Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

Christina, hast du jetzt schon Gedächtnislücken? Sie haben im Rahmen des Windenergieerlasses vier Dialogforen veranstaltet – vier Foren; auf einem war ich selber, in Leinefelde. Da war das Foyer der Obereichsfeldhalle gut besucht und die Menschen haben gesagt, dass die Befeuerung störend ist und die Wohnqualität mindert, mal ganz zu schweigen vom Infraschall – darauf will ich gar nicht eingehen. Da haben Sie vorn eine große Tafel hingestellt, da konnte man sich melden, dann wurde es aufgeschrieben. Ich frage mich jetzt nach diesem Vortrag: Habt ihr die ganzen Sachen dann in den Papierkorb geschmissen? Ihr behauptet hier, es hätte sich keiner beteiligt und es liegen keine Beschwerden vor. Das stimmt doch so nicht!

(Beifall CDU)

Vier Foren, die gut besucht waren, bei denen die Nachtbefeuerung ein Thema war – das sind alles Beschwerden von Bürgern, die angeblich nicht da sind. Das war 2016 – zwei Jahre sind vergangen und zwei Jahre ist hier nichts passiert. Lieber Herr Harzer, in den zwei Jahren hättet ihr schon tätig werden können, und nicht erst jetzt, wenn es euch wichtig gewesen wäre. Wir haben es in der Zeitung gelesen. Am Dienstag war ein großer Bericht über das Thema drin und eben haben wir es auch wieder gehört. Wenn wir das jetzt verpflichtend einfordern würden, würde es Standortnachteile, Wettbewerbsnachteile geben, und was das alles kostet, die Nachbefeuerung.

Lieber Herr Kobelt, zurzeit wird der Regionale Raumordnungsplan Nordthüringen fortgeschrieben. Ich wohne in einer Gemeinde, die 490 Meter hoch liegt, die eine Windhöffigkeit aufweist, die für Windenergie gut ist. Und wenn Sie wissen, wie massiv die Firmen auf die Eigentümer von Flächen zugehen und was die da für die Unterschrift für einen Vorvertrag bieten, dann sind das Peanuts für die Umrüstung. Das muss ich ganz ehrlich sagen, weil die, die in unserer Gemarkung wohnen – und auch in der Gemarkung Dingelstädt hatte ich jetzt etliche, die mich angerufen und mir erzählt haben, mit welchem Geld da gehandelt wird. Und da kommen Sie an und sagen: Oh, die können das nicht, das ist alles so teuer. Wenn ich für einen Vorvertrag, wo ich noch gar nicht weiß, ob das in der Fortschreibung vom Regionalen Raumordnungsplan überhaupt ein Windvorranggebiet wird, schon so viel Geld bezahlen kann, also da tut es mir leid, da sind sie jetzt nicht so arm dran, Frau Taubert, dass sie die Umrüstung nicht selbst bezahlen können. Wenn ich das vorher kann, kann ich das im Nachgang auch, das muss ich jetzt mal so sagen.

(Beifall CDU)

Also wir, die CDU-Fraktion, finden ihren Antrag wenig untersetzt, und Sie bedienen sich natürlich dem, was ganz einfach ist: Der Bund soll es machen. Wenn wir darauf warten, wird heute und morgen

nichts passieren, denn – Sie haben das auch gesagt, Herr Sühl – der Bund hat gesagt, die ersten Ergebnisse werden evaluiert. Das dauert eine ganze Zeit und ehe das dann über die Umweltministerkonferenz oder Verkehrsministerkonferenz in Gang kommt, sind wir wirklich im Jahr 2024 und wählen neu. So lange wird das dauern und, ich finde, so lange dürfen die Menschen draußen nicht mehr warten, sondern wir müssen schnell handeln, zumal wir die auch Möglichkeit des Handelns haben. Deswegen haben wir hier einen Alternativantrag vorgelegt. Wir wollen eine schnelle und nachhaltige Entlastung der Bürger in den ländlichen Räumen.

(Beifall CDU)

840 Anlagen stehen, und da muss ich auch noch mal zu den Abstandsflächen sagen: Der erste Regionale Raumordnungsplan war Anfang der 90erJahre und da haben wir noch von Anlagen mit 35 Metern Höhe und ganz anderen Abstandsflächen gesprochen. Die Höhen der Windenergieanlagen sind ja verdreifacht und deswegen sind wir auch dafür, wie Bayern die Abstandregelungen zu erweitern.

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Warum haben Sie das nicht gemacht?)

Weil es in den 90er-Jahren noch gar keine technischen Anlagen mit 150 Metern Höhe gegeben hat.

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Das hätten Sie noch 2014 machen können!)

Das ging damals auch noch nicht.

