Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Heiterkeit AfD)

Da können Sie lachen, Frau Muhsal, wenn Sie es nicht begreifen, dann lachen Sie halt darüber. Dann zeigen Sie deutlich, dass Sie nicht begreifen, worüber wir hier reden, dass wir hier über ganz klare gesetzliche Prämissen reden. In § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfs steht: „üben ihre Tätigkeit unparteiisch und unabhängig [...] aus.“ Dass sie das ähnlich wie Richter unabhängig ausüben, dass es keine Fach

aufsicht des Ministeriums gibt, sondern nur eine Dienstaufsicht, ist auch bei Richtern so. Genauso wie Sie vorwerfen können, der Richterwahlausschuss bestimmt in der Mehrheit ideologisch, welche Richter denn das Amt machen, so werfen Sie hier das vor, was Sie gern machen wollen. Das, was ich gerne selber tu‘, trau‘ ich auch dem andern zu, lautet ein Sprichwort. Das wollen Sie wahrscheinlich tun. Es sind zehn konkrete Punkte in § 54 EnWG genannt, die hier entsprechend zu erfassen sind.

Schön finde ich auch, Herr Möller, dass Sie einem Thüringer Einwohner oder Thüringer Beamten oder Thüringer Ökonom nicht zutrauen, die Bestimmungen der Regulierungsverordnung umzusetzen. Sie haben wörtlich gesagt: Na wir finden doch hier keinen. Oder, Anja? Hat er gesagt. Ich verstehe nicht, wie man den Thüringern nicht zutrauen kann, die entsprechende Verordnung umsetzen zu können. Dass uns das fachliche Wissen fehlt, das ist schon eine hohe Maßgabe der Verneinung von Kompetenz durch die AfD.

Ich muss Ihnen auch noch sagen: Sie müssten da wieder mal in den Gesetzentwurf schauen, dass wir uns auch eine ausreichende Vorbereitungszeit lassen, weil das Gesetz zum 01.01.2019 in Kraft tritt. Wir haben dann das ganze Jahr 2018 zur Vorbereitung für diese Landesregulierungsbehörde, zur Auswahl des Personals, das da zuständig ist. Von der Warte aus zeigen Sie nur, dass Sie hier ideologiegetrieben diskutieren, dass Sie nicht einmal in der Lage und willens sind, sich den Gesetzentwurf anzulesen, die Grundlagen für diesen Gesetzentwurf, die EU-Verordnung des EnWG, die Regulierungsverordnung anzuhören, dass Sie einfach nur irgendwelche Geschichten erzählen, die Sie mal gehört haben, nicht mal gestern Abend bei der VKU zugehört haben, wo Ihnen deutlich gesagt worden ist, wie dem VKU, wie die Fachleute zur Energiewende stehen, wie die Fachleute hier zu dieser ganzen Frage stehen. Wenn Sie der Meinung sind, es liegt an dem EnWG, an den Regulierungsbehörden oder an der Energiewende, dass ein Alleinerziehender mehr Strom bezahlen muss, dann sage ich Ihnen eines: Nein, es liegt am Kapitalismus, an unserem System, dass wir Großverbraucher im Strom einfach von den Umlagen des EEG befreien, dass die nämlich ihren Strom billiger kriegen, damit sie entsprechende Gewinne erwirtschaften. Deswegen zahlen wir das alle mit drauf. Das ist Kapitalismus und nicht Energiewende in Deutschland. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Herr Möller.

(Abg. Harzer)

Ja, nur noch ganz kurz. Ich habe das gestern schon vernommen, dass vonseiten des Herrn Schmidt – war es, glaube ich, oder Schmitz –, also dem Stadtwerkegeschäftsführer Sondershausen,

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Schmidt!)

dass er gesagt hat, die Energiewende ist unaufhaltsam oder die kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Meine Damen und Herren, wir sind dazu angetreten, um eine Alternative zu schaffen, und wir werden ihm beweisen, dass er in dem Punkt falsch liegt.

(Beifall AfD)

Ich sage Ihnen ganz offen, das ist auch dringend notwendig, weil Ihre Energiewende dafür sorgt, dass „DIE WELT“ schon vor längerer Zeit schreiben konnte – und die Dramatik nimmt weiter zu –: „800.000 Deutsche können Strom nicht bezahlen“.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ich habe Ihnen doch gesagt, woran es liegt!)

