Protokoll der Sitzung vom 24.05.2018

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf geht es hauptsächlich um Lehrerbesoldung und insofern ist es kein Wunder, dass die Bildungspolitiker sich jetzt hier erst einmal zu Wort gemeldet haben. Es geht aber auch um andere wichtige Fragen. Vielleicht ist es ganz gut, wenn jetzt mal der Finanzpolitiker einen Blick aus einer anderen Richtung auf diesen Gesetzentwurf lenkt.

(Beifall DIE LINKE)

Bevor ich aber konkret auf den Gesetzentwurf eingehe, sei mir noch eine grundsätzliche Bemerkung gestattet. Auch in den anderen Bundesländern werden Gesetze zu beamtenrechtlichen Regelungen eingebracht und verabschiedet – und das in rascher Folge. Die Konsequenz daraus ist, dass die Länder sich bei der Gesetzgebung für ihre Beamtinnen und Beamten – auch die Lehrer – sowie die Versorgungsempfänger immer weiter auseinanderentwickeln. Und das ist nicht gut. Das ist der einzige Punkt, in dem ich Herrn Tischner in seiner Rede zustimme.

Meine Damen und Herren, ich war nie ein Freund der Föderalismusreform I, unter anderem führt sie ja zur Verlagerung des Besoldungs- und Dienstrechts. Aber dass diese Entwicklung so schnell auseinandergeht, wie das derzeit passiert, hätte ich nicht gedacht. Die Folge dieser Entwicklung ist auf der einen Seite ein Abgleiten in den Wettbewerbsföderalismus bei der Besoldung der Beamten. Die reichen Bundesländer, zum Beispiel Bayern oder Baden-Württemberg, die es sich aufgrund ihrer eigenen Finanzkraft leisten können und die in Zukunft – man muss daran denken, dass sie beim Länderfinanzausgleich noch nachverhandelt haben – zusätzliche Finanzvorteile haben werden, können ihren Beamtinnen und Beamten mehr bieten als die finanzschwachen Bundesländer, zu denen Thüringen nun einmal zählt. Dieser Trend wird sich noch verstärken. Auch beim Dienstrecht gehen die Entwicklungen auseinander und so entsteht ein regelrechter Flickenteppich in Deutschland. Ich habe eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung in der Hand gehabt, die besagt, dass es bereits heute erhebli

che Einschränkungen in der Mobilität bei den Beamtinnen und Beamten gibt und dass ein Dienstherrenwechsel dadurch wesentlich erschwert wird.

Bei der Föderalismusreform I ist auch das sogenannte Kooperationsverbot im Bereich der Bildung vereinbart worden. Inzwischen gibt es bemerkenswerte Signale, da ist die 180-Grad-Wende in der Diskussion. Ich hoffe, dass irgendwann auch beim Beamtenrecht einheitliche Lösungen gefunden werden. Mehr Einheitlichkeit ist an dieser Stelle dringend geboten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt zum vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung kommen. Ich hatte ja schon gesagt, es handelt sich um ein Artikelgesetz. Die Änderung der Lehrerbesoldung ist der umfangreichste Teil, es geht aber auch um die Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften und zahlreicher besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtlicher Regelungen. Die Finanzministerin hat in ihrer Einbringung darauf hingewiesen: Das Beamtenversorgungsgesetz soll geändert werden, das Beamtengesetz soll geändert werden und auch das Reisekostengesetz soll geändert werden. Auf die Details will ich jetzt genauso wenig eingehen wie inhaltlich auf den ganzen Teil Lehrerbesoldung. Wir sind ja erst in der ersten Lesung, wir haben noch genug Zeit, darüber zu diskutieren.

Meine Einschätzung ist, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Lehrerberuf attraktiver gemacht wird. Wenn Herr Tischner sich hier hinstellt und sagt, das ist alles längst überfällig, dann muss er sich fragen lassen, warum das die CDU in der letzten Legislaturperiode nicht schon längst durchgesetzt hat.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Weil wir den Bildungsminister nicht gestellt haben!)

