Protokoll der Sitzung vom 20.09.2012

(Abg. Renner)

mal nach Europa schaut, zum Beispiel in die Schweiz, dort werden per Volksabstimmung Kampfhunde verboten. In Frankreich: Pitbulls - im Jahr 2000 werden alle sterilisiert, Importe werden verboten. In England ist die Zucht und der Verkauf von Pitbulls seit 1991 verboten. In Schweden sind Pitbulls seit 1995 verboten und Importe verboten.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das macht es doch nicht besser, Herr Kell- ner.)

Holland hat Pitbull-Terrier verboten und so weiter und so weiter, also das ist kein rein deutsches Problem. Es scheint doch europaweit Handlungsbedarf zu geben. Deswegen, denke ich, sind wir hier auch an der Stelle auf dem richtigen Weg, dass wir diese Rassen mit in das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor der Tiergefahr aufgenommen haben. Nicht zuletzt sind es ja die Beißattacken, die stattfinden von dieser Rasse, die erheblich größere Bissverletzungen und Gefahrenpotenzial mit sich bringen, dass sie eine unheimliche Beißkraft haben, dass sie sich verbeißen, dass sie schmerzunempfindlich sind - das sind alles Wesenszüge, die andere Hunde in der Form so nicht haben. Wenn Sie immer anbringen, andere Hunderassen sind auch gefährlich, Schäferhunde werden da immer ganz gern genannt, die ja viel mehr beißen, und Dackel und was weiß ich, da muss ich aber sagen, Sie müssen das ins Verhältnis setzen. Sie müssen das ins Verhältnis setzen, wie viele Schäferhunde es gibt und wie viele von diesen Kampfhunden. Da sind wir im Promillebereich und allein im Jahr 2009 sind 25 Beißunfälle vorgefallen mit erheblichen Verletzungen. Also auch hier …

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Na sagen Sie doch die Zahl.)

Frau Berninger, haben Sie Geduld, Sie sind gleich dran, sofern es die Präsidentin zulässt.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Ich habe die Zahl nicht.)

Also wir müssen es ins Verhältnis setzen. Das machen Sie nämlich nicht. Wir müssen es ins Verhältnis setzen, wie wenige Hunde das sind, welche Beißvorfälle stattfinden und vor allem mit welchem Ergebnis diese stattfinden.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Wie viele denn? Mit welchem Ergebnis, Herr Kellner?)

Frau Berninger, lassen Sie bitte den Redner weitersprechen. Sie haben gleich die Gelegenheit zu sprechen.

So ist das. Nur Geduld, nur Geduld, Frau Berninger.

Aus diesem Grund sind wir nach wie vor der Auffassung, dass diese Rasseliste begründet ist in dem Gesetzentwurf, dass sie sich dort auch zu Recht wiederfindet und wir sehen, diese Auffassung wird nicht nur deutschlandweit geteilt, sondern auch europaweit. Was den Antrag anbelangt, was die Kastration anbelangt, die Sie ja auch mit Ihrem Gesetzentwurf mit eingebracht haben, auch hier gibt es schon ein entsprechendes Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 16.03.2004, in dem ausgeurteilt wurde, dass - Rheinland-Pfalz hat das ähnlich im Gesetz stehen - die Verpflichtung des Hundehalters, sein Tier kastrieren zu lassen, sehr wohl im Einklang mit dem Grundgesetz steht und diese Belastung für den Hundehalter als zumutbar festgestellt wurde. Also an dieser Stelle ist dieses, was Sie eingebracht haben, schon ausgeurteilt und aus unserer Sicht nach wie vor gerechtfertigt, was wir in das Gesetz geschrieben haben. Aus diesem Grund lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. Danke.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Aber das ist jetzt schade.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Nun spricht Frau Berninger von der Fraktion DIE LINKE.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Frau Berninger, geben Sie mir recht, dass wir das Thema an den Ausschuss überweisen sollten, damit Herr Kellner die Zahlen liefern kann?)

