Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Die in § 7 Abs. 2 zur Erfüllung der Aufgaben geplante vollständige Freistellung der Transplantationsbeauftragten ist aus unserer Sicht nur dann gerechtfertigt, wenn in demselben Haus die Entnahme und Transplantation sowohl entschieden als auch durchgeführt wird. Da scheint es mir geboten, den Transplantationsbeauftragten wirklich mit großem Freiraum, viel Macht und Kompetenz auszustatten, und das rechtfertigt eine vollständige Freistellung. Es geht auch anders.

Und die in § 7 Abs. 3 ausgeführte Staffelung halten wir für sehr schematisch und auch sachlich nicht gerechtfertigt, weil wir glauben, dass die Fülle der Aufgaben nicht linear mit der Anzahl der Intensiv

betten steigt, sondern dass es da sicherlich um manches geht, was sich doppelt, einfach entfällt oder für zehn Betten genauso wie für die hier prospektiv angenommenen 100 Betten infrage käme. Das ist also etwas zu starr und sachlich nicht begründet. Die Aufgabenfülle steigt nicht direkt proportional mit der Zahl der Intensivbetten, wie dies diese schematische Auflistung nahelegt.

(Beifall AfD)

Wir möchten hier an der Stelle dafür plädieren, nicht in übermäßige Regelungswut zu verfallen, wobei natürlich das Grundanliegen davon nicht berührt wird. Das halten wir grundsätzlich für sinnvoll und nützlich und unterstützenswert. Der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion weist grundsätzlich in die richtige Richtung und alles, was noch an weiteren Kritikpunkten aufkäme, könnten wir sicherlich sehr gerne im Ausschuss diskutieren. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf unterstützen und der Ausschussüberweisung zustimmen. Ich danke Ihnen.

(Beifall AfD)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Dr. Hartung von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste! Ich bin der CDU-Fraktion ausgesprochen dankbar, dieses wichtige Thema auf die Tagesordnung gesetzt zu haben. Wir reden viel zu wenig darüber. Insofern ist das völlig korrekt. Ich glaube, ich darf durchaus auch sagen, dass mich das auch persönlich berührt. Ich habe vor ungefähr 20 Jahren meine berufliche Laufbahn – ja, es ist fast genau 20 Jahre her – an einer Transplantationsklinik begonnen. Ich habe selbst regelmäßig an Transplantationen und auch an Entnahmen mitgewirkt. Ich weiß also, wovon da geredet wird. Ich weiß auch durchaus um die Nöte von Angehörigen potenzieller Spender, genauso wie um die Nöte von Empfängern. Die warten und warten und warten und warten. Das ist keine Situation, die ich irgendjemandem wünsche, und ich glaube, wir können gar nicht genug daran erinnern, dass es da ein ganz wichtiges Thema gibt.

Das Problem aus meiner Sicht ist allerdings, dass Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf den dritten Schritt vor dem ersten machen. Das ist nicht Ihre Schuld, weil dieser Schritt ist der, den wir in Thüringen regeln können, die anderen Schritte sind woanders zu regeln. Aber es bleibt eben dabei: Man macht vernünftigerweise einen Schritt nach dem anderen und fängt nicht mit dem dritten an. Nichtsdestotrotz finde ich es wichtig, dass wir dieses Gesetz im Ausschuss beraten, uns dazu Meinungen bilden und dann abschließend darüber bestimmen.

(Abg. Herold)

Ich möchte allerdings hier noch mal deutlich sagen, was meines Erachtens passieren muss, damit sich an der Frage der Transplantation grundhaft was ändert. Ich glaube, wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass die jetzt so schlechten Spenderzahlen eine Ursache haben. Dieser Einbruch der Organspenden geht ja auf Skandale zurück, die stattgefunden haben. Ich habe es eben angesprochen, ich war in einer Transplantationsklinik, und wenn ich jetzt anfangen würde, aus dem Nähkästchen zu plaudern, würde das der Sache nicht dienlich sein. Sagen wir es mal vorsichtig so.

