mittels Organisationserlass eingerichtet werden. Soweit ist nicht gesichert, dass für die Angelegenheit der Korruptionsbekämpfung der Antikorruptionsbeauftragte der jeweiligen oberen Landesbehörde zuständig ist. Zudem gilt in Thüringen selbstverständlich auch das Strafgesetzbuch mit einem Korruptionsstraftatbestand: § 299 ff. - Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 331 ff. - Vorteilsnahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung, Bestechung. Also das ist alles im Strafgesetzbuch verankert. Zudem verfügen alle Thüringer Ministerien, oberen Landesbehörden über einen Antikorruptionsbeauftragten. Auch der Rechnungshof sollte an dieser Stelle erwähnt werden, der auch umfangreiche Prüfungen vornimmt. Ungeachtet dessen gilt und da, denke ich, sind wir uns alle im Hause einig -, dass jede Form von Korruption zu verurteilen ist.
Ich möchte jetzt noch ein paar Worte verlieren über Ihre Begründung, die Sie eingeführt haben. Der Herr Adams hat da auch schon Anmerkungen gemacht, was zum Beispiel den Lobbyismus anbelangt, den Sie gleich in Ihrem ersten Absatz angesprochen haben, den Sie in die Nähe der Korruption rücken. Auch hier möchte ich sagen, dass wir das bei Weitem nicht so sehen. Lobbyismus ist legitim und hat mit Korruption nichts zu tun. Es gibt auch eine entsprechende Liste aus dem Deutschen Bundestag, eine Lobbyliste; ich kann Ihnen mal sagen, wer alles in dieser Lobbyistenliste des Deutschen Bundestages aufgeführt wird: Deutsche Orchestervereinigung, Deutsche Polizeigewerkschaft, Allianz pro Schiene, der Paritätische Wohlfahrtsverband, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, das sind ja die, die genau da einen besonderen Blick drauf werfen, und wir haben auch den ältesten noch aktiven Verband, den Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Ich denke, diese Aufgeführten, nur ein paar aus dieser Lobbyistenliste, sind weit weg von Korruptionsverdacht.
Ich sage es noch mal, es ist legitim, dass man für eine Sache bei Politikern wirbt, und man darf ihnen nicht unterstellen, dass hier irgendwelche finanziellen Geschenke dabei sind. Auch wenn es um Spenden geht, das muss ich auch sagen, Spenden sind auch legitim. Auch da sollte man sehr vorsichtig die Diskussion führen, dass man hinterher nicht den Eindruck erweckt, alle, die spenden, würden dann hinterher auch was bekommen.
An der Stelle, wenn wir das im Ausschuss diskutieren, sollten wir damit auch sachlich umgehen und die einzelnen Begriffe nicht vermischen. Das sollte man nicht tun, Lobbyismus ist nicht gleich Korruption.
Einen zweiten Bereich möchte ich noch ansprechen, den Sie auch in Ihrer Einführung ein Stück weit hervorheben, das ist der Beitritt zum UN-Übereinkommen gegen Korruption, dem 168 Staaten beigetreten sind und das ratifiziert wurde. Sie haben es darauf abgestellt, dass Deutschland nicht dabei ist, dass Deutschland nicht ratifiziert hat. Dafür gibt es auch Gründe, weil nach wie vor verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Ich will mal sagen bei diesen unterzeichnenden und ratifizierenden Ländern, wo Deutschland sich und wo die sich befinden, was Korruption anbelangt. Die haben alle unterschrieben. Italien hat 2009 ratifiziert, UN-Übereinkommen gegen Korruption und steht auf Platz 72 des Korruptions-Rankings, was jedes Jahr herausgegeben wird, 2012 auf Platz 72. Griechenland auf Platz 94, Mexiko auf 105, Rumänien auf 66 und auch Afghanistan hat dieses UN-Abkommen ratifiziert und steht auf Platz 174, dem letzten Platz.
Ich will damit nur sagen, die Unterzeichnung dieser Konvention ist das eine, das hilft aber nicht und das schützt schon gar nicht. Hier hat man so getan, weil Deutschland nicht unterschreibt, gehört es in die Reihe von Korea und anderen Staaten, die nicht unterschrieben haben. Das steht so drin. Da muss ich sagen, da macht man den falschen Denkansatz.
