Protokoll der Sitzung vom 01.02.2019

Danke schön. Die Landesregierung erstattet Sofortbericht zu Nummer II.1. Es spricht Herr Staatssekretär Krückels.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, die Landesregierung dankt den Regierungsfraktionen, dass sie mit ihrem Antrag die wichtigen Themen „Entwicklungspolitik“ und „Nachhaltigkeit“ aufgreifen und zum Gegenstand einer Plenardebatte im Landtag machen.

Entwicklungspolitik sollte und darf kein Nischenthema sein. Entwicklungspolitik hat in der heutigen Zeit einen vollkommen neuen Stellenwert bekommen. Die globalen Flüchtlingsbewegungen weltweit zeigen, dass es wesentlich gerechtere Strukturen in

der Welt geben muss. Es braucht Internationalismus und als Baustein dazu eine entwicklungspolitische Strategie, die auf eine für alle Menschen lebenswerte Erde zielt. Daher ist es unsere Verantwortung, unseren Teil zu einer global fairen, gerechten Welt zu schaffen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hierzu braucht es einen langen Atem. Doch wir sollten gestern starten, jetzt handeln, um mittel- und langfristig auch wirklich Probleme zu lösen. Entwicklungspolitik ist nicht die Zuständigkeit einer einzelnen Ebene, lässt sich nicht allein nationalstaatlich beantworten. In Abwandlung eines Aphorismus sage ich: Viele verschiedene Ebenen und viele verschiedene Menschen, die viele große und kleine Dinge tun, können die Welt verändern.

Auf Initiative des zuständigen Ministers Herrn Hoff wurde ein Prozess angestoßen, mit dem die deutlich in die Jahre gekommenen Entwicklungspolitischen Leitlinien des Freistaats überarbeitet wurden. Dies erfolgte in einem dialogischen Prozess mit entwicklungspolitischen Akteuren der Zivilgesellschaft. Mit den Anregungen und der Expertise dieser Akteure entstand die Neufassung der Leitlinien, die im März 2018 – wie Frau Henfling es schon erwähnt hat – von der Landesregierung beschlossen wurde. Allein dieser partizipative Prozess hat zu einer Aufwertung des Themenfelds geführt, welches aus unserer Sicht unter den Vorgängerregierungen doch ein Schattendasein führte. Im Rahmen von Jahresgesprächen sollen die entwicklungspolitischen Aktivitäten ausgewertet werden. Dieses erste Jahresgespräch ist für den März – also nächsten Monat – vorgesehen, da sich dann die Verabschiedung der Neufassung der Leitlinien erstmalig jährt.

Die Landesregierung freut es natürlich, dass mit dem Antrag in Punkt I die neuen Entwicklungspolitischen Leitlinien befürwortet und unterstützt werden.

Wir haben uns entschieden, als Land Thüringen den Schwerpunkt darauf zu setzen, im eigenen Land wirksam zu werden, indem wir zivilgesellschaftliches Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit stärken, indem wir in Bildungsprogramme investieren, um das Bewusstsein für diese Belange in jeder Generation zu erhöhen, und indem wir durch Förderung des nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen und fairem Handel mittelbar zu verbesserten Lebensbedingungen der Menschen im globalen Süden beitragen.

Wir haben davon Abstand genommen, unmittelbar selbst als Land mit Projekten in einzelnen Staaten tätig zu werden. Hier hätte sich die Frage gestellt, welchen Staat wählt man, mit welchen Kapazitäten

(Abg. Henfling)

können wir aus der Verwaltung heraus unmittelbar tätig werden, und letztendlich auch, welche Kompetenzen haben wir als Land. Diese Arbeit ist bei den Initiativen zum einen und zum anderen in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und bei der GIZ sinnvoll verortet.

Zum vorliegenden Antrag der Regierungsfraktionen möchte ich vor dem Jahresgespräch im März 2019 bereits folgende Schwerpunkte nennen: Die Wahrnehmung von Menschen aus Staaten des globalen Südens, die in unserer Gesellschaft leben; das Schaffen von Bewusstsein für die Belange der Entwicklungszusammenarbeit und der Nachhaltigkeit durch Bildung; das Stärken von zivilgesellschaftlichen Initiativen und die Vorbildfunktion durch eigenes Handeln.

Zu den einzelnen Punkten, die im Antrag genannt sind, möchte ich jetzt kommen.

