Protokoll der Sitzung vom 31.01.2019

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Herr Kowalleck sagt, es wird zu viel aus der Rücklage entnommen, dann sagt er das wider besseres Wissen. Er ist ja ein Finanzfachmann und er weiß es ganz genau, er kennt die Überschüsse 2018 vielleicht noch nicht bis zum letzten Cent, aber die Millionen liegen jetzt schon auf dem Tisch. Er weiß ganz genau, dass egal, wer die nächste Landesregierung stellt, eine üppig ausgestattete Rücklage vorfinden wird. Deshalb ist das, was Sie hier vortragen, schlichtweg falsch.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, dieser Haushalt gestaltet Thüringen. Er setzt die richtigen Akzente, es wird in wichtige Schwerpunktbereiche des Landes investiert: in die Bildung, in die Hochschulen, in die Polizei, in die Sozialbereiche. Das sind entscheidende Projekte für die Zukunft unseres Landes, die hier finanziert und angeschoben werden. Es wird mehr Geld für die Kommunen geben. Mit der dauerhaften Überführung des kommunalen Investitionspakets in Höhe von 100 Millionen Euro in die Schlüsselmasse des Kommunalen Finanzausgleichs verbessern wir nicht nur die Finanzausstattung unserer Kommunen. Vielmehr ermöglichen wir ihnen, frei und flexibel mit dem Geld zu wirtschaften und es entsprechend ihrer eigenen Prioritäten einzusetzen. Einen zusätzlichen Aufschlag für die kommunale Familie gibt es durch die Anpassung des Thüringer Partnerschaftsgrundsatzes und weiterer Korrekturen nach oben. Insgesamt erhalten die Kommunen im Jahr 2020 im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes circa 130 Millionen Euro mehr, womit die Finanzausgleichsmasse ein neues Gesamtvolumen von rund 2,1 Milliarden Euro erreicht.

Darüber hinaus stehen für die angemessene Finanzausstattung der kommunalen Familie außerhalb des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes Mittel in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro bereit. Das alles ist gut angelegtes Geld, das dazu beiträgt, die Handlungsfähigkeit unserer Landkreise, Städte und Gemeinden zu erhöhen, Geld, das den Thüringerinnen und Thüringern direkt vor Ort zugutekommt – in Kultureinrichtungen, für die Kindertagesbetreuung, den Sport, die Feuerwehr, die Jugendhilfe oder für Schulgebäude. Es ist Geld, das Thüringen lebenswert macht.

Meine Damen und Herren, eingepreist im Haushaltsentwurf sind vor allem die zentralen Herausforderungen, die unser Land zu meistern hat. Zwangsläufig fallen an dieser Stelle die Stichworte „Bildung“ und „Polizei“. Es ist kein Geheimnis, dass an vielen Schulen Investitionen nötig sind, aber nicht allein im baulichen Bereich, sondern auch in der dringend notwendigen Unterrichtsabsicherung. Das geht nicht ohne entsprechendes Personal und die Gewinnung von Lehramtsanwärtern. Das schlägt sich zwangsläufig im Landeshaushalt nieder. Ähnlich sieht es bei der Polizei aus. Es reicht nicht, nur die Probleme aufzuzeigen und zu sagen: Wir wollen mehr Polizisten mit besserer Bezahlung! Wir wollen mehr Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger! Wir wollen etwas gegen Cyberkriminalität machen! Wenn man das machen will, dann muss man auch bereit sein, die dafür notwendigen Aufwendungen zu erbringen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat das alles finanziell untersetzt.

Mehr Geld soll auch in Investitionen fließen, immerhin fast 44 Millionen Euro mehr als 2019. So stehen insgesamt 1,65 Milliarden Euro für Investitionen bereit. Das ist gut investiertes Geld in unsere Straßen, in die Schulgebäude, in Kultureinrichtungen und Krankenhäuser. Die Investitionsquote steigt damit auf knapp über 15 Prozent, das ist die höchste seit 2011.

