Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Landesregierung, nämlich die Standortsicherung der BStU-Außenstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie auch im vorangegangenen Berichtszeitraum ist die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema „Aufarbeitung“ für die Landesregierung von besonderer Bedeutung. Da gilt es, den Dialog zwischen den Generationen über die Ursachen eines bis heute in unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen und unterschiedlichster Intensität nachwirkenden Unrechts weiter zu befördern.

(Beifall SPD)

Dazu dienen öffentliche Veranstaltungen der IMAG „Aufarbeitung“. Dazu dient beispielsweise die Dialogreihe der IMAG „Was auf der Seele brennt“; viele andere Beispiele ließen sich darstellen.

Es wurde mit dem vorliegenden Antrag aber auch darum gebeten, über die Planung für das Berichtsjahr 2018/2019 zu sprechen. Sie sehen es mir nach, wenn ich jetzt nicht dazu übergehe und Ihnen die Ziffer 8 des Berichts und mithin die Seiten 59 bis 63 hier vorlese. Ich möchte aber als Aktivitäten hier hervorheben: die Etablierung eines Expertinnen- und Expertenkreises in den staatlichen Schulämtern zur schulischen Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und Stärkung der Demokratiebildung an Thüringer Schulen, aber auch hier den Fokus auf die Bildungsinstitutionen zu legen; unter Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern sowie Eltern die Durchführung einer erneuten Evaluation beim Thüringer Institut für Lehrerweiterbildung – dem ThILLM – zur Vermittlung von DDR-Geschichte in den Fächern Geschichte und Sozialkunde für das Schuljahr 2018/2019 sowie fächerübergreifend in den Fächern Deutsch, Geografie, Ethik, Musik, Darstellen und Gestalten an den allgemeinbildenden weiterführenden Schulen; die Vorbereitung eines Thüringer Projektwettbewerbs „Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur in Schulen“; das Ziel der Universität Erfurt und auch der FSU Jena, unabhängig von der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ geeignete Formate für den Austausch und für die weitere Qualifizierung von Lehramtsstudierenden für Fragen der Aufarbeitung zu identifizieren und entsprechende Veranstaltungen durchzuführen. Weitere Maßnahmen ließen sich deutlich machen in den Bereichen Renteneintritt, Rehabilitierungsgesetze, Anerkennungsverfahren für Gesundheitsschädigungen, Untersuchungen zu den Gerechtigkeitslücken im Anerkennungs- und Entschädigungssystem zulasten der Zwangsausgesiedelten und natürlich auch des Einsatzes der noch zu verteilenden Mittel aus den Parteien und Massenorganisationen der DDR, dem sogenannten PMO-Vermögen. Soweit ein Überblick zu Erreichtem und Nichterreichtem sowie ausschnittsweise zu dem, was uns in den kommenden Monaten an Akti

vitäten auf dem Gebiet der Aufarbeitung der SEDDiktatur in Thüringen erwartet.

