Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mal ganz davon abgesehen, dass Sie sicher die vorbereitende Adventszeit meinen,

(Beifall CDU)

und nicht die Weihnachtszeit, die mit dem Heiligen Abend beginnt und sich dann an den Weihnachtsfeiertagen fortsetzt.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ganz kleines Karo, Herr Kollege.)

Das macht nichts. Sie haben ja Ausschussüberweisung beantragt. Ich gehe sogar einen Schritt weiter, vielleicht machen wir eine Anhörung und laden die Kirchenvertreter ein und da können wir das dann tiefgründig besprechen. Dann wissen wir,

(Beifall DIE LINKE)

was in Thüringen kleinkariert ist und was nicht.

(Beifall CDU)

Aber ich habe gesagt, sicherlich meinen Sie die Weihnachtszeit, das haben Sie auch dann am Ende so gesagt, die mit dem Heiligen Abend beginnt und Sie reduzieren damit die Adventszeit und die Weihnachtszeit bis zum Jahresende auf ein rein ökonomisches Interesse. Sie reduzieren die schöne Zeit, die eigentlich der Familie und der Besinnung zukommen sollte, auf Konsum und begründen das mit dem Einkaufsverhalten der Konsumenten, die sich immer

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Sie haben mir schon zugehört, was ich gesagt habe.)

- ich komme ja noch dazu - später entschließen, ihre Einkäufe zu tätigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thüringer Ladenöffnungsgesetz ist nach unserer Auffassung hinsichtlich der Interessen von Verbrauchern und Händlern wie auch dem Sonn- und Feiertagsschutz gut ausbalanciert.

(Beifall CDU)

Ich denke, das hat auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil im letzten Jahr zum Berliner Gesetz deutlich gemacht. Das haben Sie auch bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat die lange überfällige Liberalisierung der Öffnungszeiten nicht verworfen, aber einer fortschreitenden Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes einen Riegel vorgeschoben. Meine Damen und Herren, diesen Riegel schiebt die CDU-Fraktion nicht wieder auf.

(Beifall CDU)

Aber auch wir sind für Nachbesserung und für Flexibilisierung in dem geltenden Gesetz, da sind wir wieder ein ganzes Stück beieinander. Trotzdem bleibt es dabei, Sonntage sind als Ruhetage zu Recht besonders geschützt, und gerade die Adventssonntage sind ein wichtiger Teil unserer christlichen Kultur und Tradition gerade hier in Thüringen.

(Beifall CDU)

Sonn- und Feiertage geben dem Leben Rhythmus und sorgen für Inseln der Ruhe und der Erholung.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Barth?

Sehr geehrter Herr Kollege Günther, sind Sie mit mir einer Meinung, dass im Gesetzentwurf nicht beantragt ist, die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage auf mehr als vier zu erhöhen und insofern keine Änderung der Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage an sich begehrt wird?

Ich bin des Lesens mächtig.

(Beifall CDU)

Ich habe das natürlich gesehen, aber grundsätzlich wollen Sie ja die verkaufsoffenen Adventssonntage auf zwei erweitern. Das steht drin. Das ist im Übrigen der einzige Punkt, der drinsteht.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: So ist es.) Das mag doch sein. Ich kann doch hier reden, worüber ich will. (Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das eine schließt ja wohl das andere nicht aus. Auch ein Adventssonntag, lieber Herr Kollege Barth, ist für mich ein Sonntag und ein ganz wichtiger. Ich bin hier fast geneigt, na gut, ich kann es auch ein bisschen kürzer machen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die FDP verkauft sogar Sonntag, wenn was rauskommt für die Partei.)

Na ja, Herr Kuschel.

Lieber Kollege Barth, ich verstehe da Ihre Unruhe. Ich wollte eigentlich nur noch mal deutlich machen, warum unsere Meinung … Ich war ja bei dem Gespräch mit den Einzelhändlern dabei. Ich verstehe das auch. Aber die Reflexion auf die Sonn- und Feiertage und die damit verbundene Ruhe für Familie, wollte ich ja wirklich nur noch mal deutlich machen, und dass wir gerade dieses öffentliche Gut, das unseren Familien und auch den Beschäftigten im Einzelhandel zugute kommt, einfach bei jeder Nuance beachten sollten. Dazu stehen wir auch.

Auch wenn wir der Intention, liebe Kollegen der FDP, zur Öffnung eines weiteren Adventssonntags nicht folgen werden, folge ich dem Antrag des Kollegen Barth auf Überweisung des Antrags an den Sozialausschuss federführend und den Justizausschuss zur Mitberatung.

Da auch nach unserer Auffassung Regelungsbedarf der seit geraumer Zeit offenen Frage bei Gebietszusammenschlüssen zum Beispiel gesehen wird. Sie hatten es ja angesprochen. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten es gleich in den Gesetzentwurf mit reingeschrieben. Hier sollte eine Regelung in Anlehnung an die Stadtteilregelung für kreisfreie Städte erfolgen. Herr Barth hat es schon in seiner Begründung gesagt. Die Öffnungszeiten können derzeitig jeweils für die Städte und Gemeinden der Landkreise und die Ortsteile der kreisfreien Städte unter Berücksichtigung der vier Sonntage inklusive der Adventsregelung unterschiedlich sein. Demzufolge bleibt die Ortsteilregelung auf die kreisfreien

Städte beschränkt. Städte und Gemeinden, die sich freiwillig zusammengeschlossen haben, bleiben davon ausgeschlossen. Das wird vom Verband der Einzelhändler am Bespiel von Leinefelde-Worbis und Zeulenroda-Triebes seit langer Zeit zu Recht kritisiert und sollte geregelt werden.

