heutigen Sitzung das von uns eingebrachte Thüringer Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut im Entwurf behandeln möchte und dann hoffentlich auch an den Ausschuss überweist.
Das Thüringer Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut regelt die Organisation und Tätigkeit der staatlichen Archive und deren Benutzung und verpflichtet zum Schutz des Archivguts vor Vernichtung und Zersplitterung sowie zur Bereitstellung der öffentlichen Nutzung.
Der bisherige Stand des Archivgesetzes geht zurück auf das Jahr 1992 und es liegt in der Natur der Sache, dass sich insbesondere durch den technischen Fortschritt und die digitale Kommunikation natürlich auch die Rahmenbedingungen des Archivwesens vollkommen verändert haben. Darüber hinaus haben sich durch diesen technischen Fortschritt auch die Rahmenbedingungen dessen verändert, was an fachlicher Ausbildung und Qualifikation in den Archiven notwendig ist.
Wir haben darüber hinaus Veränderungen schon aufgrund kommunaler Fragestellungen. Es geht darum, welche Auffangfunktion die Kreise wahrnehmen, wenn beispielsweise einzelne Städte und Gemeinden keine eigenen Archive vorhalten. Allein diese Rahmenbedingungen haben uns dazu motiviert, eine entsprechende Neufassung des Archivgesetzes vorzunehmen und dabei aber gleichzeitig das bewährte Grundgerüst des Thüringer Archivgesetzes aufrechtzuerhalten. Diejenigen, die mit dem bisherigen Archivgesetz vertraut sind, werden sich auch in der neuen Struktur gut zurechtfinden können.
Es hat einen Landtagsbeschluss vom 22. Juni 2016 in der Drucksache 6/2368 gegeben, mit dem uns der Landtag Schwerpunkte einer fachlichen Überarbeitung vorgibt, etwa dass sich die anlässlich der fortschreitenden technologischen Entwicklung und der veränderten Arbeitsweisen der Verwaltung notwendigen Rahmenbedingungen wiederzufinden haben.
Das neue Gesetz hat folgende wichtige inhaltliche Novellierungsänderungen vorgenommen. Wir haben die Erweiterung der Definition des Unterlagenbegriffs in § 2 Abs. 3 um digitale Aufzeichnungen und andere Informationsobjekte. Wir haben darüber hinaus die Konkretisierung der Aufgaben der kommunalen Archive und der Verantwortlichkeiten ihrer Träger in § 4 Abs. 1 bis 3 geregelt, hinsichtlich einer archivfachlichen Anforderung, entsprechender personellen und sächlichen Ausstattungen und der Sicherung der Erhaltung und der öffentlichen Nutzung des Archivguts. Ich habe die Auffangfunktion der Kreise in § 4 Abs. 4 für den Fall, dass Städte und Gemeinden kein eigenes gemeinsames Archiv unterhalten, bereits angesprochen gehabt.
Klarstellende Ergänzung zu den Aufgaben des Landesarchivs sind in § 8 Abs. 4 bis 7 sowie in § 7 Abs. 2 und § 10 hinsichtlich der Verantwortlichkeiten vorgenommen worden. Auch hier habe ich Teilbereiche schon genannt: Aus- und Fortbildung des archivarischen Fachpersonals, Übernahme elektronischer Akten in ein digitales Magazin, die Festlegung von landesweit gültigen Übernahme- und Austauschformaten zur Archivierung, die Planung vor der Einführung bei wesentlichen Änderungen von IT-Systemen sowie die fachliche Beratung öffentlicher Stellen, Kommunalarchive, aber auch nicht staatlicher Archive und Privatpersonen. Klarstellende Regelungen wurden in § 17 hinsichtlich der Schutzfristen, ihrer Verkürzung sowie der Überarbeitung der Schutzfristdauer vorgenommen sowie in § 16, im Interesse einer vereinfachten Nutzung durch Bürgerinnen und Bürger, die Abkehr vom Erfordernis des Nachweises eines berechtigten Interesses zur Nutzung von Archivgut hin zum Jedermannsrecht auf Nutzung öffentlichen Archivguts. Zudem fanden im Gesetzentwurf die Regelungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung Beachtung, die am 4. Mai 2016 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden sowie ab dem 25. Mai 2018 unmittelbar gelten werden und mit denen ein gleichwertiges Schutzniveau für die Rechte und Freiheiten von natürlichen Personen bei der Verarbeitung von Daten in allen Mitgliedstaaten erzielt werden soll. Ich freue mich auf die Beratung im Fachausschuss und danke für die Aufmerksamkeit hier heute.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind heute zum wiederholten Mal mit dem Thüringer Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut beschäftigt. Wir hatten ja in den zurückliegenden Jahren schon die erste Änderung vorgenommen und der Minister hat gerade mitgeteilt, dass das ursprüngliche Gesetz, was auf 1992 datiert, also in der ersten Legislaturperiode auf den Weg gebracht wurde, noch mal geändert wurde. Ich sehe es genauso, dass es mit der fortschreitenden technologischen Entwicklung natürlich erforderlich ist, auch ein entsprechendes Archivgesetz anzupassen. Von der Warte her gesehen, haben wir da eine große Übereinstimmung. Kritik möchte ich an der Stelle gleich mal loswerden, weil das ja auch eine ganze Weile gedauert hat, bis wir heute über