Lassen Sie mich meine Ausführungen mit der Artikulation einer Hoffnung beenden, die in den letzten Monaten immer wieder in vielen Gesprächen und Diskussionen geäußert wurde und die auch durch den dritten Bericht durchträgt, ohne ausdrücklich immer wieder Erwähnung gefunden zu haben. Nicht wenigen Opfern und Betroffenen geht es mit Blick auf ihre eigenen Lebensbiografien, die durch erlittenes Unrecht einen Bruch erfahren haben, nicht mehr um Entschädigung und Ausgleichsleistungen. Es geht ihnen um die heutige Anerkennung dessen, was sie selbst und ihre Familien, ihre Freunde und Bekannten erlitten, weil das individuell erlittene Unrecht stets weiter trägt als die individuelle Person. Es gibt vielfältige Verflechtungsbeziehungen in den Kreis der Familie, Freunde und Bekannten hinein. Es gibt eine bestimmte Erfahrungsebene, die sich über Generationen in die nächste, zum Teil auch in die übernächste Generation trägt. Hier sind eben nicht Entschädigungen und Ausgleichsleistungen, sondern die Anerkennung dieser Situation das Feld, um das es geht. Es geht um eine Kultur der Wertschätzung dieser Erfahrungen. Die erwarten sie sich von den Vertreterinnen und Vertretern demokratischer Parteien in den Landesparlamenten, gleichsam aber auch in den Regierungen. Was spricht dagegen, dieser Hoffnung auch gemeinsam in geeigneter Form Raum zu geben? Ich denke, das ist eine wesentliche Ebene dessen, was unter dem möglicherweise etwas sperrigen und bürokratischen Begriff der IMAG, der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Aufarbeitung“, gemeint ist. Das ist Aufarbeitung in ihrer lebensweltlichen Form, über die Ihnen mit diesem Bericht, der hier vorgelegt wurde, ein kleine Ausschnitt gegeben wurde. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Wer wünscht Beratung zum Sofortbericht? Ich gehe davon aus, alle Fraktionen. Offenkundig, vielen Dank. Dann eröffnen wir die Beratung und das Wort hat zunächst der Abgeordnete Wirkner für die CDU-Fraktion.

Werter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Werter Herr Prof. Dr. Hoff, danke zunächst einmal für den Sofortbericht. Ja, Frau Rothe-Beinlich, es ist mit 63 Seiten ein umfangreiches Werk. Da ich davon ausgehe, dass nicht alle Abgeordneten dieses Hauses dieses Werk durchstudiert haben und den Inhalt vollinhaltlich nachvollziehen können, gestatten Sie mir, dass ich jetzt diese Diskussion, wie sie eigentlich ge

(Minister Prof. Dr. Hoff)

wünscht ist, mit Leben erfülle und diesen Bericht nutze, um Stück für Stück meine Meinung oder unsere Meinung – die Meinung der CDU-Fraktion – dazu zu vertreten. Gestatten Sie mir, dass ich viele Passagen aus diesem Bericht zum Teil wiedergebe, um auch denen alles verständlich zu machen, die sich mit diesem Bericht bisher noch nicht beschäftigt haben.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es haben ihn alle vorlie- gen!)

Wir sind heute gut in der Zeit, Frau Rothe-Beinlich, und es schadet niemandem, mal zuzuhören. Ich habe meinen Redebeitrag auf diese Strategie ausgerichtet und möchte Sie bitten, das so zu akzeptieren. Ansonsten steht Ihnen die Möglichkeit offen, draußen einen Kaffee zu trinken und an dieser Diskussion nicht teilzunehmen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe beantragt, dass wir dazu diskutieren, im Gegensatz zu Ih- nen!)

Ich fange jetzt an zu diskutieren, wenn Sie mir die Möglichkeit dazu geben.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unverschämtheit!)

Wie gesagt, es ist ein sehr umfangreicher Bericht und im Übrigen durch einen Antrag von Rot-RotGrün heute hier auf der Tagesordnung. Da möchte ich gleich vorwegschicken: Den hätte es gar nicht bedurft, denn den Antrag haben wir schon im Jahr 2015 gemeinsam gestellt, alljährlich diesen Bericht vorzulegen. Aber es sei nun, wie es ist. Dieser sehr umfangreiche Bericht, der sich über mehrere Bereiche erstreckt, wurde von der Interministeriellen Arbeitsgruppe, in der im Prinzip alle Ministerien vertreten sind, mit Inhalten gefüllt.

