Protokoll der Sitzung vom 30.08.2018

Meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen, ich will mal mit einem halben Zitat aus einem sehr bekannten Fernsehspiel anfangen: „The same procedure as every“ Landtagssitzung, würde ich mal sagen. Das Parlament muss sich mit mindestens einem rechtspopulistischen Antrag auseinandersetzen, mit dem die Rechtspopulisten das Plenum als Podium für ihre ausländerfeindliche Hetze

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Wir zählen ab jetzt mal mit!)

und rassistisch motivierte Angst- und Stimmungsmache gegen Geflüchtete nutzen.

Für den Vorwurf der ausländerfeindlichen Hetze möchte ich Sie jetzt nicht zur Ordnung rufen, ich rüge Sie und bitte Sie, sich in Ihrer Wortwahl etwas zu mäßigen.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Aber das ist doch ein Fakt!)

Die Demokratie hält das aus, meine Damen und Herren der demokratischen Fraktionen, da bin ich eigentlich ganz optimistisch, solange man sagen darf, was ist. Denn wir können ja im Gegenzug diese öffentliche Hetze und Verbreitung von mindestens Halbwahrheiten ebenso öffentlich widerlegen, den Fake News die Fakten entgegenhalten und den rassistisch motivierten widerwärtigen Vorschlägen ein klares Nein entgegenrufen.

Wichtig ist, meine Damen und Herren, dass die Demokratinnen und Demokraten im Thüringer Landtag das gemeinsam tun.

Der Titel des AfD-Antrags beschreibt mit „gesonderte Unterbringung“ ziemlich genau, was die Rechtspopulisten wollen. Geflüchtete sollen weit weg von der Gesellschaft, außerhalb von Ortschaften gesondert untergebracht werden.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Am besten im Heimatland!)

Und sie sollen dort auch festgehalten werden, eingesperrt, interniert. Dass es da strafrechtliche Ermittlungen und ausermittelte Straftaten, rechtsstaatliche Verfahren gibt, interessiert die Rechtspopulistinnen nicht. Und zur Legitimierung ihrer Forderungen benutzt die rechtspopulistische AfD-Fraktion Behauptungen, die – und auch das ist nichts Neues – schlicht falsch sind. Sie behauptet zum Beispiel,

die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2017 zeige eine im Vergleich zum Zeitraum vor 2013 dramatisch verschlechterte Sicherheitslage in Thüringen und die Aufklärungsquote sei – Zitat – „katastrophal schlecht“. Das ist gelogen, meine Damen und Herren der demokratischen Fraktionen und sehr geehrte Zuhörer und Zuhörerinnen.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Sie haben nicht gut zugehört! Ich habe gesagt, sie hat sich verbessert!)

Thüringen gehört auch 2017 zum vorderen Drittel der Länder mit den geringsten Häufigkeitszahlen, also den Zahlen an Straftaten pro 100.000 Einwohnerinnen. Thüringen belegt in dieser Statistik Platz 5 der 16 Bundesländer. Für Thüringen wurde 2017 die geringste Häufigkeitszahl ermittelt. Die Behauptung für den Zeitraum vor 2013 ist ebenfalls gelogen. Die Zahl der Straftaten lag in Thüringen zuletzt bei etwa 142.000 jährlich. In den Jahren vor 2013 bewegte sich die Zahl mal knapp darunter, mal knapp darüber. 2005 waren es sogar noch 10.000 Straftaten mehr.

Ohne ausländerrechtliche Straftaten, die durch die Einwanderung zwischenzeitlich stark zugenommen hatten, ist die Zahl der Taten seit 2005 fast durchgängig gesunken, am stärksten im vergangenen Jahr um rund 5 Prozent. Das zeigt ein Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik des Bundes.