Ich weiß, solche Verhandlungen über Besoldungsund Versorgungsregelungen sind immer ein langer Marsch. Es sind umfangreiche Gespräche mit den Gewerkschaften geführt und meines Erachtens ist eine pragmatische Lösung gefunden worden. Es geht ja immer um das Abwägen zwischen dem Wünschenswerten auf der einen Seite und dem finanziell Machbaren auf der anderen Seite. Insofern sage ich bei dem ersten Blick auf diesen Gesetzentwurf: Die Landesregierung hat hier eine gute Arbeit geleistet.

Lassen Sie uns die Details dieses Gesetzentwurfs nun in Ruhe im Haushalts- und Finanzausschuss anschauen – da bin ich anderer Meinung als der Kollege Wolf. Wir wollen das nicht schnell, sondern Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Wir wollen uns das in Ruhe anschauen und wir haben auch gar

(Abg. Rothe-Beinlich)

keinen Zeitdruck. Die Landesregierung hat vorgeschlagen, dass das Gesetz zum 01.01.2018 in Kraft treten soll, also sowieso rückwirkend und es wird keinem, ob nun Lehrer oder einen anderen Beamten oder Versorgungsempfänger, irgendwo ein Euro verloren gehen, wenn wir einen Monat länger für die Beratung brauchen. Ich halte das für wichtig und befürworte diesen Termin für das Inkrafttreten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor. Herr Minister Holter hat sich zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, stellen Sie sich bitte vor, Sie sitzen nicht im Landtag in Erfurt, sondern im Theater. Auf der Bühne wird ein Ein-Personen-Stück aufgeführt, eine junge Schauspielerin gibt alles, sie bekommt Szenenapplaus, sie bekommt am Ende ihrer Vorstellung noch 45 Minuten Standing Ovations, schon während der Vorstellung berichtet das Radio in Thüringen, wie hervorragend die junge Kollegin aufgetreten ist, am anderen Tag in der Presse tolle Kritiken. Die junge Lehrerin kommt am Morgen in die Schule, sieht müde Gesichter in der Klasse sitzen, gibt ihr Bestes, tut alles, um den Stoff zu vermitteln und die Klasse für sich zu gewinnen. Das Klingelzeichen ertönt, die Kinder stürzen raus in die Pause. Die junge Frau fragt sich: Habe ich die jungen Menschen erreicht?

Ich wünsche mir, dass nach jeder Stunde nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern eigentlich die ganze Gesellschaft in Thüringen allen Lehrerinnen und Lehrern Beifall klatscht, Standing Ovations gibt, weil sie in jeder Stunde ihr Bestes geben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das nicht nur einmal 45 Minuten lang, sondern fünfmal, sechsmal am Tag und das fünfmal fünf Tage die Woche. Es ist eine Höchstleistung, die diese Frauen und Männer vollbringen. Ich bin der Überzeugung, wir können ihnen nur danken. Diese rotrot-grüne Koalition hat in den letzten neun Monaten, in denen ich im Amt bin, viel für Bildung getan. Sie hat erstens einen Doppelhaushalt auf den Weg gebracht, den ich als Bildungshaushalt bezeichne. Das, was diese Koalition für Bildung investiert, und zwar in Köpfe und auch in die materialtechnische Ausstattung, sucht ihresgleichen. Das dürfen wir nicht kleinreden, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens – ich will das Paket in dieser Größe darstellen – haben wir mit dem Besoldungsgesetz, das heute hier beraten wird, einen weiteren Schritt getan, um Wertschätzung gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch eine Motivation zu geben, Lehrerin und Lehrer in Thüringen zu werden.

Und wir haben mit dem Schulgesetz, welches ich am Dienstag im Kabinett nicht nur vorgestellt, sondern auch im ersten Durchgang durchgebracht habe, einen weiteren Schritt getan, um deutlich zu zeigen, dass Schule eine gute Zukunft hier in Thüringen hat.