diesen Gesetzentwurf sprechen können. Hier hat ja die rot-rot-grüne Mehrheit der Fraktionen am 22. Juni 2016 die Landesregierung aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der dem gerecht wird. Jetzt haben wir den 26. Januar 2018, also mehr als eineinhalb Jahre in Verspätung. Das bedauern wir natürlich. Ich möchte an der Stelle auch noch mal darauf hinweisen, dass wir im Juni 2016, wo die erste Änderung durchgeführt wurde, auch darauf hingewiesen hatten, dass das Bundesarchivgesetz in Arbeit ist oder in Diskussion ist. Da war auch die Bitte von uns oder die Forderung von uns, doch abzuwarten, bis das Bundesarchivgesetz verabschiedet ist, damit wir letztendlich entsprechende Änderungen mit einarbeiten könnten oder auf verschiedene Vorgaben reagieren könnten. Das ist leider damals nicht passiert. Man hat es trotzdem, wohlwissend, dass es nicht allzu lange halten wird, verabschiedet und das bedauern wir außerordentlich. Wir hätten uns da sicherlich eine ganze Menge sparen können. Das Bundesarchivgesetz ist am 10.03.2017 in Kraft getreten.
(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kul- tur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Da liegen neun Monate dazwischen!)
Und es wird ja auch darauf Bezug genommen, deswegen wäre es schon sinnvoll gewesen, wenn man sich die Zeit genommen hätte. Unabhängig davon haben wir heute das Gesetz, was sicherlich auch richtig und wichtig ist, dass man das anpasst, dass man auch Änderungen vornimmt und dabei sind aus unserer Sicht folgende Punkte unkritisch bzw. auf jeden Fall anzupassen: Die Konkretisierung der Aufgaben der kommunalen Archive sowie die Verantwortlichkeit ihrer Träger und dabei vor allem die Stärkung der Kreisarchive durch Anpassung ihres Aufgabenkreises; die Festschreibung, dass die Arbeit der kommunalen Archive grundsätzlich in öffentlich-rechtliche Trägerschaft bei angemessener sachlicher und personaler Ausstattung durchgeführt werden soll, wobei allerdings an dieser Stelle die Frage der Finanzierung nicht geklärt ist. Das sind Punkte, die auf jeden Fall aus unserer Sicht unproblematisch sind. Weiterhin ein Überprüfen der Regelung zu Schutzfristen für das Archivgut. Hier muss es natürlich zu einer klarstellenden Regelung zur Verkürzung und zur Überarbeitung der Schriftfristen im Sinne des Archivnutzers kommen sowie zu einer Neuregelung im Zusammenhang mit der Einführung und Bearbeitung der digitalen Unterlagen. Das ist auch ein wesentlicher Punkt, warum letztendlich hier das Gesetz entsprechende Anpassung erfahren muss.
Nach wie vor problematisch sehen wir die in dem Gesetz getroffene Regelung zum Landesarchiv. So soll das Gesetz das 2016 eingeführte Landesarchiv stärken und den damit verbundenen ineffizienten Zentralisierungsprozess in staatlichen Archivver
Aber ungeachtet dessen gibt es noch mehr Punkte, die wir doch kritisch hinterfragen müssen, spätestens wenn wir es im Ausschuss haben und dann in die Anhörung gehen. Jedenfalls wollen wir das Gesetz an den Ausschuss überweisen und auch die Betroffenen entsprechend anhören. Wir halten die Regelung in § 2 „Öffentliches Archivgut“ für sehr fragwürdig, wonach Unterlagen der Strafverfolgungsbehörde, die Staatsschutzdelikte nach §§ 80 fortfolgende Strafgesetzbuch und § 20 des Vereinsgesetzes betreffen, archivwürdig sind. Im Zuge einer Anhörung möchten wir in dem Kontext klären lassen, wie weit diese neue Regelung mit § 6 des aktuellen Bundesarchivgesetzes vom 10.03.2017 kollidiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wird sicherlich nicht ganz einfach werden, weil letztendlich die Sicherheitsbehörden, vor allem die Verfassungsschutzbehörden, sicherlich auch an der Stelle ganz genau hinschauen werden, was veröffentlicht wird, zu welchen Bedingungen, um die Arbeitsweise letztendlich nicht zu gefährden. Das wird in der Anhörung sicherlich ein Thema sein und wir sind gespannt, wie letztendlich die Betroffenen darauf reagieren.