Ich möchte gleich zu Anfang auf die Handlungsziele eingehen, damit jeder weiß, um was es eigentlich in diesem Bericht geht. Eines der Handlungsziele ist die „Ermittlung, Bewertung und Beseitigung von Defiziten in der schulischen und universitären Bildung […], eine verstärkte archivarische Grundlagenermittlung, Forschung und wissenschaftliche Bewertung mit Thüringenbezug zu Fragen des Lebens in der Diktatur […]“ – so steht es hier –, „der Ausbau bzw. die Schaffung von Räumen zum Diskurs und Dialog unter Einbindung breiter Bevölkerungsteile, die aktive Auseinandersetzung mit unklaren und ungeklärten rechtlichen Fragen […], der Erhalt und die Unterstützung von Erinnerungs- und Lernorten, die Förderung von Opferverbänden und Beratungseinrichtungen, das aktive Einbringen in bundespolitische Fragestellungen“ – zum Beispiel die Zukunft der BStU-Stellen in Thüringen – und „eine verantwortungsbewusste Auseinandersetzung mit [dem] persönlichen Verfolgungsschicksal[en]“. Ich

komme dann auf diese einzelnen Punkte im Detail noch einmal zurück.

Der Punkt 4 ist ein besonderes Handlungsfeld. Prof. Dr. Hoff hat schon darauf hingedeutet, dass die politische Bildung ein breites Spektrum einnehmen muss. Daraufhin wurde eine Evaluation an den Schulen in Thüringen mit dem Ziel gemacht zu erforschen, welchen Anteil die Aufarbeitung der DDRDiktatur im Fach Geschichte und im Fach Sozialkunde hat. In der freiwilligen Befragung – es wurden insgesamt 2.140 Lehrerinnen und Lehrer befragt – haben sich nur 134 Lehrer geäußert und an dieser Evaluation teilgenommen. Die Befragten wurden zum Stellenwert der Vermittlung von deutscher Geschichte von 1871 bis 1990 im Unterricht befragt. Bei einer Bewertungsskala von 1 – das heißt „sehr gut“ – bis 5 – das heißt „sehr schlecht“ – wurden folgende Aussagen getroffen: Die Zeitabschnitte von 1871 bis 1918 haben einen Mittelwert von 3,01, von 1918 bis 1933 2,80 von 1933 bis 1945 2,29 und von 1945 bis 1990 2,78.

Die Interessen von Schülerinnen und Schülern zu Themen der ostdeutschen Geschichte – so steht es hier geschrieben – von 1871 bis 1990 werden von den Befragten bei einer Befragungsskala ebenfalls von 1 bis 5 wie folgt eingeschätzt: 1871 bis 1918 3,27, 1918 bis 1963 3,02, 1933 bis 1945 1,92 und von 1945 bis 1990 2,57. Das zeigt insoweit, dass an weiterführenden Thüringer Schulen dem Thema „DDR-Geschichte“ ein relativ hoher Stellenwert eingeräumt wird.

Die Ergebnisse der Befragung belegen für den Geschichts- und Sozialkundeunterricht im Schuljahr 2016/17, dass die unterrichtliche und außerunterrichtliche Befassung mit Themen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mehrheitlich lehrplankonform und mit geeigneter Schwerpunktsetzung im Unterricht erfolgt. Hierbei werden moderne Schulbücher und Lehrmaterialien im Unterricht eingesetzt. Wissen sollte man – und das wissen sicherlich auch die entsprechenden Personen –, dass es in den Lehrplänen an unseren Schulen ganz konkrete Forderungen zum Thema „Aufarbeitung der DDR-Diktatur“ gibt. Es wird in den Schulen sicherlich unterschiedlich gehandhabt. Wichtig ist, dass man auf die Direktorinnen und Direktoren Einfluss nehmen sollte, damit die dafür sorgen, dass diese Unterrichtsfächer auch in dieser Form praktiziert werden.

