gen an erfolgreiche Schulen und guten Unterricht. Und um diese verantwortungsvoll zu garantieren, müssen wir die Bedingungen für zukunftsfähige Schulstrukturen in Thüringen schaffen. Das war leider in den letzten 20 Jahren nicht der Fall. Das will ich einfach so deutlich sagen.
Mit dem vorliegenden Schulgesetzentwurf versuchen wir, Wege zu verlässlichen, zukunftsfähigen Schulstrukturen aufzuzeigen. Die Ausgangslage hierfür ist bekanntermaßen durchaus kompliziert. Wir haben nämlich sinkende Schülerzahlen in ländlichen Regionen, aber Schülerzuwächse in den Städten, wie zum Beispiel in Erfurt, wo uns die Schulen quasi förmlich aus allen Nähten platzen. Wir haben hohe Altersabgänge von Lehrerinnen und Lehrern, die übrigens nicht vom Himmel fallen, sondern die über Jahrzehnte absehbar waren. Wir haben Unterrichtsausfall auf einem hohen Niveau. Da will ich auch noch mal ganz deutlich sagen: Der wird jetzt sichtbar; er war vorher durch Personalüberhänge verdeckt. Den hat es vorher leider auch schon gegeben. Wir haben eine problematische flächendeckende Lehrkräfteversorgung und wir haben viele langzeiterkrankte Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen. Gleichzeitig ist Thüringen das einzige Bundesland, welches den Kommunen und Landkreisen bislang so gut wie keine verbindlichen Vorgaben für die Schulnetzplanung macht. Die Folge ist ein personalintensives und auch sehr kleinteiliges Schulwesen, das immer mehr an seine schulorganisatorischen Grenzen stößt. Daher ist es nur folgerichtig und auch logisch, dass sich unsere umfassende Schulgesetznovelle auch diesem Problem stellt. Hier kommt nun die CDU und behauptet immer wieder, das Schulgesetz hätte die massenhafte Schließung von Schulen zur Folge. Das ist eine Lüge. Ich will es noch einmal sagen.
Ich zitiere aus einer Pressemitteilung der CDU vom 27. November. Da heißt es nämlich einmal mehr – ich zitiere –: „Eine so umfassende Schulgesetzreform, wie sie die Landesregierung jetzt plant, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig verfehlt. Hunderte Thüringer Schulen werden in Standortdebatten gedrängt.“
Sehr geehrte Damen und Herren, die Einzigen, lieber Herr Mohring, die die Schulen in eine Standortdebatte drängen, und zwar mit schäbigen Plakaten, die sie aufhängen rund um die Schulen, sind Sie und die Junge Union und vielleicht noch sekundiert von der AfD. Ich finde das nicht in Ordnung. Wir führen im Gegensatz zu Ihnen nämlich keine Standortdebatten, sondern wir führen Qualitätsdebatten.
Es ist ja schön, dass du jetzt auch aufgestanden bist. Leider war Herr Mohring nicht von Anfang an in der Debatte.
Das ist wohl wahr, ich habe mich verleiten lassen, auf Herrn Mohring einzugehen. Ich werde ihn künftig besser ignorieren.
Dabei ist das genaue Gegenteil nämlich der Fall, denn die Folge und das Ziel des neuen Schulgesetzes sind es, dass Schulstandorte, die mit all den von mir beschriebenen Problemen konfrontiert sind und deswegen auf Dauer eben nicht automatisch lebensfähig sind, erhalten werden können. Wir sichern also kleine Schulstandorte, indem wir ihnen Wege zu Schulkooperationen bieten, sei es in Schulverbünden, in Campusschulen, in Sprengelschulen oder aber auch in Filialschulen.
Die Größenvorgaben im Schulgesetz sollen ab August 2021 gelten. Damit haben die Schulträger mehr als zwei Schuljahre Zeit, sich auf die Regelungen einzustellen. Zudem können die Schulgrößen für drei Jahre
ich ignoriere das jetzt – um zehn Prozent unterschritten werden, erst danach muss der Schulträger reagieren. Eine Schließung von Schulen – ich sage es leise, aber ganz bestimmt – fordert das Gesetz explizit nicht.
Ich bin übrigens auch Stadträtin und bin mir meiner Verantwortung sehr bewusst, denn die Kommunen sind die Schulträger und die beschließen über die Schulnetzplanung – wir tun dies in Erfurt – und es folgt aus diesem Gesetz nicht eine einzige Schulschließung.
