Protokoll der Sitzung vom 23.02.2018

(Beifall CDU)

und damit auch die Empfehlung des UN-Ausschusses zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frauen und den Beschluss des Bundesrats umzusetzen. Der Entschädigungsvorschlag soll zügig und in Abstimmung mit den Betroffenenverbänden, wie dem Verein der in der DDR geschiedenen Frauen, erarbeitet werden und nach Möglichkeit auch schnellstmöglich in Kraft treten.

Jetzt noch zwei Sätze zur Verfahrensweise in Hinsicht zum Umgang mit unserem Antrag – aber vielleicht noch eines. Wissen Sie, Frau Ministerin Werner, zu Ihrer Verwunderung, dass wir als CDU solch einen Antrag stellen, sage ich Ihnen ganz deutlich: Das Einsetzen für eine gute Sozialpolitik in

diesem Land ist kein Privileg der Linken. Das ist genauso Aufgabe aller anderen Parteien und wir sehen uns auch dieser Aufgabe durchaus gewachsen.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Der hat ja Erfahrung als alter SED-Genosse!)

Für eine befriedigende Lösung im Bund bei dieser Thematik kämpfen wir im Thüringer Landtag als CDU bestimmt schon sehr lange.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das lässt sich schlecht beziffern!)

Doch, es lässt sich durchaus beziffern. Es sind bestimmt schon zehn Jahre, seit wird dieses Thema aufgegriffen und uns zu diesem Thema auch klar positioniert haben. Im Übrigen nicht nur als CDU – Herr Kollege Blechschmidt, Sie wissen es –, sondern fraktionsübergreifend.

Vielleicht noch ein Satz zu Ihnen, Frau Kollegin Herold: Ich weiß nicht, wer Ihnen das Zeug aufgeschrieben hat – sie ist ja jetzt gar nicht da –, aber es hilft manchmal nicht, wie der Blinde von der Farbe zu reden, wenn man zu diesem Thema offensichtlich nicht ansatzweise ein Stück Ahnung hat. Das muss ich jetzt einfach kritischerweise mal so anführen. Wenn Sie wüssten, wie wir dieses Thema in der Vergangenheit hier behandelt haben, intensiv darauf eingestiegen sind und uns für die betroffenen Frauen eingesetzt haben, wie oft wir – oder ich in meiner Person – auch mit den betroffenen Frauen vor Ort gesprochen

(Beifall CDU)

und Lösungsansätze gesucht haben! Ein Lösungsansatz, den Sie hier in Ihrem Antrag von sich weisen, ist eben so ein Entschädigungsfonds. Die Frauen sind mittlerweile an dem Punkt, wo sie sagen: Nein, uns ist klar, dass die Berechnung einer Entschädigung pro Frau usw. ein Riesenaufwand ist. Wir sind mit einem Entschädigungsfonds zufrieden. Deswegen ist der Antrag von uns auch so verfasst. Deswegen sage ich: Es ist immer nicht ganz schlecht, wenn man zu Dingen spricht, für die auch ein gewisser Sachverstand vorhanden ist. Ansonsten sollte man es vielleicht doch lieber lassen.

Jetzt wollte ich eigentlich noch ein paar Sätze zur Verfahrensweise sagen, weil mich schon ein Stück weit irritiert hat, dass die Kollegen von den regierungstragenden Fraktionen in dieser wichtigen Frage nicht auf uns zugegangen sind. Ich finde das ein Stück weit bedauerlich, weil Sie die regierungstragenden Fraktionen sind. Dann geht man auf die Opposition zu, insbesondere, Frau Kollegin Stange, wenn man feststellen muss, dass unser Antrag schon eine Woche vorher eingereicht war und Sie wahrscheinlich dann eine Woche später festgestellt haben: Huch, da ist ja noch ein Antrag zu den in

der DDR geschiedenen Frauen, da müssen wir doch etwas tun. Dann hätte man doch zusammen etwas machen können.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Das steht in unserem Antrag vom Dezember!)