Zu außerschulischen Lernorten – so steht hier unter Punkt 4.1.1.3: „Seit Beginn der Arbeit der IMAG Aufarbeitung wurde zwischen dem TMBJS, der TSK und den im Geschichtsverbund vertretenen Gedenkstätten erörtert, wie es gelingen kann, dass mehr Thüringer Schulklassen die authentischen Erinnerungs- und Bildungsorte besuchen. In der Ursachenanalyse wurde festgestellt, dass das Antragsverfahren erleichtert sowie die Gedenkorte und ihre Bildungsangebote bekannter gemacht werden müs

sen.“ Das ist eine wichtige Forderung, dass wir unsere Gedenkeinrichtungen in Thüringen öffentlichkeitsbekannter machen und dass wir – wo immer wir können – auch Einfluss auf die Schulen nehmen, diese Gedenkorte zu besuchen.

In diesem Bericht wurden auch ganz konkrete Festlegungen getroffen, was dazu dienen könnte, dies zu fördern. Und zwar ist geplant, für diese Besuche in den Gedenkorten finanzielle Voraussetzungen zu schaffen. So können Klassen ab Klassenstufe 7 500 Euro vom Land bekommen, wenn sie diese außerschulischen Gedenkorte besuchen, bei Übernachtungen sind es sogar 800 Euro. Ich finde, das ist ein guter Anreiz für die Schulen, die diese Gedenkorte in den letzten Jahren ohnehin schon immer häufiger besucht haben.

Wichtig ist mir dabei, dass man auf jeden Fall in den Fokus nehmen muss, dass die Antragstellungen für solche Klassenfahrten unkompliziert und kurzfristig durchgeführt werden können. Da würde ich mich freuen, wenn wir dann in der Diskussion noch einmal erfahren könnten, inwieweit dies umgesetzt werden soll, denn wir wissen, dass es bei üblichen Klassenfahrten erhebliche Probleme gab, was die Terminierung der Antragstellung betrifft. Ich würde mich freuen, wenn das dementsprechend verbessert werden könnte, was das betrifft.

Um die Bildungsangebote von den Gedenkstätten, Grenzlandmuseen, Archiven und Erinnerungsorten der Opfer der SED-Diktatur an Schulen in Thüringen noch bekannter zu machen, wurde eine Broschüre erstellt, die darauf ausgerichtet ist, diese Gedenkorte in Thüringen noch bekannter zu machen. Ich möchte alle Abgeordneten des Thüringer Landtags einladen, sich dieser Broschüre zu bedienen und in ihren Wahlkreisen dafür Sorge zu tragen und zu werben, dass man diese Gedenkorte auch auf freiwilliger Basis dementsprechend besucht, damit diese Initiativen nicht ins Leere laufen. Die finanziellen Voraussetzungen dafür sind geschaffen.

Prof. Dr. Ganzenmüller, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Ettersberg – Ihnen allen sicherlich zum Teil bekannt –, hat gesagt, dass die Broschüre deutlich mache, dass Geschichte nicht nur im Klassenzimmer, sondern auch an den Gedenkstätten und Museen erfahrbar sein muss. Mit den im Berichtszeitraum auf den Weg gebrachten und umgesetzten Maßnahmen und Veranstaltungen im Handlungsfeld Schule und Bildung – Herr Prof. Dr. Hoff hat vorhin darauf hingewiesen – konnte abgesehen von dem allgemein ansteigenden Interesse an Veranstaltungen zu dem Thema „Aufarbeitung der SED-Diktatur“ gegenüber den Vorjahren – und das ist eine interessante Zahl – eine Verdreifachung bei Fahrten von Schulen zu Thüringer Gedenkstätten und weiteren außerschulischen Lernorten erreicht werden. Wurden – man sollte sich das einmal anhören – hier zwischen 2014 und 2016 jährlich weni

ger als 50 Anträge auf Förderung zu Fahrten zu außerschulischen Lernorten gestellt, waren es 2017 insgesamt 173 Schulfahrten. Es besuchten im Jahr 2017 insgesamt rund 4.300 Schülerinnen und Schüler authentische Lernorte in Thüringen. Die Bildungsangebote von Thüringer Gedenkstätten, Grenzlandmuseen, Archiven und Erinnerungsorten der Opfer der SED-Diktatur nutzten 108 Schulen mit rund 2.700 Schülern. Wenn man das mit den Vorjahren vergleicht, muss man feststellen, dass sich da eine positive Entwicklung abgezeichnet hat.

