Protokoll der Sitzung vom 20.09.2012

Gibt es weitere Wortmeldungen der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Für die Regierung spricht Frau Ministerin Taubert. Bitte schön.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin! Wir haben als Landesregierung nach wie vor eine ablehnende Haltung zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes nach dem Gesetzentwurf der FDP. Nach wie vor können wir nicht erkennen, dass § 1 des Ladenöffnungsgesetzes Thüringens erfüllt wird, in dem es um die Interessen der Beschäftigten geht. Auf praktische Umsetzungsschwierigkeiten sollen nach Willen der Landesregierung mit dem Erlass Ausnahmen geregelt werden. Wir haben diese Ausnahme geregelt mit einer Verordnung. Die Verordnung liegt jetzt im zuständigen Landtagsausschuss. Ich denke, es ist gut, gemeinsam diese Verordnung zu bereden und ein Ergebnis zu finden, das wir dann gemeinsam tragen können. Damit Herr Barth die Frage nicht stellen muss, die er gern stellen würde, die er schon zweimal gestellt hat, sage ich Ihnen, es kommt nicht auf die Prozentsätze an, Herr Barth, sondern es kommt darauf an, für welche Gruppen ich Ausnahmen regeln muss.

Frau Ministerin, gestatten Sie trotzdem eine Zwischenfrage des Abgeordneten Barth?

Nein. Wir können ja gern im Ausschuss darüber diskutieren. Kommen Sie mal zu uns, Herr Barth, in den Sozialausschuss.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist ja ge- nau das Problem.)

Frau Ministerin, der Abgeordnete Kemmerich wünscht eine Zwischenfrage. Gestatten Sie diese?

Ich wünsche keine Zwischenfragen vom Abgeordneten.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Nein, das könnte stören.)

Nein.

Keine Zwischenfragen bis zum Ende der …

Doch, ich gebe immer eine Antwort auf Ihre Fragen.

Gut.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Dann erzäh- len Sie uns doch bitte in Ihrer Rede, wann die Verordnung kommen wird.)

Wenn der Ausschuss sich beraten hat und gemeinsam Einvernehmen erzielt wurde, dann ist die Verordnung in der Welt. Das kann ich Ihnen beantworten, Herr Barth, keine Frage. Ja, deswegen eine Ablehnung. Bei dem Antrag der GRÜNEN bitte ich auch um Ablehnung. Wir haben jetzt nicht ganz genau erkannt, welches Ziel wirklich verfolgt wird, das gebe ich jetzt einmal ganz ehrlich zu, denn bei der Regelung, gerade was die Öffnungszeiten betrifft, hätte ich dann eher erwartet, dass aus der Runde der Opposition Öffnungszeiten von 8.00 bis 20.00 Uhr kommen und nicht von 8.00 bis 22.00 Uhr. Auch da sind ja die Realitäten schon völlig anders als die Möglichkeiten, die das Ladenöffnungsgesetz bietet. Bei der Regelung mit den Ausnahmen kann ich jetzt keine großen Unterschiede oder überhaupt keinen Unterschied erkennen gegenüber dem Verordnungsvorschlag, der dem Ausschuss zugeleitet wurde. Insofern bitte ich auch da um Ablehnung. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

(Abg. Ramelow)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, dann beende ich die Aussprache. Es war beantragt, wenn ich das richtig verstanden habe, von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Das waren wir, die das beantragt haben.)

Auch. Gut, dann waren es die Fraktionen der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wir stimmen ab über die Überweisung des Antrags und des Gesetzentwurfs natürlich wieder zurück zuerst an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Wer enthält sich? Ich sehe keine Enthaltungen. Damit ist die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit abgelehnt.