Wichtig ist erst einmal, dass das auf den Weg gebracht wird, dass die Anpassung erfolgt, auch an das Bundesarchivgesetz und dass letztendlich die Digitalisierung, die endlich auch im Archivwesen Einzug hält, auf jeden Fall berücksichtigt werden muss. Wir haben in der Haushaltsdiskussion gehört, dass 1,5 Millionen Euro für Digitalisierung bereitgestellt werden sollten. Ich sage: 1,5 Millionen Euro für Digitalisierung ist eine ganze Menge Geld. Ich bin gespannt, was damit gemacht werden soll.
Unabhängig davon war im Vorfeld immer davon die Rede, wenn wir das zentralisieren und das Landesarchiv machen, dass es auf der anderen Seite kostengünstiger, billiger und effizienter wird. Dann haben doch wir einen Aufwuchs von 1,5 Millionen Euro. Wir werden sehen, ob das wirklich alles in die Digitalisierung fliest. Alles andere wäre dann auch nicht so, wie Sie es uns im Vorfeld erzählt haben, als man uns die Zentralisierung hier schmackhaft machen wollte.
Die Zentralisierung der Archive ist der Hauptkritikpunkt, der nach wie vor in dem Gesetz enthalten ist. Im letzten Gesetzentwurf hat man die Staatsarchive zu Abteilungen degradiert. Das waren die Staatsarchive Altenburg, Greiz, Meiningen, Gotha und Rudolstadt.
was die unter eigenständig verstehen und unter Abteilungen. Wenn dir der Unterschied nicht bewusst ist, die können dir das mit Sicherheit erklären.
Das ist nach wie vor der Kritikpunkt, den wir haben und der ist auch nicht unberechtigt. Auch aus den Häusern werden diese Kritikpunkte, die wir haben, letztendlich unterstützt und auch so gesehen. Die Nähe zur Region ist nicht da, das wird überall gesagt. Es geht alles im Umweg über das Landesarchiv.
Natürlich ist es so. – Die Effizienz, die man sich davon versprochen hat, ist bei Weitem nicht eingetreten. Es ist nicht eingetreten. Es wird im Moment nur verwaltet, wenig gestaltet. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass man erst warten muss, dass jemand Neues kommt, der das Landesarchiv leitet, wenn der jetzige Inhaber schon auf dem Weg in den Ruhestand ist.
(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kul- tur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei)
Herr Staatsminister Hoff, ich muss nochmals darauf hinweisen, dass Zwischenrufe von den Seiten der Regierungsbank unzulässig sind. Sie haben ein unbegrenztes Rederecht und können sich immer melden, aber nicht von dort.
Herr Prof. Hoff, ich kann nur das sagen, was der Eindruck bei den Kollegen in den Staatsarchiven ist – das kann ich doch mal so sagen –, dass die Effizienz, die Sie versprochen haben, nicht eingetreten ist. Das muss man doch zur Kenntnis nehmen, wenn es einem auch nicht gefällt, wenn man auch etwas anderes erwartet hat und was man hier auch erzählt hat, dass das mit der Realität halt nicht im Einklang ist.
alles aufklären, kann man auch alles diskutieren. Wir werden auch eine entsprechende mündliche Anhörung fordern, damit nämlich genau die Kollegen mal gehört werden können und der Herr Hey vielleicht auch daran teilnehmen kann, wenn die Kollegen berichten, wie sie das sehen, was eine Abteilung ist und was letztendlich eigenständig ist, das Staatsarchiv, was es vorher war. In diesem Sinne freue ich mich natürlich auf die Diskussion im Ausschuss und auf die Erkenntnisse, die alle Kollegen dann aus dieser Anhörung mitnehmen, und ich möchte gern den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Europa, Kultur und Medien überweisen. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Jörg Kellner, du weißt, ich habe dich wirklich sehr, sehr gern.
Wirklich! Das gebe ich auch gerne und offen zu Protokoll. Aber ich habe selten so viele körperliche Schmerzen gehabt wie bei deiner Rede gerade. Lieber Jörg, ganz ernsthaft, was bitte hast du hier gerade erzählt? Du erzählst was von Inhabern von Archiven, du erzählst was davon, dass irgendwelche Archive zur Abteilung degradiert werden und nicht mehr in der Region verankert wären. Das wäre mir völlig neu.
Haben wir hier irgendwelche Archive baulich irgendwo geschlossen? Sind die Archive nicht mehr in den Regionen vor Ort? Dann erzähle es doch bitte nicht! Das ist doch Quatsch, was du hier erzählst!
Und dann kommst du immer wieder mit deiner, entschuldige bitte, völlig verqueren Bleistift-in-Weimarbeantragen-Nummer – das ist doch einfach lächerlich, Jörg Kellner.
Du weißt es doch besser! Und dich dann hier hinzustellen bei einem Gesetz und zu erzählen, dass du das ja irgendwie komisch findest mit diesen Schutzfristen und dass auf jeden Fall der Verfassungsschutz das überhaupt nicht gut finden kann, wenn dann die Archive die Akten veröffentlichen! Jörg, du