Wissenschaftlicher Arbeitsweise sollten wir Rechnung tragen – jetzt verlässt sie den Raum, das ist auch bezeichnend. Was in Wissenschaft kontrovers ist, was in Politik kontrovers diskutiert wird, das muss auch in der Kommission entsprechend abgebildet werden.
Zweitens: Wir sollten uns vor übereiligen Mehrheitsentscheidungen in diesem sehr besonderen parlamentarischen Gremium hüten und Kontroversen auch so benennen – übrigens nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch durch die aktive Arbeit in der Kommission, liebe Kollegen von der AfD. Und
wir sollten drittens das Arbeitsprogramm, was wir uns selbst gegeben haben, zielorientiert und ergebnisoffen abarbeiten und viertens dem wissenschaftlichen Sachverstand in der Kommission vertrauen und nicht einzelne Vorschläge der anzuhörenden Mitarbeiter zur Legitimierung politischer Gesetzgebungsverfahren vor Abschluss der Kommissionsarbeit instrumentalisieren.
Wenn den Akteuren diese Selbstverpflichtung endlich gelingt, wird ein wirklicher Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger und kommende Landesparlamente das Ergebnis der Enquetekommission sein. Danke schön.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich zu dem komme, was ich eigentlich sagen wollte, muss ich auf das reagieren, was Herr Tischner jetzt hier gerade gesagt hat.
Herr Tischner, ich bin gern dabei, bei dem, was Sie hier gerade in den Raum geworfen haben, mitzumachen. Wir bemühen uns übrigens als R2G-Fraktionen, seit die Enquete eingesetzt wurde, sehr darum, die CDU einzubinden und mit ihr zu diskutieren. Ich würde mir wünschen, dass ein Vorsitzender einer Enquetekommission auch eine gewisse Neutralität wahrt,
dass er in der Lage ist, eine Sitzung zu leiten, sodass alle das Gefühl haben, dass sie dort ernst genommen werden. So, wie Sie dort gerade wieder sitzen, Herr Tischner, ist genau der Punkt, warum bei uns auch eine ganz hohe Frustration vorherrscht.
Wir haben das Gefühl, dass die Arbeit der Enquetekommission bewusst behindert werden soll und dass immer nur dann der Anspruch an Wissenschaftlichkeit etc. pp. gestellt wird, wenn es um unsere Sachverständigen und um unsere Leute geht, aber wenn es eben bei der CDU um Wissenschaftlichkeit geht, mit zweierlei Maß gemessen wird.
Das gebe ich gern zurück, Herr Tischner: Ich bin bereit und ich glaube, auch meine Kolleginnen und Kollegen, sowohl die Sachverständigen als auch die Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten, sind gern bereit, genauso zu arbeiten, aber dann erwarten wir das eben auch vom Vorsitzenden der Enquetekommission.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die AfD-Fraktion hat die Anhörung in der Enquetekommission zum Themenfeld Inneres und Polizei am 4. Dezember zum Anlass genommen, eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Mit dem Titel insinuiert die AfD, im Verlauf der Sitzung seien pauschale Verdächtigungen gegenüber der Polizei geäußert worden und es habe am Rückhalt der Politik für die Polizei gefehlt.
Lassen Sie mich zunächst festhalten, dass diese Wahrnehmung wohl sehr exklusiv auf die AfD zutreffen sollte. Denn wie in allen parlamentarischen Anhörungen üblich, wurden selbstverständlich auch in dieser Anhörung kritische Nachfragen gestellt. Als Vertreter im Bereich der Polizei haben darauf der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, der Vorsitzende des Landesverbandes der Thüringer Gewerkschaft der Polizei, der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter und ein Vertreter der Forschungsstellen im Fachbereich Polizei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung differenziert geantwortet und sich auch je nach Fragenkomplex unterschiedlich positioniert. Ungewöhnlich war allerdings, das bereits vor Beginn der Anhörung durch einen Vertreter aus diesem Personenkreis eine unangemessene Tonlage gesetzt worden war. So hatte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt sich bei einem Pressegespräch der CDU negativ zu einzelnen Maßnahmen, die in der Kommission beraten wurden, eingelassen. Das Negative ist dabei nicht das Problem, es ist völlig in Ordnung, diese Maßnahmen abzulehnen; der Vorschlag zu einem Beratungsgremium für das Innenministerium wurde allerdings – ich zitiere – als „parteipolitisches Tribunal gegen die Polizei“ diffamiert. – Wenn er es nicht gesagt hat, warum steht es dann in der Presse und warum hat er es nicht dementiert, frage ich mich. –
Den bereits im Landtag beschlossenen Antrag zur Beauftragung eines unabhängigen wissenschaftlichen Instituts zur Überprüfung von Todesfällen rechter Gewalt in Thüringen bezeichnete er als eine verfassungswidrige Paralleljustiz. Diese Entgleisungen Wendts wurden dann aber in der Anhörung gar nicht thematisiert. Die Begründung der AfD im Antrag auf diese Aktuelle Stunde, es sei aus der Enquetekommission zu Beleidigungen oder ungerechtfertigten Verdächtigungen gegen die Polizei gekommen, entbehrt aus unserer Sicht jeder Grundlage.
Übrigens möchte ich noch darauf hinweisen, dass sich weder die AfD noch die CDU in ihrem Sondervotum zum Zwischenbericht der Enquete kritisch mit den aufgeführten Maßnahmen im Themenfeld Inneres und Polizei auseinandersetzt.