Da können Sie so viel dazwischenrufen, wie Sie gern möchten, ich lasse mich jetzt überhaupt nicht aus der Ruhe bringen.
Jetzt lassen Sie mich noch auf die Beschulung von geflüchteten Schülerinnen und Schülern eingehen. Hier sind nämlich etliche Regelungen zur Verbesserung der Situation aufgeführt bzw. aufgenommen. So ist vorgesehen, dass das Berufsvorbereitungsjahr zukünftig für junge Menschen geöffnet wird. Bislang ist es so, dass die Altersgrenze für das BVJ und das BVJ-S laut Berufsschulordnung bei 21 Jahren liegt. Zukünftig sollen junge Menschen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres diesen Bildungsgang belegen können. Damit eröffnen wir weitere Bildungswege und insbesondere den Weg zum Schulabschluss für diejenigen, die bereits mit 16 oder 17 Jahren nach Deutschland kommen und – ich sage es mal ganz vorsichtig – nur sehr wenig Schulbildung mitbringen. Die Berufsschulen erhalten nun die Option, entsprechende Vorschaltkurse für Grundbildung und Sprache einzurichten. Bisher – vielleicht für diejenigen, die das nicht so genau wissen – liegen in Thüringen die entwickelten Angebote von „Start Deutsch“ und „Start Bildung“ vollständig in der Hand der Erwachsenenbildungseinrichtung. Wir meinen, sie gehören an die Berufsschulen, auch was das Alter der Betroffenen anbelangt.
Besonders erwähnenswert ist zudem die Tatsache, dass nun noch gesetzlich klargestellt wird, dass junge Migrantinnen und Migranten mit wenig Schulbildung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres schulpflichtig ist. Damit gibt es mehr Klarheit und Sicherheit sowohl für die Schulen als auch für die Migrantinnen und Migranten, was die Einschätzung zur Schulpflicht anbelangt.
Außerdem können die Schulleitungen zukünftig flexibler über die Klasseneinstufung von geflüchteten Migrantinnen und Migranten entscheiden – der Minister war darauf eingegangen –, indem diese in Ausnahmefällen bis zu drei Jahre niedriger eingestuft werden können. Mehr halten wir nicht für sinnvoll, weil dann tatsächlich völlig unterschiedliche Altersgruppen aufeinandertreffen.
Lassen Sie mich abschließend sagen, wir stehen nun eigentlich erst am Anfang, nämlich am Anfang einer umfassenden parlamentarischen Beratung zum Schulgesetz. Im Nachgang zur heutigen Beratung werden wir ganz sicher eine umfassende mündliche und sicherlich ergänzend auch schriftliche Anhörung zum Schulgesetz in die Wege leiten. Ich wünsche mir sehr, dass diese Beratungen durchaus kritisch, aber vor allem sachlich und konstruktiv verlaufen, und dazu lade ich Sie alle herzlich ein. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Haus, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne und natürlich auch am Livestream, Sie haben jetzt mehr als zweieinhalb Stunden eine intensive Debatte über die Vorlage eines Schulgesetzes erlebt, was völlig normal ist, vielleicht nicht unbedingt immer in der Lautstärke, aber in der Art und Weise, weil neben der Gliederung des Freistaats, dem Haushalt und sicherlich auch der inneren Sicherheit ist der Bereich Schule oder Bildung ganz ohne Zweifel als Kernkompetenz der Länder ein herausragender Bereich. Alles, was da eine Landesregierung vorlegt, wird natürlich unter besondere Beobachtung gestellt und natürlich auch besonders intensiv diskutiert, und das ist auch gut so.
Nun haben wir verschiedene Reden schon gehört. Erst mal vielen Dank, Herr Minister, für die Einbringung, die sehr umfangreich und sehr detailliert war, auch Prozesse dargestellt hat, die vielleicht nicht richtig wahrgenommen worden sind, zumindest nicht gewürdigt werden. Also wir haben zwei verschiedene Bereiche hier im Haus. Der eine Bereich sagt: Alles kann so bleiben, wie es ist.
Herr Höcke sagt gerade, das hat keiner gesagt. Es geht sogar noch weiter: Eine Fraktion will eigentlich wieder zurückgehen, und zwar deutlich zurückge
hen hinter den Anspruch, dass Kinder, dass unsere Schülerinnen und Schüler gute Bedingungen in ihren Schulen vorfinden und dass Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich in ihren Schulen nicht nur gute Bedingungen haben zu unterrichten, sondern auch wertgeschätzt werden. Das kann man so machen, aber die Frage ist, wie weit uns das bringt.
