Protokoll der Sitzung vom 20.07.2012

(Beifall FDP)

Nun ist derzeit durch die DEHOGA betrieben ein Schiedsverfahren vor dem Deutschen Marken- und Patentamt anhängig. Wir können uns deshalb aber nicht zurücklehnen. Das Verfahren kann erstens lange dauern, zweitens kann noch ein gerichtliches Verfahren hinterherkommen und in der Zwischenzeit gelten die neuen Tarife und selbst wenn später die DEHOGA Recht bekommen sollte, dann sind viele Betriebe bereits pleite. Deshalb macht unser gemeinsamer Antrag Sinn, genau wie das Berliner Abgeordnetenhaus unsere Regierung aufzufordern, sich gegenüber Schiedsstelle und GEMA möglichst mit noch mehreren anderen Ländern gemeinsam für eine gerechte Tarifstruktur einzusetzen, die nicht existenzbedrohend ist und die auch Ausnahmeregelungen enthält für ehrenamtliche und für Vereinstätigkeiten in diesem Kulturbereich und dazu fordern wir unsere Landesregierung gemeinsam auf. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Vielen Dank. Für die Fraktion DIE LINKE hat das Wort Abgeordnete Katharina König.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen und Kolleginnen, nach der Rede von Herrn Scherer bleibt ja eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Das war, muss ich ganz ehrlich zugestehen, eine Rede, über die ich mich gefreut habe, eine Rede, in der große Teile dessen, warum wir diese Initiative gestartet haben, schon benannt wurden. Von daher ein ausdrückli

(Abg. Scherer)

ches Dankeschön für und an diese Rede von Ihnen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war auch ein indirektes Kompliment, dass diese Rede genauso auch hätte von uns aus der Fraktion DIE LINKE gehalten werden können. Ich hoffe, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen das auch so verstanden haben, als Sie applaudierten.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben diese Initiative gestartet und sind sehr froh darüber, dass alle Fraktionen des Thüringer Landtags sich dem angeschlossen haben, eben weil es nicht nur aus Berlin und anderen Bundesländern, sondern auch aus Thüringen bereits erste Warnmeldungen aus Clubs, aus Diskotheken, aus soziokulturellen Einrichtungen bezüglich der GEMA-Tarifreform ab 1. Januar 2013 gibt. Herr Scherer hatte schon ein Beispiel aufgeführt, ich will ein zweites und dann vor allem auch einen Punkt, der bisher wenig eine Rolle spielt und wenig debattiert wird, erwähnen. Zum Ersten, eine durchschnittliche Diskothek, ein durchschnittlicher Club hat normalerweise ungefähr zwei Dancefloors, ca. 300 - 400 m² groß, durchschnittliche Eintrittspreise sind 8,00 €. Zurzeit liegen dafür die GEMA-Gebühren, die entrichtet werden müssen, bei 21.000 € im Jahr. Nach der neuen GEMA-Tarifreform würden diese bei 147.000 € liegen. Das bedeutet eine Steigerung von ca. 600 Prozent, die natürlich auf die Nutzer und Nutzerinnen umgeschlagen werden müsste und das würde in der Konsequenz bedeuten, dass es zu einem Club- bzw. Diskothekensterben nicht nur in Thüringen, sondern bundesweit kommt. Das wollen wir vermeiden und verhindern - alle Fraktionen hier im Thüringer Landtag. Die Einflussmöglichkeiten auf die GEMA sind natürlich nicht besonders hoch. Trotzdem hoffen wir, mit diesem Antrag so Einfluss nehmen zu können, dass es zumindest a) zu einer Aussetzung der Tarifreform kommt oder eben b) zu einer Veränderung, die insbesondere mittelgroße, kleinere, aber auch freie soziokulturelle alternative Einrichtungen, die sich für Kultur einsetzen, schützt und denen weiterhin ermöglicht, letztendlich Kultur für uns zu veranstalten. Zusätzlich zu dieser Erhöhung der Tarifreform gibt es weitere Änderungen, unter anderem den sogenannten Zeitzuschlag. Der Zeitzuschlag bedeutet, dass für Partys ab fünf Stunden eine zusätzlich Summe in Gesamthöhe von 50 Prozent gezahlt werden muss. Wenn eine Party länger als 8 Stunden dauert, kommen erneut 50 Prozent Aufschlag hinzu, nach 11 Stunden erneut 50 Prozent. Das bedeutet, die eigentlich derzeitig stattfindende Normalität, dass Veranstaltungen, Partys, Diskos, wie auch immer, länger als 5 Stunden und durchschnittlich eben wirklich 8 bis 12 Stunden dauern, wird von der GEMA meiner