Die Frage ist: Wie können wir den Menschen glaubhaft deutlich machen, dass es mit Transplantationen in erster Linie um den Menschen und nicht um Geld, um persönliche Reputation, um Einfluss usw. geht? Das ist die Frage, die wir uns beantworten müssen. Die bunten Broschüren „Werde Organspender, rette Leben“ und Ähnliches helfen da nicht. Das Misstrauen ist ein Misstrauen in das Establishment – ich sage es mal so. Hier müssen wir ansetzen. Wir müssen glaubhaft versichern, dass die Skandale, die es gegeben hat, nie wieder vorkommen können. Wir müssen glaubhaft versichern, dass die Prozedur Organentnahme/Organtransplantation eine Prozedur ist wie jede andere – natürlich viel schwerer, aber finanziell wie jede Blinddarm-OP und wie jede Gallenblasen-OP. Finanziell darf das keine Gelddruckmaschine sein. Und das ist es damals leider gewesen zu diesem Zeitpunkt. Bevor wir das nicht ändern, bevor wir nicht glaubhaft machen, dass das nie wieder zugelassen wird, werden sich die Spenderzahlen auch nicht verbessern.

Wir müssen auch mit dem Generieren der Spender, mit dem Werben der Spender, glaube ich, einen anderen Weg einschreiten. Der jetzige Weg, dass jeder in regelmäßigen Abständen von seiner Krankenkasse angeschrieben wird, ist ein nur eingeschränkt sinnvoller Weg. Ich bemühe mich, mich zu mäßigen, denn manchmal schüttelt man den Kopf. Da bekommen 80-Jährige das Schreiben, ob sie Organspender sind. Sie sind schon lange aus der Gruppe der Organspender rausgefallen. Da bekommen Leute mit unheilbaren Krankheiten die Frage, ob sie Organspender sind. Die Kasse weiß das, die dürfen nicht spenden, und trotzdem bekommen sie diese Frage. Das macht natürlich keine gute Stimmung. Es macht natürlich auch keine gute Stimmung, wenn jemand Organspender ist und wieder angeschrieben wird, ob er es denn immer noch ist? Das sollte man den Menschen ersparen. Da sollte man ein bisschen sensibler vorgehen, genauso sensibel, wie wir das im Umgang mit Empfängern und den Angehörigen von potenziellen Spendern erwarten können. Da muss es einen anderen Umgang geben.

Ich bin ausdrücklich anderer Meinung als meine Vorrednerin. Ich glaube schon, dass die Wider

spruchsregelung ein gangbarer Weg ist. Natürlich muss ich darauf achten, dass zum Beispiel der potenzielle Organspender wenigstens volljährig sein sollte. Das versteht sich doch von selbst. Und es sollte natürlich auch so sein, dass es eingezogene Grenzen gibt für Menschen, die nicht selbst über sich bestimmen können. Das ist doch vollkommen selbstverständlich. Aber eine Widerspruchsregelung wäre eine gute Lösung. Es würde die Basis der möglichen Spender deutlich verbreitern, es würde dafür sorgen, dass wir dazu kommen, dass wir am Ende eine wesentlich höhere Zahl von Organentnahmen haben. Wir müssen uns ja vor Augen führen, jeder Spender spendet in aller Regel nicht nur ein Organ. Er hilft einer ganzen Reihe Menschen – manchmal sechs, manchmal sieben, manchmal fünf – zu einem neuen Leben oder zu einem qualitätsvolleren Leben. Und das muss man sich einfach vorstellen. Deswegen ist es wichtig, diese Basis zu verbreitern.

Jetzt ist es so, dass wir eine sehr überschaubare Zahl von Organspendern in Thüringen haben. Wir haben zwar 36 Entnahmekliniken, aber bei Weitem nicht mal in jeder Klinik eine Spende. Jetzt zu fordern, wir stellen einen Transplantationsbeauftragten frei, löst doch das Problem nicht. Der kann ja die möglichen Spender auch nicht auf der Straße anwerben – ich sage es mal ein bisschen platt. Ich glaube, wir sollten in dem Moment, in dem wir wieder eine andere Spenderquote haben, eine andere Spendekultur haben, darüber nachdenken, wie wir dann die Entnahme, den tatsächlichen Umsatz dieser Spende besser regeln – so wie es sachdienlich ist. Ich glaube, da kann es bessere Wege geben als jetzt. Ich habe früher auch andere Wege gesehen, als es jetzt geübt wird. Aber wie gesagt, das ist alles nach diesen Skandalen ziemlich eingeschlafen. Ich freue mich eigentlich auf die Debatte im Ausschuss. Ich bin mir sicher, dass wir einen vernünftigen Weg finden. Ich werde auch dafür werben, das im Ausschuss ordentlich zu beraten. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Zippel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde schon vieles gesagt zu unserem Gesetzentwurf und ich bin zunächst erst mal erfreut, dass er doch auf so positive Resonanz gestoßen ist. Ich freue mich auch – muss ich ganz ehrlich sagen –, dass wir auch wieder bei diesem Thema in der Tradition stehen und sagen, dass wir hier wirklich an der Sache hart ar

(Abg. Dr. Hartung)

gumentieren und dass wir das alles machen zum Wohle der Betroffenen.

