Protokoll der Sitzung vom 01.02.2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich bin noch mal wegen drei Sachen vorgekommen. Das Erste: Ich habe zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass ich nicht für Open-Source-Lösungen bin.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das habe ich auch nicht gesagt!)

Es gibt kluge Angebotsstrukturen. Die EU hat eine Plattform, wo sie Open-Source-Tools angeboten bekommt, die man in Verwaltungsabläufe integrieren kann. Dasselbe bietet sich auf unterschiedlichen Plattformen auch in Deutschland an. Wir haben mit ThAVEL ein Angebot, wo wir auch über Schnittstellen diskutieren. Da gibt es viele Möglichkeiten. Deswegen: Mir bitte keine Worte in den Mund legen, die ich so nicht gesagt habe. Ich warne nur davor – und deswegen werbe ich auch dafür, dass wir den Antrag noch mal im Ausschuss diskutieren –, dass Sie an sehr vielen Stellen noch nicht in der Tiefe Klarheit geschaffen haben. Solange man einen Antrag nicht klar hat, finde ich, sollte man noch einmal gemeinschaftlich darüber reden. Ich bleibe dabei, es geht um Open-Source-Sicherheit, es geht um Lizenz-Compliance, es geht um die Frage von Code-Qualitätssicherheit; das sind alles Aspekte, die man durchaus noch einmal diskutieren kann, wenn man einen substanziell vernünftigen Antrag haben will.

Das bringt mich zu Punkt Nummer 2. Ich bleibe noch einmal dabei, das wesentliche System in Thüringen, auf dem unser ganzes E-Government aufgebaut ist, ist ein System, das nicht Open-Sourcebasiert ist, was ich an der Stelle übrigens auch unterstütze, weil ich glaube, das ist ein System, das sehr sinnvoll ist. Aber deswegen sollten wir uns auch darüber verständigen, was die Intention Ihres Antrags ist, das infrage zu stellen oder das zu stärken. Deswegen, finde ich, sind doch solche Aspekte durchaus zu diskutieren.

Man muss sich eines vor Augen führen: Rund 90 Prozent aller Angriffe, die wir im Cyber-Sicherheitsbereich sehen, sind Windows-basiert und ein Großteil kommt über Browser. Deswegen sprechen wir doch mittlerweile bei allen führenden Sicherheitsanbietern – keine Ahnung, Rot und Schwarz oder eben Symantec – über die Frage „Browser in the

Box“, wo man quasi separierte Systeme, digitale Zwillinge auf den jeweiligen Systemen hat. Das sind doch alles Diskussionen, die man mal sauber zu Ende führen muss.

Deswegen können Sie sich nicht hierherstellen und so tun, na ja, München ist doch quasi nur eine politische Beschlusslage gewesen, zählt ja gar nicht als Best Case.

Also, ich will Ihnen eins sagen: Da waren 15.000 Rechner in einer IT-Infrastruktur über Open Source eingebunden. Das ist ein langer Diskussionsprozess gewesen. Mit diesem langen Diskussionsprozess ist auch aufgefallen, dass es Herausforderungen gibt bei E-Government, die auch nicht so simpel zu lösen sind, wenn wir auf Open Source umstellen. Da gab es Fragen der Bedienungsfähigkeit, da gab es Fragen von Inkompatibilitäten, da gab es die Frage von Nutzerrechten, die nicht funktioniert haben. Eine E-Mail hat über ein gesamtes Wochenende das gesamte System von München lahmgelegt.

Also nur, dass wir jetzt auch mal Klartext darüber reden, was Sie hier als Ihren Antrag formulieren. Deswegen würde ich mir einfach wünschen, bevor wir einen Antrag schreiben und abstimmen, der noch nicht vollumfänglich besprochen ist, würde ich einfach dafür werben, dass wir es noch mal diskutieren. Wenn Sie in Ihrem Antrag den vollkommen richtigen Punkt stark machen, dass wir auch regionale Anbieter und Thüringer mit an Bord holen sollten, dann würde ich mir einfach wünschen, dass wir uns die Zeit im Ausschuss nehmen – das muss ja nicht allzu lang sein, ich will nicht zu viele Sitzungen planen –, noch einmal mit den Thüringer Vertretern darüber zu sprechen, die so etwas anbieten.

