Protokoll der Sitzung vom 18.07.2012

dass sie klarkommen mit ihrer Umwelt, dass sie im Team arbeiten können, dass sie etwas verstehen von dieser Welt und dass sie dieses Wissen auch positiv einsetzen können gemeinsam mit anderen. Darum geht es bei guter Schule und nicht darum, ob am Ende eine Zwei oder eine Drei steht.

(Beifall SPD)

(Unruhe FDP)

Die meisten von Ihnen haben auch selbst Kinder, Kinder in der Schule gehabt oder haben sie noch in der Schule und jeder weiß, dass es viel wichtiger ist, wenn es Probleme gibt, sich miteinander hinzusetzen, zu schauen, wo gibt es denn einen Weg aus diesem Problem heraus, wie kann man zu besseren Leistungen kommen, wie kann man mit Schwierigkeiten in der Schule fertig werden. Das ist doch viel mehr wert und viel wichtiger, als am Ende sozusagen nur einen Stempel drunter zu machen, auf dem eine bestimmte Note steht oder „versetzt“ oder „nicht versetzt“. Ich verstehe auch überhaupt nicht, warum Sie eine Grundsatzdebatte hieraus machen. In den Thüringer Schulen gibt es nach wie vor Versetzungsentscheidungen. Wir haben ganz bewusst darauf verzichtet,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Noch, ja.)

hier schon eine Grundsatzentscheidung herbeizuführen, sondern wir haben eines getan: Seit 2006 ist ein Weg mit den Lehrern gemeinsam diskutiert worden, wie können wir die Rahmenbedingungen für individuelle Förderung verbessern.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist der nächste Schritt.)

Damals hat man sich entschieden, Doppelklassenstufen zu bilden. Das heißt, Lehrpläne und Stundentafel so aufzustellen, dass bestimmte Lernziele nicht nach einem Jahr, sondern innerhalb von zwei Jahren erreicht werden müssen und dann ist es doch auch nur folgerichtig, wenn ich dann die Entscheidung zur Versetzung treffe, wenn dieser Zweijahres-Zeitraum auch abgeschlossen ist, in dem die Leistung erfolgen soll. Was Sie versuchen, Frau Hitzing, ist doch Folgendes: Beim Marathonlauf schon nach der Hälfte zu entscheiden, wer gewonnen hat. Das ist doch aber absurd. Sie müssen sich schon die Zeit nehmen für diesen Entwicklungszeitraum und am Ende entscheiden, ob die Leistung erreicht worden ist oder nicht.

Herr Kollege Barth, dann mache ich es noch einmal für die FDP ganz anschaulich. Leistungsprinzip jetzt nehmen wir mal die FDP als Beispiel. Die FDP muss sich dem Leistungsprinzip stellen. Wenn ich jetzt in die Umfragen schaue

(Unruhe FDP)

oder auch letzte Wahlergebnisse anschaue, dann könnte man ja zu dem Schluss kommen, wenn man die FDP allein am Leistungsprinzip misst, wir brauchen sie eigentlich nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie das nicht witzig finden, kann ich mir vorstellen. Einige andere vielleicht doch, aber nun bin ich weit entfernt davon, zu sagen, nur weil eine Partei schwächelt in einer bestimmten Zeit, braucht man sie vielleicht gar nicht. Dass Sie jetzt aber für Sitzenbleiben plädieren, das kann ich nun wiederum nachvollziehen. Sie wollen trotz schlechter Leistung im Landtag sitzen bleiben, aber das wird Ihnen nicht gelingen, Herr Barth.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das verspreche ich Ihnen. Sie werden wahrscheinlich am Ende dieser Legislaturperiode vielleicht auch gegen Ihren Willen versetzt, und zwar in die außerparlamentarische Opposition.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt nach wie vor Versetzungsentscheidungen in Thüringen. Wir treffen sie nach zwei Jahren, weil

(Minister Matschie)

wir unsere Lehrpläne im Zweijahres-Rhythmus organisiert haben, aber natürlich muss man die Debatte auch weiterführen. Wie sinnvoll ist das überhaupt, Kinder sitzen bleiben zu lassen? Ja, wie sinnvoll ist es überhaupt? Die Studien, die wir dazu haben, sagen uns, es macht nicht wirklich pädagogisch Sinn, Kinder sitzen bleiben zu lassen. Das ist sehr eindeutig.