Aber gut, ich will mich da jetzt nicht beschweren. Ich habe ja gehört, wir finden da durchaus noch eine Lösung.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Ge- nau!)

Aber ich denke, es sollte hier ein deutliches Zeichen in dieser Frage nach außen dringen.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: So machen wir das!)

Wenn wir das so machen, dann sind wir ja auch zufrieden.

Aber ich will auch noch zwei Sätze zur AfD sagen: Auch den Kollegen von der AfD ist es offensichtlich erst zwei Tage vor der Angst eingefallen, dass dieses Thema eines ist. Dann haben sie einen Antrag geschrieben und wenn ich die nebeneinander lege, kann ich feststellen, dass außer dieser Fondslösung, die wir anbieten, alles andere deckungsgleich ist. Also Sie haben den Antrag fast zu 100 Prozent von uns abgeschrieben und machen jetzt auf „dicke Hose“, nach dem Motto: Wir setzen uns für das Thema ein. Also das ist doch ein Stück weit lachhaft!

(Beifall CDU)

Genauso wenig, wie Sie dieses Thema wirklich interessiert – das spreche ich Ihnen durchaus ab, denn ich kann nicht feststellen, dass Sie sich in den vergangenen Jahren mit dieser Thematik beschäftigt hätten, weder im Ausschuss noch außerhalb bei den Betroffenen.

(Beifall CDU, SPD)

Ich habe Sie nie in einer Gesprächsrunde dort gesehen. Da wollen Sie – das vermute ich mal – natürlich mit dem Antrag nur eines erreichen: Sie wollen in Ihrer Statistik nur einen weiteren Haken hinter Ihre Anträge setzen, die von uns als CDU abgelehnt worden sind. Das ist doch das, was Sie eigentlich damit bezwecken. Aber das ist so durchschaubar, dass man eigentlich gar nicht mehr darüber reden muss. Vielleicht sollte man als AfD auch noch mal darüber nachdenken, was eigentlich die Rolle der Opposition ist und wie man da vielleicht verfährt. Aber na ja, vielleicht kann man das gegebenenfalls irgendwann noch mal korrigieren und in die richtige Richtung lenken. Ich sage auf jeden Fall: Ihr Antrag ist durchaus entbehrlich. Ich bitte um Zustimmung zu dem unsrigen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler, es ist mitnichten ein trockenes Thema, es ist ein hoch emotionales Thema, wenn es um die Rente, wenn es um Sicherheit im Alter geht. Das müsste, glaube ich, auch allen bewusst sein, schließlich geht es um ein würdiges Leben auch und gerade im Alter. Ich unterstelle zumindest den demokratischen Fraktionen, dass es ihnen auch darum geht.

Wenn Frau Herold von der AfD von „größtmöglicher Ignoranz“ gesprochen hat, kann ich nur sagen: Es ist der Ausdruck größtmöglicher Ignoranz, wenn man dann der Debatte nicht mal beiwohnt.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Frau Herold ist abwesend. Ich vermisse Sie nicht, das sage ich auch ganz deutlich, aber ich finde es schon kaltschnäuzig, sich hier vorn derart zu äußern, im Übrigen gegenüber allen demokratischen Fraktionen, und dann durch Abwesenheit – nun ja, „glänzen“ kann man es ja nicht nennen. Übrigens: Im Programm der AfD – für alle, die es vielleicht nachlesen wollen – findet sich kein einziges Wort zu den in der DDR geschiedenen Frauen, zur Rentengerechtigkeit.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In dieser Frage so viel vielleicht zur Wahrheit. Die AfD wollte schnell noch auf einen Zug aufspringen, das macht sie immer mal wieder so. Darüber können auch die Ausführungen von Herrn Höcke nicht hinwegtäuschen, der hier in deutschtümelnder Art und Weise ausgeführt hat, wofür er eigentlich steht – ich will das nicht wiederholen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Sie haben ja gar keine Ahnung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eins muss ich auch Herrn Worm sagen: Wenn Sie schon meinen, aus der Geschichte der Entstehung der Anträge zitieren zu wollen, dann zitieren Sie bitte korrekt. Der ursprüngliche Antrag der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke stammt schon vom 6. Dezember 2017 in der Drucksache 6/4820. Da stand im Punkt 4 bereits: „damit die in der DDR geschiedenen Frauen eine angemessene Rente erhalten“.