Ja, Herr Ramelow, ich gebe Ihnen recht, dass wir das überweisen sollten, damit Herr Kellner die Zahlen vortragen kann im Ausschuss.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nicht eines der in der Debatte um das Gesetz von Expertinnen vorgetragenen, in den Anhörungen im Blog des Innenministeriums auf der Homepage, in zahlreichen Briefen, die auch Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zugegangen sind, nicht eines der von Expertinnen und Experten vorgetragenen fachlichen Argumente ist bis heute - ein Jahr nach Inkrafttreten des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren - widerlegt worden.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Die findet man im Internet.)

Einen Beleg für die Wirksamkeit des Gesetzes sind bisher sowohl die Landesregierung als auch die Ko

(Abg. Kellner)

alitionsfraktionen und erst recht Herr Kellner in seinem Beitrag eben schuldig geblieben.

Ebenso wenig wurde das Hauptargument, auch nicht durch Sie, Herr Kellner, gegen die Rasseliste entkräftet. Im Gegenteil, die Beißstatistik für das Jahr 2011 untermauert die im Anhörungsverfahren zum sogenannten Kampfhundegesetz vorgetragene, übereinstimmend von Expertinnen gemachte Aussage, dass eine Rasseliste sachlich nicht begründet und wissenschaftlich nicht haltbar ist und die Gefährlichkeit eines Hundes allein an seinem Verhalten festgemacht werden kann. Das Verhalten, das wissen Sie alle, hat mit Sozialisation und Erziehung des Hundes zu tun und nicht mit genetischer Veranlagung oder seiner Rasse, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes ist klar, eine Rasseliste erreicht nicht den in § 1 des Gesetzes angegebenen Zweck, nämlich - ich zitiere: „… Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorzubeugen und abzuwehren, die mit dem Halten und Führen von gefährlichen und anderen Tieren verbunden sind.“ Deshalb meinen wir, meint DIE LINKE, ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes ist es Zeit, den im Juni letzten Jahres eingeschlagenen Holzweg zu verlassen und eine neue Richtung einzuschlagen, meine Damen und Herren. Dass es ein Holzweg ist, darauf haben die im Gesetzgebungsverfahren angehörten Sachverständigen bereits vor Beschlussfassung eindringlich aufmerksam gemacht. Das belegt auch die Situation, in der wir uns mit diesem Gesetz jetzt befinden. Dabei hätte dann am Ende doch der Abgeordnete Fiedler wenigstens zum Teil recht, der nach der mündlichen Anhörung im Februar zu einem Journalisten der „Thüringer Allgemeine“ gesagt hatte und auch so zitiert wurde in der TA, mit ihm werde es keine Rasseliste geben, eher scheitert das Gesetz. Herr Fiedler hatte recht, das Gesetz ist gescheitert.

(Beifall DIE LINKE)

Die Kommunen sind vor allem personell nicht in der Lage, es umzusetzen, auch darauf war im Gesetzgebungsverfahren selbst durch den Gemeinde- und Städtebund, der keine Einwände gegen die Rasseliste hatte, aufmerksam gemacht worden. Die im Tierschutzverband organisierten Tierheime lehnen die Aufnahme sogenannter gefährlicher Hunde aus sehr nachvollziehbaren Gründen ab und die Landestierärztekammer lehnt die nicht medizinisch indizierte Kastration von Hunden bloß wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse aus tierschutzrechtlicher Sicht ganz zu Recht ab. Deshalb behält auch Dirk Adams recht, der am 16. Juni letzten Jahres gesagt hat - Zitat: „Wir werden das in der Praxis erleben, dass die Ordnungsbehörden ein Riesenproblem mit ihrem Gesetz bekommen. Dann werden wir in einem Jahr hier wieder stehen und

werden es novellieren. Vielleicht werden wir es komplett anders machen.“

(Beifall DIE LINKE)