Ich möchte auf einige Dinge eingehen, die nach meiner Einschätzung von den Vorrednern etwas falsch interpretiert worden sind und wo auch bestimmte Fakten, die vorhanden sind, einfach missinterpretiert wurden. Zum einen wurde ja sehr intensiv auf die ganze Thematik eingegangen, dass wir uns natürlich den Freistaat Bayern zum Vorbild genommen haben.

Herr Kubitzki, Sie haben ausgeführt, dass die absoluten Zahlen in Bayern, wenn man das auf die Einwohnerzahl herunterrechnet, in Thüringen vielleicht sogar besser sind als in Bayern. Was aber das Entscheidende ist – und das ist der Punkt, um den es uns an der ganzen Sache geht –, dass es um einen prozentualen Anstieg ging. So hat nämlich der Freistaat Bayern einen Anstieg der Spenderzahlen um 18 Prozent gehabt. Das ist der Punkt, um den es geht. Von welcher Ebene der Freistaat gekommen ist, ist etwas anderes. Wir müssen uns doch Gedanken machen, wenn ein Nachbarfreistaat einen prozentual hohen Anstieg hat und wir in Thüringen aber diese Zahlen nicht haben: Was macht dieses Bundesland anders? Dann schaut man sich natürlich diese Regelungen an und dann sieht man vor allem, dass die Transplantationsbeauftragten dort sauber und vor allem rechtlich sicher durchgeplant, durchorganisiert und vor allem die rechtliche Sicherheit organisiert haben. An dieser Stelle noch einmal auf die prozentuale Steigerung gucken, das ist das Entscheidende und nicht die aktuellen Zahlen. Darauf kommt es uns vor allen Dingen an.

Sie haben auch noch betont, dass die Regelung im Ministerium quasi in der Pipeline ist und dass wir jetzt mit dem Gesetz vielleicht auch etwas übereilig sind, wie auch immer. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, irgendwann verliert man auch als Opposition die Geduld, insbesondere wenn wir uns anschauen, dass am 1. August 2012 das Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes, über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben, verabschiedet wurde, und in diesem Gesetz den Bundesländern freigestellt wurde, die Qualifikation zur organisationsrechtlichen Stellung der Transplantationsbeauftragten zu regeln. Das ist Landesrecht. Das Landesrecht sollte das regeln. Dieses Gesetz wurde 2012 geschaffen. Nun könnte man sagen: Ja, da ist jetzt viel Zeit vergangen; ich könnte auch sagen, da war noch einige Zeit CDURegierung dazwischen. Aber wenn es nicht so wäre, dass die Landesregierung die Regelung für 2017 angekündigt hätte, hätten wir ja auch noch warten können. Aber die Thüringer Landesregierung hat für 2017 angekündigt, die Regelungen zu schaffen, auch die Betroffenen-Verbände mahnten bereits 2017 an, auf der Länderebene rechtliche Grundlagen für die Freistellung der Transplantationsbeauftragten zu schaffen. Also 2017 war das

Jahr, auf das wir quasi alle gehofft haben. Aber nun sind wir schon bei der Hälfte 2018 und irgendwo hat man dann einfach kein Verständnis mehr, dass wir diese offenbar so wichtige Regelung in Thüringen nicht ergreifen. Das Warten auf Regelungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss, da muss ich mal ein bisschen schmunzeln, weil an manchen Stellen rennt Thüringen immer voran, ich sage jetzt mal nur „Qualitätsstandards in Krankenhäusern“, da ist das Argument: Wir warten nicht auf den Gemeinsamen Bundesausschuss, weil, wir haben die besseren Ideen, egal was vom Gemeinsamen Bundesausschuss kommt. Hier wollen wir jetzt auf den Gemeinsamen Bundesausschuss warten, weil da eventuell gute Regelungen kommen. Also Sie merken, es hinkt ein bisschen. Deswegen sollten wir uns an der Stelle vielleicht mal darauf einigen: Finden wir nun gut, was vom Gemeinsamen Bundesausschuss kommt oder nicht. Ich denke, Thüringen kann hier durchaus einem guten Beispiel folgen und sollte auch rechtlich verbindliche Regelungen für die Transplantationsbeauftragten schaffen.

