Sechstens: Die Rente soll zu einer steuer- und beitragsfinanzierten Leistung ausgebaut und das Rentenniveau unter Beachtung der Beitragssätze stabilisiert werden, um Altersarmut zu vermeiden und ein Altern in Würde zu gewährleisten.
Achtens: Es soll – als letzter Punkt – die Entwicklung einer armutsfesten steuerfinanzierten Mindestrente unterstützt werden. Sie soll verhindern, dass langjährige Beitragszahlerinnen und Beitragszahler im Alter Leistungen nach der Grundsicherung beziehen müssen. Diese armutsfeste und steuerfinanzierte Mindestrente soll sicherstellen, dass auch Geringverdienende, Erwerbstätige in Teilzeit oder mit unterbrochenen Erwerbsbiografien als langjährig Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung im Alter nicht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. Darauf müssen sich Bürgerinnen und Bürger verlassen können.
Wir brauchen eine Rentenversicherung, die verlässlich ist und vor Armut schützt. Wir benötigen flexiblere Übergangsmöglichkeiten in den Ruhestand und mehr Schutz für die Menschen, die nicht bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können. Wir setzen uns dafür ein, dass alle maßgeblichen Größen und Berechnungen der Rente kurzfristig vereinheitlicht werden, das heißt, dass es keine Unterschiede mehr bei Ost- und Westrenten geben darf. Wir brauchen einen Rentenfahrplan, der auf Planungssicherheit, Stabilität und Generationengerechtigkeit setzt. Wir brauchen eine schnelle und stufenlose Angleichung bei gleichzeitiger Aufgabe der Hochwertung der Einkommen. Nur so können wir einen einheitlichen Schutz vor Altersarmut gewährleisten.
Zu Punkt 3, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird meine Kollegin Astrid Rothe-Beinlich noch Ausführungen machen. Ich bedanke mich an dieser Stelle ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Pfefferlein. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Herold für die AfDFraktion das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne und Zuschauer im Internet! Es ist ja erstaunlich, was so ein trockenes, wenn auch hoch emotionales Thema wie die Rente hier im Plenarsaal alles so zutage fördert. Da regt sich Die Linke als Rechtsnachfolgerin der SED darüber auf, dass heute eine große Anzahl von in der DDR Geschiedenen und überhaupt DDR-Bürgern und auch DDR-Überlebenden aufgrund der Lohnpolitik und der Wirtschaftspolitik in der DDR eine kleine Rente bekommt,
die heute zum Leben nicht reicht. Auf der anderen Seite registriere ich mit Erstaunen, dass in den Reihen der CDU bestimmte Abgeordnete zu einer Rede aus der Linken frenetisch Beifall klopfen, und ich frage mich, was sich da für neue und unheilige Allianzen anbahnen, möglicherweise auch für den Fall, dass sich die SPD irgendwann selbst geschreddert hat
Aber zum Thema der in der DDR geschiedenen Frauen: Der uns heute vorliegende Antrag der CDU-Fraktion zur Einrichtung eines Entschädigungsfonds für in der DDR geschiedene Frauen behandelt ein sehr wichtiges Einzelthema im Bereich der Rentengerechtigkeit – oder vielleicht soll ich auch Rentenungerechtigkeit sagen –, das viele Tausende Rentnerinnen in Ostdeutschland betrifft. Und da trifft es ausnahmsweise mal wohl wirklich nur Rentnerinnen, denn auch in der DDR war es so, dass niedrige Löhne in schlecht bezahlten Berufen die Domäne der Frauen waren. Im Fokus steht die skandalöse Benachteiligung von in der DDR geschiedenen Frauen. Um es mit Schiller zu sagen – in Richtung der CDU möchte ich anmerken –: Spät kommt Ihr – Doch Ihr kommt! Allein des Weges Länge entschuldigt Euer Säumen! – Allerdings kam die CDU dazu bisher immer mit leeren Händen. Jetzt haben wir auf einmal Aufmerksamkeit seitens
der CDU für das geltende Rentenunrecht, das die in der DDR geschiedenen Frauen seit vielen Jahren benachteiligt. Endlich hat die CDU das als sozialpolitisches Problem identifiziert.