Und ich meine, wenn man noch irgendeinen Beweis dafür bräuchte, dass diese Energiewendepolitik, die auch Ihre Fraktion mitträgt, Die Linke, die angeblich so soziale Linke, höchst unsozial ist – da haben Sie den Beweis schwarz auf weiß. Also konzentrieren Sie sich vielleicht mal lieber auf eine Entlastung der Bürger, gerade im Bereich der Energiepreise, dann tun Sie auch etwas für die Ärmsten unserer Gesellschaft – und das ist allemal besser, als jemandem wie Herrn Müller weitere Gewinne in die Tasche zu schaufeln.

(Beifall AfD)

Ich sehe jetzt keine Wortmeldungen mehr aus den Reihen der Abgeordneten. Jetzt erteile ich Frau Ministerin Siegesmund das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, das Thema, womit wir uns eigentlich gerade befassen wollen, ist die Gründung der Landesnetzagentur in der Landesregulierungsbehörde. Darauf will ich auch gleich kommen – im Lichte des gestrigen parlamentarischen Abends des VKU. Die kommunalen Unternehmen der Energiewirtschaft, die in vielen Regionen eine Leuchtturmfunktion erfüllen und die damit natürlich die kommunale Gestaltungskraft auch maßgeblich beeinflussen, sind das Thema; starke Stadtwerke sind das Thema und sie sind selbstverständlich Baustein der Energiewende. Umso mehr, Herr Möller, kann ich Ihnen Ihre Missbilligung der Stadtwerke

und des VKU, die Sie hier gerade vorgetragen haben, auch nicht durchgehen lassen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ich missbillige hier gar nichts!)

Ich finde das wirklich skandalös. Und ich finde nicht nur skandalös, dass Sie

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

die Stadtwerke missbilligen, sondern dass Sie sich trauen, tatsächlich den Beamten des Landes Thüringen abzusprechen, dass sie die Kompetenz haben, die Frage der Landesenergie- und -netzagentur hier zu bewältigen. Das ist eine Missbilligung und das finde ich, gelinde gesagt, skandalös und ich bin sehr gespannt, an welchen Stellen Sie das auch begründen werden und können. Und Sie sollten das begründen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Worum geht es eigentlich? Ich bin den Fraktionen sehr dankbar, die den Gesetzentwurf eingebracht haben. Es geht eigentlich darum, dass die Geschäftstätigkeit der Strom- und Gasnetzbetreiber in der Bundesrepublik von den Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder gemeinsam überwacht wird. Im Augenblick ist es so, dass die Netzregulierung in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt in eigener Zuständigkeit ist. Beliehen durch die BNetzA sind dementsprechend die anderen Verbliebenen, nämlich Berlin, Brandenburg, Bremen, Schleswig-Holstein – versucht gerade die Kooperation mit Niedersachsen – und wir. Das heißt, Sie sehen, in aller Regel ist diese Aufgabe in Landeszuständigkeit. Für uns würde das bedeuten, dass 56 Energieversorgungsunternehmen diese Aufgabe gemeinsam mit einer landeseigenen Regulierungsbehörde auf Landesebene vertreten sähen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine landeseigene Regulierungsbehörde bedeutet – das ist vorhin von einzelnen Abgeordneten schon genannt worden und deswegen ist dieser Schritt auch richtig – nicht nur ein Zugehen auf die Energieversorger, die eben genannten, sondern ihnen bleiben nicht nur die Wege nach Bonn erspart und wird die Kommunikation mit Entscheidungsträgern vor Ort ermöglicht, denn wir haben tatsächlich bei diesem wichtigen Baustein, der eben immer essenzieller wird, zur Frage, was die Netzregulierung betrifft, auch Unmittelbarkeit hier im Land. Mit einer landeseigenen Regulierungsbehörde holen wir damit auch das Know-how in Regulierungsfragen nach Thüringen zurück und vor diesem Hintergrund begrüßen wir das ausdrücklich. Ja, das Kabinett hat sich sogar bereits im Oktober gemeinsam der Aus

schussempfehlung angeschlossen und fristgerecht die Kündigung beschlossen. Jetzt sehen wir dem Gesetzentwurf entgegen. Dass es eine gute und ausgewogene Anhörung mit dem Für und Wider gegeben hat, dass zahlreiche Beteiligte angehört wurden, das zeichnet am Ende das Ergebnis aus, nämlich das Ergebnis des vorliegenden Gesetzentwurfs. Ich denke, dass mit der Errichtung der Landesregulierungsbehörde und dem Kompetenzaufbau ein wichtiger, ein richtiger Schritt gegangen wird auf dem Weg der Energiewende.