Auch die Lehrkräfte haben die Möglichkeiten erhalten, zusätzliche Seminare zu besuchen, um im Prinzip diese Gedenkbildung – wie ich das so sagen möchte – auch zu vermitteln. Sie nutzten zum Beispiel am 17. und 18. Oktober 2017 die in Jena an der Friedrich-Schiller-Universität durchgeführte Tagung „Bildung in der Diktatur – Bildung nach der Diktatur“. Am 6. November 2017 fand der erste landesübergreifende Projekttag für weiterführende Schulen aus Thüringen und Niedersachsen im Grenzlandmuseum Eichsfeld in Teistungen statt.

Das möchte ich besonders hervorheben: Es gab zum ersten Mal ein Treffen von Schülern aus Niedersachsen und Thüringen im Grenzlandmuseum im Eichsfeld. Herr Minister Holter, ich kann mich nur positiv dazu äußern, dass es wichtig ist, dass vor allen Dingen auch Schülerinnen und Schüler aus unserem Land Thüringen mit Schülerinnen und Schülern aus den alten Bundesländern in Kontakt kommen. Ein Grenzlandmuseum ist dazu auch ein geeigneter Ort, um gemeinsam Geschichte aufzuarbeiten und das gemeinsame Miteinander in Zukunft zu pflegen. Insofern kann ich das nur unterstützen und hoffe, dass sich das auch weiterhin entwickelt.

Noch zum Graduiertenkolleg: Der Punkt 4.1.3.1 besagt, dass es ein Graduiertenkolleg zur Erforschung der SED-Diktatur an der Friedrich-SchillerUniversität in Jena gibt. Es wird vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft bis Ende 2019 mit insgesamt mehr als 1,5 Millionen Euro aus der Richtlinie Forschungsförderung von dem Strategie- und Innovationsbudget gefördert. Es wird der uns allen bekannte Prof. Dr. Ganzenmüller eingesetzt, um dieses Graduiertenkolleg zu begleiten und zu leiten. Er, der gleichzeitig auch Vorstandsvorsitzender der Stiftung Ettersberg ist und hier auch mit der Stiftung Ettersberg die Gedenkstätte Andreasstraße betreibt, hat natürlich die entsprechenden Erfahrungen. Wir wissen, dass es schon eine Reihe von wissenschaftlichen Recherchen und Diskussionsabenden zum Thema „Aufarbeitung der DDR-Diktatur“ gab. Ich würde sagen, ich freue mich, dass er dafür eingesetzt worden ist, weil er die entsprechende Voraussetzung hat.

Es gibt noch einen wichtigen Teil, das ist die Projektgruppe Forschung „Christen in der DDR“, unter Punkt 4.1.3.4. Vor circa zwei Jahren gingen bei uns in der Fraktion Briefe von Christen ein, speziell von zwei Pfarrern hier in Thüringen, die uns gebeten haben, sich dafür einzusetzen, dass auch über die Geschichte der Christen in Thüringen recherchiert wird und Geschichtsaufklärung zu der Zeit der DDR erfolgt. Nun am 24. Januar 2018 konstituierte sich im Rahmen des Auftrags der Arbeitsgemeinschaft „Christen, Kirchen und andere Religionsgemeinschaften […]“ die Projektgruppe Forschung „Christen in der DDR“. Wiederum gehört der auch Herr Prof. Dr. Ganzenmüller an. Ich komme dann noch mal später auf diese Arbeitsgruppe zurück.