Dennoch war es ein unerklärlich weiter Weg, den Sie beim Thema „Rentengerechtigkeit“ zurücklegen mussten. Mit dem Blüm‘schen Rentenüberleitungsgesetz von 1992 ist nämlich festgeschrieben worden, was im Einigungsvertrag schlicht und ergreifend vergessen worden ist, nämlich damals ungefähr 800.000 in der DDR geschiedene Frauen, die ohne Anspruch auf Versorgungsausgleich in die Wiedervereinigung geschickt worden sind. Herr Blüm hat mit dem berühmten Ausspruch „Die Rente ist sicher“ wahrscheinlich nur seine eigene Versorgung im Blick gehabt.
Es kommt jetzt erfreulicherweise endlich Bewegung in die Sache, aber es war für Sie ein sehr weiter Weg bis zu der heutigen Erkenntnis, dass etwas gegen diesen Rentenraub an den in der DDR geschiedenen Frauen unternommen werden muss. Sie benötigten dazu sogar einen Umweg über die UNO, in der das Thema seit 2011 diskutiert wurde, um endlich auf den Stand der Zeit zu kommen. Und mittlerweile ist im Nachgang der Wiedervereinigung per Rentenüberleitungsgesetz dieser Unrechtszustand praktisch festgeschrieben worden – heute, nachdem ungefähr nur noch 300.000 von den ehemals 800.000 betroffenen Frauen leben. Jetzt endlich besinnt sich nach zwölf Jahren die GroKo – nein, so lange haben wir die noch nicht, wir haben zwölf Jahre größte Kanzlerin, Sie wissen schon, was ich meine, die Festschreibung der GroKo, die Deutschland lähmt und die nichts von all den Problemen wirklich in Angriff nimmt, die Deutschland derzeit hat. Also mittlerweile kriegen wir nun endlich mal das Thema „in der DDR geschiedene Frauen“ auf den Tisch und wir können
jetzt auf eine „großzügige“ Einrichtung eines Versorgungsausgleichs setzen. Allerdings auch hier wieder mit einer Lösung, die den betroffenen Frauen nicht wirklich hilft. Sie sind von Altersarmut bedroht, haben mickrige Altersrenten. Sie müssen weit über die Altersgrenze hinaus arbeiten gehen und hinzuverdienen, wenn sie sich nicht für entwürdigende Prozeduren finanzieller Entblößung auf das Amt begeben wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU. Das ist ein rentenpolitischer Skandal, den Sie nicht leugnen können. Jeder, der sich in seinem Bekanntenkreis umhört, kennt persönlich betroffene Frauen. Trotz wiederholter Diskussion des Themas im Bundestag und Bundesrat dauert dieses DDR
überleitungsbedingte Rentenunrecht immer noch an, das die hiesige CDU-Fraktion mit dem vorliegenden Antrag abzuschaffen vorgibt. Wer ist schuld daran? Das sind nämlich Sie, liebe Kollegen von der CDU, die Sie zwar seit vielen Jahren im Bund regieren, aber bisher nichts für die betroffenen Frauen getan haben.
Die Rentenangleichung zwischen Ost- und Westdeutschland sowie das Schließen der Gerechtigkeitslücken in der Rente war nie ein politisches Thema, außer aufseiten der Linken. Aufseiten der CDU hat Sie das aber niemals besonders interessiert. Das wissen wir, aber das ganz konkrete Rentenunrecht, das die in der DDR geschiedenen Frauen seit 1992 erdulden müssen, haben Sie viele Jahre lang erfolgreich ignoriert. Ein derartiges Ausmaß an Ignoranz gegenüber der Existenzfrage weiblicher Biografien in Ostdeutschland ist der höchste Ausdruck politischer Arroganz mit den dramatischen Folgen für die betroffenen Frauen.
Wir dürfen nicht vergessen – ich wiederhole mich hier –, dass von den circa 800.000 betroffenen Frauen zur Wendezeit heute schätzungsweise nur noch 300.000 Frauen leben. Die Vermutung drängt sich auf, dass hier auf die biologische Lösung gesetzt wurde. Bei näherer Betrachtung der Misere bestätigt sich wieder einmal: Die sogenannte Große Koalition in Berlin, die mittlerweile längst nicht mehr die Mehrheit der Wählerstimmen hinter sich vereint, löst keine Probleme, sie verwaltet allenfalls den Stillstand. Sie ist keine Große Koalition über alle politischen Gräben hinweg, sondern es ist eine Mangelverwaltung. Dabei hätten die politischen Verantwortlichen – namentlich die sozialpolitisch so kaltherzige Merkel-CDU – schon längst in der Sache handeln können und dies auch ohne eigens dafür eine Pseudo-Rentenkommission einsetzen zu müssen, wie jüngst wieder im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD angekündigt. Der UNO-Frauenrechtsausschuss gab vor mittlerweile mehr als einem Jahr mit der Aufforderung zur Einrichtung eines staatlichen Entschädigungsfonds eine mögliche Lösung vor.
