Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

(Abg. Henke)

das sind Fragen, die man ganz sachlich anhand von Fakten diskutieren kann. Damit braucht man doch aber die Fusion und die Rückkreisung nicht infrage zu stellen. Dieses Drohgebärden ist doch gar nicht erforderlich, weil es eher Türen für Verhandlungen zumacht, anstatt sie zu öffnen. Man muss abwägen, was auch für die Betroffenen vor Ort die beste Lösung ist. Das Schulgesetz lässt zu, dass kreisangehörige Gemeinden selbst Schulträger sein können. Wir wollen durch das Rechtsinstitut der Großen Kreisstadt diese Schulträgerschaft per Gesetz dann dieser Großen Kreisstadt zuordnen. Aber das sind Dinge, die man diskutieren kann.

Wenn Herr Walk hier anmerkt, in den Ausschüssen hätte noch keine Debatte stattgefunden, dann will ich mal darauf verweisen, § 43 Thüringer Kommunalordnung normiert die Vorgänge in einem kommunalen Ausschuss. Die Tagesordnung legt der Ausschussvorsitzende fest, und zwar im Benehmen mit der Verwaltungsspitze, also nicht im Einvernehmen, die Verwaltung hat kein Vetorecht. Da muss man natürlich fragen, jederzeit kann jeder kommunale Ausschuss sich eines Themas annehmen. Das müssen Sie aber vor Ort noch mal besprechen, das können wir von außen nicht beurteilen. Aber es ist doch keinesfalls so, wie Sie hier den Eindruck vermitteln wollen, als würde die Oberbürgermeisterin eine Ausschussberatung blockieren. Das kann sie kommunalrechtlich gar nicht.

(Unruhe CDU)

Herr des Verfahrens ist der Ausschussvorsitzende, der kann das ganz alleine machen und muss nur die Verwaltungsspitze im Rahmen des Benehmens informieren. Das ist alles. Also von daher: Bitte nicht Dinge hier einspielen, die ein falsches Bild von der Situation vor Ort erzeugen.

Meine Damen und Herren, immer wieder der Vorwurf, das Land erkauft sich die Fusion. Die AfD ist eben nicht in der Lage, einen Vorgang irgendwie objektiv zu bewerten. Nicht die Landesregierung hat hier einen Gesetzentwurf vorgelegt, wie Sie behauptet haben, sondern die drei Regierungsfraktionen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Die Fakten sprechen für sich allein!)

Da geht es doch schon los, dass Sie nicht in der Lage sind, die Gewaltenteilung in diesem Land auch nur zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu sind Sie nicht mal in der Lage. Offenbar müssen Sie eben Mitarbeiter einstellen, die fachlich geeignet sind und nicht nur Ihrer Gesinnung entsprechen

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Also Sie sind dazu in der Lage?)

und nicht in der Lage sind, einen Gesetzentwurf zu bewerten, nicht mal diesen Unterschied zu erkennen, ob die Landesregierung etwas vorlegt. Sie können uns kritisieren, aber die Landesregierung ist in dem Verfahren außen vor. Es ist ein Gesetzentwurf der drei Regierungsfraktionen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte es schon bei anderen Gesetzgebungsverfahren gesagt: Meinen Sie wirklich, dass die kommunale Ebene sich so leicht kaufen lässt? Was haben Sie für eine Vorstellung von Bürgermeistern, Gemeinderäten, Stadträten, Landräten, Kreistagsmitgliedern?

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Wer sagt denn, dass es leicht ist?)

Wenn man Ihre Worte ernst nimmt, dann wäre das also wie eine Bananenrepublik. Wir gehen nur durch das Land und wegen 200 Euro pro Einwohner verkaufen die Bürgermeister und Gemeinderäte ihre Gemeinden.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Das machen Sie doch!)