Auch wenn DIE LINKE ihre Meinung nicht geändert hat, so ist uns doch bewusst, meine Damen und Herren, dass wir mit unseren schon im Gesetzgebungsverfahren seit Frühjahr 2010 gemachten Vorschlägen auch heute keine Mehrheit bekommen werden. Deshalb haben wir - auch auf Bitten von Expertinnen und Experten hin - versucht, mit Ihnen allen, mit allen Fraktionen hier im Landtag, ins Gespräch zu kommen. Wir haben Ihnen Ende Mai unseren Entwurf zugesandt mit der Bitte, gemeinsam einen neuen Diskussionsprozess zu starten, bei dem vielleicht ein brauchbarer Kompromiss hätte herauskommen können - leider ergebnislos, vergeblich. Lediglich zwei Rückmeldungen haben wir auf das Gesprächsangebot erhalten und nur eine davon, die des Kollegen Fiedler, ist geeignet zu einer ernsthaften Auseinandersetzung; darauf werde ich noch zurückkommen. Die andere, die aus den Reihen der SPD, enthielt lediglich den gönnerhaften Hinweis des Herrn Gentzel, wir könnten ja einen Antrag oder etwas Ähnliches in den Landtag einbringen und dann werde man sich mit uns im parlamentarischen Verfahren auseinandersetzen. Ich sehe Herrn Gentzel jetzt gerade nicht, aber, Herr Gentzel, so weit sind wir jetzt. Wir haben es eingebracht und ich hoffe dann getreu Herrn Gentzels Worten auf eine wirkliche sachliche Auseinandersetzung, und zwar nicht nur hier im Plenum, sondern auch im Ausschuss.

Der Abgeordnete Bergner hatte in der Debatte am 16. Juni eine Frage gestellt, die bisher nicht beantwortet ist, nämlich: „Wieso beharren die Landesregierung und die Koalition auf der Rasseliste und welche Erkenntnisse stützen sie dabei?“ Eine sehr kluge Frage. Aber die Frage steht immer noch, Herr Bergner, und Vertreterinnen der Oppositionsfraktionen haben seit Beschlussfassung des Gesetzes mehrfach den Versuch unternommen, eine Antwort darauf aus der Landesregierung herauszukitzeln leider ohne Erfolg. Weder konnte die Landesregierung Ende August 2012, also kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes, auf meine Kleine Anfrage Zahlen liefern, wie viele Hunde zum Inkrafttreten des Gesetzes in den Thüringer Kommunen gemeldet waren, noch war sie auf Anfrage des Abgeordneten Bergner im März dieses Jahres in der Lage, die Wirksamkeit der Rasseliste nachzuweisen. Die in der Antwort, Herr Minister Geibert, aufgeführte Beißstatistik unterschied sich kaum von der, mit der noch Ihr Vorgänger, Herr Innenminister Huber, begründet hatte, warum eine Rasseliste nicht sachdienlich sei. Nicht zuletzt musste die Landesregierung auf Anfrage meines Kollegen Tilo Kummer im Juni dieses Jahres einräumen, dass sie auf die Frage, in wie vielen Fällen es zum Entzug der Haltungserlaubnis gekommen sei, lediglich eine Ant

wort bezüglich der von kreisfreien Städten gemachten Angaben geben kann, „denn die für den Vollzug des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren zuständigen Ordnungsbehörden unterliegen hierzu keiner ständigen Berichtspflicht“. Das wiederum, Herr Minister Geibert, gibt Anlass zur Empörung, verstößt es doch gegen eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts. Sie selbst hatten auf meine Anfrage im August letzten Jahres noch angekündigt: „Die Landesregierung wird, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, die weitere Entwicklung und die praktischen Erfahrungen mit der Anwendung des Gesetzes beobachten.“ Wie wollen Sie das denn machen, Herr Geibert, ohne konkrete Zahlen?

Die Antwort auf Herrn Kummers Frage übrigens, wie viele Haltungserlaubnisse entzogen wurden: „Bisher wurde in keiner kreisfreien Stadt die Erlaubnis zur Führung eines gefährlichen Hundes abgelehnt. Allerdings sind die Erlaubnisverfahren noch nicht in allen Fällen abgeschlossen.“ Vielleicht können Sie ja die Antwort auf die Frage, ob die inzwischen alle abgeschlossen sind, heute noch nachliefern, Herr Minister.