Korruption hat nichts damit zu tun, dass irgendwas unterschrieben wird und dass ich irgendwo beitrete. Korruption hat was damit zu tun, dass im Staat die Kontrolle funktioniert und wir sind im Ranking auf Platz 13, auf Platz 13 sind wir im Ranking, Dänemark auf Platz 1. Natürlich gibt es da eine Verbesserung, aber auf Platz 13 von 174 und das sollte man auch zur Kenntnis nehmen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE sollte man auch sehr vorsichtig mit solchen Forderungen umgehen und man sollte sie genau analysieren. Auch Ihre Beispiele, die Sie gebracht haben, die für Korruption sprechen, zum Beispiel Flick-Affäre oder Pilz-Affäre, soviel ich weiß, war das keine Korruption, das war Wirtschaftskriminalität. Das waren Subventionsbetrug bzw. Parteispenden, Flick-Affäre, aber nichts von Korruption. Das konnte nicht nachgewiesen werden. Auch in diesem Zusammenhang sollte man damit vorsichtig sein, wenn es um Korruption geht. Entweder es gibt konkrete Beispiele, dann sollte man die auch nennen und wenn es geht natürlich Thüringer. Pilz ist Wirtschaftskriminalität, Subventionsbetrug, Korrup
tion nicht. Also sollte man genau aufpassen. Ungeachtet dieser Anmerkung von mir, haben wir sicherlich genügend Zeit, das im Ausschuss zu diskutieren und vielleicht auch ein Stück weit zu analysieren. Ich beantrage auch die Überweisung federführend an den Innenausschuss, an den Justizausschuss und an den Petitionsausschuss. Danke.
Dann wird es knapp.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fasse mich kurz; 10 Minuten bis zum Feierabend. Ich hoffe, wir schaffen das. Also, interkommunale Zusammenarbeit, Herr Bergner, ich sage es gleich vorab: Wir lehnen diesen Antrag ab.
Wir lehnen diesen ab. Nun wäre ich schon fertig, aber ein paar Worte will ich noch verlieren, warum wir ihn ablehnen.
Soweit die Landesregierung die bisherigen Erfolge,
- das hat ja gerade der Innenminister kundgetan, ich komme gleich dazu -, der interkommunalen Zusammenarbeit und Kooperation dargelegt hat, und ich denke, nach dieser kurzen Zeit - das müssen wir auch bedenken, dass hier viel im Aufbau ist - ist noch viel in Bewegung. Wir werden sicherlich im nächsten Jahr entsprechend Genaueres oder mehr erfahren können.
Aber unabhängig davon ist, was die interkommunale Zusammenarbeit anbelangt und was Ihren Antrag anbelangt, der größte Teil schon auf den Weg gebracht bzw. schon erledigt. Die Punkte, die Sie angesprochen haben, wo die Landesregierung interkommunale Zusammenarbeit fördern soll, zum Beispiel verbesserte Organisationsunterstützung, Managementhilfe, Beratung bei den Kommunen, Minimierung der sachlichen und rechtlichen Hindernisse bei den Kommunen, Initiierung von Modellprojekten, all das wurde bereits auf den Weg gebracht und, Herr Bergner, das wissen Sie eigentlich auch. Deswegen bin ich da schon verwundert, wie dieser Antrag heute hier auf den Tisch kam.
Die Landesregierung hat mit der Einrichtung des Zentrums für interkommunale Kooperation einen wichtigen Apparat zur Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit geschaffen; mit Herrn Steinwachs, ehemaliger Bürgermeister, der dazu beauftragt wurde, dieses umzusetzen oder auf den Weg zu bringen, haben wir einen kompetenten Partner dafür gewinnen können. Weiterhin hat die Landesregierung mit der Einstellung von zweimal 500.000 € in den Haushalt 2013 und 2014 die Einrichtung so ausgestattet, dass sie auch entsprechende Anreize schaffen kann, um den Kommunen bei der Erarbeitung und bei der Umsetzung Hilfe zu leisten.
Auch möchte ich an der Stelle auf die Förderrichtlinie des TIM verweisen
- dazu komme ich gleich -, was auch die Möglichkeiten jetzt bei den Kommunen zulässt, hier konkrete Anträge zu stellen und auch die Mittel abzurufen.
Wir haben vielfältig in den Kommunen Bestrebungen, zusammenzuarbeiten, das ist so, und auch in den Landkreisen. Ich will konkrete Beispiele sagen.