Ich kann Ihnen das gern einmal bildlich zeigen. Das ist das Sondervotum der CDU-Fraktion, das Gelbe ist das, was wir im Zwischenbericht geschrieben haben, und lilafarben ist das von Ihnen. Und jetzt gucken wir uns das mal an, da ist ein bisschen lila zwischendrin, das ist der Teil Inneres und Polizei, hier kommt mal ein Abschnitt, wo ich denke: Wissen Sie, Herr Tischner, hätten Sie mit uns darüber gesprochen, wir hätten davon sogar weite Teile übernommen, das wäre überhaupt gar kein Problem gewesen. Dann kommt wieder ganz viel gelb, ganz viel gelb und hinten haben sie noch was dran gemacht, Herr Tischner.
Als Regierungsfraktion haben wir resultierend aus dem Zwischenbericht für den weiteren Beratungsverlauf der Enquete ein Maßnahmenpaket für den Bereich Inneres und Polizei eingebracht. In der Tat wäre es überraschend gewesen, wenn dieses Maßnahmenpaket nun in der Anhörung von allen Vertretern der Polizei uneingeschränkt begrüßt worden wäre. Dabei ist es völlig normal, wenn es bei der Beurteilung von einzelnen Maßnahmen zu unterschiedlicher Bewertung kommt. Unstrittig dürfte auch sein, dass es auch im Polizeialltag Situationen gibt, bei denen gesetzliche Grenzen überschritten und einzelne Bürger und Bürgerinnen diskriminiert und unangemessen behandelt werden. Darauf sind meine Kolleginnen und Kollegen hier auch schon eingegangen.
Die Handlungsempfehlung zur Zurückdrängung von Rassismus und Diskriminierung wollten wir gemeinsam erarbeiten. Wir haben die in der Enquete mit den dort Anwesenden zur Diskussion gestellt. Es war also Sinn und Zweck der Übung, dass wir über die Maßnahmen, die wir aufgeschrieben haben, diskutieren. Wir wollten damit weder irgendjemanden vorverurteilen, noch wollten wir jemanden pauschal dort diskriminieren.
Als Bündnis 90/Die Grünen sind wir einer Sicherheitspolitik verpflichtet, die an Menschenrechten orientiert und die Grund- und Bürgerrechte achtet, meine sehr geehrten Damen und Herren, und dazu gehört es natürlich auch, differenziert mit der Polizei umzugehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste! Die Enquetekommission „Ursachen und Formen von Rassismus und Diskriminierungen in Thüringen sowie ihre Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben und die freiheitliche Demokratie“ des Thüringer Landtags befasst sich mit einem wichtigen Thema, das die gesamte Gesellschaft angeht. Ressentiments, Vorurteile, Anfeindungen gegen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer ethnischen Abstammung, ihres Berufs oder ihrer vermeintlichen Gesinnung sind niemals zu rechtfertigen.
Deshalb möchte ich betonen: Es ist unser aller Aufgabe, solchen Tendenzen entschieden entgegenzutreten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Thüringer Polizei stellt sich dieser Aufgabe. Ich erinnere exemplarisch an die vielfältigen und äußerst zielorientierten Ausbildungsinhalte der polizeilichen Bildungseinrichtungen in Meiningen, die sich auch mit der aufgeworfenen Thematik ausführlich beschäftigen. Hier werden unsere zukünftigen Polizeibeamtinnen und -beamten bereits während ihrer Ausbildung bzw. ihres Studiums zur kritischen und sensiblen Auseinandersetzung mit den Ideologien der Extremisten, mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Hintergründen zu Flucht und Asyl angehalten.
Zudem wird ganz bewusst ein Schwerpunkt auf das reale Erleben und Vertiefen gelegt. Zu diesem Zweck sind verschiedene Kooperationsvereinbarungen, zum Beispiel mit der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau Dora, der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland sowie dem Zentralrat der Sinti und Roma, geschlossen worden.
In der Landespolizeidirektion wurde zudem eigens eine Stabstelle eingerichtet, die sich mit der polizeilichen Extremismusprävention befasst. Auch ich persönlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, war schon in Meiningen im Audimax, und habe vor den Anwärterinnen und Anwärtern gesprochen. Ich habe sehr deutlich gesagt: In der Thüringer Polizei ist kein Platz für Rassismus.
Wer sich dieser Losung nicht anschließt, der möge bitte gehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten haben einen Eid geschworen – einen Eid auf das Grundgesetz und auf die Verfassung des Freistaats Thüringen – und sich damit zu beidem bekannt. Diese Frauen und Männer haben sich dazu verpflichtet, ihren Dienst uneigennützig und zum Wohl anderer zu leisten. Bei Wind und Wetter und zu jeder Tages- und Nachtzeit stehen unsere Beamtinnen und Beamten zum Wohl der Schwachen, der Kranken und derjenigen, die sich nicht selbst helfen können, ein.
Sie beschützen zum Beispiel Gemeinschaftsunterkünfte, trennen Streitende, schlichten häusliche Gewalt, sie schützen das Gut, auch insbesondere das Gut, dem sich die Enquetekommission verpflichtet fühlt – das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft – und sie schützen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Gerade heute ist das deutlich geworden, weil Kolleginnen und Kollegen der Polizei eine Razzia gegen die rassistische Gruppe „Blood & Honour“ durchgeführt haben.
Es wurden einige Leute festgenommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, sie tun es unabhängig von Geschlecht, ethnischer Abstammung oder sexueller Orientierung der Opfer oder Täterinnen und Täter.
Warum tun sie das? Es ist nicht nur der Eid, dem sie sich verpflichtet fühlen. Nein, es ist mehr, es ist ihr Berufsethos, ihr Pflicht- und ihr Treuegefühl, das sie verinnerlicht haben und dem sie Tag für Tag gerecht werden – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Als ich letztes Jahr diese Streife mitgefahren habe, habe ich dieses Berufsethos wirklich erlebt. Die Kolleginnen und Kolle