(Beifall Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dann muss man sich auch noch einmal die Zahlen anschauen. Über welche Zahlen reden wir eigentlich? Wo ist das relevant? Das waren im letzten Schuljahr in der Klassenstufe 3 61 Schüler, um die es ging - 61 von 15.200. Das waren in der Regelschule im vergangenen Schuljahr 77 Schüler 77 von 8.000. Das waren im Gymnasium zwei Schüler - zwei Schüler von 6.300, um Ihnen mal die Relation klarzumachen. Ich glaube, wir sollten hier die Kirche im Dorf lassen. Wir müssen unsere Schule Schritt für Schritt weiterentwickeln, modernisieren und dafür sorgen, dass Schülerinnen und Schüler, die heute in die Schule gehen, auch für das Leben von morgen fit gemacht werden und nicht mit Ideologien aus dem vorletzten Jahrhundert traktiert werden. Das bringt den Schülern und der Gesellschaft überhaupt nichts.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Hitzing, FDP: Ja, das ist so. Da muss man was können.)

Deshalb kann ich Ihnen sagen - und das haben wir auch ausführlich diskutiert mit Lehrerinnen und Lehrern, ich habe sehr viele Schulbesuche gemacht im abgelaufenen Schuljahr, wir haben die Lehrerkonferenz gemacht -, die Probleme der Schule liegen ganz woanders. Die liegen dort, wo wir dafür sorgen müssen, dass die Lehrerkollegien sich wieder verjüngen können, nachdem viele Jahre lang viel zu wenig eingestellt worden ist. Das ist eine der ganz entscheidenden Aufgaben. Wir haben nur noch 8 Prozent Lehrer, die jünger sind als 40. Darin sehe ich eine zentrale Aufgabe dieser Legislaturperiode, diesen Trend umzukehren und mehr junge Lehrerinnen und Lehrer wieder in die Schulen zu bringen. Ich habe ausgehandelt für das kommende Jahr, dass wir bis zu 400 Stellen nutzen können, um neue Lehrer in die Schulen zu bringen. Das löst die Probleme der Schulen, aber keine Ideologiedebatten, wie Sie sie hier führen.

(Beifall SPD)

Ich glaube, was darüber hinaus wichtig ist, dass wir gemeinsam mit Eltern, mit den Schülervertretern, mit den Lehrervertretern dafür sorgen, dass die Schule eigenständiger operieren kann, dass sie mehr Freiheiten bekommt, eigene Entscheidungen zu treffen. Auch hier gehen wir den Weg konsequent weiter zur eigenverantwortlichen Schule. Der

nächste Schritt wird sein ein Pilotprojekt auch zur schulscharfen Ausschreibung von Lehrerstellen, damit die Schulen in die Lage versetzt werden, auch ihre eigenen Teams stärker selbst zusammenstellen zu können, auch Personalentscheidungen stärker beeinflussen zu können.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das gilt für al- le Schulen, ja?)

Nein, wir machen das mit einem Pilotverfahren zunächst mit einigen Schulen, weil das ein komplexes Verfahren ist, was zunächst einmal getestet werden muss, bevor alle Schulen sich an einem solchen Verfahren beteiligen können.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Nur in den Gemeinschaftsschulen.)