Erstens, Gesellschaft, Menschenrechte und Entwicklung: Menschenrechte, Demokratie und die Anerkennung pluraler und diverser Gesellschaften sind Leitprinzipien unseres Regierungshandelns. Es wird darauf hingewirkt, dass diese immer mehr in der Gesellschaft verankert sind und auch das Verwaltungshandeln prägen. Nach unserem Konzept zur Personalentwicklung des Thüringer Landesdienstes bis zum Jahr 2025 ist der Schwerpunkt, Vielfalt zu stärken und Diversity Management hervorzuheben. Ziel ist es in diesem Zusammenhang, eine entsprechende Diversitystrategie für den öffentlichen Dienst des Freistaats Thüringen in den kommenden Jahren zu entwickeln, die auch den Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes umfasst. Das heißt im Klartext: Wir wollen, dass sich der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Thüringen auch in der öffentlichen Verwaltung widerspiegelt, dass man sieht, diese Menschen sind Teil unserer Gesellschaft und gehören damit selbstverständlich auch in unsere Verwaltung. Der Prozess wird in enger Abstimmung mit der Beauftragten für Integration, Migration und Flüchtlinge sowie der nach dem Integrationskonzept des Freistaats Thüringen geförderten zivilgesellschaftlichen Koordinierungsstelle für interkulturelle Öffnung umgesetzt. Es gilt, strategisch wirksame, differenzierte, vielfaltssensible und integrationsfördernde Maßnahmen …

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist schwierig, oder?)

Ja, das ist schwierig, zumal hier ein Komma fehlt; das habe ich, glaube ich, selbst herausgestrichen.

Es gilt, strategisch wirksame, differenzierte, vielfaltssensible und integrationsfördernde Maßnah

men umzusetzen, die Vielfalt und Chancengleichheit zu entwickeln und mit konkreten Maßnahmen zu untersetzen sowie Erfolge sichtbar zu machen.

Zweitens, Bildung und Entwicklung: Das zuständige Ministerium – TMBJS – unterstützt die Zusammenarbeit der Schulen mit entwicklungspolitischen Akteurinnen und Akteuren und anderen Einrichtungen sowie Bildungsprojekte, die globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung „BNE“ – in Zukunft werde ich es dann abkürzen – in Thüringen umsetzen. Weiterhin wurde die Sichtbarkeit von Qualifizierungsangeboten für Lehrkräfte und Multiplikatoren verbessert. Das Internetangebot des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport wird die Möglichkeiten eröffnen, entsprechende Angebote auch von nicht staatlichen Trägern darzustellen. Das TMBJS begleitet federführend die Erarbeitung des Thüringer Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung 2015 bis 2019. Dieser Thüringer Entwicklungsplan „BNE“ wird gemeinsam mit dem TMUEN und der Landesarbeitsgemeinschaft Bildung für nachhaltige Entwicklung erarbeitet. Dieser Prozess ist selbstverständlich auch partizipativ angelegt. Das Ziel der LAG ist, für ein gemeinsames Verständnis für die Bildung für nachhaltige Entwicklung – „BNE“ – zu werben und gemeinsam getragene Projekte zu entwickeln.

Mit dem Thüringer Qualitätssiegel „BNE“ wurden Anbieter aller Bildungsstufen als Bildungseinrichtung, als Netzwerk oder als Einzelperson zertifiziert. Das Nachhaltigkeitszentrum Thüringen – Zukunftsfähiges Thüringen e. V. – und ein Fachbeirat haben gemeinsame Standards für Leitbilder, professionelle Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit entwickelt. Mit dem Kooperationsprojekt „Thüringer Nachhaltigkeitsschulen – Umweltschulen in Europa“ 2018 bis 2020 können Thüringer Schulen engmaschig und kompetent betreut ihren Beitrag zur Umsetzung einer zukunftsfähigen Bildung für nachhaltige Entwicklung leisten. Die Inhalte der von den Schulen bearbeiteten Projekte sollen die ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung in ihrem unmittelbaren Umfeld sein.

Die Thüringer entwicklungspolitischen Bildungsund Informationstage haben zum Ziel, Thüringer Schülerinnen und Schüler mit Problemen der Länder in der Entwicklungszusammenarbeit vertraut zu machen, Bewusstsein zu schaffen und in dieser Form auch einen Beitrag zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit zu leisten und Toleranz zu üben. Diese werden seit 1995 bereits durch das Land gefördert.