Das Grundproblem, was wir doch haben, und darauf will ich vor allen Dingen noch mal zu sprechen kommen, ist doch das eine: Die Sorgen und Nöte der Menschen. Die Menschen sind verunsichert, aber die Bereitschaft in der Bevölkerung ist trotzdem weiterhin hoch. Wir sehen, wenn wir uns die aktuellen Umfragen angucken, ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber ich glaube, es waren 84 Prozent der Deutschen, die sagen, grundsätzlich wären sie bereit, sich für eine Organspende bereit zu erklären. Das ist doch ein hoher Anteil. Aber woran liegt das nun, dass wir auch gerade in Thüringen diese niedrigen Zahlen haben – prozentual? Ich und auch die CDU-Fraktion sind ganz fest davon überzeugt, dass es daran liegt, dass die Patienten keinen Ansprechpartner haben, den sie unmittelbar und vor Ort als Vertrauensperson empfinden. Das ist doch die Rolle des Transplantationsbeauftragten.

Herr Abgeordneter Zippel, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Hartung?

Immer wieder gern.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Würden Sie mir zustimmen, dass es eine gewisse Schwäche in Ihrer Argumentation gibt, da sich zwar 85 Prozent der Leute prinzipiell vorstellen könnten, Organe zu spenden, bei der regelmäßigen gesetzlichen Abfrage der Krankenkassen die Quote derer, die sich tatsächlich dann bereit erklären, wesentlich geringer liegt? Wesentlich!

(Abg. Zippel)

Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, aber nicht, dass es eine Schwäche meiner Argumentation ist, sondern, dass es meine Argumentation bestärkt, dass die Leute einen persönlichen Ansprechpartner brauchen. Die Leute brauchen nicht die Ermahnung ihrer Krankenkasse, die Leute brauchen Ansprechpartner,

(Beifall CDU)

den Transplantationsbeauftragten. Es ist doch vollkommen nachvollziehbar. Wenn die Leute einmal im Jahr oder einmal aller zwei Jahre von ihrer Krankenkasse eine Kontaktaufnahme haben, ein Organspendeausweis liegt dabei mit dem Hinweis, es wäre schön, wenn du den ausfüllst, dann wissen wir doch genau, wie das zu Hause ist. Die Leute lassen den fallen, schieben den beiseite und keiner setzt sich damit auseinander. Sondern die Leute wollen auch die Sorgen und die Fragen, die sie im Rahmen der ganzen Thematik „Organspende“ haben, an jemanden richten. Diese entscheidende Stelle, diese entscheidende Funktion, diese Scharnierfunktion spielt doch der Transplantationsbeauftragte im Krankenhaus.

Wenn jetzt das Argument gebracht wurde, der Transplantationsbeauftragte kann die auch nicht auf der Straße anwerben: Das ist ein bisschen eigenartig gefragt. Aber natürlich kann er die anwerben, denn eine Aufgabe des Transplantationsbeauftragten ist nämlich auch die Identifizierung potenzieller Spender. Wenn wir also einen Transplantationsbeauftragten in einem Krankenhaus haben, der auch die entsprechende Zeit hat – das ist doch der entscheidende Punkt –, sich auch anzuschauen, welche Patienten haben wir in dem Haus, wer wäre denn ein potenzieller Spender und dann auch diese Identifizierung nutzt, um mit Angehörigen ins Gespräch zu kommen, erhöht das natürlich die Zahl der Spender. Das ist doch der entscheidende Punkt. Auch wenn Sie es leicht süffisant gesagt haben, man kann sie auf der Straße nicht anwerben, aber natürlich ist dieser Prozess durchaus vorhanden.