Wir haben allerdings feststellen müssen, dass die betroffenen Frauen bis heute kein Gehör bei ihrer geschiedenen und erfolgreich wieder verheirateten ostdeutschen Bundeskanzlerin gefunden haben. Denn auch im Koalitionsvertrag wird nur in äußerst dürren Worten von einer Fondslösung für Härtefälle in der Grundsicherung im Rentenüberleitungsprozess gesprochen. Damit ist ein ganz entscheidender Punkt benannt. Der qualitative Unterschied zum Antrag der rentenpolitisch prokrastinierenden CDU und unserem Alternativantrag ist, dass wir eine Fondslösung für Härtefälle – wie im Koalitionsvertrag leise angedacht –, aus guten Gründen entschieden ablehnen und uns stattdessen für eine zusätzlich zu zahlende anrechnungsfreie Rentenleistung einsetzen.
Das heißt für die betroffenen Frauen, dass sie aus der Bettelfalle von Hartz IV und der Behördenmühle Sozialamt herauskommen. Die von der DDR angestrebte zusätzliche Rentenleistung für in der DDR geschiedene Frauen darf in der Grundsicherung nicht als Einkommen angerechnet und damit schon wieder neutralisiert werden. Die in der DDR geschiedenen Frauen haben eine ergänzende, grundsicherungsfeste Rentenleistung verdient.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was den heute zur Diskussion stehenden Antrag der CDUFraktion zur Einrichtung eines steuerfinanzierten Entschädigungsfonds für die in der DDR geschiedenen Frauen betrifft, so unterstützen wir zwar den Grundgedanken, in der DDR geschiedenen Frauen im Sinne respektvoller Wiedergutmachung einen wirklichen monetär greifbaren Nachteilsausgleich zu gewähren. Nur zielt der vorliegende CDU-Antrag auf einen Lösungsvorschlag ab, der für die betroffenen Frauen in Wirklichkeit keine Besserstellung darstellt. Leider kommen Sie auch viel zu spät damit.
Eingedenk dieses unerhörten Frevels der vom Wahlvolk inzwischen weit entfernten Merkel-CDU versprechen wir Ihnen, in der Sache ganz genau hinzuschauen. Wir werden darauf achten, dass die aufzuwendenden Steuermittel realiter angemessene Entschädigung garantieren und die Not der heute von Altersarmut betroffenen Geschiedenen effektiv lindern. Wir stehen als Alternative für Deutschland fest an der Seite der in der DDR geschiedenen Frauen und werben für Zustimmung zu unserem Alternativantrag. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss auf diese Rede hin erst mal einen Schluck Wasser trinken, sonst bin ich zu aufgeregt.
Wie schon mein Kollege Thamm ausgeführt hat, haben die Koalitionsfraktionen von Linken, SPD und Grünen mehrheitlich beschlossen, die Punkte 8 und 16 – „Rentenlücken schließen“ und das Thema „zu DDR-Zeiten geschiedene Frauen“ – gemeinsam zu behandeln. Das haben wir jetzt gemacht, was aus unserer Sicht auch durchaus ein Stück weit schade ist, denn – man hat es an dieser Diskussion merken können – es wäre vielleicht besser gewesen, wir hätten den Fokus noch deutlicher auf die Problematik der in der DDR Geschiedenen richten können,
Ich möchte an dieser Stelle nicht noch mal insgesamt auf das Thema eingehen, sondern nur noch mal auf das Thema „in der DDR geschiedene Frauen“, und das in zweierlei Hinsicht: Einmal noch kurz zur fachlichen Bewertung und zweitens zur Vorgehensweise in Bezug auf den Umgang. Aber – ich hatte ja jetzt genug Zeit und habe mir noch ein paar Notizen machen können – vielleicht trotzdem noch eine kurze Bemerkung, Frau Ministerin, zu Ihrem Sofortbericht: Wenn Sie vorgetragen haben, dass die Lösung der Rentenproblematik auch mit Sicht auf mehr Rentengerechtigkeit in der Erhöhung der Einnahmen der Rentenkassen
(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Unter anderem!)
