Damit hat der Staat vermieden, unmittelbar in die Tarifhoheit einzugreifen, um auf die leider zunehmenden weißen Flecken in der Tariflandschaft zu reagieren. Mit Einsetzen einer Mindestlohnkommission ist kein Eingriff in die Tarifautonomie erfolgt. Die Kommission arbeitet unabhängig und ist paritätisch von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt.
Jetzt kommt eine Wiederholung der Zahlen: Der Beschluss, die Lohnuntergrenze auf 9,19 Euro zum 01.01.2019 und auf 9,35 Euro zum 01.01.2020 anzuheben, wird deshalb von der CDU-Fraktion akzeptiert. In einer Begründung hat sich die Kommission in ihrer Entscheidung an dem Grundsatz orientiert, dass der Mindestlohn allen beteiligten Interessenten gerecht wird. Unter der Gesamtabwägung des Mindestlohngesetzes bedeutet dies: Er muss zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmer beitragen. Er muss faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen ermöglichen. Er darf die Beschäftigung nicht gefährden. Der Endverbraucher, meine sehr geehrten Damen und Herren,
muss am Ende auch die höheren Kosten, das heißt, die Preise mit in Kauf nehmen. Dass die Festsetzung des Mindestlohns nachlaufend an die Tarifentwicklung erfolgt, …
... bestätigt ebenfalls, dass die Tarifautonomie durch den Staat nicht angetastet wird. Dafür stehen wir. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Geschichte um die Einführung des Mindestlohns ist eine lange Geschichte, in der die Thüringer SPD immer eine Vorreiterrolle eingenommen hat, wenn es um die Einführung des gesetzlichen, bundesweit einheitlichen Mindestlohns ging.
Ich würde trotzdem gern noch einmal auf die Geschichte eingehen, um zu erinnern, wie lange wir diese Debatte eigentlich schon führen. In den Jahren 2001/2002 hat die Gewerkschaft NGG erstmals einen gesetzlichen Mindestlohn gefordert. Im Jahr 2004 hat der damalige Thüringer SPD-Landesvorsitzende Christoph Matschie die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns als Nachbesserung zu den Hartz-Reformen gefordert. 2006 hat der DGB eine bundesweite Kampagne dazu umgesetzt und seit 2007 ist es auch eine Forderung der SPD im Bund. Im Januar 2012 gab es eine Initiative aus den Reihen der Thüringer Landesregierung auf Initiative des damaligen SPD-Wirtschaftsministers Matthias Machnig, die mit einer Bundesratsinitiative zur Einführung eines einheitlichen Mindestlohns in den Bundesrat gegangen ist. Seit dem 03.06.2014 ist der Mindestlohn Gesetz in Thüringen und gilt seit dem 01.01.2015 flächendeckend in Deutschland, eingeführt in einer Höhe von 8,50 Euro. Im Sommer dieses Jahres – das haben wir schon gehört – hat die Kommission beschlossen, dass der Mindestlohn zum 01.01.2019 auf 9,19 Euro angehoben werden soll und zum 01.01.2020 auf 9,35 Euro. Auch aus unserer Sicht reicht diese Dynamik nicht aus, um die Probleme, die wir in der Lohnsituation in Thüringen haben, zu bewältigen. Auch deswegen ist ja in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder die Forderung nach ei
nem höheren Mindestlohn in Höhe von 12 Euro aufgekommen. Auch diese Forderung ist für uns nicht neu. Die Thüringer SPD fordert bereits seit 2016 einen Mindestlohn, der auch altersarmutsfest ist. Also auch hier haben wir eine Vorreiterrolle.
Es gab im Vorfeld der Einführung des Mindestlohns immer wieder Horrorszenarien: Es wäre wirtschaftlich schädlich, es würde zum Abbau von Arbeitsplätzen kommen. Das hört man jetzt auch immer wieder, wenn es um den höheren Mindestlohn geht. Die Wahrheit ist aber eine ganz andere. Und das ist auch wichtig, sich das in der Statistik noch mal anzusehen. Fast 200.000 Menschen in Thüringen haben von der Einführung des Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro profitiert. In Thüringen gab es 25 Prozent der Betriebe, die angegeben haben, Beschäftigte zu haben, die von der Mindestlohneinführung betroffen seien. Es gab seitdem einen Lohnzuwachs auch über den Mindestlohn hinaus. Das zeigt also: Der Mindestlohn hat auch Auswirkungen auf das Gesamtlohngefüge, und die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist seitdem Jahr für Jahr gestiegen.