Meine Damen und Herren, uns wurde ein Haushalt vorgelegt, der sich sehen lassen kann. Er greift die bestehenden Aufgaben unseres Landes auf, ist in die Zukunft gerichtet und trifft gleichzeitig Vorsorge. Allein für den Bereich der allgemein- und berufsbildenden Schulen werden insgesamt mehr als 53 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt. Durch das Aussetzen des Personalentwicklungskonzepts 2025 im Schulbereich für die Stärkung der Schulhorte und für die Absicherung des Unterrichtsausfalls stehen den Schulen insgesamt 1.354 Stellen zusätzlich zur Verfügung. Die Mittel aus dem GuteKita-Gesetz des Bundes sind mit 38 Millionen Euro etatisiert – das hat die Finanzministerin vorhin auch ausgeführt. Damit sind die Grundlagen für ein mögliches zweites gebührenfreies Kindergartenjahr gelegt.

Es gibt 15 Millionen Euro mehr für die Polizei. Insgesamt sind 300 neue Polizeianwärter geplant. Zusätzlich steigen die Ausgaben für den Brand- und Katastrophenschutz zusammen um knapp 15 Millionen Euro. Wir investieren in den Bereichen Jugend und Sport und Soziales unter anderem insgesamt 5,7 Millionen Euro zusätzlich für das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“, für die Unterstützung der Pflege und in der Jugendhilfe. Außerdem erhält die Landesantidiskriminierungsstelle zusätzliche Mittel. Im Kulturbereich kommen rund 2 Millionen Euro für die Theater und Orchester obendrauf. 3 Millionen Euro mehr gibt es für die Musikschulen und mehr als 1 Million Euro zusätzlich ist für die Digitalisierung von Kulturgut geplant. Für das Azubiticket stehen 10 Millionen Euro bereit. All das sind wichtige Investitionen, die für die Menschen in unserem Land von Bedeutung sind.

Meine Damen und Herren, das Wichtigste ist: Der Haushalt kommt zum wiederholten Male ohne Neuverschuldung aus. Die gesetzlich vorgeschriebene Schuldenbremse wird eingehalten, neue Kredite sucht man in diesem Haushalt vergebens. Darüber hinaus werden erneut Schulden in Höhe von 65,1 Millionen Euro getilgt. Es ist dem von der SPD-Fraktion jahrelang geforderten und dann unter Rot-Rot-Grün endlich eingeführten Nachhaltigkeitsmodell zu verdanken, dass für jeden neuen Beam

ten eine fest vorgeschriebene Schuldentilgung erfolgt.

Darüber hinaus wurde den Möglichkeiten der versteckten Neuverschuldung in den Sondervermögen endlich ein Ende bereitet. Mit der Änderung des Gesetzes über die Errichtung des Sondervermögens „Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen“ werden die Kreditaufnahme dieses einstigen CDU-Schattenhaushalts unterbunden und die zukünftigen Belastungen für den Landeshaushalt gedeckelt.

Meine Damen und Herren, auch wenn Herr Kowalleck sagt, die Zahlen in der Mittelfristigen Finanzplanung sind nicht mehr aktuell – stimmt, sie sind ja auch Stand Sommer 2018. Inzwischen geht die Entwicklung weiter, aber die Mittelfristige Finanzplanung ist eine sehr gute Bilanz über das, was gelaufen ist, und sie gibt uns auch den Ausblick, wie es in den nächsten Jahren weitergeht. Bereits jetzt steht fest: Wir beenden eine Legislaturperiode in diesem Jahr ohne neue Schulden. 1 Milliarde – sage und schreibe – an Altschulden wurde in diesen fünf Jahren getilgt oder wird noch im Laufe dieses Jahres getilgt.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Und das heißt, der Pro-Kopf-Schuldenstand – der Pro-Kopf-Schuldenstand steigt ja bei Bevölkerungsrückgang automatisch an – wurde trotz Bevölkerungsrückgangs in Thüringen über diese fünf Jahre um 400 Euro pro Einwohner gesenkt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in der Anhörung auch die Stellungnahme des Rechnungshofs vorliegen gehabt und der hat diese Dinge sehr positiv bewertet. Deshalb ist das, was Sie über mangelnde Nachhaltigkeit erzählen, keinen Pfifferling wert.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das ist falsch!)