So wird Schule Schritt für Schritt weiterentwickelt, sie wird eigenständig, sie wird moderner, weltoffener und sie wird dazu beitragen, dass unsere Kinder und Jugendlichen mit dem Leben in einer modernen Gesellschaft klarkommen; einem Leben, dass man nicht dadurch befördern kann, dass man Ängste schürt, sondern indem man Selbstvertrauen stärkt und dafür sorgt, dass Menschen mit beiden Beinen im Leben stehen. Darum geht es am Ende.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit schließen wir die Debatte zum zweiten Teil der Aktuellen Stunde.

Ich rufe auf den dritten Teil der Aktuellen Stunde

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Maßnahmen der Sicherung von Qualitätsstandards bei Trinkwasser durch die Landesregierung“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/4716

Ich eröffne die Aussprache und als Erste hat das Wort die Frau Abgeordnete Diana Skibbe.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „Ohne Wasser, merkt Euch das, wär’ die Welt ein leeres Fass“. Ich selbst bin bekennende Leitungswassertrinkerin, aber genau das ist mir in der vergangenen Woche hier in Erfurt leidlich versagt worden. Denn in der vergangenen Woche kam es zu Beeinträchtigungen der Trinkwasserqualität im Raum Erfurt. Deren Ursachen konnten und können bis heute nicht geklärt werden. So heißt es in einem Newsletter für Mitarbeiter der Stadtwerke Erfurt Gruppe

(Minister Matschie)

vom Donnerstag, dem 12. Juli, dass aufgrund einer Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung durch Kolibakterien seit 9. Juli ein Abkochgebot für das Versorgungsgebiet der ThüWa, ThüringenWasser GmbH, bestehe. Laut Geschäftsführer des Thüringer Instituts für Wasser- und Umweltanalytik, Wolfgang Möller, seien die Kolibakterien bereits am Freitag, dem 06.07., bei den Trinkwasserproben gefunden worden. Informationen wurden sofort an das Gesundheitsamt weitergeleitet, jedoch wurden erst am Dienstag, dem 10.07., durch dieses eigene Proben genommen. Inzwischen gibt es Entwarnung. Zur Vorsorge wurden in den Grenzen erlaubte Mehrchlorierungen angeordnet. Über Beeinträchtigung der Gesundheit von Menschen durch diesen Vorfall wurde bisher nichts bekannt; wohl auch, weil die meisten Menschen dem vorgeschriebenen Abkochgebot folgten. Auch wenn die Beprobung von Trinkwasser der allgemeinen Gesetzeslage der Trinkwasserverordnung entspricht, muss man danach fragen, ob die Häufigkeit im Interesse der Menschen ist oder ob nicht häufiger geprobt werden muss.

Wir haben bei unseren Nachforschungen einige Fragen aufgeworfen, zum Beispiel solche: Wann sind das erste Mal erhöhte Bakterienwerte festgestellt worden? Wann hat das Gesundheitsamt darauf reagiert? Mit der Kolibakterien-Problematik haben sich mehrere Gesundheitsämter beschäftigt und unterschiedlich darauf reagiert. Wie sehen hier generell die Abläufe in den Gesundheitsämtern aus und was hat das Gesundheitsministerium gemacht als übergeordnete Behörde? Gab es Probleme in der Wasseraufbereitungsanlage in Luisenthal? Wie oft und wo werden Trinkwasserproben an den verschiedenen Orten genommen? Welche Maßnahmen seitens des Ministeriums wurden nach Bekanntgabe des Vorfalls ergriffen? Wie wird die Qualität von Trinkwasser vom Einspeisen in das Fernwassersystem bis zum Verbraucher gesichert? Muss die Arbeit der Gesundheitsämter besser abgestimmt werden? Auch - in welchem technischen Zustand ist das Fernwassersystem? Ich denke, das ist eine ganze Menge an Fragen. Ich hoffe, dass ein Teil dieser Fragen auch im Interesse der Menschen hier in Thüringen zügig beantwortet wird und dass man einer Klärung der Ursachen auf die Spur kommt. Ich danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Für die CDU-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Egon Primas.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Trinkwasser ist das am besten untersuchte und durch nichts zu ersetzende Lebensmittel Num