Nun zu Punkt 4.2.1.1, Entfristung SED-Unrechtsbereinigungsgesetze: Da möchte ich keine großen Ausführungen machen. Es ist bekannt, dass wir hier die entsprechenden Anträge eingebracht haben und dass es darum ging, diese Unrechtsbereinigungsgesetze zu entfristen. „Deshalb wurde auf Initiative der Thüringer Landesregierung […] gemeinsam mit allen Ost-Bundesländern am 15. Dezember 2017 ein Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht, der die Streichung der bestehenden Antragsfristen in den drei SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen zum Ziel hat. Durch den Freistaat Sachsen wurde der entsprechende Antrag hinsichtlich der Aufhebung der Frist im Stasiunterlagengesetz und weiterer Folgeänderungen eingebracht.“, so wurde das hier in diesem Bericht klargemacht und schriftlich fixiert. „Die Länderkammer verabschiedete [danach] am 2. Februar die von Thüringen initiierte Entschließung mit der Aufforderung an die Bundesregierung, die rechtlichen Voraussetzungen für die Entfristung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze zu schaffen. Auch der Antrag, eine Überprüfung auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR dauerhaft zu ermöglichen, wurde angenommen. Daneben verlangt die Länderkammer, dass die zur Durchführung der Rehabilitationsverfahren benötigten Eintragungen und Eintragungsunterlagen aus dem ehemaligen Strafregister der DDR durch Aufhebung der Frist zu deren Vernichtung im Bundeszentralregister erhalten werden.“ – eine wichtige Voraussetzung.

Sie gestatten mir, dass ich das noch mal weiterführe, weil dies ein besonders wichtiger Absatz ist. „Parallel“, so heißt es ferner, „zu den Vorbereitungen der vorstehenden Entschließungsanträge wurde die Landesregierung durch den Beschluss des fraktionsübergreifenden Antrags von CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag vom 15. Dezember 2017 beauftragt, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für die Streichung der Antragsfrist nach dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, mindestens aber für deren Verlängerung bis zum Jahr 2029 einzusetzen.

Zugleich wurde beschlossen, dass die Landesregierung sich für die Verbesserung des Zugangs zu monatlichen Unterstützungsleistungen, insbesondere beim Renteneintritt, und die Erweiterung des Kreises der Berechtigten, [und das] insbesondere hinsichtlich der bisher nicht berücksichtigten Opfergruppen wie den Zwangsausgesiedelten, Zersetzungsopfern oder von politischen Repressionen betroffene Schülerinnen und Schüler, einsetzen soll. Gleiches gilt für beweiserleichternde Regelungen bei der Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden wie beispielsweise durch die Bestellung von Spezialgutachtern […].“

Ich bringe das noch mal vor, um jedem deutlich zu machen, um was es hier geht. Ich freue mich, dass wir gemeinsam dieses Gesetz letzten Endes auf den Weg gebracht haben bzw. die Initiativen, um das in dieser Form zu befördern.

„In dem Entwurf zum Koalitionsvertrag auf Bundesebene vom 7. Februar 2018, an dessen Ausarbeitung im Themenfeld ‚Kultur/Erinnerungskultur‘ Staatssekretärin Dr. Winter“, so heißt es hier, „beteiligt war, haben CDU, CSU und SPD auf Bundesebene festgeschrieben, die Erinnerungskultur und die Rehabilitierung der Opfer des SED-Unrechtsregimes weiterzuentwickeln und die Fristen für die Beantragung nach dem Rehabilitierungsgesetz im Einvernehmen mit den Bundesländern aufzuheben.“ Wir haben ja nun eine neue Bundesregierung und ich finde, wir sind da, was das betrifft, auf einem guten Weg. So steht dann hier weiter: „Im Ergebnis kann [man] daher davon aus[gehen], dass hier die durch den Thüringer Landtag und die Landesregierung verfolgten Ziele im Themenkreis II [dieses Berichtes] innerhalb des nächsten Berichtszeitraums erreicht werden.“ Wollen wir hoffen, dass das auch alles so wird.