Es steht noch an die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Die Fraktionen der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE sind dafür. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Wer enthält sich? Es enthält sich niemand. Damit ist die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/5006. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Zustimmung bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? Die Gegenstimmen kommen aus den Fraktionen FDP, CDU, SPD und DIE LINKE. Wer enthält sich? Ich sehe keine Enthaltung. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wir stimmen nun ab über den Gesetzentwurf der FDP in der Drucksache 5/4668 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung über den Änderungsantrag in der Drucksache 5/5006. Wer für diesen Gesetzentwurf der FDP ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Zustimmung bei der Fraktion der FDP. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der CDU. Wer enthält sich der Stimme? Es enthält sich niemand der Stimme. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4819 ERSTE BERATUNG

Mir ist angezeigt, dass Frau Renner den Gesetzentwurf begründen wird von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vor etwas mehr als einem Jahr trat das Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren in Kraft. Insbesondere die mit diesem Gesetz eingeführte Rasseliste hat im Vorfeld der parlamentarischen Beratung und auch während der Beschlussfassung zu erheblicher Kritik von Hundebesitzern, Tierschützern und Sachverständigen geführt. Die Kritik richtete sich vor allem gegen die Festlegung, dass Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American-Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier ohne die Möglichkeit der Widerlegbarkeit per Gesetz als gefährlich gelten, ebenso Kreuzungen der Rassen untereinander.

Zahlreiche Sachverständige haben deutlich gemacht, dass eine solche Zuschreibung fachlich nicht begründet werden kann. Die Fokussierung auf diese fünf Rassen ist auch vor dem Hintergrund des proklamierten Zieles des Gesetzes vollkommen ungeeignet.

(Beifall DIE LINKE)

Beißstatistiken der Länder offenbaren, dass es eben nicht diese fünf Rassen sind, die für Vorfälle mit Hundeattacken die Hauptverantwortung tragen. Nun ist ein Jahr vergangen und die Kritik ist nicht abgerissen. Der aus dem Verbot des Besitzes, des Handels und der Zucht von fünf namentlich genannten Hunderassen erwachsene Kastrationszwang wurde durch die Landestierärztekammer abgelehnt. Ordnungsbehörden der Gemeinden verweisen auf erhebliche Defizite in der Umsetzung und gestiegene Kosten. Dass Hunde gefährlich sein können, ist unbestritten. Daraus erwächst eine Verantwortung für Hundehalter, diese Gefahr auszuschließen. Hier muss schließlich auch der Staat eingreifen, um einen Rahmen für die Verantwortungswahrnahme zu schaffen, der Hundehalter auch in eine gesetzliche Pflicht nimmt. Leinen- und Maulkorbzwang bei genügend vorhandenen Freilaufflächen, Chipverpflichtung, Halterhaftpflichtversicherung und Sachkundenachweis sind für uns geeignete Mittel. Wie sehr die Verantwortung beim

Hundehalter liegt und wie ähnlich die Gefahren sind, die von Hunden unterschiedlichster Rassen ausgehen können, zeigen viele bekannt gewordene Beißvorfälle in Thüringen, zuletzt der am 31. August in Apolda, bei der ein Riesenschnauzer-Labrador-Mischling einen elfjährigen Jungen schwer verletzte, und der Vorfall mit einem Dobermann im Landkreis Sömmerda in dieser Woche, bei dem ein kleiner Junge leicht verletzt wurde.

Wir müssen ordnungsrechtliche Regelungen stärken und in den Mittelpunkt rücken, die tatsächlich sachgerechte, fachlich begründete, durchsetzbare und vor allem zweckmäßige Gebote und - wo notwendig - auch Verbote zum Inhalt haben. Die Absicht aber, Hunderassen de facto aussterben zu lassen, suggeriert auf sehr populistischem Niveau, mehr Sicherheit. Mehr Sicherheit schafft sie aber tatsächlich nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte noch ein Wort zur Genese des Gesetzes, über das wir heute streiten, sagen. Wenn ich mich richtig erinnere, war es eine Art Kuhhandel zwischen den Regierungskoalitionsfraktionen, das uns dieses untaugliche Gesetz verschaffte. Die SPD wollte partout die Rasseliste durchsetzen und im Gegenzug setzte sich die CDU bei ihren Vorstellungen zur Polizeistrukturreform dann mit der Verabschiedung des POG durch. Da ist Murks gegen Murks getauscht worden.