Und wie das in Thüringen aussieht, kann man in Nordthüringen gut sehen, und zwar, liebe Frau Becker und auch Frau Mitteldorf, die ja im Norden von Thüringen wohnen: Wenn es heute Abend dunkel ist und Sie auf der B 4 Richtung Norden fahren, dann kann man den ganzen Horizont nur noch blinken sehen, von Sömmerda bis rüber nach Wangenheim. Meine Kollegin Elke Holzapfel, mit der ich fahre, und ich regen uns immer wieder auf, es sind ja auch Belastungen für die Autofahrer und da ist nicht ein freies Stückchen ohne Windräder mehr.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Wir wollen doch was für Sie tun, Frau Tasch!)

Geschweige denn, wenn Sie mal, Herr Sühl, ins Eichsfeld kommen, mal nach Küllstedt fahren, 490 Meter hoch, dann kann man den Ettersberg sehen und kann man Oldisleben sehen, also da sieht man nicht ein freies Eckchen mehr, und da kann man nicht sagen, dass die Leute sich nicht gestört fühlen. Die Nacht muss wieder dunkel werden.

Ja, und wie gesagt, die Initiative, wo Sie heute sagen, wir hätten es verschlafen – das muss ich noch mal ganz klar sagen –, ist ja nicht neu, denn in der 145. Landtagssitzung

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das stimmt!)

ja, lassen Sie mich mal, ja, das stimmt nicht – der letzten Legislatur am 28. Februar 2014 hat damals der Minister Carius, der jetzt Landtagspräsident ist und hinter mir sitzt, im Landesentwicklungsplan schon auf die Möglichkeiten, die damals noch in der Erprobung waren, hingewiesen

(Beifall CDU)

und dann auf der Verkehrsministerkonferenz am 3. April 2014 – im September waren dann Wahlen – den Antrag von Thüringen eingebracht, sich für eine bedarfsgerechte Befeuerung einzusetzen. Und dann wurde im November 2015 das Airspex-Verfahren genehmigt und in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen vom Luftfahrtbundesamt veröffentlicht.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Wer war da Landesregierung? Rot-Rot-Grün war da Landesregierung!)

2015 wart ihr dann schon dran. Das ist drei Jahre her. Seit 2015 seid ihr dran und im November 2015 ist das zugelassen worden, da wart ihr dran. Am 5. Dezember ist hier Bodo Ramelow gewählt worden. Sie hätten lange handeln können, Sie können es einfach praktisch nicht.

Wir führen hier keine Zwiegespräche, Herr Harzer, Sie können ja gleich.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Am 5. Dezember 2014!)

2014 hat es Christian Carius zum Thema gemacht, daraufhin ist es bei der Verkehrsministerkonferenz auf die Tagesordnung gekommen. Hier müssen Sie mal in den Protokollen nachlesen, da werden Sie es lesen. Oder glauben Sie, ich erzähle hier Quatsch?

Ich möchte noch einmal sagen, dass es inzwischen nicht nur Airspex als Verfahren gibt, sondern Quantec, Nordex, Vestas InteliLight – schon insgesamt vier Verfahren, die anwendbar sind, die durch das Luftfahrtbundesamt genehmigt worden sind.

(Beifall CDU)

Dann gibt es die passiven Verfahren, darüber hat der Staatssekretär auch gesprochen, PARASOL vom Fraunhofer-Institut, und das amerikanische System ADS-B befindet sich noch in der Prüfung.

Wie gesagt, wir sind seit 2014, seitdem das technisch möglich ist, an dem Thema „Nachtkennzeichnung“ dran. Wir haben dann im April 2015 einen

Antrag in den Umweltausschuss eingebracht. Den habt ihr abgelehnt. Damals hat auch Ministerin Siegesmund gesagt, sie will erst warten, bis die Evaluierung abgeschlossen ist, und sie sieht sich jetzt nicht imstande, eine Bundesratsinitiative zu machen.

Auf die Beratungen zum Windenergieerlass habe ich jetzt schon mehrfach hingewiesen, das brauche ich jetzt nicht zu wiederholen. Aber alle Hinweise der Betroffenen, die sich auf den Weg gemacht haben, haben keinen Eingang in den Windenergieerlass gefunden. Da hätte die Landesregierung schon handeln können. Es waren öffentliche Anhörungen und die Menschen haben da ihre Sorgen vorgebracht – aber passiert ist nichts.

Deswegen haben wir im März 2017 einen Antrag zur bedarfsgerechten Befeuerung hier ins Plenum eingebracht, die Drucksache 6/3488. Der wurde dann überwiesen, weil ihr ihn nicht ablehnen wolltet. Daraufhin haben wir im April und Mai 2017 im Umweltausschuss zweimal dazu beraten. Da war auch wieder die Aussage: Wir wollen bundeseinheitliche Lösungen. Wir haben da schon gesagt, dass in Mecklenburg-Vorpommern nach der letzten Landtagswahl von den regierungstragenden Fraktionen SPD und CDU im Koalitionsausschuss das Problem über die Bauordnung gelöst werden sollte. Wir haben im März letzten Jahres schon im Ausschuss angeregt: Liebe Frau Siegesmund, sprechen Sie mit Frau Keller, es muss doch möglich sein, diesen einen Paragrafen auch in die Thüringer Bauordnung kurzfristig einzufügen. Bis heute haben wir nie wieder was gehört außer jetzt euren Antrag. Und dann behauptet Herr Harzer frech, wir hätten es verschlafen. Also das ist eine Frechheit!