Zu den von den Rechtspopulistinnen gerne benutzten Halbwahrheiten: Die rechtspopulistische AfD greift sich für ihre Argumentation ganz konkret Delikte mit vergleichsweise hohem Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger heraus. Sie greift sich einige Delikte heraus, in denen der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger im Bereich von 18 bis 24 Prozent liegt – zum Beispiel bei Körperverletzungsdelikten mit 18,4 Prozent –, um damit dann die Behauptung einer angeblich verschlechterten Sicherheitslage für die Menschen in Thüringen zu belegen. Tatsächlich, meine Damen und Herren, gibt es aber gerade bei den Körperverletzungsdelikten unter Zuwanderern einen sehr hohen Anteil von Fallzahlen, die sich im sozialen Nah- und Wohnbereich abspielen, also oft innerhalb der Unterkünfte und im sozialen Nahbereich. Oft sind Zuwanderer sowohl Opfer als auch Täter, aber das interessiert nicht, zumindest nicht die Rechtspopulisten der AfD. Sie unterschlagen diesen Fakt bei der Heraufbeschwörung der angeblichen Gefahren für die deutsche Bevölkerung ganz bewusst. Für ihre Behauptung, insbesondere bei Gewaltstraftaten sei der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger gestiegen, führen die Rechtspopulisten als „Beweis“ Jena mit 43,7 Prozent an, ohne zu erwähnen, dass dort wiederholt Jugendcliquenrivalitäten zu verändertem Kontrollund sicher auch Anzeigeverhalten unter anderem durch die Polizei selbst führte, was die hohe Quote erklären kann. Auch die Behauptung, dass die Ge

(Präsident Carius)

waltkriminalität in Thüringen besonders zugenommen habe und dies an den Flüchtlingen liege, die 2015 nach Thüringen gekommen sind, ist eine Lüge.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Tatsächlich ist die Gewaltkriminalität in Thüringen im letzten Jahr um 3 Prozent gesunken. Sie lag bei rund 4.380 Fällen. In den zwei Jahren davor lag sie etwas unter 4.000, 2013 wieder über 4.000 Fällen. In den fünf Jahren von 2004 bis 2008 war die Gewaltkriminalität konstant deutlich höher, als es in den letzten fünf Jahren der Fall war, ohne die Flüchtlingssituation von 2015. Wenn die AfD behauptet, eine „vielfach fehlende Akzeptanz unserer Rechtsordnung bei Ausländern, die als Flüchtlinge in unser Land gekommen sind“ sei schuld an der Kriminalitätsentwicklung in Thüringen, dann ist das schlicht falsch. Die Mehrheit der Flüchtlinge lebt rechtskonform in Thüringen.

Was die AfD aber verschweigt: Der Großteil der Tatverdächtigen – in der Regel acht bis neun von zehn Tatverdächtigen – sind Deutsche und dort gebe es dann demnach ja auch eine fehlende Akzeptanz der Rechtsordnung. Die AfD lässt auch außer Acht, dass es in der kriminologischen Forschung konstante Indikatoren für eine erhöhte Kriminalität gibt. So gibt es zum Beispiel einen Kriminalitätsschwerpunkt in jüngeren Altersgruppen und in Thüringen sind 75,6 Prozent aller Tatverdächtigen männlich, bei Gewaltdelikten sind es noch mehr. Auch spielt die soziale Lage der Täter eine wichtige Rolle: Je schlechter und prekärer die eigene soziale Lage ist, desto mehr steigt die Kriminalitätsneigung. Dennoch wird der, der sich die Kriminalstatistik 2017 in Thüringen in Gänze anschaut und sich nicht die in das rassistische Weltbild passenden Zahlen herauspickt, bemerken, dass die Realität hier anders aussieht, als von der AfD an die Wand gemalt. Rund 25 Prozent aller Tatverdächtigen von Gewaltkriminalität in Thüringen sind Deutsche. 78 Prozent aller Tatverdächtigen von Raubdelikten in Thüringen sind Deutsche, 80 Prozent aller Tatverdächtigen von Vergewaltigungen in Thüringen sind Deutsche, 85 Prozent aller Tatverdächtigen der Gesamtheit von Sexualdelikten in Thüringen sind Deutsche, 86 Prozent aller Tatverdächtigen der Gesamtheit von Straftaten in Thüringen – ohne jene, die nur Ausländer begehen können – sind Deutsche. 90 Prozent aller Tatverdächtigen von sexuellem Missbrauch in Thüringen sind Deutsche, 91 Prozent aller Tatverdächtigen von Wirtschaftskriminalität in Thüringen sind Deutsche, 92 Prozent aller Tatverdächtigen von Rauschgiftdelikten in Thüringen, 93 Prozent aller Tatverdächtigen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Thüringen und 94 Prozent aller Tatverdächtigen, die Kinderpornografie in Thüringen verbreiten, erwerben, besitzen oder herstellen, sind Deutsche. Das ist keine Rechtferti