Unter Punkt 4.2.1.4, auch ein wesentlicher Punkt, ist die Initiative zur Bildung eines bundesweiten Gutachterpools. Auch wenn in den vergangenen Jahren die Anzahl der Begutachtungen aufgrund der stark rückläufigen Erstanträge deutlich zurückgegangen ist, folgt hieraus nicht in gleichem Maße ein geringer werdender Bedarf an qualifizierten Gutachtern; ein allgemeines Problem. Und wenn jetzt das Unrechtsbereinigungsgesetz verlängert wird, gibt es natürlich auch wieder mehr Antragstellungen oder längerzeitige Antragstellungen und wir brauchen mehr Gutachter, um diese traumatisierten Fälle letzten Endes qualifiziert zu begutachten. Da ist es ratsam, einen bundesweiten Pool einzurichten und ich finde, auch das ist von der Sache her eine gute Forderung, wichtig vor allen Dingen für die Betroffenen.

Nun zu dem Thema „Zwangsausgesiedelte“. Ich möchte das noch mal aus der Geschichte heraus rekapitulieren. Wir hatten ja mal kurz, unmittelbar nach Beginn unserer Legislaturperiode, eine Opfer

verbandssitzung hier im Landtag und das Thema „Entschädigung der Zwangsausgesiedelten“ stand damals im Fokus. Ich bin der Meinung, es hätte uns über viele Jahre hinweg schon gut zu Gesicht gestanden, sich zu diesem Thema hinzubewegen, denn die Generationen sterben aus, die Zeit wird immer knapper. Zwischen Frau Marie-Luise Tröbs, der Leiterin, der Chefin dieser bundesweiten Opfergruppe, und dem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow gab es eine Absprache, dass sie sich gemeinsam mit den neuen Bundesländern in Verbindung setzen sollen, um eine Bundesratsinitiative zu starten mit dem Ziel, eine Entschädigungsleistung für die Zwangsausgesiedelten zu organisieren. Ich bin der Meinung, auch wie Frau Tröbs sich damals dazu bekannt hat und ich sie noch mal angefragt habe, ob es wirklich ihr Wille ist und sie das bejaht hat: Es hat sich bis heute kein Ergebnis herausgestellt und von uns aus ist die Forderung ganz klar aufgemacht, der Ministerpräsident sollte sich dieser Sache annehmen. Er muss der Initiator mit den neuen Bundesländern werden, weil die Zeit für die Zwangsausgesiedelten abläuft. Ich hatte vorgestern einen Anruf von einem betroffenen Menschen aus Mühlhausen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die CDU-regierten Länder haben doch nicht mitgemacht!)

ich bin noch nicht zu Ende, warten Sie, ich sage noch was dazu –, der mich noch mal eingehend darum gebeten hat, das heute hier darzustellen. Auch wenn dies immer nicht funktioniert, weil die anderen neuen Bundesländer nichts machen, sollten wir uns darauf fokussieren, diese Entschädigungsleistungen als Land Thüringen selbst in die Hand zu nehmen und dazu die Voraussetzungen zu schaffen, so schwer das im Verfahren auch ist. Wir wissen ja, dass wir zum Beispiel auch PMO-Mittel zu erwarten haben. Wenn es gelingen sollte, so wie es unser Antrag war, die Liberalisierung durchzuführen, wäre es vielleicht eine Möglichkeit, aus dem PMO-MittelFonds ein Drittel abzuzweigen, um Entschädigungsleistungen zu bezahlen.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist: Wir brauchen einen Härtefallfonds in Thüringen. Das steht mindestens genauso in der Diskussion und dies ist hier auch noch mal ganz explizit erwähnt. Ich kann nur hoffen, dass das Interesse an dem Vorgang nicht abschweift und die Zeit nicht verstreicht und letzten Endes gewartet wird, bis niemand mehr da ist. Denn ich bin der Meinung, gerade die Zwangsausgesiedelten gehören zu der Opfergruppe, die unter dieser diktatorischen Herrschaft der SED nach 1949 besonders zu leiden hatte.