Ich rede auch vom Landkreis Gotha, dort werden jetzt Gespräche beginnen, kreisübergreifend Veterinärämter zusammenzulegen. Wir reden über Rettungswachen, wir reden über Umweltämter, die verzahnt werden sollen. Also es ist eine ganze Menge auf dem Weg, was die Kommunen letztendlich auch in erster Linie selber gestalten und entscheiden müssen.
Wir können nur die Voraussetzungen schaffen, entsprechende Hilfsmaßnahmen bzw. Hilfestellung zu leisten. Wenn man jetzt auch sagt, das soll die Gebietsreform ersetzen, so bin ich da anderer Meinung. Wir wollen die Zusammenarbeit der Kommunen und in erster Linie soll das freiwillig passieren. Uns geht es hier um Effizienz, Synergieeffekte und Einsparungen. Das ist ja das Ziel und nicht die Gebietsreform. Da muss man sich schon mal entscheiden, was man will. Durch die Gebietsreform - da sagt man immer - werden wir effizienter, da werden wir leistungsstärker, flexibler oder was auch immer und wir sparen noch Geld ein, aber wenn man interkommunale Zusammenarbeit nimmt und sagt, das ist so ein kleiner Schritt davor, aber eigentlich wollen wir mehr.
Also ich denke, das ist auf jeden Fall der richtige Weg, den Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, enger zusammenzuarbeiten, dafür auch Anreize zu schaffen. Das ist unsere Aufgabe. Die CDU-Fraktion hat Bürgermeister-Konferenzen durchgeführt, wo dieses Projekt vorgestellt wurde und was große Resonanz erfahren hat. Herr Hey hat auch schon gesagt, was die Umsatzsteuer anbelangt, da gibt es jetzt diese Bestrebungen. Die Ministerpräsidentin hat das jetzt auch zum Gemeinden- und StädteKongress gesagt, auf der Messe, dass hier intensiv daran gearbeitet wird, dass die Gewinne oder - anders - das, was eingespart wird, auch in den Kommunen verbleibt.
Ich denke, wir sind alles in allem auf einem guten Weg. Wir können alle noch viel mehr machen, indem wir für dieses EKZ werben und damit haben wir wahrscheinlich auch den Erfolg. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, schönen guten Morgen, alle Besucher auf der Tribüne.
Ich sehe schon, die Kollegen sind auch schon wach. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Bericht erstatten für den Innenausschuss zum Polizeiaufgabengesetz, Ordnungsbehördengesetz. Am 21. Mai 2013 reichte die Thüringer Landesregierung in der Drucksache 5/6118 den Gesetzentwurf „Thüringer Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und des Ordnungsbehördengesetzes“ beim Landtag ein.
In seiner 120. Sitzung am 24. Mai wurde der Entwurf im Plenum in der ersten Lesung beraten. Hier wurde mit den Stimmen aller Fraktionen der Entwurf an den Innenausschuss überwiesen. In der 58. Sitzung des Innenausschusses am 14. Juni wurden ein schriftliches und ein mündliches Anhörungsverfahren beschlossen, welche in den Innenausschuss-Sitzungen am 13. September und am 17. September durchgeführt und ausgewertet wurden. Insgesamt wurden 65 Anzuhörende angeschrieben, 21 haben eine schriftliche Stellungnahme abgegeben und 9 wurden angehört.
Zum Gesetzentwurf gingen Änderungsanträge aller Fraktionen ein. Nach ausgiebiger Diskussion aller Änderungsanträge wurde unter Annahme des Änderungsantrags der CDU- und SPD-Fraktion dieses in den Gesetzentwurf aufgenommen. Gemäß der Drucksache 5/6642 gibt der Innenausschuss eine positive Beschlussempfehlung für den Gesetzentwurf. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt nicht schlecht gestaunt, was Frau Rothe-Beinlich hier alles erzählt hat. Am meisten habe ich gestaunt, dass sie bedauert: Leider ist das Grundgesetz, wie es ist, und das lässt es nicht zu. Da war ich schon etwas überrascht: Leider lässt das Grundgesetz das nicht zu. Vielleicht muss man auch mal überlegen, wo das Grundgesetz herkommt, warum das Grundgesetz so geschrieben wurde und was das Ziel war.
Wir haben auch eine Geschichte, wir haben auch eine Historie und wir haben vor allem auch eine Verpflichtung.
Das darf man nicht vergessen, dass das Grundgesetz diese hohe Hürde eingebaut hat.
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben in Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 verfasst, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht, geprägt von dem Eindruck der zwölfjährigen Nazidiktatur und den verheerenden Folgen für Deutschland, Europa und die ganze Welt.