Meine Damen und Herren, natürlich profitieren wir von den guten Steuereinnahmen, die auf der positiven Wirtschaftsentwicklung in Thüringen, aber auch in ganz Deutschland beruhen. Aber wir profitieren auch von einer stabilen und soliden Finanzpolitik. Da gilt mein Dank dieser Landesregierung und natürlich der Finanzministerin Heike Taubert

(Beifall SPD)

für ihr kluges und solides Arbeiten. Die Rahmenbedingungen, unter denen der vorliegende Entwurf für einen Haushalt 2020 erarbeitet worden ist, sind gut. Seit 2010 wächst die deutsche Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote Deutschlands liegt auf dem niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Das alles bestimmt auch maßgeblich die positive Einnahmeentwicklung Thüringens. Die letzten Steuerschät

zungen gehen auch weiterhin von einem stabilen Steueraufkommen auf hohem Niveau aus.

Meine Damen und Herren, ich habe schon auf die Stellungnahme des Rechnungshofs zum Mittelfristigen Finanzplan verwiesen. Wir haben auch Risiken für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Der Rechnungshof bescheinigt der Regierung aber, dass sie diese eingepreist und eingearbeitet hat. Was den Brexit angeht, was die Handelskonflikte angeht, was den demografischen Faktor angeht, der sich immer stärker bemerkbar macht, das alles ist eingeplant und wird berücksichtigt. Das ist gut so. Der Bevölkerungsrückgang hat zwei schwerwiegende Auswirkungen: Zum einen haben wir den bundesstaatlichen Finanzausgleich, der von der Einwohnerzahl abhängig ist. Weniger Einwohner bewirken weniger Geld. Zum Zweiten, wenn die Zahl der erwerbsfähigen Personen mit steuerpflichtigen Einkommen sinkt, kommen auch weniger Steuereinnahmen an. Auf diese Risiken hat die Finanzministerin mit der vorliegenden Planung detailliert hingewiesen und diese Dinge heute auch noch einmal in ihrer Rede zur Sprache gebracht. Die Zeichen der Zeit sind klar und mahnen zur Vorsicht. Die Bäume können nicht ewig in den Himmel wachsen. Dieses Bewusstsein spiegelt sich im vorliegenden Haushaltsplanentwurf wider.

Meine Damen und Herren, mit dem Haushalt 2020 wird Planungssicherheit für das kommende Jahr geschaffen. Denn unabhängig vom Ausgang der Landtagswahl am 27. Oktober, unabhängig davon, welche Mehrheiten hier im Plenarsaal zustande kommen, wird das alltägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger weiterlaufen und damit auch die Arbeit von Kommunen, Verbänden, Vereinen und Initiativen. Sie erwarten zu Recht, dass ein gültiger Landeshaushalt vorliegt, und sie wollen wissen, wohin die Reise für sie geht, ob und wie sie ihre Arbeit fortsetzen können. Da geht es auch ganz klar um die berufliche Existenz von Menschen, zum Beispiel in den Vereinen, mit denen wir nicht einfach Roulette spielen.

Was passiert, wenn kein beschlossener Haushalt für das kommende Jahr vorliegt, ist allen hier im Raum bekannt. Dann greift die Landesverfassung und schreibt eine Nothaushaltsführung vor. Alle Ausgaben werden auf das Nötigste zurückgefahren, wichtige finanzielle Mittel für geplante und angestoßene Investitionen, Fördergelder und Unterstützungsmaßnahmen werden landesweit auf Eis gelegt. Diese Durststrecke der vorläufigen Haushaltsführung kann sich hinziehen.

Meine Damen und Herren, es ist uns allen bekannt, wie langwierig eine Regierungsbildung dauern kann. Bis dahin sind allen Beteiligten finanziell die Hände gebunden. Ich will noch einmal auf die letzten Landtagwahlen zurückschauen: 2009 konnte das Haushaltsgesetz für das Jahr 2010 erst am

4. Mai 2010 verkündet werden. Da waren schon mal vier Monate vorbei. Vier Monate des Jahres, in denen nichts geschehen konnte. 2014 war die Verkündung des Haushaltsgesetzes nach der Landtagswahl 2014 für 2015 erst am 23. Juni 2015. Fast sechs Monate wurde nach der vorläufigen Haushaltsführung gewirtschaftet und die Menschen im Land mussten auf diesen Haushalt warten.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Die einzigen, die daran beteiligt waren, war die SPD!)