Meinung nach bösartig ausgenutzt und es wird sozusagen versucht,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Stimmt. Aber 11 Stunden reichen dann auch. Doch, 11 Stunden ist dann auch gut.)

die Feierei einzuschränken, wenn nicht gar zu verhindern.

Ich will es kurz machen. Wie gesagt, Herr Scherer hatte schon einen Großteil dessen, was wir als LINKE auch sagen würden, mit den entsprechenden ausdrucksstarken Worten hier benannt. Wir freuen uns, dass sich alle Fraktionen diesem Antrag angeschlossen haben, dass es diese gemeinsame Initiative gibt. Wir hoffen, dass es wenigstens ein Stück weit Wirkung zeigt und die GEMA ihre Tarifreform zum 1. Januar 2013 einstellt oder auch komplett verändert, um weiterhin ein vielfältiges Clubleben auch in Thüringen zu ermöglichen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Für die SPD-Fraktion hat Abgeordneter Rolf Baumann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist gut, dass es gelungen ist, dass sich alle Fraktionen hinter einem gemeinsamen Antrag gegen die von der GEMA beabsichtigte Tarifreform versammeln. Was wir mit dem Antrag nicht tun und das begrüße ich ausdrücklich, die GEMA pauschal zu verurteilen. Die GEMA erfüllt eine wichtige Aufgabe und Funktion für die kulturelle Landschaft in Deutschland. Sie stellt sicher, dass die Urheberinnen und Urheber für die Nutzung ihrer Werke eine Vergütung erhalten, aber - das zeigt auch die aktuelle Tarifreform bzw. die öffentliche Debatte darüber - die Art und Weise des Vorgehens der GEMA erzeugt immer wieder Unmut. So ist die GEMA beispielsweise im Bundestag ein Dauerthema. Seit 1998 sind insgesamt 1.063 Petitionen eingegangen. Allein in der aktuellen Wahlperiode sind es 183. Ehrenamtliche klagen immer wieder über Schwierigkeiten mit der GEMA, die Rechnungen seien nicht nachvollziehbar, im Internet sei es schwierig, die Gebühren auszurechnen und auch die GEMA-Kontrolleure würden nicht immer zum positiven Miteinander beitragen. Mir scheint, da fehlt einigen Verantwortlichen der GEMA ein bisschen Fingerspitzengefühl und Transparenz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im April 2012 kündigte die GEMA nun eine Tarifreform ab 2013 an, das wurde schon mehrfach gesagt. Die Verwertungsgesellschaft will ein neues Tarifsystem und erklärt, damit werde alles einfacher und gerechter. Sie argumentiert, viele kleinere und mittlere

(Abg. König)

Veranstalter müssten nach der geänderten Ordnung weniger zahlen, größere würden dagegen stärker belastet. Clubs und Diskotheken sollen für ihre Musiknutzung ab 2013 10 Prozent des Eintritts an die GEMA zahlen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Rolf, wann warst du zuletzt auf einer Party?)