Ich denke, das Grundgesetz, so wie es auf den Weg gebracht wurde, wie es beabsichtigt wurde, hat bewusst eine hohe Hürde eingesetzt, bewusst eine hohe Hürde von Zweidrittelmehrheit eingebaut, damit es nicht leichtfertig geändert werden kann. Deswegen habe ich mich gewundert, wie Frau Rothe-Beinlich sagt, sie bedauert, dass das Gesetz so ist, wie es ist.
Ja, natürlich.
Dass es Veränderung gegeben hat, ist unstrittig, hat aber nichts damit zu tun, das muss ich ganz klar sagen, es hat nichts damit zu tun. Die Lebenswirklichkeit ist, dass eine Zuwanderung stattfindet, dass wir einen erhöhten Ausländeranteil haben. Aber es hat mit dem Thema nichts zu tun. Darauf, warum es nichts damit zu tun hat, komme ich gleich noch zurück.
Dieser Ausschlussgrund, der hier ständig oder gerade eben lang und breit gebracht wurde, ist nicht zutreffend. Diesen Ausschlussgrund gibt es aus unserer Sicht nicht. Ich komme gleich darauf zurück und werde es auch begründen.
Ich bin erst mal froh, dass wir in dieser Demokratie leben, wo die Herrschaft vom Volke ausgeht.
Gut. Dann sind wir uns an dieser Stelle ja einig. Das Volk wiederum umfasst alle Staatsbürger.
Alle Staatsbürger umfasst es. So steht es letztendlich geschrieben. Von den Staatsbürgern geht letztendlich auch die Herrschaft in diesem Staat aus, nicht von den Einwohnern, die hier wohnen - ich will das mal trennen -, nicht die Einwohner, sondern die Staatsbürger und das ist auch gewollt so.
Frau Rothe-Beinlich hat das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1990 angesprochen, ich denke, das ist auch hinreichend bekannt. Aber ich möchte die
Urteilsbegründung schon kurz zitieren: „Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, wird nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und ihnen nach Artikel 16 Abs. 1 gleichgestellten Personen gebildet“ - eindeutig. Diese Argumentation, die hier gebracht wird, 5,5 Mio. hier lebende ausländische Bürger wären von der Wahl ausgeschlossen, kann ich so nicht nachvollziehen.
Ich kann Ihr Ansinnen verstehen, dass Sie natürlich versuchen, alles Mögliche zu machen, um die Wahlmöglichkeiten für alle zugänglich zu machen. Nur gehört da ein Stück mehr dazu, das muss ich auch sagen, als fünf Jahre hier gewohnt zu haben und die Einwanderung.
Im Bundesverfassungsgerichtsurteil gibt es noch eine weitere Begründung, die möchte ich auch noch kurz zitieren: „Es trifft nicht zu, dass wegen der erheblichen Zunahme des Anteils der Ausländer an der Gesamtbevölkerung des Bundesgebietes der verfassungsrechtliche Begriff des Volkes einen Bedeutungswandel erfahren habe.“ Auch das wurde im Bundesverfassungsgerichtsurteil eindeutig festgelegt.
Gerne.
Dass er seinen staatsbürgerschaftlichen Pflichten nachkommt, ist selbstverständlich, wenn er in diesem Staat lebt, denn dafür bekommt er auch etwas, dafür bekommt er auch etwas in diesem Staat.
Das ist selbstverständlich. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass ich damit auch das Wahlrecht erkaufe - ich sage es jetzt einmal so -, erkaufe. Das ist nämlich nicht der Fall.
Ich komme auch gleich dazu, weil Sie sagen: 5,5 Mio. leben hier und müssten damit, weil sie mehr als fünf Jahre hier gelebt haben, manche sogar 19 Jahre hier gelebt haben, automatisch das Wahlrecht bekommen, automatisch. Diesen Automatismus kann ich nicht nachvollziehen, muss ich ganz klar sagen.
Ja, das können Sie mir auch glauben.