mer 1. Trinkwasser aus öffentlichen Versorgungsanlagen ist frei von Konservierungsstoffen, Farbstoffen, Aromastoffen, Säuerungsmitteln usw. Es bedarf keinem Nährwert oder Ballaststoffen. Dies zu überprüfen und zu überwachen ist die Aufgabe der Wasserversorgungsunternehmen sowie der Gesundheitsämter. Wie wir in der vergangenen Woche feststellen konnten, hat das Frühwarnsystem einwandfrei funktioniert. Die Beeinträchtigung des Wassers durch E.Coli-Bakterien wurde frühzeitig erkannt. Die ThüWa ThüringenWasser GmbH hat in ihrem Netz sofort nach Bekanntwerden reagiert und die notwendigen Maßnahmen ergriffen: Erhöhung der Chlorierung und Information an die Bevölkerung mit Abkochgebot sowie Veranlassung weiterer umfassender Beprobungen. Die Verantwortung für die Einhaltung von Grenzwerten haben die Wasserversorgungsunternehmen.

Die ThüWa entnimmt täglich im Netz Wasserproben. Im Jahr sind das ca. 2.000. Dazu sind sie nach der Trinkwasserverordnung auch verpflichtet. Die Bundestrinkwasserverordnung bildet unter anderem die Grundlage für die Qualitätsanforderungen an das Trinkwasser. Für alle Grenzwerte der Trinkwasserverordnung gilt gleichermaßen: Eigenkontrolle der Trinkwasserqualität durch die Wasserversorgungsunternehmen - ich sagte es schon, hygienische Überwachung durch die Gesundheitsbehörden, Untersuchung und Bewertung aller erfassten Parameter auf der Basis der Trinkwasserverordnung, alle Grenzwertüberschreitungen werden den Gesundheitsämtern gemeldet und bei Grenzwertüberschreitung werden von den Wasserversorgungsunternehmen und Gesundheitsämtern entsprechende Maßnahmen eingeleitet, die bis zur Außerbetriebnahme von Wasserversorgungsanlagen führen können. All dies ist bilderbuchmäßig - so schätze ich das einfach ein - abgelaufen. Also wo liegt eigentlich das Problem? Wie wir im Ausschuss hörten, war das Ministerium umfänglich an den Beratungen beteiligt. Es wurden kurzfristig Inspektionen anberaumt sowie eine Doppelbeprobung dringend empfohlen und auch umgesetzt. Da gibt es die notwendigen Informationen des Ministeriums. Seit Montag ist die Welt wieder in Ordnung. Dieser Fall hat uns gezeigt, dass Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Qualität sowie zur Sicherung nicht angezeigt sind. Unser Thüringer Wasser hat höchste Qualität, meine Damen und Herren. Dann sage ich einfach: Es hat super funktioniert, wie die Kontrollen gelaufen sind.

(Beifall CDU)

Man stelle sich mal vor, diese Meldung wäre nicht so akkurat abgelaufen, was hätten wir dann wohl hier zu erwarten gehabt, was wäre dann passiert? Jetzt im Nachgang zu sagen, das war vielleicht übertrieben, halte ich für absolut falsch. Wichtig ist, hier hat es funktioniert. Es ist erkannt worden, man hat es der Öffentlichkeit sofort mitgeteilt

(Abg. Skibbe)

(Beifall CDU)

und man hat es nicht hinterm Berg verheimlicht und erst geprüft. Wir müssen natürlich damit rechnen, dass viele nicht damit einverstanden sind. Aber diese Öffentlichkeit und diese Transparenz sind wichtig, um auch sicherzustellen, dass die Qualität des Wassers da ist. Ich bedanke mich beim Ministerium. Es hat eine super Arbeit geleistet. Danke schön.