Unterpunkt 4.3.1, überregional sichtbare Gedenkstätten: Hier gibt es eine Aussage zur institutionellen Förderung durch den Freistaat Thüringen. Die belief sich im Berichtszeitraum 2017 bei der Stif

tung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora auf 2,976 Millionen Euro und 2,851 Millionen Euro sind im Jahr 2018 eingeplant, und bei der Stiftung Ettersberg auf 850.000 Euro im Jahr 2017 und im Jahr 2018 sind 1,1 Millionen Euro eingeplant. Ich finde, das ist eine gute Entscheidung, um die Arbeitsweise der Stiftung Ettersberg zu unterstützen. Ich komme dann noch mal bei den BStU-Außenstellen auf die Stiftung Ettersberg zurück.

Das Grenzmuseum Schifflersgrund, hier strebt der Trägerverein ab 2019 eine Neuorientierung der Einrichtung nach modernen musealen und geschichtswissenschaftlichen Standards und hierfür eine Unterstützung nach der Gedenkstättenordnung des Bundes an. Zur Vorbereitung wurde im Jahr 2018 ein Fachbeirat berufen. Die Landesregierung wird das Grenzmuseum dabei gemeinsam mit dem Land Hessen unterstützen. Das finde ich sehr lobenswert und das kann man nur unterstützen. Ich möchte hier noch mal ausdrücklich sagen, dass das der richtige Weg ist, um zum Beispiel auch dieses Grenzmuseum dort weiterhin zu qualifizieren und auch aufzubauen und auszubauen.

Ein wichtiger Punkt – und das ist mir hier noch mal ein besonderer Punkt – ist der Punkt „Dokumentation und Archiv“. Das Landesarchiv Thüringen mit seinen Standorten in Altenburg, Gotha, Greiz, Meiningen, Rudolstadt und Weimar verwahrt etwa 23 Kilometer – man höre – Akten mit Bezug zur Geschichte der DDR. Bisher war es so, dass die Treuhand alle Akten von Parteien, Betriebsleitungen, Kreisleitungen aufbewahrt hat, und die werden jetzt übergeführt in die entsprechenden Archive, in das entsprechende Landesarchiv. Dann kann man nur davon ausgehen, dass aufgrund dieser Unterlagen nach wie vor Aufarbeitungsmechanismen in Kraft treten, die bisher eigentlich ungeahnt sind. Denn was werden wohl diese Akten in sich bergen? Für Historiker ist das bestimmt ein besonderer Fundus und ich finde, es ist gut, dass dies an das Landesarchiv überführt wird.

Noch mal zur Zukunft der Außenstellen der StasiUnterlagen-Behörde BStU. Da möchte ich jetzt hier noch mal klarstellen, welche Meinung die CDU hierzu vertritt: Wir haben uns im Jahr 2016 alle zusammen auf den Weg gemacht, einen Beschluss herbeizuführen, der beinhaltet, dass wir uns dafür stark machen, dass alle drei Außenstellen in Thüringen erhalten bleiben, sowohl in Suhl, in Gera als auch in Erfurt. So weit, so gut. Im November 2016 hatte ich dann die Möglichkeit, in Berlin mit Herrn Jahn zu sprechen, um mich mal fachkundig zu machen, was die Bundesregierung hierzu plant. Dort wurde eindeutig das Bekenntnis deutlich, dass man beabsichtigt, auch aufgrund der Expertenkommission, die eingesetzt wurde, und deren Ergebnisse, in jedem Bundesland ein zentrales Archiv für das Bundesland einzurichten. Dabei war nicht klar, ob es ein Neubau wird oder eine vorhandene Einrichtung

ist. Aber die Zielrichtung war vorgegeben: Es gibt nur noch ein zentrales Landesarchiv.