Aber, Herr Geibert, mit unserem Gesetzentwurf bieten wir jetzt, ein Jahr nach Inkrafttreten, Gelegenheit zur Evaluation des Gesetzes. Sie können alle Kommunen anhören und in der Anhörung werden die Kommunen schon Bericht erstatten, wenn sie es auch nicht auf eine Kleine Anfrage hin gegenüber dem Innenministerium tun.

Im Kern, meine Damen und Herren, wollen wir die Gefährlichkeitsvermutung am Verhalten der Tiere festmachen und die Widerlegbarkeit dieser Gefährlichkeitsvermutung einführen. Ein weiterer für uns sehr wichtiger Punkt ist die Abschaffung der Kastrationspflicht, denn - und hier zitiere ich § 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes -: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“

(Beifall DIE LINKE)

Und, meine Damen und Herren, eine unsinnige Rasseliste ist kein vernünftiger Grund und dabei bleibt auch die Fraktion DIE LINKE.

(Beifall DIE LINKE)

Zum Schluss will ich versuchen - auch wenn Herr Fiedler jetzt gerade nicht im Raum ist -, in die fachliche Auseinandersetzung einzusteigen, von der ich wirklich dringend hoffe, dass sie im Ausschuss mit sachkundigen Personen fortgesetzt werden kann. Da ich schon so früh drangekommen bin und bisher fachliche Argumente von Herrn Kellner wirklich nicht vorgetragen worden sind, mir aber welche von Herrn Fiedler aufgeschrieben vorliegen, werde ich mich auf seine Ablehnungsgründe konzentrieren und dagegen argumentieren, es zumindest versuchen.

Herr Fiedler hat geschrieben: Mit der in § 3 Abs. 2 unseres Gesetzentwurfs vorgeschlagenen Regelung würden wir die Wiedereinführung des Rechts auf den ersten Biss vorschlagen. Herr Mike Mohring hat das gegenüber der Presse auch mehrfach wiederholt, sozusagen wie ein Mantra vor sich hergetragen, denn etwas anderes ist ihm offensichtlich in Bezug auf das Tiergefahrengesetz nicht eingefallen. Dabei aber unterschlagen sowohl Herr Fiedler als auch Herr Mohring - vielleicht hat er es ja gar nicht gelesen und nur bei Herrn Fiedler nachgelesen - die Punkte 1, 3 und 4 der von uns vorgeschlagenen Änderungen in § 3 des Gesetzes, nämlich dass als gefährliche Hunde im Sinne des Gesetzes nicht nur Hunde gelten, die sich als bissig erwiesen haben, das ist Punkt 2, sondern auch Hunde, die auf Angriffslust oder über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Schärfe oder auf andere in der Wirkung gleichstehende Merkmale gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet sind - Punkt 1 in unseren Änderungen zu § 3.

Außerdem als gefährlich gelten sollen Hunde, die wiederholt in Gefahr drohender Weise Menschen angesprungen haben - das ist Punkt 3, Herr Mohring - oder Hunde, die wiederholt Vieh, Katzen oder Hunde oder unkontrolliert wiederholt Vieh gehetzt oder gerissen haben, das ist Punkt 4 in unserem Änderungsvorschlag. Auch wir, Herr Mohring, wollen nicht - wie Sie es sagten oder wie es Herr Fiedler schrieb - billigend in Kauf nehmen, dass erst eine Rechtsgutverletzung, Zitat, „in Gestalt einer Körperverletzung durch einen Hund“ den Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet, wie dies auch schon durch die bis vor einem Jahr geltende Thüringer Gefahren-Hundeverordnung der Fall gewesen ist, von der Herr Fiedler selbst offensichtlich mehr als 10 Jahre lang überzeugt gewesen ist und Sie auch einige Jahre lang, die Sie schon im Landtag sind, Herr Mohring. Aber sollten Sie Ihr „Argument“ immer noch überzeugend finden, so will ich entgegnen, dass Sie dieses Recht auf den ersten Biss den alle Beißstatistiken anführenden Hunden, zum Beispiel dem Deutschen oder Altdeutschen Schäferhund oder dem Labrador, sehr wohl zugestehen - da frage ich mich, warum - oder, um mal das Themengebiet zu wechseln, dass Sie das Recht auf die erste Trunkenheitsfahrt beispielsweise jedem Autofahrer und jeder Autofahrerin zugestehen, denn sonst würden Sie ja die Null-PromilleGrenze fordern.