(Beifall SPD)

(Abg. Worm)

Das heißt, dieser Punkt war auch von uns bereits vorgelegt. Sie haben dann am 14. Februar nachgelegt mit einem Antrag, den Sie extra behandelt wissen wollten. Ich verstehe nicht so richtig, was Sie daran gestört hat, dass wir beantragt haben, diesen Themenkomplex in Gänze zu betrachten. Schließlich geht es uns um dieselbe Gruppe Menschen, über die wir hier reden. Wir reden von den Menschen, die Rente erhalten, und auch den Frauen, die in der DDR geschieden wurden. Das gehört schlichtweg zusammen. Wir haben dafür genügend Redezeit, das haben wir hier erleben dürfen, deswegen ist es auch richtig, solch einen Themenkomplex im Sachzusammenhang zu betrachten.

Weil Herr Worm hier seine Ausführungen dahin gehend gemacht hat, muss ich auch daran erinnern, dass zwar auf unterschiedlichen Ebenen immer mal wieder die Problematik der in der DDR geschiedenen Frauen eine Rolle gespielt hat. Eine Lösung gab es aber bis jetzt nicht. Das Problem war jedoch bei der Erarbeitung des Einigungsvertrags bekannt. Es ist übrigens auch nicht aus Versehen durchgerutscht. Es ist schon damals angesprochen worden. Sowohl der Vertrag als auch das Rentenüberleitungsgesetz von 1992 haben das Thema „Rentengerechtigkeit für in der DDR geschiedene Frauen“ nicht aufgegriffen. An der Stelle muss ich auch noch einmal sagen: Auch Angela Merkel unternahm weder als Frauenministerin noch als Bundeskanzlerin irgendetwas gegen diese Ungerechtigkeit.

Zur Geschichte gehört auch, dass es 2009 einen Antrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ziel gegeben hat, eine Regelung in Anlehnung an den Versorgungsausgleich und eine Finanzierung des Ausgleichs aus Steuermitteln zu schaffen. Dieser ist damals von CDU/CSU und SPD im Bundestag abgelehnt worden. Das Thema hat uns aber auch hier im Landtag immer wieder beschäftigt. So möchte ich gern an eine kleine Anfrage in der Drucksache 4/9591 vom 10. September 2008 erinnern. Da fragte nämlich die damalige Abgeordnete der SPD Frau Künast die Thüringer Landesregierung. Damals antwortete die Landesregierung, dass es leider keine statistischen Erhebungen für die einzelnen Bundesländer gibt, wie viele Frauen tatsächlich betroffen sind. Herr Worm hat eben gesagt, es sind jetzt etwa noch 300.000. 2008 waren es noch ungefähr 500.000 im Gebiet der sogenannten neuen Bundesländer. Insgesamt länderbezogene Daten gibt es leider bis heute nicht. Das ist übrigens ein echtes Manko.

Ich will aber auch noch einmal ganz deutlich etwas anderes sagen: Frau Holzapfel, Sie haben vorhin in Ihrer Eingangsrede ausgeführt, dass alles bereits geklärt wäre. Ganz so ist es leider auch nicht. Wenn ich mir Ihren Koalitionsvertrag auf Bundesebene anschaue, dann findet sich auf Seite 93 lediglich ein Satz. Ich will diesen Satz kurz vorlesen: „Für Härtefälle in der Grundsicherung im Renten

überleitungsprozess wollen wir einen Ausgleich durch eine Fondslösung schaffen.“ Mehr steht da leider nicht.