Drittens, Migration und Entwicklung: Der wachsende Anteil von Migrantinnen und Migranten in den Kommunen bietet Chancen für die kommunale und

(Staatssekretär Krückels)

regionale Entwicklungspolitik. Als Experten zwischen den Welten können sie als Vermittler und Berater vor Ort dienen und kulturelle Brücken bauen. Ihr bürgerschaftliches und entwicklungspolitisches Engagement in Migrantenorganisationen oder Diasporagemeinden wird von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zunehmend als Potenzial erkannt. Für die Landesregierung ist dazu das Integrationskonzept ein wichtiger Baustein. Damit können Menschen, die zu uns kommen, ankommen und aktiver Teil unserer Gesellschaft werden. Die Einbindung Geflüchteter in die Eine-Welt-Arbeit vor Ort bietet gute Chancen für einen positiven Ansatz, der Migrantinnen und Migranten mit ihren Perspektiven und Möglichkeiten wahrnimmt. Menschen mit Migrationshintergrund engagieren sich häufig in Bezug auf ihre Herkunftsregionen.

Das im Jahr 2017 beschlossene Thüringer Integrationskonzept soll nach der konkreten Umsetzung der einzelnen Maßnahmen nun evaluiert und weiterentwickelt werden. Dieser Prozess wird begleitet durch den eingerichteten interministeriellen Arbeitsstab Integration. Ich möchte schon jetzt für 2019 den ersten Zuwanderungs- und Integrationsbericht für Thüringen ankündigen. Das Thüringer Integrationskonzept und der Zuwanderungs- und Integrationsbericht stellen für den Freistaat eine solide Grundlage für die nachhaltige Weiterentwicklung einer zielgerichteten und erfolgreichen Integrationspolitik dar.

Viertens, öffentliche Vergabe: Die Landesregierung fordert eine faire und nachhaltige Beschaffung und fördert eine verstärkte Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien bei öffentlichen Auftragsvergaben. Dazu sollen die bereits im geltenden Thüringer Vergabegesetz verankerten sozialen und ökologischen Kriterien weiter gestärkt und ausgebaut werden. Zur Umsetzung dieses Ziels legte die Landesregierung – nämlich heute in diesem Plenum – einen Entwurf für eine Novelle des Thüringer Vergabegesetzes vor. Insbesondere folgende Maßnahmen sollen getroffen werden: die Gewährleistung und Sicherstellung eines Lohnstandards bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch Einführung eines vergabespezifischen Mindestentgelts, die Stärkung der Tariftreue und des Arbeitnehmerschutzes bei Vergaben im Bereich ÖPNV, die verstärkte Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte bei der Zuschlagserteilung, sofern gleichwertige Angebote vorliegen, sowie die Hinwirkung auf eine umweltverträgliche und nachhaltige Beschaffung von Investitionsgütern. Bei der Umsetzung einer fairen und nachhaltigen Beschaffung stehen der Landesregierung insbesondere die Thüringer Beschaffungsallianz und das entwicklungs

politische Landesnetzwerk – dankenswerterweise muss man sagen – zur Seite.

Fünftens, Partnerschaft und Entwicklung: Thüringen konzentriert sich bei seinen entwicklungspolitischen Aktivitäten nicht auf einzelne Regionen oder Staaten. Im Zentrum der entwicklungspolitischen Konzeption Thüringens steht eine nachhaltige Bildungsarbeit im Inland. Die Thüringer Landesregierung versteht Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsaufgabe und unterstützt vor diesem Hintergrund Initiativen und Projekte des entwicklungspolitischen Netzwerks in Thüringen. Das EineWelt-Netzwerk Thüringen e. V. als Dachorganisation des entwicklungspolitischen Engagements Thüringer Nichtregierungsorganisationen ist dabei zentraler Kooperationspartner. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie den Ländern – also auch von Thüringen – wird das „Eine-Welt-Promotor*innen-Programm“ finanziert. Promotoren fungieren dabei als Verstärker, die zivilgesellschaftliche Organisationen und Initiativen beraten und vernetzen. Thüringen hat momentan 3,8 Promotorenstellen, und es ist beabsichtigt, diese Stellen weiter zu finanzieren. Damit soll die wertvolle Arbeit, mit der die Initiativen und die dort tätigen Menschen unterstützt werden, nachhaltig und längerfristig und damit auch verlässlich stabilisiert werden.

Der Bund und fast alle Länder – also auch die Thüringer Landesregierung – wollen die Personalkosten von 55.000 Euro auf 61.000 Euro und die Sachkosten von 2.000 Euro auf 7.000 Euro je Stelle erhöhen. Die Staatskanzlei hat die Erhöhung für den Haushalt 2020 vorgesehen. Ich möchte an dieser Stelle alle bitten und auffordern, unserem Anliegen zu folgen und der Erhöhung im Einzelplan 02 entsprechend zuzustimmen.

