Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Vor dem Hintergrund ist das vollkommen lächerlich, was Sie gesagt haben.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Aus Sicht der Eltern von Mehrkindfamilien ist außerdem Ihre Weigerung zu kritisieren – auch darüber haben wir ja schon mehrfach hier gesprochen –, eine zwingende soziale Staffelung der Elternbeiträge danach vorzunehmen, dass alle Kinder einer Familie, für die die Eltern kindergeldberechtigt sind, bei der Festlegung der Elternbeiträge berücksichtigt werden und eben nicht nur diejenigen, die die gleiche Einrichtung besuchen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was ist daran schlecht?)

Ich erkläre es Ihnen noch mal, ich komme dazu, Frau Rothe-Beinlich.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da bin ich aber gespannt!)

Ich habe das an dieser Stelle in der Vergangenheit schon oft erklärt, ich glaube mindestens zwei Mal von diesem Pult aus, ich erkläre es Ihnen noch mal. Ich habe es Ihnen unter anderem erklärt, als wir als AfD dazu einen Antrag eingereicht haben, der nämlich genau das umsetzen sollte. Ich erkläre es Ihnen, weil die Regelung, die Sie jetzt immer noch drin haben, ungerecht ist, auch gern noch einmal. Eine Familie mit drei Kindern und einem durchschnittlichen Verdienst ist weniger leistungsfähig als eine Familie, die einen durchschnittlichen Verdienst hat, aber nur ein Kind. Die Belastung dieser Drei-Kind-Familie wird auch nicht weniger, nur weil ein Kind bei der Tagesmutter ist, eins im Kindergarten und eins in der Schule, so wie es ja nach der Rechtslage, wie sie jetzt ist, zu behandeln ist, sondern die bleibt genauso hoch. Sie gehen jetzt hin und ermöglichen bei der jetzigen Rechtslage, die Sie beibehalten wollen, den Kommunen, dass die Familien bei der Berechnung der Kita-Gebühren genauso behandelt werden als hätten sie nur ein Kind, mit der Begründung, dass die Kinder nicht alle in die gleiche Einrichtung gehen. Das ist unsozial. Dazu hat selbst Frau Staatssekretärin Ohler vor einem Jahr gesagt, ich zitiere: „Dies ist nicht mehr zeitgemäß.“

(Beifall AfD)

Schauen wir jetzt in Ihren Gesetzentwurf. Da kann man nur sagen, da hat die Landesregierung wohl Angst vor ihrer eigenen Courage bekommen, einen AfD-Antrag inhaltlich aufzunehmen und umzusetzen, und bleibt lieber bei der ihrer Ansicht nach nicht zeitgemäßen Regelung. Schade für Thüringer Mehrkindfamilien!

(Beifall AfD)

Kommen wir zu dem zweiten Punkt, den Sie sich mit dem Gesetz auf die Fahnen schreiben, nämlich zu der Verbesserung des Personalschlüssels. Vorweg: Jede Verbesserung des Personalschlüssels ist natürlich eine Verbesserung der Situation in der Kita für die Kinder und für die Erzieherinnen, die

dann natürlich eine geringere Arbeitsbelastung haben, und daher grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings bleibt auch die von Rot-Rot-Grün initiierte Verbesserung des Personalschlüssels deutlich hinter dem zurück, was kolportiert wird, und auch hinter dem, was für Kinder und Erzieher wünschenswert ist. Insofern passt auch gut zu Rot-Rot-Grün, dass sie die oftmals inkorrekte Berichterstattung zum Personalschlüssel in den vergangenen Monaten in den Thüringer Zeitungen nicht korrigieren und den Journalisten nicht mitteilen, wie es tatsächlich ist. Frau Rothe-Beinlich, Sie haben das gerade auch noch mal hier vom Pult aus gemacht. In den Zeitungen war so ziemlich alles über den Personalschlüssel zu lesen. Am häufigsten war zu lesen, dass der Personalschlüssel für die Drei- bis Vierjährigen auf 1 zu 12 verbessert werde. Tatsächlich verbessert werden soll aber nur der Personalschlüssel für die dreijährigen Kinder und eben nicht für die vierjährigen Kinder. Es mag natürlich ganz bequem sein, dass die Berichterstattung die Welt zu Ihren Gunsten rosiger darstellt. Gut ist es nicht.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um die Drei- bis Vierjährigen! Was erzählen Sie denn?)