(Heiterkeit CDU, FDP)

Vor 14 Tagen. Die Rechnung der Diskotheken, Clubs und Musikkneipen sieht allerdings ganz anders aus. Auch das wurde schon mehrfach gesagt, der DEHOGA spricht von dramatischen Tariferhöhungen, von 400 bis zu ca. 3.000 Prozent. Wirte und Hoteliers könnten bei den Veranstaltungen mit Tonträgermusik teilweise mit bis zu 100 Prozent GEMA-Gebühren konfrontiert sein. Dagegen regt sich breiter Widerstand. Es gab Proteste mit 5.000 Menschen in Berlin, die Clubs machten 5 Minuten die Musik aus und natürlich formiert sich auch im Internet mit fast einer viertel Million Menschen ein breiter Widerstand. Deshalb ist für uns klar, dass die aktuellen Modalitäten der Tarifreform unsere Unterstützung nicht finden. Gebührenerhöhungen von in vielen Fällen mehreren Hundert, sogar Tausend Prozent für Club- und Diskothekenbetreiber sind einfach nicht hinnehmbar, ebenso wenig wie Gebührensteigerungen bei Stadt- und Dorffesten. Es ist zwar gut, dass die GEMA ihre Tarifstruktur vereinfachen will, aber wenn sie damit Clubs und Diskotheken und anderen die Existenzgrundlage entzieht und bürgerschaftliches Engagement verhindert, ist niemandem geholfen.

(Beifall Abg. König, DIE LINKE)

Die GEMA muss deshalb im Dialog mit den Betroffenen vertretbare Sätze finden und ihre Position deutlich korrigieren. Deshalb ist der gemeinsame Antrag richtig und wichtig. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht Abgeordneter Uwe Barth für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon alles gesagt, aber noch nicht von allen.

(Beifall FDP)

Dass ein Raubritter durch unser Land zieht und im Auftrag der Dieter Bohlens dieser Welt unseren Gemeinden, unseren Feuerwehren, unseren Sportvereinen genauso wie unseren Diskothekenbetreibern und Clubbetreibern das Leben schwer und ihre Feste unmöglich macht, das kann nicht unsere Zu

stimmung finden und deshalb finden wir das ausdrücklich gut, dass es diesen gemeinsamen Antrag gibt, werden ihm zustimmen und hoffen, dass das einstimmig geschieht. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Abgeordneter Carsten Meyer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. In den Wettbewerb mit Herrn Barth zur kürzesten Rede kann ich und will ich nicht eintreten, weil ich einen Aspekt wenigstens auch noch hier sagen möchte, der noch nicht genannt ist - meiner Ansicht jedenfalls: Aus den Presseveröffentlichungen geht hervor, dass die Verantwortlichen der GEMA beispielsweise für das Thema Ausnahmen für kleine Clubs oder für Privatveranstalter die Aussage treffen, dass sie keine festen Maßstäbe dafür hätten. Oder es wird weiterhin das ist hier genannt worden - der Flächenmaßstab als Beispiel genommen. Ich frage mich, was passiert, wenn beispielsweise bei einer neunstündigen Party 40 Prozent nicht der GEMA unterliegenden Musik gespielt wird, aber der Flächenmaßstab genommen wird. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich vermute mal ganz stark, dass da jemand völlig über das Ziel hinausgeschossen ist und verfassungsrechtlich gar nicht in die Lage kommen kann, diese Art von Neufassung seiner eigentlich ja richtigen Erhöhung der Einnahmen zu generieren. Denn dass die Interpreten, die Musik generieren, mehr Geld brauchen, das ist ja unstreitig. Aber was die GEMA hier gemacht hat, ist wahrscheinlich in jeder Beziehung angreifbar, nicht nur politisch, nicht nur inhaltlich, sondern auch verfassungsrechtlich. Man ahnt es schon, wir stimmen natürlich auch unserem gemeinsamen Antrag zu.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nicht schlecht.)