Diese Hängepartie kann und sollte vermieden werden. Und wenn Herr Kowalleck dazu vorhin ausführt, dass es ein Novum ist, dass schon der Haushalt für das nächste Jahr beschlossen wird, dann braucht er nur in die Nachbarländer zu schauen.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Das ist einmalig in Deutschland!)

Es ist überhaupt nicht einmalig in Deutschland. In Bayern und Sachsen wurde in einem Doppelhaushalt das zweite Jahr gleich mitbeschlossen

(Unruhe CDU)

und schon nach der Wahl lag der beschlossene Haushalt …

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Von Ih- nen verursacht! Das ist Fakt!)

Herr Kowalleck, das sind doch Fakten.

Herr Abgeordneter Kowalleck, Sie haben noch viel Redezeit.

Das sind doch Fakten.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Was für Fakten? Das ist einmalig!)

Das ist überhaupt nichts Einmaliges, schauen Sie doch, wie es in anderen Bundesländern gelaufen ist. Sie können sich doch gleich noch mal zu Wort melden.

(Unruhe CDU)

Sie wissen es ganz genau, dass es in anderen Bundesländern so war. Wenn Sie das nicht wissen, dann erkläre ich es Ihnen nachher noch mal und zeige Ihnen mal, in welchen Ländern das passiert ist, dass man einfach mit einem Doppelhaushalt für das Jahr nach der Wahl den beschlossenen Haushalt schon fertig hatte und die nächste Regierung sofort mit dem Arbeiten beginnen konnte. Wenn ich höre, dass Sie erst gesagt haben, das geht so überhaupt nicht, und eine Klage angekündigt haben, die nun gar nicht kommt, wie ich gehört habe – das ging ja durch die Medien, dass die Klage gegen

den Haushalt 2020 ausbleibt, ich nehme an, weil Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Niederlage erfahren hätten und deshalb jetzt die Finger davonlassen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage nur: Wichtige Maßnahmen, Projekte und Unterstützungsleistungen in Thüringen, auch in Zeiten der Regierungsbildung, werden reibungslos und gut weiterlaufen können. Das betrifft insbesondere den Sozial-, Bildungs- und Jugendbereich sowie die finanzielle Absicherung der Kommunen. Und sollte es eine andere Regierungskoalition hier geben, wovon ich nicht ausgehe, dann ist die in der Lage, sofort innerhalb weniger Tage den Kurs zu ändern und bestimmte Dinge anders zu gestalten und in einem Nachtragshaushalt darzustellen. Was soll also diese ganze Aufregung?

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen: Die Mittelfristige Finanzplanung der Landesregierung bis 2022 macht deutlich, dass Thüringen einerseits in den vergangenen Jahren solide gewirtschaftet hat und andererseits die Planungen auch zukünftig auf einem ordentlichen Fundament stehen. Auf dieser Basis hat unsere Landesregierung einen soliden Haushaltsentwurf vorgelegt, der die Herausforderungen des Landes anpackt, wichtige Weichen stellt und mit Vernunft und Augenmaß vorsorgt. Dazu passt das Zitat von Willy Brandt: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen ist, sie zu gestalten“, und genau das tut dieser Haushalt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Abgeordneter Müller zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen und liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Vielen Dank, Frau Ministerin Taubert, für die Vorlage des Haushalts 2020. Er zeigt allen Unkenrufen zum Trotz, dass diese Landesregierung wieder einmal wie auch schon in den zurückliegenden Jahren Verantwortung übernimmt und eine Vorlage für die kommende Wahlperiode liefert, die die finanzielle Unterstützung von Vereinen, Verbänden und den vielen ehrenamtlich Engagierten sichert. Dieser Haushaltsentwurf bedeutet Kontinuität für den Freistaat.