Das Leben ist anders. In der Region Eisenach hat man erkannt: Wenn man die Herausforderungen der Zukunft meistern will, muss man Verwaltung effizienter gestalten und vor allen Dingen Doppelstrukturen beseitigen. Das ist das Hauptanliegen. Klar, der Prozess wird auch genutzt, um Leistungsfähigkeit wiederherzustellen. Welche Alternative – Sie haben ja das Wort in Ihrem Namen – bieten Sie denn an? Die Alternative wäre, so weiterzumachen wie bisher. Das ist doch nicht die Alternative für die Stadt Eisenach.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bürgerinnen und Bürger leiden seit 1998 unter dieser Kreisfreiheit, weil sie mit höheren Gebühren, Abgaben und Steuern leben müssen und mit Leistungseinschränkungen im sogenannten freiwilligen Bereich. Das wollen Sie weitermachen? Klar, Sie wollen dieses Land für die Zukunft nicht fit machen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Sie wollen dieses Land in die 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückentwickeln. Das ist Ihr Ziel, meine Damen und Herren.

(Unruhe AfD)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Das machen Sie doch auch!)

Die fehlende Leistungsfähigkeit der Stadt Eisenach ist kein Vorwurf an die Akteure vor Ort. Das wissen wir. Eisenach hat überdurchschnittliche Steuereinnahmen, hat eine unterdurchschnittliche Verschul

dung und trotzdem ein Defizit. Das ist im Ausgabenbereich angesiedelt durch die Verkopplung von städtischen und Landkreisaufgaben. Der Stadt Eisenach fehlt eben die solidarische Finanzierung des Fehlbetrags über die Kreisumlage, die auch noch leistungsabhängig von den kreisangehörigen Gemeinden getragen wird. Das fehlt einer kreisfreien Stadt. Deshalb muss die kreisfreie Stadt aus ihrem eigenen Steueraufkommen Teile des Defizits für Landkreisaufgaben finanzieren. Das ist das Problem, damit müssen Sie sich doch mal beschäftigen. Jetzt hat Eisenach zu Recht erkannt, mit 43.000 Einwohnern – selbst wenn künftig Eingemeindungen hinzukommen – ist die Wahrnehmung von Landkreisaufgaben, gerade was den Sozialbereich betrifft, effizient nicht zu machen, zumal Eisenach wie ein Schwamm Leistungsbezieher im sozialen Transfersystem anzieht, weil in Eisenach die gesamte Infrastruktur da ist, die beispielsweise im Landkreis, Wartburgkreis, in der Rhön, nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, was ÖPNV betrifft, was medizinische Versorgung betrifft, Apotheken und dergleichen. Deswegen ist es doch vernünftig, dass künftig auch solidarisch leistungskraftabhängig alle kreisangehörigen Gemeinden in Eisenach bestimmte Dinge mitfinanzieren. Das ist es, was damit erreicht wird, eine solidarische Finanzierung von kommunalen Aufgaben. Dass Ihnen das ein Dorn im Auge ist und manchmal auch der CDU, die eher auf Konkurrenz und marktwirtschaftliche Kriterien setzt, kann ich nachvollziehen. Aber die kommunale Ebene lebt auch von dieser Solidarität, leistungskraftabhängig, was die Finanzierung von Aufgaben betrifft. Insofern schließe ich mich dem Antrag von Kollegin Scheerschmidt an, was die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss betrifft. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat Abgeordneter Fiedler für die CDUFraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe selten so viel Unsinn gehört wie heute zu diesem Gesetz – das habe ich selten gehört.

(Beifall CDU)

Herr Adams hat angefangen, hat hier große Gesten gemacht usw., dann ging das weiter mit Herrn Kuschel, wir sind ja gewohnt, dass das so ist.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich hoffe, Sie haben gut zugehört, weil Sie im- mer was lernen, wenn ich etwas sage!)

Ich danke Frau Scheerschmidt, die das mal wirklich dargelegt hat, und natürlich meinem Kollegen Walk.

Meine Damen und Herren, wir reden hier über ein Gesetz, wir reden von „freiwillig“. Irgendwie habe ich das Gefühl, man möchte sich gerne was zurechtdrehen. Zur Freiwilligkeit gehört, wenn zwei Partner zusammengehen wollen, Wartburgkreis und die Stadt Eisenach, dann müssen beide einen Vertrag unterschreiben. Wenn das nicht so ist, dann ist das keine Freiwilligkeit.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie so oft!)