gung. Straftat bleibt Straftat, egal von wem sie begangen wird und das ist auch für das Opfer unerheblich.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber, meine Damen und Herren, wenn wir ernsthaft über Kriminalitätsentwicklung, aber auch Kriminalitätsverhütung, reden wollen, dann müssen wir die Ursachen und Bedingungen betrachten. Aber eine ernsthafte Auseinandersetzung beabsichtigen die Rechtspopulisten ja nicht. Ausländerfeindliche Hetzer und Hetzerinnen wollen, dass sich das Narrativ verfestigt, Kriminalität in Thüringen sei eine Frage der Herkunft, und zwar der nichtdeutschen Herkunft. Was die AfD aus den Thüringer Zahlen zur Kriminalität 2017 außerdem hätte analysieren und entsprechende Konsequenzen ziehen können – hat sie aber nicht, weil es nicht in die Mär vom kriminellen Ausländer passt –, wäre, dass trotz sinkender Bevölkerung um 12.500 Einwohnerinnen und einem gleichzeitigen Anstieg um rund 4.500 gemeldete Ausländerinnen der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen um knapp 1 Prozent leicht zurückgegangen ist, dass in über 1.697 Fällen Zuwanderer in Thüringen Opfer einer Straftat wurden und es sich dabei insbesondere um tätliche Angriffe handelt, dass der Bereich der Kriminalität im Anlagenund Finanzbereich einen Anstieg von 1.000 Prozent verzeichnet, dass gerade der banden- und gewerbsmäßige Betrug, bei dem Menschen mit Renditeversprechen betrogen werden und Gelder in Spekulationsgeschäften verschwinden, dabei ein Problem darstellt, dass es weiterhin viele Straftaten von Nazis gibt. Mehr als 1.350 Delikte der politisch motivierten Kriminalität rechts machen wie in den Vorjahren knapp zwei Drittel aller Delikte der PMK aus.

Der „Stern“ veröffentlichte im Juni zum Weltflüchtlingstag einen Beitrag über die Hysterie um die vermeintlich hohe Flüchtlingskriminalität. Den finde ich sehr passend zum Abschluss meiner Erwiderung auf die Angstmache durch die AfD. Ich möchte daraus zitieren, ehe ich zum Alternativantrag der CDU-Fraktion komme. Ich möchte das zitieren, auch weil es gerade im Moment so gut zu den Ereignissen seit dem Wochenende in Chemnitz passt. Im „Stern“ wurde also geschrieben: „Sie leben in Deutschland, mitten unter uns. Im vergangenen Jahr haben sie 14 Menschen getötet, 125 Frauen vergewaltigt, insgesamt fast 8000 Gewalttaten verübt. Das sind beunruhigende Zahlen, aber niemand fürchtet sich. Die einzige Reaktion ist Gelassenheit. Denn die Zahlen beschreiben nicht die Kriminalität von Geflüchteten, sondern die der Bewohner der Stadt Hamburg. Wer von Einheimischen getötet wird, den betrauern meist nur die Angehörigen. Ist der Täter jedoch ein Flüchtling, ist das ganze Land erschüttert. [...] AfD und CSU haben sich für einen anderen Weg entschieden. Sie nehmen die Angst

nicht Ernst, sie verstärken und benutzen sie. Angstmachen ist weltweit die wirksamste Methode aller Populisten. Zuerst schürt man Panik, um danach zu behaupten, man kümmere sich ja nur um die Sorgen der Menschen. Populisten hängen ihr Fähnchen in den Wind, den sie selbst machen. [...] Achtzig Prozent der Gewaltopfer von Geflüchteten sind selbst Geflüchtete. Deutsche bestehlen, verprügeln oder töten hingegen überwiegend Deutsche. Einheimische müssen sich also eher vor deutschen Jungmännern fürchten als vor Geflüchteten.“