Jetzt fällt Ihnen nichts anderes ein: Wir ändern einmal schnell das Grundgesetz. Das ist auch schnell gemacht. Wir ändern einmal schnell das Grundgesetz und diese hohe Hürde kippen wir und dann ist alles gut. Das wird so nicht funktionieren. Das sage ich Ihnen, das wird so nicht funktionieren. Aus dem einfachen Grund, dass dieses Grundgesetz wohl wissend und mit weiser Voraussicht, diese hohe Hürde erfahren hat, damit eben nicht jederzeit gerade dieser hohe Wert, was das Wahlrecht anbelangt, geändert werden kann. Diese 5,5 Mio., die hier in dem Land leben, es wird doch niemandem verwehrt, die Staatsbürgerschaft in diesem Land zu erwerben. Es wird niemandem, Frau Siegesmund, abgesprochen, dass er die Staatsbürgerschaft in dieser Bundesrepublik erlangen kann und damit hat er das Wahlrecht. Ich denke, das gehört sich auch so, wenn ich Verantwortung für einen Staat übernehmen will - und das ist ganz einfach mit dem Wahlrecht so, wenn ich wählen darf -, sind es auch Pflichten. Da gehört es dazu, dass ich mich zu diesem Staat bekenne. Da, wo ich politisch mitwirken will, muss ich mich auch zum Staat bekennen und nicht, dass ich mal vorbeikomme, wähle mit und alles andere interessiert mich nicht. Das ist meiner Ansicht nach der falsche Weg und er hilft auch nicht zur Integration, in keinster Weise. Wenn man
meint, wir geben ihnen das Wahlrecht und dann sind sie integriert, das stimmt so nicht.
Der Anreiz muss letztendlich auch gegeben sein, Staatsbürger zu werden. Das sollte doch unser Ziel sein. Sie sollten doch dafür werben, dass alle Staatsbürger werden
und die Staatsbürgerschaft letztendlich anstreben. Das muss doch Ihr Ziel sein, dann sind sie doch auch integriert. Das sollte Ihr Ziel sein.
Ja.
Da gibt es gravierende Unterschiede, Herr Adams, vielleicht wissen Sie das nicht. Dass Kommunalparlamente keinen gesetzgebenden Charakter haben, dass sie keine Gesetzgebungskompetenz haben, sondern mehr Exekutive sind. Das ist etwas völlig anderes, als wenn man letztendlich Gesetze für ein Land entscheidet und auf den Weg bringt.
Wenn es denn sein muss.
In erster Linie ist es Vollziehung, weil es einer Rechtsgrundlage bedarf. Wenn man eine Satzung erlässt, gibt es eine Rechtgrundlage, die wir aber hier im Parlament festlegen und nicht in der Gemeinde. Da gibt es diese Rahmenbedingungen und die sind auszufüllen. Den Unterschied müssten Sie doch mittlerweile kennen.
Also meine Damen und Herren, dass natürlich die Diskussion so ausgeht, das hat mich nicht überrascht, in keinster Weise.
Mich hat nur überrascht, wie leichtfertig man damit umgeht, indem man sagt, wir ändern das Grundgesetz,
um im Prinzip nur aufgrund von, ich sage mal Wohnrecht in der Bundesrepublik Deutschland das Wahlrecht zu vergeben, wenn man nur lange genug hier gewohnt hat. Da nimmt man fünf Jahre, ich weiß nicht, warum man nicht vier Jahre oder sechs Jahre nimmt, warum man nicht acht Jahre nimmt. Das ist meiner Ansicht nach alles ein Stück weit an den Haaren herbeigezogen, wir führen eine Diskussion, die uns meiner Ansicht nach mit Sicherheit nicht weiterbringt. Besser ist, wir sollten überlegen, wie wir diese ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger dazu bringen, dass sie mehr Verantwor
tung übernehmen für diesen Staat, dass sie sich mehr integrieren, dass sie auch die Staatsbürgerschaft beantragen. Ich denke, da wären wir ein ganzes Stück weiter und die ganze Bundesrepublik auch. Vielen Dank.