Ich kann meinem Kollegen Walk nur zustimmen: Erst muss doch der Vertrag her. Wenn die Oberbürgermeisterin von Eisenach es versäumt hat, die Ausschüsse mitzunehmen, wenn sie es versäumt hat, die Bürger mitzunehmen, dann ist das ihr Problem. Wenn in der kommunalen Selbstverwaltung der Stadtrat – wie ich gehört habe – mit großer Mehrheit einen anderen Weg aufgezeigt hat, dann ist das doch das Normalste der Welt. Das nennt sich nämlich kommunale Selbstverwaltung.

Herr Abgeordneter Fiedler, gestatten Sie zwei Anfragen, des Abgeordneten Adams und des Abgeordneten Kuschel?

In der kurzen Zeit – Herr Adams ja, Kuschel nein.

(Beifall CDU)

Herr Adams, Sie dürfen, und Herr Kuschel darf sich wieder setzen.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Fiedler, haben Sie Kenntnis darüber, dass es eine Beschlussvorlage der Oberbürgermeisterin in Eisenach gegeben hat, die gesagt hätte, wir unterzeichnen den Zukunftsvertrag, der auf Antrag des Herrn Walk, Fraktionsvorsitzender der CDU, dahin gehend geändert wurde, dass man den Zukunftsvertrag nicht unterschreibt, den Landtag dennoch bittet, das Gesetzgebungsverfahren auf den Weg zu bringen? Haben Sie Kenntnis darüber?

Herr Adams, ich habe Kenntnis darüber, dass in der kommunalen Selbstverwaltung ein Oberbürgermeisten nur was unterschreiben darf, wenn der

(Abg. Kuschel)

Stadtrat zugestimmt hat. Das weiß ich ganz genau und so sollte es vor Ort auch stattfinden.

Jetzt kommen wir noch mal zurück zur sogenannten Freiwilligkeit, meine Damen und Herren. Herr Kuschel hat ja – was er nicht immer macht, nur selten – darauf hingewiesen, dass die drei Fraktionen das eingebracht haben. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass die Landesregierung so einfach draufgesprungen wäre und sich auf dieses unsichere Fahrwasser gesetzt hätte, dass nur ein Partner unterschrieben hat und der andere Partner ist noch gar nicht so weit. Das ist das Problem, meine Damen und Herren. Manchmal schadet es nicht, wenn Landesregierungen mit ihrem gesamten Personal entsprechende Dinge auch mit abprüfen und nicht nur einzelne Fraktionen meinen, sie können alles drehen, nur weil sie die Mehrheiten haben. Meine Damen und Herren, ich verweise darauf: Das ist keine Freiwilligkeit. Und ich möchte noch mal darauf hinweisen, was Kollege Walk und andere schon gesagt haben: Es gibt ja auch noch ein drittes Paket. Wo sind denn eigentlich jetzt hier Schnelligkeit und Eile geboten, dass das Ganze jetzt über Nacht passieren muss?

(Beifall AfD)

Das sehe ich überhaupt nicht bei dem Ganzen. Ich will darauf verweisen, dass schon 2013 – ich glaube es war damals Kollege Geibert – von Rückkreisung von Eisenach gesprochen worden ist und, und, und. Die Zeit reicht nicht, um den Werdegang noch mal aufzuzeigen. Ich kenne den Werdegang, wie das damals ging.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die CDU hätte sogar einen Antrag gestellt!)

Eisenach wollte damals unbedingt kreisfrei werden. Aber das ist rückwärtsgewandt, darüber brauchen wir jetzt nicht zu reden. Es hat sich gezeigt, es hat sich nicht das erfüllt, was sich manche gewünscht haben und

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Er hat es vor die Wand gefahren!)

deswegen geht es jetzt darum, meine Damen und Herren, dass wir hier jetzt Entscheidungen treffen, die auch sachgerecht und sattelfest sind, auch vorm Verfassungsgericht sattelfest sind. Ich habe immer so das Gefühl, hier denken welche, weil sie die Mehrheit haben, kann man sich alles in dem Land drehen, wie man es braucht. Das macht ja Kollege Kuschel …