Gleichzeitig sind auch die weiteren Aufgaben das Entscheidende. Ich sage jetzt noch nicht mal die Spendermeldung an die DSO oder auch die Koordination der Abläufe zur Organspende, das sind alles wichtige Aufgaben, die der Transplantationsbeauftragte wahrnimmt. Aber auch dafür braucht er Zeit. Das Allerwichtigste, wofür er Zeit braucht, ist, sich mit den Betroffenen hinzusetzen. Wenn wir uns vorstellen, dass Betroffene – Herr Dr. Hartung, Sie haben es ja betont, dass Sie da auch eng angebunden waren oder auch sind – in der Situation sind, einen Angehörigen auf einer Intensivstation liegen zu haben, dann haben die Leute doch vor allen Dingen Angst, die haben Sorge, die haben Nöte und wollen auch mal an die Hand genommen werden

und haben in der Situation vielleicht gar nicht den Kopf frei, sich auch mit diesem aber doch so wichtigen Thema auseinanderzusetzen. Da müssen Sie mir doch wiederum recht geben, dass es doch gut ist, wenn dann jemand kommt, sich mit diesen Betroffenen hinsetzt und sie mit diesem wichtigen Thema konfrontiert. Warum sollten wir denn für diese wichtige Aufgabe nicht verbindliche Regelungen schaffen, dass diese Transplantationsbeauftragten eine verbindliche Qualifizierung haben, dass wir verbindlich im Freistaat regeln, wie oft die sich fortbilden müssen, welche Rolle die spielen, aber eben auch, mit welchem Zeitanteil ihres Jobs sie diese wichtige Aufgabe wahrnehmen? Ich denke, das ist der entscheidende Punkt, wie wir es schaffen, den Leuten die Sorgen zu nehmen, die Ängste zu nehmen und einen direkten Ansprechpartner an die Hand zu geben.

Die Betroffenen – das haben Sie auch selber gesagt – warten auf Spenderorgane. Ich will jetzt nicht zu sehr pathetisch werden. Aber letztlich ist doch das Problem, dass mit jedem Tag, an dem wir keine Regelung haben, oder mit jedem Tag, wo die Spenderzahlen im Freistaat so niedrig sind, wir tatsächlich die Situation haben, dass Leute einfach sterben, dass Leuten, denen geholfen werden könnte, nicht geholfen wird. Wenn es vielleicht durch den prozentualen Anstieg auch nur einer oder zwei mehr wären pro Jahr, dann – das haben Sie selbst auch gesagt – beträfe das viel mehr Menschen, denen geholfen werden könnte.

Ich sehe es also als unsere Pflicht an, alles zu unternehmen, um die Spenderzahlen zu steigern. Da es nachgewiesenermaßen im Freistaat Bayern funktioniert hat, dass die Spenderzahlen gesteigert wurden, ich aber auch von Ihrer Seite kein Gegenargument höre, sondern Sie sagen ja auch, man kann das durchaus nachvollziehen – das ist so der dritte Schritt, der erste und zweite fehlen noch, wo ich es nachfragen würde, was sind in Ihren Augen erster und zweiter Schritt, in dem Kontext gibt es eigentlich nur den einen Schritt, das wäre der –, da gibt es doch eigentlich kein Gegenargument, diesem Gesetz nicht zuzustimmen, auch wenn ich mir gut vorstellen kann, dass wir das im Ausschuss noch beraten. Aber bitte lassen Sie uns nicht noch groß auf irgendwelche Rechtsverordnungen warten! Lassen Sie uns die Fakten jetzt schaffen!

(Beifall CDU)

Ich habe ehrlicherweise Sorge, dass wir das sonst nicht hinkriegen. Unsere bayerischen Kollegen haben uns vorgemacht, wie es gehen kann, deswegen noch mal ein Appell an alle: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu! Geben Sie den Transplantationsbeauftragten auch in Thüringen die nötigen Rahmenbedingungen! Stärken wir Ihnen den Rücken für Ihre lebenswichtige Aufgabe! Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Pfefferlein jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, ich finde es auch sehr gut, dass die CDU-Fraktion dieses wichtige Thema heute hier gesetzt hat. Ich bin auch froh, dass wir im Ausschuss darüber weiter diskutieren werden, weil wir sicher an der einen oder anderen Stelle eben nicht derselben Meinung sind. Ich finde, mit der Verteilung von Zuständigkeiten für Organspenden oder der Ausgestaltung der Aufgaben und Kompetenzen von Transplantationsbeauftragten bzw. den Anweisungsträgern ist es eben nicht getan. Denn das wesentliche Problem liegt doch in Thüringen wie überall in der Bundesrepublik an der unzureichenden Zahl der spendewilligen Personen.

