Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Die vorliegende Gesetzesänderung ist doch nur eine logische Schlussfolgerung.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nein, ist sie nicht! Das stimmt nicht!)

Doch, es ist eine logische Schlussfolgerung. Bereits 2008 hat man doch die doppelte Mehrheit eingeführt, vorher war ein einstimmiger Beschluss notwendig.

(Unruhe CDU)

Man hat dieses Formerfordernis ausgeweitet – und das war die CDU. Und 2011 kam der Antrag der CDU, da hat man festgestellt, Verwaltungsgemeinschaften sind nicht mehr leistungsfähig und sollen nicht mehr weiterentwickelt werden. Das ist Tatsache, und dass man heute dieses Formerfordernis noch mal aufweitet, das ist eine einfache logische Schlussfolgerung und deswegen ist es notwendig

(Unruhe CDU)

und ich hoffe, dass wir auch einen breiten Konsens finden. Übrigens, wenn man sich mal anschaut, welche Gemeinden sich bereits auf den Weg gemacht haben: Das sind nicht nur Linke, SPD, Grüne, sondern da sind sehr viele CDU-geführte Gemeindeparlamente dabei.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Heu- te in der Zeitung: Dingelstädt im Eichsfeld!)

(Abg. Henke)

Jawohl, ganz aktuell. Und die Basis hat es erkannt. Unser Land hat sich verändert, unsere Bevölkerungsstruktur hat sich verändert.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sömmerda kommt noch!)

Was vor 20 Jahren gut war, muss heute nicht mehr gut sein, und man muss dem ganz einfach Rechnung tragen und denjenigen in den Gemeindeparlamenten, die es erkannt haben und einen neuen Weg gehen wollen. Das ist ihr ureigenstes Recht der Selbstverwaltung und wir sind auch für diese Kommunen verpflichtet, den gesetzlichen Rahmen dafür zu schaffen, damit sie es können. Ob es genehmigt wird – ich sage es noch mal, so stand es und so steht es bis jetzt im Gesetz –, entscheidet einzig und allein der Gesetzgeber im Interesse des gemeindlichen Wohls. Ich bitte deshalb um Zustimmung zum vorliegenden Gesetz mit den bereits von Herrn Adams angesprochenen Änderungen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Frau Abgeordnete Scheerschmidt. Als Nächster hat Abgeordneter Kellner für die CDUFraktion das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sprechen heute zum zweiten Mal über den Gesetzentwurf der rot-rot-grünen Koalition zur Weiterentwicklung der Kommunen. Weiterentwicklung der Kommunen klingt erst mal sehr positiv, aber wenn man genau reinschaut, wird sich das schnell in Luft auflösen. Es ist keine Weiterentwicklung, sondern geht zum Großteil auch mit Abwicklungen einher.

(Beifall CDU)

Wir haben gerade gehört: § 46 ist das beherrschende Thema in diesem Gesetzentwurf. Das ist auch in der Anhörung deutlich gemacht worden, auch der Gemeinde- und Städtebund war in dieser Frage mehr als kritisch. Aber nicht nur der, auch der ehemalige Innenminister hat in seiner Stellungnahme deutlich gemacht, was er von diesen Veränderungen hält, die da auf den Weg gebracht werden sollen. Er hat wörtlich davon gesprochen, dass die Landesregierung die Axt an die Verwaltungsgemeinschaften legt. Etwas anderes kann man da auch nicht sagen.

(Beifall CDU, AfD)

Hier wird die Axt angelegt an Verwaltungsgemeinschaften, an bestehende Strukturen, die sich über viele Jahrzehnte bewährt haben. Natürlich gibt es Verwaltungsgemeinschaften, die nicht funktionie

ren, das will ich nicht abstreiten. Es gibt aber auch Gemeinden, die nicht funktionieren. Wir haben auch große Gemeinden in der Konsolidierung. Bestes Beispiel ist die Stadt Erfurt, woran man ganz deutlich sehen kann,

(Beifall CDU)

dass Größe nicht gleich Leistungsfähigkeit ist und die Bürger keine Entlastung erfahren. An der Stelle greift auch immer das Argument, das gern von meinem Kollegen Kuschel vorgetragen wird: Je größer die Einheiten werden, umso besser ist es für die Gemeinden. Das Gegenteil kann man letztendlich an verschiedenen Beispielen auch gut erkennen.