Herr Fiedler schreibt in seinem Brief vom 19. Juni, der Formulierung „auf Angriffslust oder über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Schärfe gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet“ fehle eine hinreichende juristische Ableitungsschärfe. Wenn dem so ist, und das bezweifele ich sehr, zieht man die Fachliteratur zurate oder die eben schon erwähnte, bis letztes Jahr geltende Thüringer Gefahren-Hundeverordnung, denn aus

der ist diese Formulierung kopiert, dann hätte das dadurch geheilt werden können, dass Herr Fiedler oder die CDU-Fraktion oder die anderen Fraktionen unser Diskussionsangebot angenommen und mit uns gemeinsam einen Vorschlag erarbeitet hätten. Aber das können wir ja noch im Ausschuss heilen. Wir sind für Vorschläge, die juristisch ausgefeilter formuliert sind, sehr offen.

Das dritte Argument von Herrn Fiedler, dass wir mit der gewählten Formulierung noch weitergingen als mit einer Rasseliste - da fällt mir einfach kein anderes Wort ein -, ist totaler Quatsch.

(Beifall DIE LINKE)

Ich finde es infam, wenn Herr Fiedler schreibt, dass unser Vorschlag gerade keine Abschaffung, sondern eine massive Ausweitung der Rasseliste vorsehe, und auch, dass die von uns geforderte Widerlegbarkeit der Gefährlichkeit durch einen Wesenstest widersinnig sei, weil sie bedeuten würde, dass auch ein Hund, der sich als bissig erwiesen hat, dies widerlegen kann, ist Unsinn, meine Damen und Herren. Es gibt nämlich tatsächlich sehr viele Gründe - guten Morgen, Herr Fiedler! -, warum jeder Hund einmal zubeißen kann.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Huhu, ich bin da.)

Die meisten davon haben aber nichts mit dem gefährlichen Wesen eines Hundes zu tun. Das gerade gilt es durch den Wesenstest herauszufinden.

Ihren Ausführungen, Herr Fiedler, dass eine Kastration aus medizinischen Gründen sinnvoll sein kann, weil Sie richtig schreiben, dass die Geschlechtsorgane eines Hundes potenzielle Krankheitsherde für Infektionen darstellen und weil Sie auch richtig schreiben, dass es auch aus tierschutzrechtlichen Gründen sinnvoll sein kann, einen Hund oder eine Hündin kastrieren zu lassen, diesen Ausführungen will ich mit einem Zitat aus dem Schreiben der Landestierärztekammer begegnen, das mir und Ihnen sicherlich auch am Dienstag zugegangen ist. Zitat: „Die Pflicht zur Unfruchtbarmachung dieser Hunde, nur weil sie einer bestimmten Rasse angehören, stellt aus unserer Sicht einen Verstoß gegen § 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes dar. Die gesamte Tierärzteschaft hält auch weiterhin daran fest, dass die Kastration nur eine tierärztliche Einzelentscheidung nach medizinischer Indikation sein kann. Uns ist dabei auch bewusst, dass eine Spätkastration das Wesen eines Hundes nur in den wenigsten Fällen ändern kann“, sagt die Landestierärztekammer. Die Kastration bewirkt ganz oft im Übrigen bei Hündinnen das genaue Gegenteil.

Ich kann einfach nur an Sie appellieren, sehr geehrte Damen und Herren der CDU und der SPD, nehmen Sie die Landestierärztekammer und die anderen Expertinnen und Experten ernst. Die Landestierärztekammer rechnet die Landesregierung

selbst zu den sachkundigen Personen, nämlich nach § 1 Satz 2 der Thüringer Verordnung über die Prüfungsstandards und die Durchführung der Sachkundeprüfung bei gefährlichen Tieren vom 19.01., die Ende Februar in Kraft getreten ist. Nehmen Sie das ernst, nehmen Sie die Landestierärztekammer und ihre Argumente endlich ernst. Im letzten Gesetzgebungsverfahren haben Sie das nicht gemacht.