Um das Bild abzurunden, es handelt sich um einen Staffellauf und irgendjemand muss diesen Stab übernehmen. Die Luft da oben wird immer dünner und der Weg ins Tal immer länger und steiniger.
Frau Ministerpräsidentin, Sie sagen, gucken Sie mal Ihre FDP-Regierung an. Wenn ich mich recht entsinne, ist die FDP im Bund der Koalitionspartner der CDU, der Finanzminister ist ein gewisser Herr Schäuble, der, glaube ich, auch Ihr Parteibuch trägt.
Ich glaube, wenn Sie sich frei von dem Verteidigungsdrang, in dem Sie jetzt natürlich sind, mal die Zahlen anschauen, dann werden Sie feststellen, dass gegenüber der Mittelfristigen Finanzplanung, die von Rot-Grün über Schwarz-Rot auf die aktuelle Bundesregierung übergegangen ist, eine Menge an Arbeit geschehen ist, eine Differenz zwischen der eigentlich eingeplanten Neuverschuldung und der jetzt tatsächlich noch vorhandenen Neuverschuldung eingetreten ist, die bemerkenswert ist. Jede Neuverschuldung ist schlecht. Da bin ich sofort dabei, aber ich sage, ich regiere hier nicht. Ich regiere auch nicht in Berlin. Aber Sie regieren hier. Deswegen sind diese 500 Mio. € Ihre Schulden, Frau Ministerpräsidentin.
Dieser Irgendjemand, der diese Schulden zurückzahlen muss, das sind eben nicht nur Ihre Kinder. Wenn das nur Ihre Kinder wären, würde ich sagen, das müssen Sie mit denen zu Hause ausmachen, wie sie damit klarkommen. Aber es sind auch meine und es sind die Kinder aller hier im Raum und aller Menschen, die in Thüringen leben. Es sind die Kinder all unserer Menschen im Land und deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, sage ich, Ihre Politik ist nicht einfach nur falsch, sie ist verantwortungslos vor den nachfolgenden Generationen.
Sie waren, auch das spielte eine Rolle, nicht bereit, sich selbst Grenzen und Hürden zu setzen. Eine effektive Schuldenbremse in die Landesverfassung aufzunehmen, wie es meine Fraktion mehrfach vorgeschlagen und am Ende auch beantragt hat, hat nicht nur die Koalition abgelehnt, sondern da hat es eine ganz breite Mehrheit von der CDU bis hin zu den LINKEN gegeben. Das will ich mal zur Warnung an Leichtsinnige ausdrücklich so sagen. Verantwortungsvolle und generationengerechte Haushaltspolitik ist nicht die Sache der LINKEN, die den
ken tatsächlich nur über das Geldausgeben nach, aber wenn es zum Schwur kommt, wird es selbst mit der CDU offenbar schwierig.
Ich erinnere mal an die Drucksache 5/2407. Es ist nämlich genau unser Antrag, die Verfassung des Freistaats zu ändern, der im Haushaltsausschuss mehrfach verschoben worden ist, immer mit dem Hinweis, bitte, wir wollen darüber reden, wir wollen sehen, dass wir eine Mehrheit hinbekommen, wir müssen das diskutieren. Am Ende wurde er völlig überraschend aufgerufen ohne Debatte und einstimmig mit der Gegenstimme meiner Fraktion abgelehnt. Das ist der tatsächliche Umgang mit solchen Dingen, wenn es dann zum Schwur kommt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deshalb will ich auch sagen, wenn Kollege Mohring sich hier hinstellt und erst als Zwischenruf, aber dann hat er es in seiner Rede auch noch mal wiederholt, auf die Ablehnung von Kollegen Ramelow zur Schuldenbremse zu sagen, wir wollen die deshalb, damit ihr keine Lust auf das Regieren bekommt, dann sage ich, das ist richtig. Aber es wäre natürlich noch glaubhafter, wenn man tatsächlich auch mit eigenen Schritten und mit einer eigenen Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf das entsprechend untermauert hätte.
Dieselbe große Mehrheit inklusive der GRÜNEN war sich im Übrigen sehr schnell einig, als es um die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ging. Auch daran will ich mal kurz erinnern. Jede junge Familie in diesem Land, die Zusatzkosten hat durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer, wenn sie sich eine Wohnung oder ein kleines Haus bauen oder kaufen will, darf sich bei der ganz großen Koalition von CDU bis zu den LINKEN dafür bedanken, dass ein paar Tausend Euro weggehen, ohne dass sie da irgendetwas tatsächlich dafür machen können.