Ich bin trotzdem hoffnungsfroh, dass wir hier heute vielleicht zueinander finden. Wie Sie vielleicht wissen, hat der brandenburgische Landtag – übrigens auf Antrag von SPD, CDU, Linke und Bündnis 90/Die Grünen – einen ähnlichen Antrag bereits am 23. Januar beschlossen und dieses Thema aufgegriffen, um an den Bundesgesetzgeber zu appellieren, ein staatliches Entschädigungsmodell für die in der DDR geschiedenen Frauen einzurichten und damit die Empfehlung des UN-Frauenrechtsausschusses aus dem Jahr 2017 umzusetzen.

Das haben wir jetzt in der Neufassung unseres Antrags auch eingefügt und präzisiert. Da heißt es nämlich – gestatten Sie mir, dass ich aus dem Antrag kurz zitiere – unter III: „Der Landtag appelliert an den Bundesgesetzgeber, einen Ausgleichsfonds aus Steuermitteln mit einem Volumen von mindestens 500 Millionen Euro jährlich für all jene Menschen in Ostdeutschland aufzulegen, die durch die Rentenüberleitung der Nachwendezeit Nachteile erlitten haben. Auf dieser Grundlage ist ein Entschädigungsmodell für die in der DDR geschiedenen Frauen zu schaffen und damit die Empfehlung des UN-Frauenrechtsausschusses vom 21. Februar 2017 umzusetzen. Die Erarbeitung dieses Modells soll im Dialog und in Abstimmung mit den Betroffenenverbänden, wie dem Verein der in der DDR geschiedenen Frauen e. V., erfolgen und so schnell als möglich umgesetzt werden.“ Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, dem auch in Thüringen aktiven Verein für geschiedene Frauen meinen Respekt, unseren Respekt entgegenzubringen,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

da die dort organisierten Frauen seit über 28 Jahren darum kämpfen, dass es endlich eine Lösung gibt, die der Lebensrealität dieser Frauen gerecht wird. Wir sind froh, dass es sie gibt und wir hoffen, dass wir heute tatsächlich auch etwas aus Thüringen dazu auf den Weg bringen können, damit wir der Gerechtigkeit ein Stück weit näherkommen.

Eben hat es Herr Worm schon angedeutet: Wir kommen hier vielleicht doch noch zu einer mehr oder weniger einvernehmlichen Beschlussfassung, was ich mir auch wünschen würde. Vielleicht kann sich die CDU einen Ruck geben und doch unserem Antrag zum Thema „Rente“ zustimmen, der ursprünglich unter dem Tagesordnungspunkt 8 eingereicht war, genauso wie wir uns den Ruck geben als Koalitionsfraktionen und gern dem von Ihnen im TOP 16 eingereichten Antrag zustimmen. Wenn man sich gegenseitig stützt, ist man vielleicht stärker. Denken Sie darüber nach. Ich würde mir das

wünschen. Das wäre ein gutes Signal. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage jetzt in die Runde: Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Wolf, Fraktion Die Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt steht hier ein Bildungspolitiker vorn und Sie fragen sich vielleicht: Was macht der Kollege Wolf bei diesem Thema hier? Wie Sie wissen, bin ich über lange Zeit meiner Biografie und auch meiner Erwerbsbiografie – genauso wie der Ministerpräsident – über die Arbeitnehmerbewegung und die Gewerkschaften in die Politik gekommen. Da treibt uns was. Und das, was Herr Höcke hier vorhin vorgetragen hat, treibt mich auch hier vor. Herr Höcke hat hier einen Begriff eingeführt – ich will ihn gerne wiederholen: „Solidarischer Patriotismus“ –, der offensichtlich eine inhaltliche Lücke, die die AfD auch im Bundestagswahlkampf und insgesamt in ihrer Programmatik hat, füllen soll. Damit will sich Herr Höcke offensichtlich wieder mal als ideologischer Vorkämpfer der neuen Rechten positionieren, denn Herr Gauland hat nichts anderes im Bundestagswahlkampf zur Rente gesagt als: Wir haben kein Konzept. Und da hat sich nichts, und zwar gar nichts geändert, auch nicht nach der Rede vom Kollegen Höcke.