Ich will noch mal daran erinnern, wo wir herkommen: Wir haben vor gut 15 Jahren den sogenannten PISA-Schock gehabt. Erinnern Sie sich mal bitte daran. Dort haben wir festgestellt, dass ganz viele Schülerinnen und Schüler in Deutschland ob ihrer sozialen Herkunft nicht entsprechend gefördert werden, und da kann man jetzt unterschiedlicher Meinung sein, aber ich sage, weil wir ein gegliedertes Schulsystem haben, in voller Konsequenz, welches Schülerinnen und Schüler vom ersten Tag an separiert und sagt: Du hast eine Besonderheit und bist es sozusagen auch nicht wert, in dem allgemeinen Bildungssystem Platz zu finden.
Das nennt man Exklusion und das ist hier auch in Thüringen über 20, fast 25 Jahre intensiv betrieben worden. Von diesem Weg wurde zum Glück schon in der vorhergehenden Legislatur abgewichen, im Übrigen mit der CDU. Wir sagen als Regierungskoalition: Wir wollen und werden jeden Schüler, jede Schülerin ob ihrer besonderen Fähigkeiten und Herausforderungen optimal fördern und wir wollen und werden die entsprechenden Voraussetzungen in den Schulen schaffen. Nun kann man natürlich sagen: Das wollen ja alle, alle haben sich dazu bekannt, alle wollen mehr Lehrer einstellen. Wir machen es, 3.500 Lehrer in dieser Legislatur,
ich will es nur mal sagen. Alle wollen, dass Lehrer besser bezahlt werden. Wir machen es, nämlich mit der Vorlage des beschlossenen Besoldungsgesetzes und dann jetzt nachfolgend auch damit, dass wir die Regelschullehrer in der A 13 bezahlen. Alle wollen den Ganztag fördern und wollen eine individuelle Förderung. Wir machen es, indem wir ein Schulbudget mit 6,5 Millionen Euro pro Jahr aufgelegt haben, was den Schulen erst mal die Möglichkeit gibt, vor Ort zu entscheiden, was gut für sie ist, welchen Weg sie gehen wollen.
Das alles ist möglicherweise Konsens, dass wir das alles machen, aber die Frage ist ja: Reicht das aus? Wenn ich in den Schulen unterwegs bin, und das sind nicht wenige und das gestehe ich auch gern Kollegen Tischner zu, der – wie eben schon gesagt wurde – jetzt hier nicht mehr anwesend sein kann. Ich hätte mir im Übrigen gewünscht, dass die CDU-Fraktion diesem Thema etwas mehr Aufmerksamkeit widmet und nicht während der gesamten Debatte zur Hälfte hier nicht anwesend ist, das ist nicht gut als Außenzeichen, und dass Kollege Tischner natürlich auch diese Prozesse mit unter
Aber wir müssen eben mehr machen, denn wenn ich in den Schulen unterwegs bin, sagen mir die Schulen, also die Lehrer und die Eltern, es sind genügend Stellen da. Diese Stellen werden von den Schulämtern und Schulen zumindest auch zügig zu besetzen versucht. Aber – und das ist die eigentliche Herausforderung – es gibt nicht mehr die entsprechenden Fachlehrer, nicht flächendeckend. Insbesondere im ländlichen Raum haben wir Probleme, die vorhandenen Stellen – noch nie wurden so viele Lehrer eingestellt in Thüringen wie jetzt – tatsächlich zu besetzen. Warum ist das so? Das liegt einmal natürlich daran, dass der ländliche Raum für viele in der Wahrnahme nicht ganz so attraktiv ist, vielleicht auch an mancher Diskussion, insbesondere im Ostthüringer Landkreis, dass dort auch Bedingungen schlechtgeredet werden. Aber es liegt vor allen Dingen daran, dass einfach diese Lehrer nicht ausgebildet worden sind, insbesondere im Regelschulbereich, aber auch im Grundschulbereich. Das hat etwas mit den Ämtern zu tun, wie die Bezahlung ist, aber es hat auch etwas damit zu tun, dass die Lehrer, die in der Ausbildung befindlichen Lehrer vorher alle unisono an Gymnasien waren. Oder sagen wir es mal so: Wenn sie nicht an den Gemeinschaftsschulen ihr Abi gemacht haben, haben sie nur das Gymnasium kennengelernt. Wenn