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, wir haben heute die Gelegenheit, da, wo gesetzliche Regelungen unzweckmäßig und nicht sachgerecht sind und als solche erkannt werden, auch korrigierend einzugreifen als Parlament. Dies beabsichtigen wir mit Ihnen gemeinsam, um mit Sachverständigen im Rahmen einer Anhörung im Innenausschuss zu der heute eingereichten Vorlage zu diskutieren, und wir hoffen auf ein Umdenken. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache und als Erster hat der Abgeordnete Jörg Kellner von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer auf der Tribüne! Frau Renner, ich weiß jetzt nicht, wo Sie den Kuhhandel hergeholt haben, den kenne ich nicht.

(Zwischenruf Abg. Renner, DIE LINKE: Hun- dehandel.)

Da ist sicherlich der Wunsch der Vater des Gedankens, eine Begründung mehr zu haben, Ihren Ge

setzentwurf - ich sage mal - wichtiger zu machen, als er ist. Aber ich werde gleich darauf kommen. Ich denke, es gibt hier eine Vorgeschichte, und zwar eine tragische, die sich im Kyffhäuserkreis ereignet hat, wo diese Kampfhunde dieses vierjährige Mädchen tot gebissen haben und daraufhin der Gesetzgeber wie auch die Regierung gehandelt haben. Frau Renner, Sie hatten es angesprochen, im Gesetzentwurf

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das war aber falsch, Herr Kellner.)

wurden umfangreiche Regelungen besprochen, das ist die Chippflicht, die Versicherungspflicht, der sogenannte Hundeführerschein, aber eben auch die Rasseliste. Auch die Rasseliste war natürlich heiß diskutiert worden. Es gibt ein Für und Wider

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie haben nicht aufgepasst, Herr Kellner.)

Sie können nachher hier vorn alles sagen, Frau Berninger - und da hat man es sich auch nicht leicht gemacht. Das wissen Sie. Die Debatte war gerade an dieser Stelle sehr emotional und auch intensiv geführt worden.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Genau - und Sie haben mal so gesagt und mal so.)

Dennoch wollte ich sagen - Sie haben doch nachher Gelegenheit -, Frau Renner, Sie können sich doch der Tatsache nicht verschließen, dass von 16 Bundesländern 15 Bundesländer eine Rasseliste haben; zum Beispiel hat Bayern allein 19 Rassen aufgeführt,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das haben Sie schon in der letzten Debatte gesagt.)

Berlin-Brandenburg 18 aufgeführt und in Thüringen sind es 5. Ich denke, das ist verhältnismäßig und zeigt auch, dass man das hier in Thüringen mit Augenmaß betrieben hat; dem sollte man sich auch nicht verschließen. Die Diskussion, die jetzt geführt wird, die hatten wir schon einmal. Wir haben auch gesagt, dass wir nach einem Jahr dieses Gesetz nochmals auf den Prüfstand stellen, wenn nämlich das Gesetz wirkt. Das wird Anfang nächsten Jahres sein. Wir haben ja noch einen Vorlauf gegeben von einem halben Jahr, bis es letztendlich in den Verwaltungen dann auch zur Umsetzung kam, die Karenzzeit, und das, meine Damen und Herren, sollte man auf jeden Fall abwarten, damit man das im Paket noch einmal diskutiert. Also die vielen Bereiche, die damit tangiert werden, die letztendlich betroffen sind, sollten dann im Paket diskutiert werden, aber die Rasseliste ist meiner Ansicht nach an der Stelle ungeeignet. Diese Rasseliste ist ja nicht nur ein deutsches Problem. Diese Rassen, die wir benannt haben, sind ein europäisches Problem. Wenn man

(Abg. Renner)