Ich bin der Meinung, Herr Tischner, man muss schon das Paket in Gänze sehen. Das sind Einzelbausteine. Wenn wir hier über das Schulgesetz sprechen, dann können Sie das wie gestern bei der Kita-Debatte machen. Sie können natürlich alles schlechtreden, aber ich will Ihnen sagen, dass die Landräte und die Oberbürgermeister von mir, von der Regierung gefordert haben, wir sollen Schulparameter vorlegen. Es ist eine Forderung der kommunalen Ebene, damit auf dieser Basis tatsächlich eine Schulnetzplanung erfolgen kann. Jetzt lege ich Parameter vor, über die man im Einzelnen streiten und diskutieren kann. Wenn jetzt aber abgelehnt wird, dass Parameter vorgelegt werden, frage ich mich, was ist los im Freistaat? Ich erfülle die Wünsche und auch die Forderungen der Landräte und lege Parameter vor. Lassen Sie uns über die Parameter diskutieren, nicht über das Ob, sondern wie wir tatsächlich gute Schule in Thüringen organisieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist aus einer kleinen Novelle des Schulgesetzes ein großes Gesetzespaket geworden. Sie und alle Beteiligten wissen ganz genau, dass wir die Fragen der Inklusion klären, die Frage des integrativen Unterrichts, des Unterrichts von Kindern und Jugendlichen deutscher und nicht deutscher/ ausländischer Herkunft, dass wir die Fragen der Digitalisierung ansprechen, dass wir die berufliche Orientierung in das Gesetz aufgenommen haben, dass wir die Schulsozialarbeit aufgenommen haben und viele, viele Dinge mehr. Und wir haben uns immer mit der Finanzministerin verständigt; auch dieses Gesetz ist wie andere Gesetze selbstverständlich ausfinanziert.

Und da will ich Sie fragen, Herr Tischner – ich vermute mal eher nicht –, ob Sie Lenin gelesen haben. Also ich habe Lenin im Original gelesen

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das glau- be ich!)

und Lenin spricht von dem Programm-Maximum und dem Programm-Minimum. Das, würde ich mal sagen, trifft auf Ihre Rede zu. Sie haben hier ein Maximalprogramm eingefordert, welches unter dem

(Abg. Dr. Pidde)

Motto „wünsch dir was“ zu bezeichnen ist. Die Kunst der Politik, Herr Tischner, besteht aber darin, tatsächlich das Mögliche und das Machbare zu machen und Verabredungen einzuhalten. Und was die Besoldung der Lehrerinnen und Lehrer betrifft, gibt es zwei Verabredungen. Die eine Verabredung war mit den Gewerkschaften, sprich mit GEW und Beamtenbund – da sind Frau Taubert und Herr Hoff, der jetzt nicht da ist, die Zeugen –, dass tatsächlich verabredet wurde, dass die Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer nach der A 12plus – das ist hier ausführlich vorgestellt worden – in diesem Schritt besoldet werden. Das wird mit diesem Gesetz umgesetzt. Dass es darüber hinaus weiter gehende Forderungen und Wünsche und Vorstellungen gibt, ist unbenommen, das sieht Frau Taubert genauso wie ich. Aber wir haben im Juli des vergangenen Jahres verabredet, diesen Schritt zu gehen. Die Regierung macht nichts anderes als dieses, was verabredet wurde, gesetzestechnisch umzusetzen. Das ist genau der Punkt, warum dieses Gesetz in dieser Form hier vorliegt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In dem Werkstattprozess, und nicht nur dort – das kennen sicherlich alle Abgeordneten dieses Hohen Hauses aus Diskussionen vor Ort – sagen mir Schulleiterinnen und Schulleiter, die sind bei zwölf Jahren Schulleiter immer noch bei der A 12, oder andere sagen, ich bin schon sieben Jahre Schulleiter und immer noch in der A 13, viele einzelne Beispiele können sie hier aufzählen.

Wir haben uns als Koalition entschieden, zu sagen, wir müssen die Schulleitungen stärken. Die Menschen, die die Schule leiten, ob nun an der ersten Stelle oder in der Stellvertretung, sie müssen motiviert werden. Und wir wollen auch junge Menschen, junge Lehrerinnen und Lehrer in die Schulleitung bringen, deswegen gibt es auch die Möglichkeit der Sprungbeförderung. Genau darum geht es.