Adams, Dirk; Dr. Augsten, Frank; Bärwolff, Matthias; Barth, Uwe; Baumann, Rolf; Bergemann, Gustav; Bergner, Dirk; Berninger, Sabine; Blechschmidt, André; Carius, Christian; Diezel, Birgit; Döring, Hans-Jürgen; Doht, Sabine; Eckardt, DavidChristian; Emde, Volker; Fiedler, Wolfgang; Gentzel, Heiko; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Günther, Gerhard; Gumprecht, Christian; Dr. Hartung, Thomas; Hausold, Dieter; Hellmann, Manfred; Hennig, Susanne; Hey, Matthias; Heym, Michael; Hitzing, Franka; Höhn, Uwe; Holbe, Gudrun; Holzapfel, Elke; Huster, Mike; Jung, Margit; Kalich, Ralf; Kanis, Regine; Dr. Kaschuba, Karin; Kellner, Jörg; Kemmerich, Thomas; Dr. Klaubert, Birgit; König, Katharina; Koppe, Marian; Korschewsky, Knut; Kowalleck, Maik; Krauße, Horst.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch heute beschäftigt uns wieder das Thema „Wahlalter mit 16“, was ja schon breiten Raum eingenommen hat in dieser Runde, in den Ausschüssen zuvor, aber auch jetzt in den letzten Plenarsitzungen. Wir sind heute bei der zweiten Lesung. Wir haben uns auch erneut mit der Thematik auseinandergesetzt und beschäftigt. Ich will auch vorweg gleich sagen, an unserer Einstellung hat sich nichts geändert. Wir werden diesen Antrag, diese Gesetzentwürfe in 2 a und 2 b sowie auch den Entschließungsantrag der FDP so nicht mittragen bzw. ablehnen.
Ich habe in der letzten Plenarsitzung schon ausführlich Stellung genommen, warum wir das nicht als erforderlich ansehen und dass wir hier keine Trennung von der Volljährigkeit auf der einen Seite und auf der anderen Seite Wahlrecht mit 16 zulassen wollen. Dazu gibt es auch genügend Gründe, ich habe etliche schon erwähnt in der letzten Diskussion. Ich möchte aber noch einmal eins, zwei Punkte aufgreifen, warum wir nach wie vor, auch nachdem man sich noch einmal damit beschäftigt hat, an unserer Haltung festhalten. Zum einen ist es die Geschäftsfähigkeit, die volle Geschäftsfähigkeit, die erst mit 18 gegeben ist, zum Beispiel einen Handy-Vertrag abschließen, kann kein 16-Jähriger, Alkohol trinken, Motorrad fahren. Alles das hat man geregelt und das hat auch seinen Grund, seinen guten Grund, warum der Gesetzgeber daran festhält. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite möchte man das Wahlalter auf 16 senken, um damit natürlich diesen Jugendlichen auch die Möglichkeit zu geben, weiterreichende Entscheidungen zu beeinflussen und diese letztendlich auch umzusetzen, obwohl auf der anderen Seite ihnen das Recht abgesprochen wird, zum Beispiel einen Handy-Vertrag zu unterzeichnen. Also man sieht auch hier die Diskrepanz und wir sehen das nach wie vor in einer Einheit. Wahlalter ab 16 ist auf der einen Seite für uns nicht akzeptabel, weil mit 18 man erst voll geschäftsfähig ist. Auch das Jugendstrafrecht hat ja
hier einschlägige Vorschriften, und das auch aus gutem Grund. Auch hier geht ja der Gesetzgeber davon aus, dass man vorher eben nicht überblicken kann, welche Folgewirkungen eine Entscheidung, die man getroffen hat, oder Tat, die man ausgeübt hat, haben. Dass man das heute wieder auf die Tagesordnung bringt bzw. wieder auf die Tagesordnung gebracht hat - wir sind heute in der zweiten Lesung -, überrascht mich ja nach der Diskussion und nach den Reden in der letzten Plenarsitzung nicht allzu sehr. Man probiert es halt immer wieder. Aber man muss es auch zur Kenntnis nehmen. Und da wird ja ganz gern, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von Ihnen, der Fraktion DIE LINKE, immer wieder ganz gern die Shell-Studie angeführt. In der 15. Shell-Studie wird ausgesagt: „Über 50 Prozent der 12- bis 25-Jährigen lehnen das Wahlalter ab 16 ab.“ Das deckt sich auch weitestgehend mit den Erfahrungen, die ich draußen vor Ort gemacht habe. Ich habe in der letzten Rede schon gesagt, dass ich an einem Sozialkundeunterricht teilgenommen habe bzw. ihn gestaltet habe, und da habe ich auch diese Frage gestellt, inwieweit - 9. Klasse war das - sie sich vorstellen können, mit 16 das Wahlrecht zu erhalten. Da wurde von allen ausnahmslos mitgeteilt, dass sie sich für diese Entscheidung nicht reif fühlen. Ich denke, das ist ein Zeichen, dass sie die Sache wirklich sehr ernst nehmen und dass sich die Jugendlichen sehr wohl bewusst sind, welche Verantwortung damit verbunden ist. Ich denke, das zeigt doch mehr das Gespür für Verantwortung als hier in diesem Hohen Hause, wenn man hier Anträge einbringt, die genau das Gegenteil uns erzählen wollen. Also ich denke, da haben die Jugendlichen doch einen guten Riecher und auch ein gutes Gefühl und sind gut beraten - sie haben das auch so artikuliert -, dieses Wahlrecht nicht unbedingt oder nicht haben zu wollen. Die zweite Shell-Studie, die 16. Shell-Studie sagt aus: „71 Prozent der 12- bis 25-Jährigen finden es uncool, sich in Politik einzumischen. 63 Prozent in der Alterskohorte sind wenig bis gar nicht an Politik interessiert. Für 17 Prozent der 12- bis 25-Jährigen kommt es infrage, in einer Partei mitzuarbeiten; nur 13 Prozent haben davon bisher Gebrauch gemacht.“ Auch das zeigt deutlich, dass das, was man hier versucht zu suggerieren, wir müssen das Wahlrecht geben und schon ist die Politikverdrossenheit, das ist ja das große Schlagwort, bekämpft, das scheint doch hier nicht der Fall zu sein.