Das Eine-Welt-Netzwerk Thüringen e. V. hat mit der Stiftung Nord-Süd-Brücken im Herbst die vierte Konferenz „Entwicklungspolitik to go“ mit Teilnehmern aus ganz Deutschland in Thüringen, in Neudietendorf durchgeführt. Das Ziel bestand darin, entwicklungspolitische Strategien von Globalisierung und Transkulturalität zu diskutieren. Seit dem Jahr 2015 führt das Europäische Informationszentrum zahlreiche öffentliche Informations- und Diskussionsveranstaltungen zu den Themen „Entwicklungs- und Afrikapolitik“, „Migration“, „Welthandel“, „Nachhaltigkeit“, „Klimawandel“ und „Europa“ durch.

(Beifall SPD)

Ja, das ist es wert zu schützen. Ebenso wurde 2015 begonnen, Vereine und Verbände, die sich mit entwicklungspolitischen Themen und Fragen

(Staatssekretär Krückels)

der Nachhaltigkeit befassen, zu europapolitischen Themen einzuladen, ihnen Foren der öffentlichen Präsentation zu bieten und sie mit europapolitischen Akteuren zusammenzubringen, um deren Kooperationen zu fördern.

Kommunen rücken als Akteure der Entwicklungsarbeit weltweit in den Fokus des Handelns. Sie sind wertvolle Partner, wenn es darum geht, Globalisierung nachhaltig, fair und dem Menschen gerecht zu gestalten. Deshalb setzen auch wir auf die kommunale Familie. Die Kommunen können sich in der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen ihrer Aufgabenzuständigkeit der kommunalen Selbstverwaltung und ihrer Leistungsfähigkeit in eigener Verantwortung engagieren. Lokal werden Beschlüsse zu fairem Beschaffen gefasst, der Faire Handel unterstützt und entwicklungspolitische Informationsund Bildungsarbeit der Zivilgesellschaft gefördert.

Viele Kommunen engagieren sich darüber hinaus bereits seit vielen Jahren im Rahmen kommunaler Partnerschaften mit Städten aus Schwellen- und Entwicklungsländern. In Thüringen gibt es drei Partnerschaften mit Städten des globalen Südens. Die Partnerstädte werden unterstützt bei grundlegenden Belangen, wie dem Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur, Fortschritten in der Bildung, Anregungen zur Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität innerhalb der Stadt sowie bei spezifischen Projekten. In Thüringen haben neun Kommunen und ein Landkreis die Auszeichnung „Fairtrade“ erhalten. Das Projekt „Global Nachhaltige Kommune Thüringen“ ermöglicht Thüringer Kommunen eine Beratung und Begleitung bei der Entwicklung kommunaler Nachhaltigkeitsstrategien im Kontext der globalen Nachhaltigkeitsziele und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten. Die Ausgezeichneten sind: Bad Tabarz, Eisenach, Erfurt, Gotha, Ilmenau, Jena, Nordhausen, Schmalkalden, Suhl sowie der Landkreis Nordhausen.

(Beifall SPD)

Ich möchte an dieser Stelle dieses Engagement besonders hervorheben und auch dafür danken. Die politisch Verantwortlichen und vor allem die engagierten Bürgerinnen und Bürger leisten ihren Beitrag dazu, dass die Welt ganz konkret ein wenig gerechter wird. Sie leisten ihren Beitrag zu Fairness mit dem globalen Süden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich appelliere an dieser Stelle: Jede und jeder kann etwas für den fairen Handel und den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und daraus folgend bessere Lebensbedingungen für die Menschen in ärmeren und zum Teil sehr krisengeschüttelten Ländern tun.

Sechstens, Klima, Umweltpolitik und Entwicklung – Nachhaltigkeitsstrategie: Thüringen war eins der ersten, wenn nicht sogar das erste Bundesland, welches eine Nachhaltigkeitsstrategie noch unter der Vorgängerregierung aufgelegt hat. Mit Beginn dieser Legislatur haben wir diese Strategie überarbeitet und an die sich verändernde Welt angepasst. Die novellierte Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie 2018 versteht sich als Leitfaden des politischen und gesellschaftlichen Handelns für ein nachhaltiges Thüringen. Sie dient als Orientierungsrahmen für ein gesamtgesellschaftliches Leitbild und macht deutlich, dass sich der Freistaat für einen ganzheitlichen Ansatz einer ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit einsetzt. Dabei nimmt er seine Verantwortung im eigenen Land ebenso wahr wie seine Rolle für eine globale nachhaltige Entwicklung. Die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie 2018 ist das Ergebnis eines intensiven Dialogs innerhalb und außerhalb der Ministerien. Dabei haben wir den Beirat zur nachhaltigen Entwicklung ebenso beteiligt und aktiv einbezogen wie interessierte Akteure in Thüringen. Die Nachhaltigkeitsstrategie wurde im August 2018 von der Thüringer Landesregierung verabschiedet. Zum Thüringer Nachhaltigkeitsforum im letzten Oktober wurde die neue Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie intensiv mit mehr als 100 Akteuren aus dem kommunalen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich diskutiert. Vor allen Dingen haben wir gemeinsam nach Wegen gesucht, wie die Ziele konkret umgesetzt werden können. Die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie haben wir vor allem unter dem Blickwinkel der Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen der nachhaltigen Entwicklung, den sogenannten SDGs, also Sustainable Development Goals, entwickelt. Dies in Verbindung mit den für Thüringen relevanten Unterzielen führt dazu, dass wir den Thüringer Indikatorensatz weiterentwickeln. Damit wird sichergestellt, dass die Entwicklungen in den verschiedensten Handlungsfeldern, wie zum Beispiel im entwicklungspolitischen Bereich, auch zukünftig sichtbar gemessen werden können.