Es zeigt also: Der Mindestlohn hat positive Effekte auf dem gesamten Arbeitsmarkt. Er löst aber nicht alles. Und eines davon ist, dass er keine Rente oberhalb der Grundsicherung ermöglicht, also nicht in dem Niveau, das wir bisher haben. Die HansBöckler-Stiftung hat dazu vergangenen Sommer schon berechnet, welche Stundenlöhne notwendig sind, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erreichen. Man kann das so pauschal machen, wie das meine Kollegin Leukefeld gemacht hat – aber es ist natürlich notwendig zu differenzieren, wie viele Beitragsjahre der Betroffene eingezahlt hat. Die Böckler-Stiftung geht davon aus, bei 40 Beitragsjahren braucht man einen Mindestlohn von 12,84 Euro, bei 45 Beitragsjahren sind es 11,42 Euro. Unstrittig ist, dass das Niveau, was wir momentan haben, nicht reicht, um das zu sichern, und dass wir eine Forderung brauchen. Deswegen sagen wir, dass wir die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zum 01.01.2021 wollen.
Ich möchte aber noch mal zwei Dinge ansprechen, die der Mindestlohn nicht löst, aber die wir trotzdem im Rahmen dieser Debatte bearbeiten müssen. Zum einen brauchen wir einen deutlichen Anstieg des Lohnniveaus. Es muss immer auch darum gehen, Tarifbindung zu stärken. Der Mindestlohn kann hier nur eine Untergrenze sein. Ich muss sagen, wenn ich mir ansehe, dass 80 Prozent der Betriebe in Thüringen gar keinen Tarifvertrag haben, da frage ich mich schon, ob wir in diesem Jahr in Thüringen auch 100 Jahre Sozialpartnerschaft feiern können oder ob das eher eine sehr traurige oder eine Trauerfeier wäre, die wir hier begehen würden.
Deswegen müssen wir den Einfluss nutzen, den wir haben, zum Beispiel wie wir es bei der Schulsozialarbeit machen, dass wir sagen, dass, wer eine öffentliche Förderung bekommt, sich auch an Tarifverträgen orientieren muss, oder dass wir auch eine Tarifbindung im Vergabegesetz haben. Wir brauchen aber darüber hinaus auch eine Lösung für die gesetzliche Rente, weil die 200.000 Menschen, die 2015 von der Einführung des Mindestlohns profitiert haben, auch diejenigen sind, die 25 Jahre zu Niedriglöhnen gearbeitet haben und deswegen niemals eine Rente oberhalb der Grundsicherung bekommen werden. Dafür brauchen wir eine Stärkung der gesetzlichen Rente, die genau die Besonderheiten dieser Biografien auch berücksichtigt. Alles andere bedeutet einen deutlichen Anstieg der Altersarmut in den nächsten Jahren.
Meine Damen und Herren, gute Löhne in Thüringen sind Voraussetzung für ein gutes Leben in Thüringen. Ich und die SPD-Fraktion werden deshalb weiter dafür kämpfen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Internet, die heutige Aktuelle Stunde der Linken zum Mindestlohn irritiert uns ein wenig und bestätigt gleichzeitig, was wir schon lange als eine unserer zentralen Forderungen hier und anderenorts vorgebracht haben, nämlich dass die aktuelle Einkommenssituation in Deutschland nicht nur im Niedriglohnsektor, sondern generell Erwerbsarmut und auch Rentenarmut im großen Stil hervorrufen wird und dass es allerhöchste Zeit wird, endlich für bessere Lohnverhältnisse in Deutschland zu sorgen.