Meine Damen und Herren, zum Alternativantrag der CDU: Auch die CDU will Geflüchtete isolieren, nämlich in den vom Bundesinnenminister präferierten und von der GroKo geplanten sogenannten Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungszentren. Anders als das Kürzel Ankerzentren rein sprachlich vermittelt, sind diese Ankerzentren, wie sie den Herren Seehofer und Mohring vorschweben, Isolationslager, die jegliche Integration, jegliche Verankerung verhindern sollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ginge um eine konsequente Umsetzung der asylund aufenthaltsrechtlichen Regelungen, schreibt die CDU, um eine Beschleunigung der Asylverfahren, darum, Rückführungen zu vereinfachen. Damit für „diejenigen, die rechtmäßig längere Zeit in Deutschland bleiben werden“, eine zügige Integration möglich werde, des sozialen Friedens und Zusammenhalts wegen.

Diese Formulierungen, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU, machen mich fast sprachlos. Jene, „die rechtmäßig längere Zeit in Deutschland bleiben werden“: Diese Formulierung suggeriert, Menschen mit einer Duldung hielten sich illegal längere Zeit in der Bundesrepublik auf. Diese Formulierung in Ihrer Begründung suggeriert: Alle Menschen, die nicht die Anerkennung als Asylberechtigte oder als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention beschieden bekommen, hielten sich unrechtmäßig auf. Dem ist aber nicht so.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Klar ist das so!)

Subsidiär Schutzberechtigte, Geduldete, auch gestattete Ausländer und Ausländerinnen – sie alle halten sich rechtmäßig hier auf. Dafür gibt es Rechtsvorschriften. Die können Sie alle im Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes nachschlagen. Dieser Aufenthalt kann sich aus Gründen, die nicht die Geflüchteten zu verantworten haben, hinziehen. Zwischen einem ablehnenden Bescheid durch das BAMF und einer korrigierenden Gerichtsentscheidung vergingen zum Beispiel im Jahr 2017 etwa acht Monate. Inzwischen sind es, glaube ich, elf. Dass die Klagequoten hoch sind, ist Ihnen vielleicht bekannt. Aber dazu kann ich Ihnen auch noch ein paar Zahlen sagen. 366.500 Asylgerichtsverfahren

waren Ende März 2018 anhängig. Die Zahl der Gerichtsentscheidungen entsprach mit 43.500 im I. Quartal in etwa der Zahl der Klageneuzugänge. Das waren 45.000. Die bereinigte Schutzquote bei inhaltlichen Gerichtsentscheidungen lag im I. Quartal 2018 bei 33 Prozent, bei afghanischen Geflüchteten sogar unverändert hoch bei 59,5 Prozent. Bei den Upgrade-Klagen syrischer Flüchtlinge – also Menschen mit subsidiärem Schutzstatus, die die Anerkennung als Flüchtlinge erwirken möchten – liegt sie inzwischen bei fast 40 Prozent. Die Verfahrensdauer bei den Gerichten – das habe ich schon gesagt – ist inzwischen auf elf Monate angestiegen. Der Anteil beklagter BAMF-Bescheide steigt weiter von nunmehr 55,5 Prozent auf 88 Prozent bei den ablehnenden Bescheiden.

Lange Aufenthaltsdauern ohne den sicheren Status einer Aufenthaltserlaubnis haben also in der Regel nicht die Geflüchteten zu verantworten. Und die gestalten sich folgendermaßen: Im ersten Halbjahr 2018 lebten von den 173.915 Geduldeten in der Bundesrepublik 30.978 Menschen bereits seit mehr als fünf Jahren in Deutschland, über 16.200 sogar länger als zehn Jahre. 28 Prozent dieser über 170.000 Menschen sind Kinder unter 18 Jahren – und denen möchte die CDU die Integration verweigern. Sie legitimieren Ihre Forderung nach Ankerzentren damit, die unsichere Perspektive sei für die Betroffenen unerträglich. Das stimmt sicherlich inhaltlich, wird sich aber durch Ankerzentren nicht verbessern. Für die Betroffenen unerträglich ist hingegen, wenn sie von Politikerinnen als illegal aufhältig diskreditiert werden, sehr geehrte Damen und Herren der CDU. Dass Sie damit auch immer wieder den rechtspopulistischen Troll füttern und die Stimmungsmache anheizen, die Angstmacher und Vorurteilsverstärker wie die AfD betreiben, wissen Sie wahrscheinlich selbst.