Wenn man sich die Sachlage dann mal genauer ansieht: Rechnet man die von Ihnen angestrebte Verbesserung des Personalschlüssels für Dreijährige von zunächst 1 zu 14 auf 1 zu 12 bei dreijährigen Kindern auf die Lebensrealität in Kitas um, nämlich auf die üblicherweise existierenden altersgemischten Gruppen für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren oder von drei bis zum Schuleintritt,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es wird doch jedes einzel- ne Kind gezählt!)

dann ergibt sich für all diese Kinder nur eine Verbesserung von 1 zu 16 auf zunächst 1 zu 15,4 und dann auf 1 zu 14,6.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Blödsinn!)

Auch das ist zwar eine Verbesserung, aber eine deutlich weniger starke als nach der Berechnungsmethode, die Rot-Rot-Grün verwendet. Es hört sich halt besser an, Frau Rothe-Beinlich. Nicht zu vergessen ist dabei auch, dass diese neue Altersgruppe, die durch Sie geschaffen wird, einen Mehraufwand für die Verwaltung bedeutet. Einrichtungsleitungen müssen eben noch mehr und noch öfter den Personalbedarf neu berechnen. Und dieser Mehraufwand entsteht ebenfalls nur, weil Sie aus Imagegründen darum herumlavieren, die Verbesserung beim Betreuungsschlüssel auf die gesamte Altersgruppe ab drei Jahren zu berechnen, denn 1 zu 14 oder 1 zu 12 klingt eben besser als 1 zu 15,3 oder 1 zu 14,6. Mehraufwand verursacht auch eines Ihrer Ideologieprojekte, das Sie in den Kitas umset

zen wollen, nämlich das Projekt, staatlichen Institutionen über das wohlklingende Wort „Kinderrechte“ Eingriffsrechte in das Leben der Kinder im Zweifel gegen den Willen der Eltern zu ermöglichen. Dieses Projekt haben Sie hier im Plenum schon mehrfach mit dem Slogan „Kinderrechte in die Verfassung“ vertreten, obwohl die Rechte von Kindern in unserer Verfassung schon längst festgeschrieben sind, da natürlich jedes Kind ein Grundrechtsträger ist. Sie schreiben in § 7 Abs. 2 Ihres Gesetzentwurfs, ich zitiere: „Die Arbeit der Kindertagesstätte achtet die Kinderrechte und vermittelt sie altersgerecht.“

Meine Damen und Herren, Sie wird es vielleicht überraschen, für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Grundrechte von Kindern in Kindertagesstätten geachtet werden. Es ist auch eine Selbstverständlichkeit für jeden Erzieher. Dazu brauchen Erzieher und Kinder keine rot-rot-grüne Indoktrination und auch keine weltfremden Regelungen wie, dass die Kinder eine der Erzieherinnen zur Vertrauensperson bestimmen dürfen, die dann den Elternbeirat, der ja ein Gremium der Eltern ist, berät, oder dass im Gesetz ein formelles Beschwerdeverfahren in persönlichen Angelegenheiten für Kinder etabliert werden soll. Die natürlichen Vertrauenspersonen eines Kindes in der Kita sind die Erzieherinnen. Es werden in regelmäßigen Abständen mit den Eltern Entwicklungsgespräche geführt und die allermeisten Eltern dürften doch ihre Kinder ausschließlich in eine Einrichtung schicken, deren Mitarbeitern sie auch vertrauen. Ebenso selbstverständlich stehen alle Erzieherinnen den Eltern und Kindern jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung. Ihre Indoktrinationsregelungen sind also nicht nur vollkommen überflüssig, sondern im Zweifel auch schädlich, nämlich dann, wenn die von Ihnen verfolgten Eingriffsrechte staatlicher Institutionen gegen die Eltern auch anderweitig weiter vorangetrieben werden.

Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf hat viele Mängel und

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist so billig!)

die Verbesserungen bleiben weit hinter dem zurück, was wünschenswert wäre. Trotz dieser Mängel und wegen der geringfügigen Verbesserungen im Betreuungsschlüssel werden wir uns nicht gegen das Gesetz stellen, sondern uns enthalten. Ich sage Ihnen aber auch noch mal deutlich: Ihr Gesetz ist ein Trippel-Trippel-Trippelschritt, mehr nicht.