Eingedenk unserer Vorarbeit in puncto Lohngerechtigkeit debattieren wir heute gern mit Ihnen zur Mindestlohnproblematik. Bemerkenswert ist am Antrag der Linksfraktion, dass sie ein ökonomisch und sozial sehr komplexes Problem unterkomplex und zudem äußerst linkspopulistisch angehen möchte.
Worum geht es eigentlich? Im Kern geht es um das Problem, das wir als sozialpolitische Kraft in Deutschland sehr ernst nehmen, ein Problem, das die wirtschaftliche Existenz der arbeitenden Bevölkerung hier in Thüringen unmittelbar betrifft. Die ökonomische Ausgangslage, auf die der Antrag Bezug nimmt, ist in Thüringen alles andere als befrie
digend. Die Datenlage sagt, dass sich das Arbeitsvolumen in den vergangenen Jahren deutlich vergrößert hat. Thüringen ist demnach das Bundesland mit der höchsten durchschnittlichen Anzahl jährlicher Arbeitsstunden pro Beschäftigtem. Thüringer Arbeitnehmer arbeiteten 1.371 Stunden im Jahr 2017, in Nordrhein-Westfalen waren es 110 Stunden weniger. Die Bruttogehälter unterscheiden sich bedauerlicherweise reziprok dazu. In Thüringen werden im Durchschnitt 29.000 Euro pro Jahr und Arbeitnehmer bezahlt, in NRW sind es 34.000 Euro pro Jahr. Da gibt es natürlich verschiedene Faktoren, da gibt es Tarifabschlüsse, die Arbeitsproduktivität wird immer wieder gern ins Feld geführt. Arbeitsproduktivität ist aber unter anderem das Resultat politischer Entscheidungen bei der Setzung geeigneter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Diese Setzung der Rahmenbedingungen ist Standortpolitik, die unter einer rot-grünen Einheitsregierung in Thüringen in den letzten Jahren bedauerlicherweise an vielen Stellen die falschen Anreize gesetzt hat. Unternehmen wurden mit ideologischen Projekten wie dem Bildungsfreistellungsgesetz belastet; die Energiewende, die mit ihren Auswirkungen kleine und mittelständische Unternehmen betrifft und exorbitante Strompreise zur Folge hatte, wird in Thüringen forciert.
Seit vier Jahren führen die Regierungsfraktionen die Notwendigkeit von Digitalisierung und Breitbandausbau im Munde, haben aber bisher nichts Nennenswertes unternommen, um Thüringen bezüglich der digitalen Infrastruktur wirklich zukunftsfest zu machen. Dazu als kleine Nebenbemerkung: Aus verschiedenen Gesprächen mit ärztlichen Kollegen durfte ich letztens erfahren, dass alle die, die jetzt schon in die Telematikinfrastruktur investiert haben und auf zuverlässiges Funktionieren vertrauen müssen, des Öfteren enttäuscht werden, weil das Netz einfach nicht stabil und leistungsfähig genug ist.
Weitere Folgen der rot-grünen ideologischen Projekte mit Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Das Bildungssystem wird belastet und geschwächt mit der Folge, dass immer mehr ausbildungsunfähige Schulabgänger mit oder ohne Abschluss die Schulen verlassen und wegen mangelnder Ausbildungsreife im Niedriglohnsektor stranden werden. Die Datenschutz-Grundverordnung ist ein solches bürokratisches Monster, das den Unternehmen nur Kosten und Mühen, aber keine Produktivitätssteigerungen beschert, die sie dann in Form von Lohnzuwächsen gern an ihre Arbeitnehmer weitergeben könnten.
Wie wir sehen, ist es also Wahlkampfgeplapper der Linksfraktion, mit dem sie den Anschein erwecken möchte, die Interessen der Erwerbstätigen in Thü
ringen engagiert zu vertreten. Sieht man sich diesen Vorstoß noch genauer an, erkennt man, dass es nur Nebelkerzen sind, die hier gezündet werden, um von der arbeitgeberund arbeitnehmerunfreundlichen Politik der Linksfraktion in den letzten Jahren abzulenken.