Ebenso vertrete ich hier die Auffassung, dass auch die Öffnung der übrigen Sonntage innerhalb des gesamten Jahres mittels einfacher Anzeige und nicht per Antrag, Prüfung und Genehmigung erfolgen sollte, sondern einfach per Anzeige. Das wäre ein echter Schritt in Richtung Bürokratie. Ich kann es auch Herrn Barth nachher noch mal aufschreiben, vielleicht macht er dann ja mit. Da hätten wir gute Chancen, das Gesetz zu einem modernen Gesetz zu machen. Auch wenn das derzeitige Gesetz nur bis 2011 Gültigkeit hat und dann ohnehin auf den Prüfstand kommt, nehmen wir gern den Entwurf der Kollegen der FDP zum Anlass, eine Evaluierung bereits jetzt vorzunehmen. Wir freuen uns in diesem Sinne auf eine konstruktive Arbeit im Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Meyer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Barth, das ist das ewige Thema in der Wirtschaftslehre, Bedarf und Bedürfnis, Henne und Ei. Wir brauchen dringend ganz kurz vor Weihnachten noch die Möglichkeit, einkaufen zu können, denn wenn wir das nicht haben, haben die Leute ein Problem, sie haben sich nämlich daran gewöhnt, ganz spät einzukaufen. Sie können mal versuchen, die Erfahrung von Menschen zu machen, die über 40 sind und beispielsweise im Westen groß geworden sind, ob irgendjemand mal davon hörte, dass es nicht gelungen ist, seine Weihnachtsgeschenke einzukaufen und der Stress so groß war, als es noch keine Ladenöffnungszeiten am Sonntag gab. Sie werden es nicht finden.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Immer bei der FDP. Jedes Jahr.)

Das ist der Klassiker in diesem Fall, Bedürfnisse werden geweckt, indem Bedarfe geschaffen werden. Das Gesetz hat drei Aspekte in der Änderung, die Sie vorschlagen. Es ist erstens überflüssig, dieses zu ändern. Bereits jetzt kann jeder fast alles zu jeder Zeit kaufen. Genau den Aspekt haben Sie wohlweis

lich nicht genannt. Was Sie dort betreiben ist Klientelpolitik, die nicht funktioniert,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn tatsächlich ist es doch mittlerweile so, dass Menschen, die noch ganz schnell etwas kaufen wollen, nicht mehr in die Stadt fahren, sondern sich vor den Rechner setzen. Das werden Sie damit auch nicht ändern, so leid es vielleicht allen Einzelhändlern tut, aber die Tatsache bleibt bestehen. Ich gebe Ihnen noch eine Idee dazu, wie wir das machen würden. Sie können dann bei uns mitmachen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Dann schaffen wir die Geschäfte ab und kaufen alles nur noch über den Rechner.)

Haben Sie noch keinen? Sind Sie noch nicht fertig ausgerüstet? Können Sie kaufen, übrigens auch am Sonntag im Internet. Nebenbei bemerkt, nur mal so als Tipp.

(Beifall DIE LINKE)

Das Thema ist, dass das Gesetz überflüssig ist, weil das Thema „Kaufen im Internet“ mittlerweile 29 Prozent des Umsatzes ausmacht. Damit werden Sie die Innenstädte nicht retten, wenn Sie dort auch noch die Sonntage aufmachen. Denn der Versuch der FDP zielt natürlich nicht nur auf den Adventssonntag hin, das ist natürlich nichts weiter als Augenwischerei, das wissen wir alle in diesem Raum. Wenn es nach der FDP ginge, würden wir jeden Sonntag rund um die Uhr geöffnet haben können und auch jeden anderen Werktag. Amerika lässt da grüßen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Sie könnten wenigstens lesen.)

Herr Barth, ich bin bereit, mit Ihnen auch über Bundespolitik zu sprechen, zur Not. In diesem Fall habe ich mal Bundespolitik gemeint. Auch Ihre Partei hat eine Bundestagsfraktion und auch die hat eine Haltung dazu, die heißt: Amerika ist prima, so hätten wir es auch gerne.

Das Gesetz ist meiner Ansicht nach auch wirtschaftsunfreundlich. Das wissen Sie auch. Im Wesentlichen haben die kleinen Unternehmen große Probleme damit, die Öffnungszeiten abzusichern. Die berühmten Ein-Mann-Unternehmen, die gerade beim Nichtraucherschutz bei den Gaststätten von Ihnen so hoch gehalten werden, können das überhaupt nicht realisieren, die Öffnungszeiten auf die Art und Weise so zu organisieren, dass sie damit auch noch Gewinn machen oder wenigstens Umsatzerhöhungen. Umsatzerhöhungen gibt es bekannterweise auch nicht

durch längere Öffnungszeiten. Auch das ist hinreichend geklärt. Da kann man mal auf den Gewerkschaftsbund zugehen und mal fragen, Herr Barth.