Ich sage Ihnen auch noch mal deutlich: Für uns geht es um viel, viel mehr. Unsere Vorstellungen in Bezug auf Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung und die auch damit einhergehende komplette Beitragsfreiheit der Kinderbetreuung sind deutlich anders als Ihre – weitgehender und familienfreundlicher. Deswegen bitte ich Sie noch mal eindringlich um

Zustimmung. Wenn Sie ehrlich wären, Herr Wolf, wenn Sie das mit der Beitragsfreiheit ernst meinen würden, dann würden Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen. Herzlichen Dank.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Sie ha- ben es nicht verstanden!)

Als Nächste hat Abgeordnete Pelke für die SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Ja, wir haben heute einen guten Tag für die frühkindliche Bildung und für die Familienpolitik in Thüringen, auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Werte Kollegin Rosin, also ich muss es nicht verstehen, aber wenn man Beitragsbefreiung von Eltern, Entlastung von Familien hier so schlechtredet, wie Sie es tun, dann weiß ich nicht, was Sie unter Familienentlastung und Familienpolitik verstehen. Es tut mir leid!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn Sie nichts weiter anbieten können, als dass Sie noch mal auf die unterschiedlichen Vorlagen in einer mündlichen Anhörung reagieren, woraus dann ein Antrag von Ihnen resultiert – Sie haben tatsächlich einen Antrag auf nochmalige schriftliche Anhörung gestellt, den die Anzuhörenden aber gar nicht mehr verstanden haben, weil die gesagt haben: Wegen dieser Lappalie müssen wir jetzt noch mal eine schriftliche Stellung beziehen? Wenn Sie nicht mehr als diese kleine Formalie – ich würde sagen: eine Lappalie – haben, dann ist mir wirklich angst um Ihre Schwerpunkte in der Familienpolitik.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich hierherstellen und in einer Brandrede erzählen, was der Gesetzentwurf noch alles hätte enthalten können und müssen – „Hätte, hätte Fahrradkette!“ –, hätten Sie es doch mal aufgeschrieben und zu Papier gebracht!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß nicht, woran es liegt, dass Sie das, was Sie gern hätten, nicht aufschreiben können. Deswegen sagen Sie jetzt, dass Sie zu dem Entschluss

kommen, sich hier der Stimme zu enthalten. Na, da hoffe ich, Sie tun das mit ganzer Kraft.

(Beifall und Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das wissen Sie doch genau, was wir da reinschreiben!)

Lassen Sie mich aus der Pressemitteilung der Landeselternvertretung Kindertagesstätten zitieren, die ich auch an dieser Stelle hier noch mal begrüße. Zitat – wenn ich darf Herr Präsident –: „Es ist lange und viel diskutiert worden, jetzt müssen Taten folgen. Das neue Kita-Gesetz soll endlich über die Ziellinie gehen, es ist höchste Zeit. Die Landtagsabgeordneten können heute unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit für Familienfreundlichkeit stimmen. Und das sollten sie auch tun.”

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will mich dafür herzlich bedanken, weil ich glaube, das zeigt, dass die Landeselternvertretung, auch viele von den Anzuhörenden, bei denen sich die Vorredner und Vorrednerinnen schon bedankt haben, sehen, dass dieses Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung ist. Selbstverständlich – auch das steht in der Pressemitteilung der Landeselternvertretung – ist das ein Zwischenschritt. Es muss über die Qualitätsentwicklung und weitere Verbesserung und natürlich auch über eine...

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Drei Jahre!)

Ach, Herr Höcke, wissen Sie, über die Thematik haben wir schon lange vor Ihnen diskutiert, und was Sie damit wollen, das wissen wir.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Ach, Sie ha- ben noch länger gebraucht als drei Jahre?)

Wissen Sie, wenn Sie sachlich mitreden würden, aber das können Sie nicht, weil Sie Gott sei Dank erst seit wenigen Jahren hier in diesem Landtag sind. Ich hoffe, das ist eine vorübergehende Erscheinung.

(Beifall und Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern wissen wir natürlich selbstverständlich, dass wir uns über die Fortentwicklung in den Kindereinrichtungen weiter Gedanken machen müssen. Das ist gar keine Frage, aber ein Schritt kommt nach dem nächsten. Dann ist das natürlich möglicherweise manchmal auch ein Trippelschrittchen, aber das ist nun mal so. Alles auf einmal geht nicht.

Nach mehr als einem halben Jahr intensiver parlamentarischer Diskussionen wollen wir heute die Novelle des Kita-Gesetzes auf den Weg bringen. Ich habe es schon gesagt: Es ist eine deutliche finanzielle Entlastung von Thüringer Familien und eine

(Abg. Muhsal)