Meine Damen und Herren, das entscheidende Schlüsselwort für diese Ankerzentren ist „Rückführung“. Es geht darum, Geflüchtete möglichst nicht ankommen zu lassen, unter anderem deshalb, damit die beabsichtigten Rückführungsentscheidungen leicht vertretbar und leichter durchsetzbar sind, indem nämlich das Ankommen in der und die Aufnahme durch die Gesellschaft, durch Nachbarinnen, durch Eltern in der Kita oder der Schule verhindert werden. Die Ankerzentren werden objektiv dazu führen, dass negative Entscheidungen in Asylverfahren natürlich leichter umsetzbar werden, weil Geflüchteten Rechtsmittel noch mehr verbaut werden als durch die Asylrechtsverschärfungen der letzten Jahre ohnehin schon.

Mit der Isolierung in den Ankerzentren kommt zu den eingeschränkten Rechtsmittelfristen noch das Abgeschnittensein von Beratungsstellen und Rechtsbeiständen und Anwältinnen hinzu. Daneben bedeutet Ankerzentrum die Unterbringung großer Menschenmengen auf engsten Räumen und über

lange Zeit. Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD ist von „soll sie in der Regel 18 Monate nicht überschreiten“ die Rede – ohne Bewegungsfreiheit, mit Residenzpflicht sowie dem Fernhalten der Kinder für bis zu sechs Monate von der Kita oder dem Schulbesuch und damit dem Fernhalten vom Kontakt mit Kindern der Aufnahmegesellschaft.

Durch monatelange Unterbringung auf engstem Raum werden Sie zudem in Kauf nehmen, dass zu der angespannten psychischen Situation, in der sich viele nach der monatelangen Fluchterfahrung und der Ungewissheit über ihre Zukunft befinden, eine neue psychische Stresssituation hinzukommt – eine, die zu Übersprungshandlungen und möglichen aggressiven Verhaltensweisen unter den Menschen dort führen könnte.

Mit dieser Isolierung wird ein Zeichen der Stigmatisierung und des Ausschlusses aus der Gesellschaft gesetzt, das Vorurteile befördern wird und für Hasskampagnen Angriffsziele bietet – also genau das Gegenteil von dem, was wir in dieser Gesellschaft gerade brauchen. Die Integration derer, die bleiben werden, soll damit ganz bewusst für eine lange Zeit – bis zu anderthalb Jahren – verhindert werden. Diese Ankerzentren sind abzulehnen.

Ich möchte noch mal zum Ausgangspunkt meiner Rede kommen: dass kein Grund zur Besorgnis vor rassistischer Hetze und Angstmache besteht, wenn die demokratischen Kräfte entschlossen, gemeinsam und deutlich widersprechen. Das wünschte ich mir von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren der CDU – nicht einen ausweichenden Alternativantrag, in dem Sie mit der Forderung nach den Ankerzentren die rechtspopulistische Forderung nach Sonderunterbringung quasi weichgespült aufnehmen. Sondern ich wünschte mir klaren und auch öffentlich wahrnehmbaren Widerspruch gegen die ausländerfeindlich motivierten Falschbehauptungen und gegen die Angstmache der AfD.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat sich Abgeordneter Herrgott zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der AfD-Antrag, den wir hier heute für einen Thüringer Sonderweg in der Unterbringung vorliegen haben, geht leider in dem Gesamtkonzept fehl, zumindest so wie Sie, verehrte Kollegen von der AfD-Fraktion, das Ganze umsetzen wollen. Zu dem statistischen Material hat die Kollegin Berninger – zumindest in dem ersten statistischen Teil, den sie vorgetragen hat – bereits viele Zahlen ausgeführt, das erspare ich uns nun

noch einmal. Zum zweiten Teil werde ich gleich noch etwas sagen.