Meine Damen und Herren, neben der Haushaltspolitik gibt es aber auch noch ein, zwei andere Bereiche, die dafür entscheidend sind, wenn es um die Frage geht, wie bereiten wir Thüringen auf 2020 vor? Einer dieser Bereiche ist auch die Wirtschaftspolitik. Wenn die Wirtschaft läuft, verdienen die Menschen gute Gehälter, dann hat das Land entsprechend Steuereinnahmen, es blüht. Eigentlich ein einfacher Zusammenhang. Das Einkommen der
Steuerzahler, die Steuereinnahmen und auch die Situation der Kommunen hängen am Ende von der Wirtschaft ab. Das ist eigentlich nichts besonders Überraschendes, es ist auch nicht neu. Die Steuerzahler sind viele fleißige Arbeitnehmer, Unternehmer und Selbstständige in unserem Land. Herr Adams, auch das sollten Sie mal zur Kenntnis nehmen. Deshalb ist es ein wesentlicher Teil, wenn man sich der Aufgabe „Thüringen 2020“ stellt, eben auch die Wirtschaft zu stärken. Auch finanzpolitisch wäre damit viel erreicht, denn die Frage 7 oder 7,5 Mrd. € oder vielleicht doch ein bisschen mehr 2020, hängt auch davon ab, wie unsere Wirtschaft dann aufgestellt wird.
Deshalb finde ich es umso dramatischer, wie diese Landesregierung auch mit unserer Wirtschaft umgeht.
Wenn der Wirtschaftsstaatssekretär hier in diesem Haus ungestraft in der Öffentlichkeit verkünden darf, das Geschäftsmodell der Thüringer Wirtschaft sei Ausbeutung der Arbeitnehmer, dann ist das unverschämt und es ist auch standortschädigend, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber es ist offenbar leider die vorherrschende Meinung in dieser Landesregierung.
Es kann natürlich niemand glücklich sein über die Position Thüringens bei den Einkommen der Arbeitnehmer im Vergleich der deutschen Bundesländer, aber das dem üblen Charakter der Thüringer Unternehmer zuzuschreiben, die Sie als ausbeuterische Ungeheuer beschreiben, die ihre Arbeitnehmer in dunklen, feuchten Verließen an alte Maschinen ketten, so etwas lernt man vielleicht in Juso-Seminaren oder beim Spartakusbund, aber das hat mit der Thüringer Realität nichts zu tun.
Die Realität in unserem Land ist, dass viele Unternehmen gute Löhne zahlen. Die Ministerpräsidentin hat am Samstag einen Unternehmer ausgezeichnet, der seit Jahren Westtarif zahlt, weil er seine Fachkräfte halten muss, weil das seinem unternehmerischen Ethos entspricht und weil er es übrigens auch kann.
Ich behaupte, dass es viele Unternehmen gibt, die genau das tun. Dass die Produktivität im Ländervergleich in Thüringen eben auch eine der niedrigsten ist, das ist ein Fakt, den kann man übergehen, wenn einem an politischer Denunziation gelegen
ist. Das ist aber eine Realität, der man sich stellen muss, wenn man Löhne aus wirtschaftlicher Betätigung realisieren muss, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es gibt schwarze Schafe bei den Unternehmern, überhaupt keine Frage, aber die überwiegende Mehrzahl sind verantwortungsvolle Unternehmer, und die mit den schwarzen Schafen über einen Kamm zu scheren, das macht die Sache eigentlich nur noch schlimmer, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wenn ein Staatssekretär dieser Landesregierung nicht nur ungestraft, sondern auch ohne Widerspruch davon sprechen darf, dass Ausbeutung die Realität in vielen Thüringer Betrieben ist, dann ist das beschämend, dann ist das entlarvend für das Bild, welches offenbar eben nicht nur Einzelne in dieser Landesregierung haben.
(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie schon mal was von Mindestlohn gehört?)
Dass Sie das Bild haben bei den GRÜNEN, das überrascht mich gar nicht. Aber es ist gut, dass Sie mir Gelegenheit geben, das an dieser Stelle auch noch mal festzuhalten.
Ich sage für meine Fraktion ausdrücklich, wir schließen uns dieser Form der üblen Nachrede über die Thüringer Unternehmerinnen und Unternehmer nicht an, wir weisen sie entschieden zurück.
Das hätte ich eigentlich auch von den Chefs des Staatssekretärs, vom Wirtschaftsminister oder von der Ministerpräsidentin, erwartet.
So ist es am Ende leider auch nicht verwunderlich, dass vieles in der Wirtschaftspolitik falsch läuft. Bürokratieaufbau, undurchsichtige Fördermittelvergabe, unnötig komplizierte Vergabekriterien, einseitige Bevorzugung von Großunternehmen - die Liste der Versäumnisse ist lang. Thüringen wird auf 2020 so ganz bestimmt nicht besonders gut vorbereitet.