sie nicht von ihrem Elternhaus vorgeprägt waren, dann kennen sie doch eigentlich nur das Gymnasium. Sie orientieren sich natürlich in Richtung Gymnasium. Deswegen haben wir deutlich zu wenig Regelschullehrer, insbesondere in gewissen Fachkombinationen. Und die wenigen, die wir haben, die können sich natürlich die Stellen aussuchen. Wir wissen das, deshalb müssen wir verantwortlich handeln, denn wir wollen den Schülerinnen und Schülern vor Ort, gerade im ländlichen Raum auch – das hat der Minister ausgeführt –, ein umfassendes Bildungsangebot nach Stundentafeln ermöglichen. Wenn wir das wissen, dann gehört es doch mit dazu, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie zukünftig die knappen Lehrerressourcen besser gesteuert werden können, und zwar so gesteuert, dass die Stunde auch gehalten werden kann. Und ja, da gehört es mit dazu, dass wir Klassen- und Schulgrößen definieren. Als letztes – es ist schon gesagt worden –, als letztes Bundesland überhaupt macht das Thüringen. Nun kann man fragen, ob eine Regelschule mit 240 Schülern oder eine Grundschule mit 80 Schülern angemessen ist. Eine Grundschule wäre einzügig mit 20 Schülern, aber die Klassengröße kann vor Ort bestimmt werden. Die Regelschule – das hat viel damit zu tun, dass eine Differenzierung in der Klassenstufe 7 stattfindet, wohin gehen die Regelschülerinnen und Regelschüler, hin zum Hauptschulabschluss oder zum Regelschulabschluss. Beide Bildungsgänge sollen möglich sein. Es ist nämlich eine Schule mit mehre
ren Bildungsgängen, im Übrigen auch an der Gemeinschaftsschule. Deswegen gibt es hier die Vorgaben, zu sagen, die müssen mindestens 240 Schülerinnen und Schüler beinhalten, weil nur darüber mit knappem Fachlehrerangebot tatsächlich ein ausreichendes Unterrichtsangebot sichergestellt werden kann. Und das ist für uns eigentlich eine Mindestzahl. Alle anderen Bundesländer – ich vergleiche Thüringen gerne mit Schleswig-Holstein –, alle anderen Bundesländer haben im Schnitt doppelt so große Schulen wie wir. Und diese Bundesländer, die die haben erstaunlicherweise, kommen mit deutlich weniger Personal aus, aber haben nicht so viele Abgänger ohne Abschluss. Das ist ja die Maßgabe: Schaffen die Schülerinnen und Schüler ihren Abschluss? Und wenn ich das feststelle, zum Beispiel Schleswig-Holstein, ähnlich groß wie Thüringen, auch ein Flächenland – okay, hat nicht so viele Berge, aber deswegen liegen die Schulen trotzdem relativ weit auseinander –, wenn ich feststelle, dass dort ein Gymnasium im Schnitt 800 Schülerinnen und Schüler hat und wir vorschlagen, dass bei uns ein Gymnasium 540 Schülerinnen und Schüler hat, dann sehe ich darin eine Entwicklungsperspektive für die Schulen, aber ich sehe vor allen Dingen darin einen maßvollen Ansatz dieser Landesregierung, im ländlichen Raum tatsächlich Größenvorgaben vorzugeben, um Lehrer besser steuern zu können und Unterricht besser abzusichern.
Wir werden das sicherlich in der parlamentarischen Debatte und jetzt sicherlich auch in der Öffentlichkeit diskutieren. Der Thüringer Landkreistag hat sich heute auch dazu geäußert. Ich habe weder von der CDU noch vom Thüringer Landkreistag eine Vorstellung dazu gehört, wie sie es denn machen wollen. Denn wir haben eine geteilte Schulträgerschaft. Die Landkreise und die Kommunen – die wir im Übrigen diese Legislatur mit fünfmal mehr Mitteln für Schulbauinvest unterstützen, damit sie ihrer Aufgabe, Schulen zu modernisieren, nachkommen können – haben die Aufgabe – und die haben sie auch zukünftig –, ihre Schulnetzpläne aufzustellen. Von den 34 Schulträgern haben dies derzeit sieben nicht, machen sieben nicht – kommunale Selbstverwaltung.