unter anderem – zu sehen ist, dann ist das auf den ersten Blick sicherlich die einfachste Lösung. Aber ich frage an der Stelle auch: Ist es nicht vielleicht ein Ansatz, die Senkung der versicherungsfremden Leistungen, die aus der Rentenkasse gezahlt werden, mal in den Fokus zu nehmen? Denn nach Berechnung des DIW, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, gehören von 10 Euro, welche die Rentenversicherung ausgibt, gut 4 Euro, also sagenhafte 40 Prozent, eigentlich nicht zu ihrem Aufgabenbereich. Das heißt, diese Lasten oder diese Kosten, die da entstehen, müssten eigentlich von der Allgemeinheit und nicht nur von den Einzahlern in die gesetzliche Rentenkassen getragen werden.
Zu der Aussage, warum höhere Einkommen nicht stärker belastet werden sollten, sage ich ganz einfach: Weil die Gruppe der höheren Einkommen schon jetzt die höchste Steuer- und Abgabenlast trägt. Das heißt, wir haben hier 10 Prozent der Einkommenssteuerzahler, die fast 55 Prozent der gesamten Einkommenssteuer zahlen. Und auch höhere Besteuerung von Erbschaften, ich sage mal: Ja, man kann natürlich Dinge, die schon doppelt und dreifach versteuert wurden, noch ein viertes Mal versteuern, aber ich glaube, das sind alles so Ansätze, ob die zur Entschärfung der Problematik beitragen, weiß ich nicht so genau und glaube es auch nicht wirklich.
Aber ich will jetzt zum eigentlichen Thema kommen. Wie schon angekündigt, möchte ich den Fokus noch mal auf die zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen lenken. Das betrifft die vor dem 1. Januar 1992 Geschiedenen und diese Problematik trifft natürlich in überwiegender Weise Frauen, aber ich möchte auch klarstellen, dass dies durchaus auch die betroffenen Männer einschließt.
Der Ausgangspunkt der Debatte ist das sehr unterschiedliche Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen DDR. Im Rahmen des Rentenüberleitungsvertrags wurde diese Problematik nicht geregelt, und das bedeutet schlichtweg, dass Frauen, die bis zum 1. Januar 1992 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR geschieden wurden, keinen Versorgungsausgleich für die Ehejahre und auch keine Geschiedenenhinterbliebenenrente wie westdeutsche Frauen bekommen. In der Folge leben viele dieser Frauen heute von Minirenten bzw. müssen hochbetagt noch zusätzliche Arbeitsverhältnisse aufnehmen, um über die Runden zu kommen. Berechtigterweise – das sage ich ganz deutlich – wird von den Betroffenen diese daraus resultierende Versorgungssituation als höchst ungerecht empfunden. Leidtragende bei diesem ganzen Thema sind in der Regel ehemals mithelfende Familienangehörige, also Frauen, die ihre Berufstätigkeit zugunsten der Familie in kleinen Handwerksbetrieben etc. zurückgestellt hatten. Die Anzahl der betroffenen Frauen war einmal hoch. Wir haben damals von über 800.000 betroffenen Frauen oder auch Männern gesprochen, das ist mittlerweile anders. Wir haben derzeit lediglich noch 300.000 Frauen und Männer, die das betrifft,
und das ist das Bedauerliche. Ja, das ist das Bedauerliche, weil man hier von Bundesseite – das sage ich ganz deutlich – auf eine biologische Lösung setzt. Das ist verwerflich und das ist so nicht akzeptabel. Das sage ich ganz deutlich, da brauche ich mich auch nicht in Zurückhaltung zu üben, sondern das ist ein Problem, das man mit wenig Mitteln und überschaubar hätte lösen können. Man hat es einfach nicht gemacht.
Wir wollen heute mit unserem Antrag die Landesregierung auffordern, sich auf Bundesebene weiterhin für die Errichtung eines steuerfinanzierten Entschädigungsfonds für alle zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen einzusetzen