Wir brauchen eine bundesweite und ausreichende Erklärung zum Thema „Organspende“. Viel zu lange ist das Thema auch in der Regierungsverantwortung von der CDU auf Bundesebene stiefmütterlich behandelt worden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Weitergabe der Information, dass ein Mensch der Organentnahme nach dem Tod zustimmt, ist ein lückenloser Fluss dieser Informationen. Dazu gehören auch Transplantationsbeauftragte der Krankenhäuser, die hier eine hohe Verantwortung tragen.

Frau Abgeordnete Pfefferlein, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Zippel?

Selbstverständlich, wenn ich fertig bin. Ist das in Ordnung? Danke.

Die hinreichende Einbindung der Beauftragten und die Informationsentscheidungskette für die derzeitigen Gegebenheiten ist bereits durch die in der Bundesrepublik geltende und in Thüringen untersetzte Gesetzeslage gegeben. Die Statistiken gehen seit 2002 im ganzen Land zurück und zeigen einen deutlichen Knick der Organspenden in Thüringen, übrigens genauso wie in unserem Nachbarland Bayern in den Jahren 2012 bis 2015. Sie erinnern sich: August 2012, seit wenigen Tagen ist das neue Transplantationsgesetz in Kraft und ausgerechnet jetzt erschüttert der Skandal um Manipulationen an den Spendelisten an den Universitätskliniken Göttingen und Regensburg das Vertrauen der Men

schen. Mai 2015, der am Skandal beteiligte Mediziner wird freigesprochen – ein weiterer Unsicherheitsfaktor oder gar Vertrauensbruch.

Sicher, 35 Prozent der Deutschen haben einen Organspendeausweis ausgefüllt. Das ist trotz dieser Skepsis schon beachtlich. Aber es reicht eben bei Weitem nicht aus, um die über 10.000 auf ein lebenswichtiges Organ wartenden Menschen rechtzeitig mit einem Organ zu versorgen. Abgesehen von eventuellen ethischen und religiösen Gründen, die Menschen davon abhalten, ihre Organe zur Verfügung zu stellen, erfährt das Thema „Organspende“ eine breite Zustimmung bei der Bevölkerung. Dennoch fällt der Schritt, eine entsprechende Regelung zu treffen und die Angehörigen darüber in Kenntnis zu setzen, scheinbar schwer; sei es aus dem Gefühl heraus, das kann ich immer noch entscheiden, sei es, weil doch manchmal Unsicherheiten, Halbwahrheiten oder gar Gerüchte um die Art der Organentnahme in Deutschland verunsichern.

Und doch sollten wir uns alle der Tatsache stellen, dass es jederzeit auch uns oder unsere allerliebsten Angehörigen oder Freunde treffen kann. Oder fragen wir uns alle, wie es mit unserer Bereitschaft bestellt ist, Organe im Falle eines plötzlichen Todes zur Verfügung zu stellen und diese Entscheidung nicht den Angehörigen zu überlassen, die dann womöglich in einer emotional absolut belastenden Situation reagieren müssen. Wohl jede, wohl jeder kennt im Verwandten- oder Freundeskreis Menschen, denen mit einer Organspende ein neues Leben oder zumindest ein Leben mit höherer Lebensqualität ermöglicht wurde. Und uns allen hier im Saal ist wohl bewusst, welch hohes Potenzial die medizinischen Möglichkeiten bergen, um schwerstkranken Menschen zu helfen, deren Leben nur noch durch eine Transplantation zu retten ist.

Um diese Möglichkeiten gut zu nutzen, ist eine intensive, früh ansetzende und umfassende Aufklärung nötig. Zu diesem Netzwerk gehören natürlich auch die Transplantationsbeauftragten der entnehmenden Krankenhäuser. Sie sind ein wichtiger Baustein für ein tragfähiges und klares Transplantationswesen. Viel mehr als geänderte Auslegungsund Deutungsbestimmungen brauchen wir in Deutschland erst mal eine weitere und stetige Aufklärung zur Organspende, transparente und nachvollziehbare Vorgänge. Und wir brauchen auch in den Krankenhäusern genügend Ansprache, Zeit und Ausstattung, um das schwere Thema mit den Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen ausführlich und sensibel besprechen zu können.