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Habt ihr! Habt ihr doch!)

Und Ihr Antrag bringt gar nichts außer Zeit,

(Beifall CDU)

und streut den Menschen Sand ins Auge. Das ist doch die Wahrheit.

Lieber Herr Kobelt, dass wir gar nicht so verkehrt liegen, können Sie mal nachfragen bei Ihren Freunden, bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Brandenburger Landtag. Das machen Sie vielleicht morgen mal. Die haben im Februar 2018, das ist ja erst acht Wochen her, einen Antrag eingebracht, ich lese daraus mal vor bzw. zitiere: „[…] bis spätestens November 2018 dem Landtag eine gesetzliche Regelung vorzulegen oder Verwaltungsvorschrift zu verabschieden, mit dem Ziel eine [Nachtkennzeichnung] [...] für alle neu genehmigten Windenergieanlagen über 100 m Gesamthöhe in Brandenburg verbindlich vorzuschreiben oder/und Anreize zur Installation von BNK-Systemen für Neu- und Bestandsanlagen zu setzen. Zudem sollen Betreiber von Bestandsanlagen mit dem Ziel vernetzt

werden, durch Kostenteilung eine preisgünstige Installation von [bedarfsgerechter Befeuerung] […] zu ermöglichen.“ Das ist also acht Wochen her, vielleicht rufen Sie dort mal an und ändern noch mal Ihre Meinung, die Sie jetzt hier vorgetragen haben. Ich finde, das könnten wir auch so machen und wenn die Grünen in Brandenburg mit uns da auf einer Wellenlänge schwimmen, dann rufen Sie dort mal an. Sie haben ja gesagt, die Bauordnung musste geändert werden in Mecklenburg-Vorpommern. Aber das ist nun nicht so ein Gesetzeswerk, was lange dauert, sondern wenn Mecklenburg-Vorpommern, Herr Sühl, jetzt die Erfahrungen damit gemacht hat und gesagt hat, okay, wir müssen noch mal nachsteuern, dann haben wir doch ein Bundesland, an dessen Erfahrungen wir uns wirklich orientieren können, nehmen die Erfahrungen auf und ändern die Bauordnung. Denn wenn wir warten, bis eine Bundesratsinitiative kommt, bis der Bund das verpflichtend eingeführt hat, sind diese und die nächste Wahlperiode lange vorbei. Deswegen werbe ich für unseren Antrag. Er bringt schneller eine Verbesserung als Ihr Scheinantrag, Herr Harzer, den Sie heute hier eingebracht haben. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön. Nun hat Frau Abgeordnete Mühlbauer für die SPD-Fraktion das Wort.

Werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident, ich habe dem Herrn Präsidenten hinter mir etwas versprochen. Zuerst mal, Frau Tasch, beruhigen Sie sich, meine Gute, Sie sind ja ganz außer Atem.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ich habe mich doch gar nicht aufgeregt! Ich rege mich nie auf!)

Liebe Christina Tasch, es ist eine sehr technische Frage und ich hoffe, ich bringe es wieder auf die technische Ebene runter und möchte – das beantwortet die Fragen – dem Ministerium für den umfänglichen Sofortbericht danken,

(Heiterkeit CDU)

der für alle technisch Interessierten und an der Bauordnung interessierten Bürgerinnen und Bürger mit Sicherheit nachlesenswert ist. Das heißt, es ist eine hochkomplexe Materie. Wir haben es in dem Moment auch an der Anwesenheit gemerkt, aber ich bin stolz, dass wir doch ein gutes Dutzend Kolleginnen und Kollegen haben, die an dieser komplexen technischen Materie interessiert sind. Dies würde ich natürlich auch dem Kollegen Kießling von der AfD empfehlen, mal seinen Mitarbeiter in das

(Abg. Tasch)

Werk einarbeiten zu lassen, weil – die Anmerkung sei mir erlaubt – Sie die Standardrede zur Energiewende mit dem Leitungsausbau plus Netzkosten plus Stromversorgung oder generelle Erzeugung hier regelmäßig halten, egal in welchen Themen wir sind. Und das, denke ich, brauchen wir nicht mehr. Außerdem ist mir auch bekannt, dass gerade bei baulichen Anlagen – und darum handelt es sich ja auch bei Windkraft – auch Versicherungsfirmen durchaus finanzielle Vorteile haben. Ich denke, der eine oder andere aus Ihrer Fraktion scheint doch auch aus dieser Branche zu kommen. Das möge hier diesbezüglich nur eine Anmerkung sein.

Frau Tasch, wenn es so einfach wäre, wie Sie gesagt haben …

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Es ist ein- fach!)

Ich wollte es technisch begründen. Bitte ändern wir die Bauordnung – dann würden wir das tun, dann würde ich das auch so machen.