Danke schön. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Es gab auch keinen Antrag auf Ausschussüberweisung. Deshalb schließe ich die Debatte und wir stimmen über diesen gemeinsamen Antrag in der Drucksache 5/4691 - Neufassung - ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist die Zustimmung der FDP, der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? Keine Gegenstimmen. Wer enthält sich? Auch keine Enthaltung. Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

(Abg. Baumann)

(Beifall Abg. König, DIE LINKE)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 17

Zeitnahe und wirksame Konsequenzen aus dem Neunten Tätigkeitsbericht (2010/2011) des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz notwendig Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4562 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4680 Neufassung

dazu: Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/4753 Neufassung

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung? Ja, bitte schön, Frau Skibbe.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE zielt zum einen auf die intensive Auswertung der Ergebnisse des Neunten Tätigkeitsberichts des Thüringer Datenschutzbeauftragten und zum anderen hebt es ab auf das Thema „Modernisierung des Datenschutzes“. Wir als Fraktion DIE LINKE streben dabei eine inhaltliche Eckpunktediskussion an. DIE LINKE-Fraktion würde es für sinnvoll erachten, wenn der Antrag an den Innen-, den Justiz- und Verfassungsausschuss, aber auch an den Sozialund Wirtschaftsschuss überwiesen wird. Damit könnten er bzw. seine Inhalte im Zusammenhang mit der Stellungnahme der Landesregierung ausführlich diskutiert werden. Deshalb stelle ich jetzt den entsprechenden Überweisungsantrag.

Die zuletzt heftigen und kritischen Diskussionen um das neue Melderecht machen deutlich, dass der Datenschutz in der Privatsphäre der Bürger nicht mehr nur von staatlicher Datensammelwut betroffen ist. Auch private Unternehmen mit ihren Konsumund Profitinteressen werden zu Datenkraken. Ergänzend zum gläsernen Bürger soll es dann auch noch den möglichst gläsernen Kunden geben. Damit würde das Verhältnis von Werbeaufwand und Konsumnutzen für das Unternehmen optimiert. Das könnte den Lobbyisten in der Werbewirtschaft so richtig passen. Der Datenschutz und vor allem das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, wie es auch im Artikel 6 der Thüringer Verfassung verankert ist, darf aber nicht diesen Konsum- und Profitinteressen geopfert werden. Deshalb auch der

ergänzende Entschließungsantrag der LINKE-Fraktion, dass Thüringen das neue Melderecht im Bundestag ablehnen soll. Verbraucherschutz im Bereich des Datenschutzes bedeutet auch, dass der Datenschutz durch entsprechende Gestaltung der Produkte gestärkt werden muss. Entsprechende Verpflichtungen und Vorgaben sind im Rahmen der Modernisierung des Datenschutzrechts festzuschreiben - bundeseinheitlich, am besten sogar europaweit. Aber auch die Stärkung des Selbstdatenschutzes der Verbraucher bei Nutzung moderner Informationstechnologie gehört dazu. Hier sollte auch der Thüringer Datenschutzbeauftragte verstärkt mit Informations- und Schulungsangeboten aktiv werden. In der Vergangenheit wurde bei Datenschutzdebatten im Landtag immer wieder darauf verwiesen, dass das Datenschutzrecht in Thüringen dringend einer Modernisierung bedarf,

(Beifall DIE LINKE)

weil es nach mehr als zehn Jahren ohne umfassende Revision datenschutzrechtlich aus einer völlig anderen Epoche stammt. Der neue Thüringer Datenschutzbeauftragte Dr. Hasse empfiehlt jetzt, mit der Modernisierung des Thüringer Datenschutzrechts zu beginnen, da auf eine EU-Datenschutzgrundordnung noch einige Jahre zu warten sei. Die qualifizierten Analysen und fundierten Vorschläge aus dem Bereich des Thüringer Datenschutzbeauftragten sollten wir ernst nehmen und für unsere Arbeit entsprechend nutzen, und zwar so schnell wie möglich.

Deshalb der vorliegende Antrag durch die Fraktion DIE LINKE, verbunden mit der Hoffnung, dass diesem Antrag nicht die schnelle Beerdigung durch die Landtagsmehrheit beschieden ist wie dem Vorgängerantrag zum Achten Tätigkeitsbericht. Dazu ist uns das Thema Datenschutz zu wichtig. Danke.