Herr Tischner, ich erinnere mich an die Haushaltsdebatte. Herr Mohring ist ja jetzt auch da. Herr Mohring hat die Landesregierung dafür kritisiert, dass das Geld zum Fenster hinausgeworfen wird und die Reserve, die Rücklage, aufgebraucht wird. Was Sie heute gemacht haben, war doch etwas, das wie ein Füllhorn ist. Sie vermitteln, dass der Freistaat so viel Geld hat, um all Ihre Wünsche, die Sie hier vorgetragen haben, zu finanzieren. Ich bin der Überzeugung, die Kunst besteht darin, eine Wertschätzung in der Gesellschaft für den Lehrerberuf hinzubekommen und auf der anderen Seite das natürlich auch zu untersetzen. Da muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren der CDU: Wer hat denn die Föderalismusreform II auf den Weg gebracht? Wer hat denn dafür gesorgt, dass die Beamtenbesoldung in Deutschland in den Ländern organisiert wird? Sie können doch jetzt nicht

etwas beklagen, was den Föderalismus betrifft, was Sie verursacht haben. Die Ursachen, die Sie gesetzt haben, die baden wir jetzt gerade aus.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt will ich noch was sagen, was die Diskussion auf Bundesebene betrifft: Ja, es ist so, dass im Koalitionsvertrag der Großen Koalition auf Bundesebene steht, dass ein Nationaler Bildungsrat ins Leben zu rufen ist. Der Nationale Bildungsrat wird kommen. Die KMK, Präsident bin ich ja zurzeit, hat sich entschieden, dies ganz proaktiv anzugehen. Wir werden am 15. Juni hier in Erfurt auf der Sitzung der KMK mit der Bundesministerin Anja Karliczek von der CDU genau darüber sprechen, wie wir den Nationalen Bildungsrat installieren und welche Aufgaben er bekommen soll.

Wir wollen daran arbeiten, dass die Vergleichbarkeit von Schulabschlüssen verbessert wird. Wir wollen daran arbeiten, dass die Lehrerausbildung in Deutschland insgesamt auch vergleichbarer wird. Wir wollen daran arbeiten, dass insgesamt mehr Wertschätzung und Werbung damit für den Lehrerberuf in Deutschland erreicht wird – selbstverständlich, da sind wir uns einig. Die KMK wird eine Lehrergewinnungskampagne starten – für ganz Deutschland. Und Thüringen – mein Ministerium – wird eine Lehrergewinnungskampagne für Thüringen starten.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das glau- be ich nicht!)

Ja, das gehört alles dazu. Sie müssen doch mal das Gesamtpaket sehen. Sie machen das immer nur am Geld fest. Und, Herr Tischner, Sie müssen doch mal eines zugeben: dass wir geliefert haben! Ich habe Ihnen ja einige Dinge aufgezählt. Und deswegen bin ich der Überzeugung: Wir sind auf der Bundesebene in einer Diskussion und da müssen die Kollegen und Kolleginnen der CDU sich natürlich einbringen. Wie soll es denn mit dem Kooperationsverbot weitergehen? Grüne, SPD – teilweise oder ganz, weiß ich im Moment nicht – und Die Linke sind dafür, dass das Kooperationsverbot aufgehoben wird. Es bleibt aber bei der Verantwortung der Länder für Bildung und diese Verantwortung nehmen wir hier wahr.

Meine Damen und Herren, abschließend will ich sagen, Herr Tischner: Die CDU ist auf dem Weg, den Freistaat und in dem Fall das Bildungsland Thüringen schlechtzureden. Das kann ich einfach nicht hinnehmen. Werbung für das Bildungsland Thüringen, Werbung für den Lehrerinnen- und Lehrerberuf, Wertschätzung für die Lehrerinnen und Lehrer sehen anders aus. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Hallo!)

Oh, Entschuldigung. Herr Tischner!

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein paar Punkte aus der Debatte – weil wir am Ende mehr über die CDU geredet haben als über diesen Gesetzentwurf, das ist vielleicht auch bezeichnend –

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das stimmt!)

möchte ich doch noch aufgreifen.

Als Erstes: Herr Minister Holter, es ist in der Tat schade, dass Sie etwas zu spät zur Debatte gekommen sind, denn dann hätten Sie wahrscheinlich mehr Einigkeit zwischen uns beiden festgestellt, gerade mit Blick auf den Erhalt und die Zukunftssicherung unseres leistungsfähigen Schulsystems und auch mit Blick auf das, was wir für die Kolleginnen und Kollegen leisten. Allerdings, was wir kritisieren, sind die hohen Erwartungen, die Sie im Land geweckt haben und die Sie jetzt endlich mal erfüllen müssen.