(Beifall CDU)

§ 46 – doppelte Mehrheit abschaffen: Wir haben gerade von der Kollegin der SPD-Fraktion gehört, dass das alles ganz wichtig und richtig ist, dass die freiwilligen Zusammenschlüsse damit gefördert werden. Wir begrüßen erst mal außerordentlich, dass freiwillige Zusammenschlüsse unterstützt werden. Das war auch immer das Credo der CDU,

(Beifall CDU)

dass wir gesagt haben, Freiwilligkeit geht vor Zwang.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sehr gut!)

Das wird jetzt auch gerade gemacht und wir begrüßen das an der Stelle, zumindest den guten Willen will ich mal unterstellen, dass man es wirklich ernst meint, freiwillige Zusammenschlüsse zu unterstützen. Aber gerade § 46 Abs. 1 Satz 2: Die Streichung der doppelten Mehrheit erzeugt das Gegenteil von dem, was man eigentlich suggeriert. Man sagt, wir wollen die kommunale Selbstverwaltung stärken, die Kommunen sollen das Recht haben, aus Verwaltungsgemeinschaften auszutreten, was wir damit ermöglichen werden. Man hat nur eines vergessen: Das gibt es jetzt schon. Man kann jetzt schon eine Verwaltungsgemeinschaft verlassen,

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn die anderen es wollen!)

wenn man meint, man könnte woanders hingehen, nämlich mit doppelter Mehrheit. Und das hat auch seinen Grund.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Nein, wenn es der Gesetzgeber beschließt!)

Entschuldigung, Herr Dittes, ich weiß, der Gesetzgeber entscheidet zum Schluss. Ich bin ja immer froh, wenn Sie da sind, Sie haben immer eine ordentliche Lösung.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Er kann einen Antrag stellen, ihr nicht!)

(Abg. Scheerschmidt)

Sie können nachher hier vorgehen, Herr Dittes, und können erzählen, was Sie wollen. Dann werden wir letztendlich sehen, wie es ankommt.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Es gibt auch Oppositionsfraktionen, die nicht funktio- nieren!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die VG vor Ort!)

Es ist so, wie ich es gesagt habe: Die Gemeinden können auch jetzt schon austreten

(Unruhe DIE LINKE)

mit der doppelten Mehrheit, wenn Sie die entsprechenden Mehrheiten finden. Das hat auch seinen Grund: Wir wollen letztendlich Gemeinden nicht im Regen stehen lassen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Es bleibt doch keiner im Regen stehen!)

Der Gesetzgeber entscheidet zum Schluss, das ist mir schon klar. Das öffentliche Wohl muss ja erst mal definiert werden. Das kriege ich doch nur hin – das öffentliche Wohl –, wenn ich auch die anderen höre, die mit betroffen sind, wenn die anderen auch mitentscheiden dürfen.

Herr Abgeordneter Dittes, wir wollen keine Zwiegespräche führen. Es gibt eine Rede. Sie haben nachher auch noch Gelegenheit dazu.

Ich will Ihnen mal ein Beispiel bringen. Jetzt gehen wir mal von dem kleinen Thüringen weg nach Europa. Wir haben gerade den Brexit. Vielleicht wird es für viele Kollegen anschaulicher, was es bedeutet, wenn man eine Gemeinschaft verlässt. Der Brexit.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Also sagt ihr, je kleiner umso besser?)

Wir erleben gerade über Jahre, was passiert, wenn jemand die Gemeinschaft verlässt, welche Auswirkungen das für andere Länder hat. Es werden nämlich Kosten verlagert, Kosten müssen übernommen werden. Nichts anderes passiert in einer Verwaltungsgemeinschaft. Wenn eine Gemeinde ausstritt, ohne die anderen letztendlich darüber zu befragen, und die anderen kein Entscheidungsrecht haben, dann bleiben die Lasten bei den restlichen Gemeinden. Das ist so. Das können Sie auch nicht abstreiten.

(Beifall CDU)

Das, was hier letztendlich auf den Weg gebracht wird, erzeugt genau diese Unsicherheit.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Herr Präsident!)

Herr Abgeordneter Kellner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kuschel?