Des Weiteren nimmt die Thüringer Landesregierung ihre Vorbildfunktion für die globalen Herausforderungen im eigenen Bereich durch eigene spezifische Aktivitäten wahr. Im Mai 2018 wurden Nachhaltigkeitspläne der Thüringer Staatskanzlei und aller Ministerien verabschiedet. Jedes Ressort hat zudem konkret eigene Maßnahmen ergriffen. Die Erarbeitung eines gemeinsamen Maßnahmenprogramms zur Nachhaltigkeit ist im Verwaltungshandeln geplant. Außerdem wollen wir das Ziel einer klimaneutralen Landesverwaltung bis 2030 angehen.

(Staatssekretär Krückels)

Weitere Maßnahmen der Landesregierung sind das Nachhaltigkeitsabkommen zwischen der Thüringer Wirtschaft und der Landesregierung NAT. Hier sind inzwischen auf freiwilliger Basis über 600 Unternehmen und Organisationen versammelt, die in ihren betrieblichen und geschäftlichen Abläufen Nachhaltigkeit berücksichtigen. Das NAT ist damit der größte Zusammenschluss von Unternehmen in Thüringen auf freiwilliger Basis. In diesem Jahr haben wir das NAT im Schulterschluss mit allen Industrie- und Handelskammern, allen Handwerkskammern und mit dem Verband der Wirtschaft neu ausgerichtet. Der Ministerpräsident hat gemeinsam mit den Kammern das neue Abkommen vor wenigen Monaten unterzeichnet.

(Beifall DIE LINKE)

Im nächsten Jahr können wir auf 15 Jahre NAT zurückblicken. Ich ermuntere alle, für dieses Abkommen weiter zu werben, Unternehmen in Ihrer Region und in Ihrem Wahlkreis aktiv anzusprechen. Die Geschäftsstelle des NAT und die Kammern stehen den Unternehmen hier gern beratend zur Verfügung.

Ähnlich arbeitet das Nachhaltigkeitszentrum als Plattform für kommunale und lokale Akteure, ebenfalls seit vielen Jahren. Das Nachhaltigkeitszentrum ist auch Träger des Bürgermeisterdialogs zur nachhaltigen Kommunalentwicklung, der regelmäßig mit dem Ministerpräsidenten gemeinsame Schritte zu einer nachhaltigen Entwicklung in Stadt und Land erörtert, zuletzt im November in der Staatskanzlei.

Im Schwerpunkt Bildung für nachhaltige Entwicklung – „BNE“ – sind das Qualitätssiegel für Träger der Bildung für nachhaltige Entwicklung und der Jugendprojektfonds hervorzuheben. Sehr wichtige Partner sind alle Thüringer Nachhaltigkeitsschulen. Ausbauen werden wir das Freiwillige Ökologische Jahr. Hier geht es besonders darum, junge Menschen für die Ziele des Nationalen Aktionsplans zu motivieren. Auch die Nationalen Naturlandschaften wollen wir noch stärker als bisher zu außerschulischen Lernorten profilieren. Besondere Schwerpunkte setzen wir bei den „BNE“-Angeboten der Stiftung Naturschutz am Grünen Band Thüringen. Schließlich wollen wir auch die Kommunen als Lernorte für „BNE“ fördern und stärken.

Sehr geehrte Abgeordnete, die Landesregierung ist sich der Bedeutung der Entwicklungspolitischen Leitlinien und der Nachhaltigkeitsstrategie sehr bewusst. Vor allen Dingen ist sie sich bewusst, dass wir in der gesellschaftlichen Verpflichtung stehen, uns für entwicklungspolitische Ziele und für ein nachhaltiges Wirtschaften vehement einzusetzen. Ich danke sehr für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)