Ja, selbstverständlich.
Das ist mitnichten so. Wenn wir die Altersgruppe, über die wir heute sprechen, Wahlalter mit 16, ansehen, auch in Bundesländern, wo das letztendlich schon Gesetz ist, hat sich das eben nicht bewahrheitet, dass die Wahlbeteiligung nach oben gegangen ist und das Engagement nach oben gegangen ist.
Das ist nicht so. Wir reden jetzt nicht darüber, wollen wir jetzt die, ich sage mal, Alt-Jung-Diskussion aufmachen, ausspielen, wenn es die Jungen nicht können, sollen es die Alten nicht dürfen, oder wie verstehe ich Sie jetzt?
Also das ist nicht das Thema, was wir heute bearbeiten. Wir haben heute die 16-Jährigen und das ist doch Ihr Ziel, was Sie verfolgen. Da habe ich ja gesagt, dass es mit uns in der Form nicht zu machen ist. Auch die Studien sagen das doch deutlich aus. Die sagen das auch deutlich aus, dass es an der Stelle nicht den Bedarf gibt, so wie Sie uns den hier immer erzählen wollen.
Und wenn ich jetzt noch zu dem Punkt komme einer Änderung der Verfassung, der ja auch ein Teil davon ist, dass man die Verfassung ändern muss, da muss ich sagen, da habe ich natürlich noch größere Probleme damit, wenn Gutachten bestimmen, Gutachter oder - ja, ich sage mal - Wissenschaftler, die ein Gutachten erstellt haben, bestimmen, dass wir hinterher die Verfassung ändern sollen oder Verfassung ändern. Und dann nach zehn Jahren stellen wir auf einmal fest, dass es gar nicht so eingetreten ist wie das Gutachten, wie die Wissen
schaftler das vorhergesagt haben. Dann fangen wir wieder an und ändern noch mal die Verfassung.
Also ich denke, das ist der völlig falsche Weg, wenn man Gutachten heranzieht, um im Prinzip Verfassungsänderungen durchzuführen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dann gucken Sie einfach in die anderen Bundesländer, welche Erfahrungen damit gemacht wurden einerseits - das ist aber für uns nicht das Maß, das sage ich auch an der Stelle gleich, weil wir das schon anders sehen. Ich habe das ja in mehreren Punkten jetzt begründet, sehe ich hier durchaus, dass dieses Ziel der Politikverdrossenheit, was ja auch immer angeführt wird, natürlich beachtet werden muss. Wir müssen natürlich an der Stelle mehr machen, da bin ich ganz bei Ihnen. Und da bin ich ja auch bei dem Entschließungsantrag der FDP, der auch hier uns auffordert, mehr zu tun, gerade was außerschulisch anbelangt, aber auch in der Bildungspolitik in die Schulen. Das kann ich natürlich unterschreiben, gar keine Frage, findet aber auch schon größtenteils statt.
An der Stelle möchte ich mal die Parteien mehr in die Pflicht nehmen, nämlich dafür gibt es ja die Jugendorganisationen, die alle Parteien haben. In erster Linie müsste es ja unser Ziel sein, so viel wie möglich Jugendliche für Politik zu interessieren, weil sich daraus auch der Nachwuchs für die einzelnen Parteien rekrutiert. Da sehe ich die erste Pflicht. Bei uns Politikern sehe ich die erste Pflicht, dass man mit den Jugendlichen ins Gespräch kommt und sie davon begeistert. Wir können das natürlich fordern, dass die anderen das sollen und die anderen das machen müssen. Das hilft uns nicht weiter, eindeutig. Ich bin der Auffassung, dass ist in erster Linie unsere Aufgabe.