Jetzt eine kleine Anekdote zum Schluss. Diejenige, die LiMux – also quasi die Open-Source-Lösung in München – am meisten attackiert hat, war die OBKandidatin der Grünen 2014.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Das können Sie gern auf der Open-Source-Plattform Wikipedia oder wo auch immer nachlesen. Die hat die Argumente vorgetragen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bitte tun Sie mir doch bitte mal einen Gefallen: Stellen Sie doch nicht infrage, dass andere Fraktionen sich nicht auch mit den Themen auseinandersetzen, sondern nur Sie allein dafür Sachwalter sind. Wenn Ihnen Cyber Security ein wichtiges Anliegen ist genauso wie Open Source, dann sollten Sie Ihren Antrag daraufhin noch einmal durchschauen.

(Abg. Krumpe)

Wenn Ihnen das gelingt, dann hätten Sie vielleicht sogar die Unterstützung unserer Fraktion. Aber so wie er jetzt vorliegt, können wir dem nicht zustimmen. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

Gibt es seitens der Abgeordneten noch Wortmeldungen? Ich sehe das nicht. Für die Landesregierung hat sich Herr Staatssekretär Dr. Schubert gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Digitalisierung schreitet überall voran, und das sogar in der Verwaltung,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wo das nicht alle immer so wahrhaben wollen. Dass die Verwaltung die ganze Digitalisierung verschlafen hat, dem ist nicht so. Sicher sind wir da noch ein Stück weit hintendran, aber wir sind im Aufholprozess. Das sieht man zum Beispiel bei uns im Ministerium. Wir arbeiten jetzt papierfrei mit VIS.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu komme ich jetzt noch einmal – Herr Voigt –, er ist gerade nicht mehr da, er steht da hinten. Andere Ministerien werden jetzt nachziehen. Das ist ein schwieriger Prozess gewesen. Den haben wir aber weitestgehend abgeschlossen. Wir haben eine einheitliche Version für alle Häuser kreiert, da sind uns andere Bundesländer weit hinterher. Der Bund fängt jetzt, glaube ich, erst an, ein Dokumentenmanagementsystem auf der Basis von VIS aufzubauen, wie es Herr Voigt gesagt hat, was zwar kein Open-Source-Produkt ist, aber immerhin ist es eine Erfurter Firma, die es entwickelt hat. Aber man muss jetzt mal schauen, was dahintersteht. Das ist eigentlich nur erst mal das Vorgangsbearbeitungsprogramm, aber dort werden Dokumente bearbeitet. Da bin ich dann wieder bei vielen Microsoft-Produkten, Word, Excel, PowerPoint usw., was dann dort sozusagen dahinter liegt. Da muss man in der Tat mal überlegen, ob das dauerhaft so bleiben muss. Da kann man sicherlich nicht von heute auf morgen sagen, wir legen den Schalter um und verabschieden uns davon, vom ganzen Mailsystem, Outlook usw., alles Microsoft-Produkte. Nur wenn Microsoft immer mehr dazu übergeht, immer mehr Cloud-Lösungen zu nutzen, das heißt, ich kann gar keine Dokumente mehr in meinem eigenen System abspeichern, sondern nur noch in deren Cloud-System, dann muss man mittelfristig überlegen, ob

man sich nicht davon verabschieden muss, auch wenn das vielleicht eine ganze Menge Geld kostet.