Die Linke ist ja bekanntlich Weltmeister darin, finanzielle Forderungen aufzustellen, die andere, vor allem die Leistungsträger dieses Landes, bezahlen dürfen. Dieses Spiel, meine Damen und Herren, werden wir von der AfD-Fraktion nicht mitspielen und jede Gelegenheit nutzen, auf die Fehler und Versäumnisse der links-grünen Landesregierung in Thüringen hinzuweisen. Darüber hinaus sind wir natürlich der Auffassung, dass der Mindestlohn angehoben werden muss, schon allein um Altersarmut zu begrenzen und langfristig zu vermeiden. Allerdings sehen wir diese Forderung immer nur im Kontext mit einer unternehmerfreundlichen Politik, die dazu führt, dass auch im Kontext und im Hinblick auf den Fachkräftemangel die Unternehmer ganz bestimmt alles tun werden, gute Arbeitskräfte mit anständigen Löhnen zu halten, wenn sie denn die Möglichkeit dazu haben und genügend Gewinn erwirtschaften. Vielen Dank!
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, die Einführung des Mindestlohns vor fast vier Jahren war längst überfällig und wir von Bündnis 90/Die Grünen begrüßen die nun abgeschlossene Erhöhung. Allerdings kann der Mindestlohn nur dann einen wirklichen Beitrag für mehr gesellschaftliche Teilhabe und Schutz vor Armut leisten, wenn die im Gesetz vorhandenen Möglichkeiten besser genutzt werden und der Mindestlohn deutlich stärker steigen kann. Der Mindestlohn muss nicht nur steigen, sondern vor allem auch wirksam kontrolliert und durchgesetzt werden. Schlupflöcher und Ausnahmen darf es nicht geben. Bei einer Zollkontrolle im September dieses Jahres wurden bundesweit bei jedem zehnten kontrollierten Unternehmen Unregelmäßigkeiten aufgedeckt. Thüringen macht da leider keinen Unterschied. Wir von Bündnis 90/Die Grünen setzen uns dafür ein, dass der Mindestlohn wirklich auch in Thüringen flächendeckend wirksam wird.
Denn auch in unserem Bundesland werden noch immer Stimmen laut, die den Mindestlohn als Eingriff in die Tarifautonomie schimpfen, gibt es Unternehmen, die versuchen, den Mindestlohn zu umgehen. So werden beispielsweise Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern öfter neue Verträge mit verkürzter Arbeitszeit, bei Beibehaltung des bisherigen Umfangs der Arbeit vorgelegt. Trinkgelder werden auf den Lohn angerechnet, Kosten für Dienstkleidung werden einfach vom Lohn abgezogen. Unternehmen haben in solchen Fällen mit einem saftigen Bußgeld zu rechnen und das ist richtig so. Beschäftigte dürfen nicht um den Mindestlohn geprellt werden. Notwendig sind derzeit deshalb leider mehr Kontrollen und dafür braucht es auch für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit mehr Personal. Die Grünen-Bundestagsfraktion hat im Februar 2018 mit dem Antrag „Mindestlohn erhöhen und für alle konsequent durchsetzen“ sehr vernünftige Forderungen in den Deutschen Bundestag eingebracht, die wir Thüringer Grüne massiv unterstützen. Deshalb bin ich auch der Linken dankbar für diese Aktuelle Stunde, die mir die Gelegenheit gibt, diese Forderung auch im Thüringer Parlament vorzustellen. Der Mindestlohn muss für alle Beschäftigten gelten, ist er doch schon per Definition der niedrigste gesetzlich zulässige Lohn. Neue Ausnahmen, beispielsweise für Langzeitarbeitslose, gehören aus dem Gesetz gestrichen. Die Zusammensetzung und die Entscheidungskriterien der Mindestlohnkommission müssen überarbeitet werden. Nur so kann die Erhöhung des Mindestlohns künftig auf einer wissenschaftlichen Grundlage geschehen. Im Mindestlohngesetz sollen als weitere Kriterien aufgenommen werden: Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen und Sicherung von Beschäftigung. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit muss personell besser ausgestattet werden, um intensiv und effektiv die flächendeckende Durchsetzung zu kontrollieren. Die bestehenden Dokumentationspflichten der Arbeitszeit bei Minijobs und in den besonders von Schwarzarbeit betroffenen Branchen, müssen unverändert bleiben. Nur so sind Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns effektiv und erfolgreich. Der Mindestlohn löst zwar nicht alle Probleme im Bereich prekärer Arbeit, aber er ist wichtig. Viele Beschäftigte verdienen jetzt mehr, Lohndumping und unfairer Wettbewerb wurden begrenzt. Insbesondere Frauen haben vom Mindestlohn profitiert. Der Lohnabstand zwischen Ost und West hat sich verringert und der vielfach prognostizierte Abbau von Arbeitsplätzen ist ausgeblieben. Der Mindestlohn als Haltelinie nach unten hat sich also bewährt und genießt eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Aber es gilt: Der Mindestlohn kann immer nur die absolute Untergrenze sein. Ausnahmen bräuchten keine positiven Effekte, wirkten aber immer diskriminierend und stigmatisierend. Mit jeder Ausnahme sinkt auch die
Akzeptanz des Mindestlohns, insbesondere bei den Unternehmen. In vielen Regionen und Großstädten garantiert der Mindestlohn zum Beispiel für Alleinstehende trotz Vollzeittätigkeit in keiner Weise ein existenzsicherndes Einkommen. Der Mindestlohn ist 2015 auf niedrigem Niveau gestartet und auch die heutigen 8,84 Euro pro Stunde bzw. 9,19 Euro ab Januar 2019 sind wenig Geld. Jegliche Arbeit hat ihren Wert und alle sollen von ihrer Arbeit in Würde leben können. Deshalb muss der Mindestlohn deutlich erhöht werden. Nur dann kann der Mindestlohn einen wirklichen Beitrag zu mehr gesellschaftlicher Arbeit leisten, vor Armut schützen und den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken. Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, geben Sie mal in eine beliebige Suchmaschine die Worte „Rückgrat der Gesellschaft“ ein. Da werden Sie verschiedene Vorschläge hören. Am häufigsten kommt „Mittelstand“ vor, dann Familienunternehmen, natürlich auch Ehrenamt, manchmal Frauen. Das sind natürlich alles richtige Antworten. Ich denke aber immer an die Beschäftigten. Die werden so leider nie wirklich benannt und ich habe dann immer ganz besondere Beschäftigte im Blick, nämlich die wirklich lange arbeitenden Verkäuferinnen und Verkäufer, die unter enormen Zeitdruck stehenden Postbotinnen und Postboten, die Paketauslieferer, die Menschen an den Paketbändern von Amazon, die selbst kurz vor Weihnachten noch dafür sorgen, dass eine Zustellung möglich gemacht wird.
Es sind Menschen in den Bereichen der Dienstleistung, der Gastronomie, der Callcenter, der Erntehelfer und so weiter. Warum betone ich genau diese Berufsgruppen, diese Erwerbsgruppen? Weil das Berufsgruppen sind, weil das Menschen sind, die trotz guter Arbeit, trotz harter Arbeit immer noch nicht gut bezahlt werden. Das ist der erste Skandal.
Der zweite Skandal ist, dass der Grundsatz, dass jeder Mensch in diesem Land von seiner Arbeit anständig leben können muss, immer noch nicht erfüllt ist. Das kann uns nicht befriedigen. Wir wissen, diejenigen, die nur den derzeitigen Mindestlohn von
8,84 Euro pro Stunde erhalten, können davon zumeist nicht auskömmlich leben. Sie können nicht wirklich am gesellschaftlichen Leben teilhaben und sie können – das wurde heute auch schon betont – keine ausreichenden Rentenansprüche erwerben. Dazu ist der Mindestlohn einfach zu niedrig. Wir hier in Thüringen sind ganz besonders betroffen. Im gesamten Bundesgebiet unterliegen derzeit 1,8 Millionen Beschäftigte dem Mindestlohn. Davon arbeiten 400.000 Menschen im Osten des Landes. Damit haben wir im Osten Deutschlands einen der größten Niedriglohnsektoren in ganz Europa. Verheerend für die betroffenen Menschen ist, dass der derzeit geltende Mindestlohn eben nicht vor Armut schützt und dass vor allem Altersarmut vorprogrammiert ist.