Denn aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, sind die Dinge, die wir in der Koalition auf Bundesebene gemeinsam mit der SPD verabredet haben, die richtigen Lösungsansätze. Kein Thüringer Sonderweg, sondern bundesweite Umsetzung der entsprechenden Lösungsmöglichkeiten! Die Ankerzentren bundesweit sind dazu die richtigen Lösungsansätze. Thüringen sollte hier aktiv vorangehen. Auch wenn das Einzelne nicht mittragen möchten, ist es dennoch der richtige Weg, denn in Ankerzentren können wir eine Beschleunigung der Verfahren erwarten. In einer Verwaltungsgerichtsbarkeit vor Ort, wie wir es mehrfach gefordert haben, können wir die langen oder überlangen Verfahren begrenzen und für die Menschen, die dort sind, Rechtssicherheit herstellen – natürlich auch in letzter Konsequenz diejenigen, für die ein abgelehnter Bescheid auch durch alle Instanzen nicht rechtskräftig zu einem Aufenthaltstitel führt, wieder in ihre Heimatländer zurückführen, entweder freiwillig oder in letzter Konsequenz mit einer Abschiebung. Wenn man einmal weiß, wo sich diese Menschen aufhalten, nämlich im Ankerzentrum, dann geht das, Frau Berninger, das haben Sie richtig gesagt, deutlich schneller und konsequenter.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist zynisch, Herr Herrgott!)

Das ist natürlich das Ziel an dieser Stelle, diese Menschen, die kein Bleiberecht hier in Thüringen haben und in Deutschland kein Bleiberecht haben, wieder dorthin zurückzubringen, wo sie herkommen. Das ist Umsetzung von Recht und Gesetz, das mag Ihnen ideologisch vielleicht nicht passen, dennoch ist es Recht und Gesetz und wir werden uns konsequent weiterhin dafür einsetzen. Denn wir möchten die Integrationsleistungen – und das haben wir auch mit dem Entwurf unseres Integrationsgesetzes bereits auf den Weg gebracht, wo wir uns in intensiven Diskussionen befinden – auf die Menschen konzentrieren, die tatsächlich aufgrund ihres Schutzstatus für eine längere Zeit hier bei uns bleiben werden, und eine Duldung ist eben kein dauerhafter Aufenthaltstitel, sondern für

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Aber rechtmäßig!)

natürlich ist er ein kurzfristig rechtmäßiger Aufenthalt, aber eben kein langfristiger, Frau Berninger. Und bei einer kurzfristigen Aussetzung der Abschiebung durch eine Duldung oder anderes gibt es eben keine Integrationsleistung. Das ist unsere klare Position, denn wir wollen sie auf die konzentrieren, die aufgrund der entsprechenden Lage länger bei uns bleiben dürfen.

Meine Damen und Herren, Thüringen sollte sich aktiv für diese Integration nach dem Verfahren in den

(Abg. Berninger)

Ankerzentren einsetzen. Aber dafür bedarf es natürlich erst mal grundsätzlich der Einrichtung eines Ankerzentrums in Thüringen, um diese Verfahren zu beschleunigen, um auch die Rechtswegegarantie deutlich zu beschleunigen. Bis dahin, bis dieses Ankerzentrum in Thüringen eingerichtet sein könnte – was wir aber, ehrlich gesagt, von der rot-rot-grünen Landesregierung nicht ernsthaft, sage ich mal, erwarten, so weltfremd sind wir ja auch nicht, wir kennen Ihre Positionen dazu, nichtsdestotrotz werden wir es bei jeder Gelegenheit weiterhin fordern –, gilt es, die aktuellen Probleme konkret vor Ort in Suhl zu lösen. In der Landeserstaufnahmeeinrichtung, in Ihrem sogenannten Ankunftszentrum, wo wir – deswegen mussten wir auch den Antrag in den Terminen in einer Neufassung noch mal ändern – leider immer noch kein, wir hätten es gerne gehabt, dass sich die Punkte vielleicht sogar inzwischen erledigt hätten, haben sie leider nicht,