Vieles ist ja jetzt schon zu Open Source gesagt worden, also auch die Frage, ist das etwas Nischenhaftes oder ist das mittlerweile etwas Hochinnovatives. Ich sage mal, das Zweite ist richtig. Das hat sich jetzt ganz anders entwickelt und wir sind jetzt schon dabei, zu prüfen, wenn wir neue Software anschaffen, ob wir nicht lieber Open-SourceProdukte einsetzen. Deswegen geht der Antrag auch genau in die richtige Richtung. Wir setzen heute auch schon Open-Source-Produkte ein, also wir haben zum Beispiel Linux-Betriebssysteme bei einer Vielzahl von Servern. Dann wird das E-MailGateway-System des TLRZ mit einer freien Software betrieben oder eben auch die Thüringer Datenaustauschplattform, die so eine Art Cloud-Lösung für die Landesverwaltung darstellt, auch von den Kommunen geteilt werden kann, mit der ich übrigens jetzt gerade hier auch arbeite. Das ist ebenfalls eine Open-Source-Lösung. Jetzt wollen wir ja ein neues E-Government-Portal aufsetzen, das wird auch eine Open-Source-Lösung. Die haben wir jetzt schon heruntergeladen. Es ist vielleicht auch falsch, zu sagen, dass es kostenfrei ist, sondern die müssen wir weiterentwickeln, unsere Dinge anpassen und das kann man nicht immer selber machen, weil es nicht nur Programmieraufwand ist, sondern auch eine Frage des Designs usw. Dann muss man natürlich auch die eine oder andere Firma beauftragen. Aber wir haben es oft genug erlebt, dass Software mit geschlossenen Quellcodes am Ende einfach nicht mehr supportet wird, dann kann man die nicht mehr verwenden und muss vom selben Hersteller neue Software anschaffen, die einen anderen Namen hat und die dann wieder Geld kostet. Also der Weg, den dieser Antrag beschreibt, ist auf jeden Fall richtig, der wird sich sicherlich nicht innerhalb von kürzester Zeit vollziehen lassen. Wir wissen auch nicht, ob der eine oder andere Hersteller von Software, der heute vielleicht noch geschlossene Quellcodes nutzt, nicht irgendwann auch dazu übergehen muss, die offenzulegen, weil er sonst am Markt überhaupt keine Chance mehr hat. Das heißt, da kann sich auch in der Hinsicht noch einiges tun. Sicher werden das jetzt nicht Microsoft sein oder Oracle oder die ganz großen Player, aber vielleicht der eine oder andere Anbieter, den wir heute im Portfolio haben. Ich freue mich auf die Ausschussberatung, wenn eine Überweisung erfolgt. Wir müssen jetzt mal sehen, das ist ja Ihre Entscheidung, welcher Ausschuss federführend ist, es geht ja eigentlich um Open-Source-Lösungen der Verwaltung. Das E-Government gehört eigentlich dann zum Finanzbereich. Aber ich denke, wir werden da gute Lösungen auch in der Hinsicht hin

(Abg. Prof. Dr. Voigt)

kriegen und dann freue ich mich auf die Ausschussberatung. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD; Abg. Krumpe, fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Bitte schön, Frau Henfling.

Manchmal muss man Sachen klarstellen, wenn die hier einfach so in den Raum gestellt werden. Wenn Herr Voigt hier einfach behauptet, dass unsere Kollegin in München, unsere damalige OB-Kandidatin, die war, die hauptsächlich gegen LiMux geschossen hat, dann ist das schlicht und ergreifend falsch, was Sie hier behaupten. Ich musste nur ganz kurz das Zitat dazu heraussuchen. Ich würde mal kurz zitieren, was unsere Kollegin gesagt hat. Sie hat tatsächlich gesagt, dass die Umstellung auf LiMux in der Stadtverwaltung für Probleme sorgt, hat aber sich eben nicht gegen freie Software ausgesprochen, sondern hat deutlich gesagt: „‚Wir Grüne stehen für freie Software und haben es geschafft, dass München mit LiMux weltweit Vorreiter auf dem Weg zu einer offenen und unabhängigen digitalen Welt ist.‘ [...] Allerdings hätten die städtischen Angestellten Probleme beim Einsatz freier Software, da ‚zu wenige Städte freie Software nutzen und es deswegen viele Programme nur für nicht freie Betriebssysteme gibt. Das Schnittstellenmanagement frisst viel Zeit, Geld und Nerven.‘“ Ich finde, das gehört eben auch zur Ehrlichkeit dazu.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht hier nicht um den generellen Einsatz von freier Software, das hat sie nicht kritisiert, sondern sie hat kritisiert, wie das eingeführt wurde und dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damit Probleme haben. Das ist etwas völlig anderes als die Kritik an freier Software.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete Henfling, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Zuruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Nein. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Dann beende ich die Beratung und wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es wurde von der CDU-Fraktion und vom fraktionslosen Abgeordneten Krumpe die Überweisung an den Ausschuss