Der vorliegende Entwurf zeigt an dieser Stelle, dass Entscheidungen künftig von einem Gremium in einem gerichtsähnlichen Verfahren im Kammerprinzip getroffen werden. Und nachdem Sie ja durchaus auch unterstellt haben, dass es da um politische Einflussnahme geht: Genau das eben nicht! Sondern es geht darum, selbstverständlich entsprechend unabhängig, nicht nur unabhängig von politischer Einflussnahme, sondern auch unabhängig von Marktinteressen zu handeln, und das heißt, auch keinen direkten Weisungen von Regierungsstellen oder anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen zu unterliegen. Das ist einfach Nachhilfe in den Grundprinzipien demokratischer Entscheidungswege; die würde ich Ihnen an dieser Stelle, Herr Möller, wirklich ans Herz legen, bevor sie Behauptungen in den Raum stellen, die absolut jeder Grundlage entbehren.

Alle diese Voraussetzungen für eine rechtssicher agierende Regulierungsbehörde wollen wir mit Ihnen gemeinsam schaffen, um am Ende auch beispielhaft zu zeigen, wie diese Regulierungskammer – übrigens finanziell und auch personell gut ausgestattet – arbeiten kann.

Und, Herr Gruhner – ich sehe ihn nicht; ist er eigentlich noch hier? Wenn Herr Gruhner noch irgendwo hier im Landtag unterwegs ist, dann sei ihm ausgerichtet, dass, wenn wir diese Aufgabe zurück auf Landesebene holen, wir selbstverständlich auch dafür sorgen müssen, dass sie gut erfüllt wird. Dann braucht es nicht nur die guten und klugen Fachleute, die wir haben, sondern diese auch in ausreichender Zahl, denn die Arbeitsfähigkeit einer Landesregulierungsbehörde muss schon gewährleistet sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegend zu beratende Gesetzentwurf ist die Grundlage dafür, er bildet alle zu regelnden Detailfragen ab. Er ist die Voraussetzung für die Errichtung der Behörde und damit auch zwingend notwendig. Nur so

können wir auf dem Weg hin zur Kündigung des Organleihe-Abkommens mit der BNetzA und dem Aufbau der entsprechenden Regulierungskammer des Freistaats vorankommen. Der Gesetzentwurf wird seitens der Landesregierung vollumfänglich mitgetragen. In diesem Sinne wünsche ich uns, dass wir uns gemeinsam auf diesen Weg begeben und bald an dieser Stelle eine Entscheidung treffen, damit es am 01.01.2019 auf Thüringer Ebene mit der Landesnetzagentur losgehen kann. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Dann schließe ich die Beratung für heute. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz. Ich lasse darüber abstimmen. Wer der Überweisung an diesen Ausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind alle Fraktionen des Hauses. Gibt es Gegenstimmen? Gibt es Enthaltungen? Dann ist das ein einstimmiger Beschluss.

Soll es auch mitberatend an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen werden? Also auch noch mitberatend an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind wiederum alle Fraktionen des Hauses. Gibt es Gegenstimmen? Gibt es Enthaltungen? Auch einstimmig beschlossen.

Die Federführung soll, nehme ich an, an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz gehen. Wer für diese Federführung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist wieder ein einstimmiger Beschluss. Gegenstimmen? Enthaltungen? Die sehe ich nicht.

Ich bedanke mich bei Ihnen, schließe die heutige Sitzung und lade Sie ein, morgen um 9.00 Uhr wieder bei der nächsten Plenarsitzung des Thüringer Landtags dabei zu sein.

Ende: 19.06 Uhr