Herr Adams, Sie hatten das letzte Mal gesagt, die JU hätte auch dieses unterstützt, auf 16 Jahre das Wahlalter zu senken. Das stimmt nicht. Hier gibt es eine ganze klare Beschlusslage der Bundes-JU, aber auch des Landes, dass man eben nicht die Absenkung des Wahlalters mit 16 möchte. Das wird auch in zwei oder zweieinhalb Seiten begründet, zum Beispiel Bundes-JU in zweieinhalb Seiten begründet, warum man das nicht will. Auch hier ist ganz offensichtlich und auch gut nachvollziehbar auch die Kopplung an die Volljährigkeit und letztendlich die damit verbundene Verantwortung nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere. Das ist meiner Ansicht nach ein hohes Gut, was man natürlich auch beschützen und bewahren muss.
Also an der Stelle kann ich Ihnen nur sagen, an unserer Meinung hat sich nichts geändert. Wir werden weder dem Gesetzentwurf in Tagesordnungspunkt 2 a und 2 b zustimmen noch dem Entschließungsantrag der FDP, vieles richtig gesagt, aber vieles schon vorhanden. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, als ich den Gesetzentwurf gesehen habe, habe ich mich schon etwas gewundert.
Ja, weil wir das schon 2010 ausführlich diskutiert haben, und zwar in der Drucksache 478 vom 16.02.2010, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben ja diesen Gesetzentwurf schon einmal eingebracht, aber auf kommunaler Ebene. Sie haben das ergänzt, auf Landesebene hochzuziehen, aber am Inhalt hat sich nichts geändert.
Da war ich schon sehr überrascht, muss ich sagen. Wir haben ja ausführlich darüber diskutiert, weil Sie gerade gesagt haben, Frau Renner, Sie wünschen sich eine ausführliche, ausgiebige Diskussion, wir sollten da im Ausschuss noch einmal zusammenkommen. Wir haben sechs Ausschuss-Sitzungen im Innenausschuss zu diesem Thema gehabt.
Wir haben zweimal hier in diesem Haus debattiert.
Wir haben 20 Spitzenverbände nicht abgebügelt. Hier hat sich eine Mehrheit gefunden, die das anders gesehen hat als Sie. Das ist etwas anderes.
Ja, ja, Herr Ramelow, das müssen Sie akzeptieren, das ist nun mal so.
Also 20 Verbände haben wir gehört und wir haben wirklich sechs Sitzungen diskutiert, deswegen war ich sehr überrascht, dass Sie dieses aufwärmen, dass Sie das heute wieder hier in das Plenum ein
bringen. Das lässt eigentlich nur zwei Schlussfolgerungen zu für mich, entweder fällt Ihnen nichts mehr ein
oder Sie haben Angst. Sie haben Angst, die nächste Wahl hier nicht mehr vertreten zu sein und brauchen jede Stimme.
Ja, was soll ich denn dazu sagen?
Herr Ramelow, was soll ich dazu sagen? So ausgiebig, wie dieses Thema in den Ausschüssen durchgekaut wurde,
war kaum ein Thema. Ja, das ist so und deswegen bin ich schon sehr überrascht, aber vielleicht liege ich ja gar nicht falsch mit meiner Prognose. Sie haben hier in Ihrem Entwurf angeführt, was Sie alles damit beabsichtigen. Sie zitieren ja auch die ShellStudie, die führen Sie ja gleich oben an und nehmen sich natürlich das raus, was passt, aber in der Shell-Studie steht eben auch noch mehr.
In dieser Shell-Studie steht drin, die Jugend beginnt zwar schon mit 12, endet aber auch spätestens mit 25, Ausdruck von länger dauernder Reife. Das steht auch drin. Also nicht 16 Jahre spricht man an oder 17, sondern man sagt, das Spektrum ist sehr breit, die Jugend beginnt sehr früh, kann aber auch sehr lange dauern und das müssen Sie letztendlich auch akzeptieren und Sie können sich immer das raussuchen, was Ihnen gerade passt, deswegen wird es aber nicht besser. Ich hatte auch im Plenum im Oktober 2010 sehr ausführlich begründet, warum wir das etwas kritischer sehen als Sie. Nicht, weil wir nicht wollen, dass die Jugendlichen keine Verantwortung übernehmen,