für Wirtschaft und Wissenschaft beantragt. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind Herr Abgeordneter Krumpe, Herr Abgeordneter Rietschel und die Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD. Wer enthält sich? Es enthält sich die Fraktion der AfD. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD. Wer lehnt den Antrag ab? Das ist die Fraktion der CDU. Wer enthält sich? Das ist die Fraktion der AfD und der fraktionslose Abgeordnete Rietschel. Damit ist der Antrag angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19

Global nachhaltige Entwicklung in Thüringen stärken Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/6496 -

Wünscht jemand aus den Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen das Wort zur Begründung? Nein?

(Zuruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich mache eine Einbringung!)

Bitte schön, Frau Abgeordnete Henfling.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen „Global nachhaltige Entwicklung in Thüringen stärken“ bekennt sich Rot-Rot-Grün einmal mehr zur entwicklungspolitischen Verantwortung und zur Gestaltung einer Politik im Sinne global nachhaltiger Entwicklung, auch im Rahmen der Resolution der Vereinten Nationen „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Diese wurde 2015 verabschiedet, mit dem Ziel der Umwandlung der bestehenden Welt hin zu einer Welt, in der jeder ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig handelt.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 verpflichtete sich auch der Thüringer Landtag zur Umsetzung der Resolution. So wurden die seit dem Jahr 1996 unverändert bestehenden Leitlinien für die Entwicklungszusammenarbeit im Freistaat Thüringen in einem offenen Dialogprozess mit zivilgesellschaft

(Staatssekretär Dr. Schubert)

lichen Akteurinnen der Eine-Welt-Arbeit in Thüringen aktualisiert und konkretisiert.

Im Februar 2018 konnte die Landesregierung schließlich die neuen Entwicklungspolitischen Leitlinien für den Freistaat Thüringen beschließen. Diese leisten im engen Zusammenspiel mit der Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie und der integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 und der nachhaltigen Entwicklungsziele in Thüringen.

Gegenstand des vorliegenden Antrags ist es nun, aus den verabschiedeten Leitlinien konkretes Handeln hervorzurufen. Grundlage für die nächsten Schritte soll ein Bericht der Landesregierung über bereits unternommene und geplante Maßnahmen zur Umsetzung der Entwicklungspolitischen Leitlinien und der sich derzeit in Fortschreibung befindenden Nachhaltigkeitsstrategie sein. Dabei ist es gleichfalls wichtig, das gesellschaftliche Bewusstsein für entwicklungspolitische Herausforderungen zu fördern, Menschen für global nachhaltige Entwicklung zu sensibilisieren und eine breite Öffentlichkeit für die Zusammenhänge und Abhängigkeiten der Globalisierung herzustellen. Bestimmte Maßnahmen, die im Antrag näher erläutert werden, sollen dies befördern, denn globale Herausforderungen lassen sich nur gemeinsam lösen. Die Agenda und damit die Entwicklungspolitischen Leitlinien schaffen die Grundlage dafür, weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologischen Grenzen der Erde zu gestalten. Ich freue mich auf die folgende Debatte. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Die Landesregierung erstattet Sofortbericht zu Nummer II.1. Es spricht Herr Staatssekretär Krückels.